Na, dieser Iulier hier hatte mit seinen soldatischen Manieren ganz sicher so seine Fehler. Aber dafür wusste er ganz vortrefflich mit mir umzugehen und mich zu unterhalten: Er gab mir recht in der Sache mit der Familie - ich lächelte zufrieden. Er machte eine ironische Bemerkung auf eigene Kosten - ich antwortete mit einer wegwerfenden Handbewegung und einem amüsierten Lächeln. Er bedachte mich mit dem Kompliment, was für eine tolle Partie ich doch für seinen Großneffe sei - und ich lächelte wieder, diesmal fast ehrlich etwas geschmeichelt. "Natürlich werde ich deine Genesungswünschen an meinen Onkel weiterleiten. Ich bin mir sicher, er wird sich darüber freuen, merkt man doch gerade in solchen dunklen Zeiten oft am besten, wer seine wahren Freunde sind!", übertrieb ich bezüglich der Beziehung zwischen den beiden Männern vermutlich ein bisschen. Mein Onkel war nämlich sicherlich nur mal senatorischer Tribun oder sogar Legat hier bei der Prima gewesen und kein persönlicher Freund des Iulius. Aber trotzdem.... Der Kerl war mir irgendwie ganz sympathisch, fand ich. Wenigstens so vom ersten Eindruck her.
Bei dem folgenden Kompliment dann musste ich lachen.. und kicherte trotzdem nur in meine rechte Hand, die ich zu diesem Zweck vor den Mund nahm. "So war das ja auch nicht gemeint.", versicherte ich ihm noch immer sichtlich meinen Spaß an seinen fast schon etwas unbeholfen wirkenden Worten habend. Herrlich! "Du darfst mich übrigens Fausta nennen.", bot ich ihm anschließend offen und frei heraus an. Ich konnte nämlich auch ganz erträglich und fast schon nett sein, wenn man mich nur ließ. "Wir sind ja schließlich bald Familie, nicht wahr?", spielte ich zum Schluss noch darauf an, dass ich für meinen Teil bereit dazu wäre, den alten Präfekt als gefühlte Familie meines Zukünftigen zu betrachten.
Dass sein Sohn jetzt aber doch nur so ein Provinzmagistrat war, das enttäuschte mich nach unserem gemeinsamen Trinkspruch und Weingenuss dann schon ein bisschen. Aber vermutlich wäre das auch einfach zu schön gewesen, um wahr zu sein! Mein Gesicht hinter einem weiteren damenhaft kleinen Schlückchen aus meinem Becher versteckend ließ ich mir dann den gerade eintreffenden adoptierten Iulius Servianus vorstellen. "Salve Iulius.", grüßte ich das Bürschchen dann mit einem geheuchelt erfreuten Lächeln zurück. Denn die Wortwahl des Alten konnte ich ja noch verstehen. Der war jahrhunderte.. gut, vielleicht auch nur jahrzehnte lang Soldat gewesen. Aber ein "Salve auch dir" von einem jungen Römer?? Das machte auch die folgende Bezeichnung als "charmante Begleitung" seines Vaters nicht wett. Nein, sowas war einfach nur billig und abgedroschen und absolut nicht mein Stil!
Ganz im Gegensatz dazu stellte mich der Alte hübsch auch mit meinem wunderbaren Amtstitel, auf den ich großen Wert legte, vor (wieder ein Pluspunkt für ihn!) und bezeichnete mich sogar als gütig in meiner Art meinen Tisch mit ihm zu teilen. So machte man das! "Es tut mir Leid, Iulius, wenn ich dich korrigieren muss. Aber die charmante Begleitung heute war bisher eindeutig dein Vater!", wanderte mein Blick entsprechend vom jungen zum älteren Iulier und ich legte kurz meine Hand auf dessen Unterarm. Ja, den Alten konnte ich irgendwie schon ganz gut leiden - obwohl er von Grund auf nur eine einfache Soldatenseele zu sein schien.
In diesem Augenblick dann kehrt das rothaarige Blondchen an unseren Tisch zurück: "Bitte.", kommentierte sie missgünstig das Abstellen eines Tellers direkt vor meiner Nase und schon auf den ersten Blick stellte ich fest: Das Brot war dünn, der Käse löchrig und die Trauben, die hier wohl das "frische Obst vom Land" sein sollten, kamen nur abgestanden daher. Ich machte zunächst ein pikiertes Gesicht, sagte aber um des guten Eindrucks willen auf die beiden Iulier vorerst nichts weiter dazu. "Und was kann ich dir Gutes tun, mein Schöner?", war auch die Saftschubse gedanklich schnell weitergezogen und beim frisch eingetroffenen Iulier angelangt. Während sie dessen Bestellung aufnahm biss sie sich flirtend auf die Unterlippe und übte sich in ihrem besten Augenaufschlag. (Meine Meinung dazu? Zwar hieß es landläufig, dass Übung den Meister oder die Meisterin machte, aber hoffnungslose Fälle gab es eben immer wieder. Billig! Mehr fiel mir zu diesem Provinzflittchen gerade wirklich nicht ein.)