Beiträge von Sergia Fausta

    Na, dieser Iulier hier hatte mit seinen soldatischen Manieren ganz sicher so seine Fehler. Aber dafür wusste er ganz vortrefflich mit mir umzugehen und mich zu unterhalten: Er gab mir recht in der Sache mit der Familie - ich lächelte zufrieden. Er machte eine ironische Bemerkung auf eigene Kosten - ich antwortete mit einer wegwerfenden Handbewegung und einem amüsierten Lächeln. Er bedachte mich mit dem Kompliment, was für eine tolle Partie ich doch für seinen Großneffe sei - und ich lächelte wieder, diesmal fast ehrlich etwas geschmeichelt. "Natürlich werde ich deine Genesungswünschen an meinen Onkel weiterleiten. Ich bin mir sicher, er wird sich darüber freuen, merkt man doch gerade in solchen dunklen Zeiten oft am besten, wer seine wahren Freunde sind!", übertrieb ich bezüglich der Beziehung zwischen den beiden Männern vermutlich ein bisschen. Mein Onkel war nämlich sicherlich nur mal senatorischer Tribun oder sogar Legat hier bei der Prima gewesen und kein persönlicher Freund des Iulius. Aber trotzdem.... Der Kerl war mir irgendwie ganz sympathisch, fand ich. Wenigstens so vom ersten Eindruck her.
    Bei dem folgenden Kompliment dann musste ich lachen.. und kicherte trotzdem nur in meine rechte Hand, die ich zu diesem Zweck vor den Mund nahm. "So war das ja auch nicht gemeint.", versicherte ich ihm noch immer sichtlich meinen Spaß an seinen fast schon etwas unbeholfen wirkenden Worten habend. Herrlich! "Du darfst mich übrigens Fausta nennen.", bot ich ihm anschließend offen und frei heraus an. Ich konnte nämlich auch ganz erträglich und fast schon nett sein, wenn man mich nur ließ. "Wir sind ja schließlich bald Familie, nicht wahr?", spielte ich zum Schluss noch darauf an, dass ich für meinen Teil bereit dazu wäre, den alten Präfekt als gefühlte Familie meines Zukünftigen zu betrachten.


    Dass sein Sohn jetzt aber doch nur so ein Provinzmagistrat war, das enttäuschte mich nach unserem gemeinsamen Trinkspruch und Weingenuss dann schon ein bisschen. Aber vermutlich wäre das auch einfach zu schön gewesen, um wahr zu sein! Mein Gesicht hinter einem weiteren damenhaft kleinen Schlückchen aus meinem Becher versteckend ließ ich mir dann den gerade eintreffenden adoptierten Iulius Servianus vorstellen. "Salve Iulius.", grüßte ich das Bürschchen dann mit einem geheuchelt erfreuten Lächeln zurück. Denn die Wortwahl des Alten konnte ich ja noch verstehen. Der war jahrhunderte.. gut, vielleicht auch nur jahrzehnte lang Soldat gewesen. Aber ein "Salve auch dir" von einem jungen Römer?? Das machte auch die folgende Bezeichnung als "charmante Begleitung" seines Vaters nicht wett. Nein, sowas war einfach nur billig und abgedroschen und absolut nicht mein Stil!
    Ganz im Gegensatz dazu stellte mich der Alte hübsch auch mit meinem wunderbaren Amtstitel, auf den ich großen Wert legte, vor (wieder ein Pluspunkt für ihn!) und bezeichnete mich sogar als gütig in meiner Art meinen Tisch mit ihm zu teilen. So machte man das! "Es tut mir Leid, Iulius, wenn ich dich korrigieren muss. Aber die charmante Begleitung heute war bisher eindeutig dein Vater!", wanderte mein Blick entsprechend vom jungen zum älteren Iulier und ich legte kurz meine Hand auf dessen Unterarm. Ja, den Alten konnte ich irgendwie schon ganz gut leiden - obwohl er von Grund auf nur eine einfache Soldatenseele zu sein schien.


    In diesem Augenblick dann kehrt das rothaarige Blondchen an unseren Tisch zurück: "Bitte.", kommentierte sie missgünstig das Abstellen eines Tellers direkt vor meiner Nase und schon auf den ersten Blick stellte ich fest: Das Brot war dünn, der Käse löchrig und die Trauben, die hier wohl das "frische Obst vom Land" sein sollten, kamen nur abgestanden daher. Ich machte zunächst ein pikiertes Gesicht, sagte aber um des guten Eindrucks willen auf die beiden Iulier vorerst nichts weiter dazu. "Und was kann ich dir Gutes tun, mein Schöner?", war auch die Saftschubse gedanklich schnell weitergezogen und beim frisch eingetroffenen Iulier angelangt. Während sie dessen Bestellung aufnahm biss sie sich flirtend auf die Unterlippe und übte sich in ihrem besten Augenaufschlag. (Meine Meinung dazu? Zwar hieß es landläufig, dass Übung den Meister oder die Meisterin machte, aber hoffnungslose Fälle gab es eben immer wieder. Billig! Mehr fiel mir zu diesem Provinzflittchen gerade wirklich nicht ein.)

    Paula hatte mir wirklich nicht zu viel versprochen. Denn ganz genau so hatte ich mir das vorgestellt und ganz genau so musste das sein! Ohne großes Zutun schlug mir hier sofort die verdiente Anerkennung nicht nur für den selbstgewebt.. gekauften Stoff, sondern vor allem auch die für meine Person selbst entgegen. Das bestärkte mich darin, dass dies hier exakt der Laden war, in dem ich mein Hochzeitskleid schneidern lassen wollte! "Natürlich habe ich mir da schon so meine Gedanken gemacht.", ließ ich dann den hier Angestellten wissen und atmete noch einmal kurz durch, bevor ich zu erzählen begann: "Also im Prinzip fand ich das Brautkleid meiner Freundin Pontia Paula, die ihr Kleid auch hier hat machen lassen und mir diese Schneiderei auch empfohlen hat, schon nicht ganz verkehrt. Du erinnerst dich?" Wahrscheinlich nicht. Deshalb beschrieb ich besagtes Kleid ganz fix in wenigen hundert Sätzen (so gefühlt zumindest) nochmal. "Nur mein Kleid soll natürlich weniger.. gewöhnlich und vor allem viel, viel schöner werden!" Jede Frau wollte schließlich immer das schönste Brautkleid ever tragen. Im Gegensatz dazu hatte ich das Ziel diesem Willen auch Taten folgen zu lassen, die möglichst nahe heran kamen an diese Vorstellung! (Dass ich keine Augusta oder Augustus-Tochter war, wusste ich natürlich selbst. Aber es ging ja auch nicht ums Maximum selbst, sondern nur darum, möglichst nahe daran heranzukommen.) "Dafür hatte ich mir überlegt, dass die Ärmel eigentlich ausreichend waren. Aber ein bisschen mehr Dekolleté wäre schön. Meine Freundin hat da einfach.. eine kleine Problemzone, falls du verstehst. Deswegen muss da ja aber nicht auch bei mir so mit gespart werden, richtig?", versicherte ich mich neben dieser kleinen Lästerei über Paula beim fleißigen Schneiderlein. "Und für alles unterhalb des runden Ausschnitts dachte ich so an einen Schnitt ähnlich dem, den ich hier gerade trage.", wies ich auf mein azurblaues Kleid und erwartete dann die Meinung des Fachmanns. "Wäre sowas für dich möglich?"

    Am Tag nach meinem Gespräch mit Clara begab ich mich, wie ich es ihr angekündigt hatte, in meiner verlängerten Mittagspause (sie hatte früher als sonst begonnen und würde später als sonst enden - es war eben eine postpräfektische Pause) zur mir von meiner Freundin Paula empfohlenen Schneiderei namens "Vestitor Romanus". Begleitet von meinen üblichen drei Leibwächtern, die nicht zuletzt meinen wichtig-wichtig-Status unterstreichen sollten, betrat ich also den Laden und versuchte mich möglichst unvoreingenommen erstmal etwas umzusehen. Alles andere als planvoll streifte ich dann durch das Geschäft, besah mir weinrote, blaubeerblaue, ziegelrote, olivgrüne, sonnengelbe und türkise Kleider, Tücher und Schleier und kontrollierte deren Qualität. Denn wenn ich mein Hochzeitskleid hier schneiden lassen würde, dann würde es am Ende ja wahrscheinlich vergleichbar gut oder eben schlecht verarbeitet sein. "Um Himmels Willen, wer soll denn das nur tragen!", rutschte es mir bei einer eigentlich ganz annehmbar geschnittenen Tunika leise raus. Mit dem ironischen Kommentar "Modisches Kackbraun." legte ich den Fetzen wieder beiseite. Mode kann man kaufen. Stil muss man haben., ging es mir dabei durch den Kopf.


    Irgendwann wurde man offensichtlich auf mich aufmerksam und sprach mich, weil ich hier ja so furchtbar zielstrebig zu Werke ging (also wahrscheinlich etwas verloren wirkte), an. "Guten Tag. Mein Name ist Sergia und ich brauche eine modische Tunica recta, weil ich bald heiraten werde.", erklärte ich den Grund meines Besuchs hier. "Ich dachte da an etwas Modisches und stilvoll Elegantes. Denn ich bin als Praefecta Vehiculorum von Italia ja nicht einfach nur irgendwer! Und das soll man auch sehen. Auf der anderen Seite möchte ich aber natürlich auch ein bisschen traditionell aussehen, sodass jedem gleich klar ist, dass ich die Braut bin, weil ich eben die weiße Tunica recta trage.", umriss ich den Spagat, den der Schneider zu machen imstande sein sollte.
    Ich dreht mich zu einem meiner Begleiter um und winkte ihn heran. "Hier, diese Stoffe habe ich selbst aus feinster weißer Wolle gewebt, wie es sich für eine selbstständige Braut schickt.", log ich ohne rot zu werden, obwohl ein Fachmann sicherlich schon auf den ersten Blick sah, dass ich bestimmt nicht in solcher guten Qualität weben konnte. "Weil mir die anderen Sachen hier ansonsten eigentlich ganz gut gefallen, würde ich mich also freuen, wenn du hieraus ein schickes Brautkleid für mich zaubern könntest!", lächelte ich meinen Gegenüber zum Schluss nun also erwartungsvoll an, während mein Begleiter meinem Gegenüber die lupenrein weißen Stoffe anbot. *


    Sim-Off:

    * 2 x Stoff mit netter Beschreibung für 0.00 Sesterzen in der WiSim. ;)

    Natürlich las auch die Postpräfektin von Italia - das war dieser Tage von Kaisers Gnaden meine Wenigkeit - stets interessiert die Marktaushänge und -bekanntmachungen der Leute. Schließlich musste ich ja wissen, falls irgendwo ein gutes Geschäft lauerte - für mich als Sergia oder auch für mich als Fausta Ultrix. Und nicht zuletzt liebte ich natürlich auch den Klatsch und Tratsch, von dem man an den diversen Mauern und Wänden hier immer wieder auch lesen konnte! Da beneideten mich meine beiden Freundinnen Paula und Tusca nicht selten drum, dass ich so viel wusste und aufschnappte (natürlich nicht zuletzt auch bei meinen dunklen Geschäften).


    Aber heute erregte ein ganz anderes Pamphlet meine Aufmerksamkeit: Es gab eine große Bekanntmachung des Vier-Müll-Männer-Kollegiums. Ob das diese ominösen Maßnahmen waren, über die sich der Tiberius so laienhaft ausgeschwiegen hatte? Ich wollte es mal für ihn hoffen, trat näher und las.... .... .... und konnte meine linke Augenbraue irgendwann gar nicht mehr höher wandern lassen, weil sie bereits ganz oben war. Ich wandte mich an einen meiner Leibwächter, denn eine Frau von Stand führte schließlich keine Selbstgespräche! "Schau dir das an! So ein.." Ich unterbrach mich selbst mit einem gehässigen Grinsen. "Müll! Nicht ein Wort steht da geschrieben über meinen Fall; nicht ein Wort über ein Verbot der Müllentsorgung aus dem Fenster und entsprechende Maßnahmen gegen solche Attacken! Stattdessen also werden wir noch einmal hingewiesen. Pah! Wäre dir bekannt, dass dieser Bekanntmachung eine andere dieser Quattuorvirn vorangegangen ist?" Ich wartete keine Antwort ab. "Siehst du! Ganz genau das meine ich! Und dann geht es hier weiter mit Eigentümern. Das ich nicht lache! Die feinen Herren glauben doch nicht ernsthaft, dass sich davon das Problem löst, dass mir auch und vor allem durch die Mieter entsteht! Was denken die sich dabei??", fauchte ich meinen Leibwächter mittlerweile an. "Ja, ich weiß, was du sagen willst: "Denken? Die denken?" Und ich kann dich da fast schon verstehen - bei solchen Pamphleten!" Denn auch der zweite Teil beinhaltete aus meiner Sicht keine Innovationen. "Komm, wir gehen!", winkte ich daher auch zu meinen übrigen beiden Leibwächtern und zog kopfschüttelnd ab.


    Anschließend vergingen einige Stunden, in denen sich bestimmt (da war ich mir sicher!) auch noch der eine oder andere Bürger Roms über die Bekanntmachung der Quattuorviri echauffierte. Dann, am späten Nachmittag oder vielleicht auch schon frühen Abend, hing plötzlich, aufgehängt von einem meiner dunklen Gesellen, direkt neben dieser amtlichen die folgende Bekanntmachung:


    BEKANNTMACHUNG
    besorgter Bürger Roms


    Was die _ IIIIviri viis in urbe purgandis _ unternehmen gegen Roms Müllproblem:
















    Gebt also Acht, Bewohner Roms, und nehmt die Sauberkeit unserer geliebten Urbs _ selbst _ in die Hand!



    Die hatte in Britannien geheiratet? Fror man sich da nicht noch mehr den Hintern ab als in den germanischen Provinzen? Und über die sagte man ja schon, dass es dort schweinekalt wäre, vor allem im Winter! Ich lächelte. "Wegen dem Schneider mach dir mal keine Sorgen. Da find ich schon wen." Meine Augenbrauen zogen sich kurz zusammen. Das war nicht das, was ich eigentlich gerade sagen wollte. "Okay. Ruh du dich jetzt erstmal aus und dann erzählst du mir einfach bei nächster Gelegenheit etwas von deinem eigenen Hochzeitskleid und vor allem deinem Ehemann. Ich wusste ja gar nicht, dass du verheiratet bist.", sprach ich, während ich mich langsam wieder zur Zimmertür begab. In erster Linie stellte sich mir natürlich auch die Frage: Wo in aller Welt war Claras Mann jetzt? Warum lebte sie nicht bei ihm? Warum musste sie hier, in der Casa Sergia, leben - weder bei ihrer Familie, noch der ihres Mannes, sondern ursprünglich einmal völlig Fremden? Die Beantwortung all dieser Fragen versprach, das hatte ich im Gefühl, spannend zu werden, sodass ich mich irgendwie schon ein bisschen darauf freute, die Duccia wiederzusehen. "Vale bene, Clara.", verabschiedete ich mich anschließend und noch bevor mir die Duccierin etwas auf die Sache mit ihrer Ehe hätte antworten können. Dann schloss sich die Zimmertür von außen und ich ging doch irgendwie ganz zufrieden wieder meiner Wege. Vielleicht, das dachte ich mir dabei, würde sogar noch der Tag kommen, an dem ich nicht mehr nur vorgeben müsste befreundet zu sein mit der Duccia.... mit Clara.

    Sim-Off:

    Okay, der Punkt mit der Postbotin geht an dich. :D


    Schwachsinn! Von wegen Verlegenheit! Wäre ich verlegen gewesen, hätte ich dieser Kröte wohl kaum meine Meinung über seinen Job im Müllgeschäft so dezent dezentlos aufs Brot geschmiert! Denn jemandem, der mich von Angesicht zu Angesicht beleidigte, indem er mich mehr als nur offensichtlich für dumm verkaufen wollte, begegnete ich ganz bestimmt nicht mehr in irgendeiner Art verlegen oder mit irgendeiner "gepflegten Heuchelei"! Dass er dann, denn das war ihm scheinbar alles noch nicht genug, fortsetzte und offenbar meinte ehrbare Bürger noch positiv von Frauen abgrenzen zu müssen, nur um sich letztlich intellektuell über beide aufzuschwingen, belächelte ich nur bei sauer angespannter Mimik mit dem Hauch eines Kopfschüttelns. Da wäre wohl ein gewisser Neuadeliger gerne klug, filterte ich aus seinem selbstverliebten Geschwafel. Aber: Allein das ist ziemlich dämlich, fand sicher nicht nur ich.
    Doch der Tiberius schwafelte weiter und weiter.... bis er kurz zu lachen begann. Dieser Idiot hatte mir schon wieder nicht richtig zugehört! "Und erneut muss ich dich korrigieren, werter Tiberius: Wie ich bereits sagte, hatte ich persönlich keinerlei direkten Anteil am Sammeln der Beweisstücke.", erklärte ich gelangweilt und unbeeindruckt von seinem Lachen, das wahrscheinlich nur sein fehlendes Erfassungsvermögen kaschieren sollte. Denn auch darüber hinaus palaverte er wieder nur über Altes und konnte über seine angeblichen Innovationen, die er zuvor ja noch so riesig aufgeblasen hatte, als kämen sie der Erfindung des Rades gleich, nicht ein Sterbenswörtchen sagen! "Natürlich.", kommentierte ich dann trocken halb meine Gedanken, halb seine überflüssige Erklärung darüber, was er alles nicht konnte und wofür er alles nicht zuständig war. (Der sollte vielleicht mal probieren andersherum an die Beantwortung von Fragen heranzugehen! Denn sicherlich würde er weit weniger schwafeln, wenn er nur die paar Sachen aufzuzählen hätte, die er tun könnte und für die er tatsächlich zuständig war.)


    Trotz expliziter Bitter setzte diese gesprächige Kröte letztlich auch ihren Wortschwall zum Thema Stammbaum fort. "Ja, nicht jede Gens kann ihre Geschichte bis nach Troja zurückverfolgen, ich weiß.", sah ich mich provoziert ihm zu entgegnen. Denn das wäre mir doch ziemlich sicher bekannt, wenn auch ein Tiberier zusammen mit Sergestus und Aeneas aus Troja geflohen wäre! - Nein, die Sergier waren hier ganz bestimmt die ältere Gens! Logisch natürlich, dass dem jungen Neuadel das irgendwo abging.
    Damit erhob ich mich von meinem Platz. "Da du mir nun wieder trotz konkreter Nachfrage nicht mehr über diese tollen neuen Maßnahmen deines Kollegiums sagen konntest - weder was sie beinhalten, noch wann mit ihrem Inkrafttreten zu rechnen ist - belasse ich es dabei, bevor du am Ende noch auf die Idee kommst dir tatsächlich ein paar Maßnahmen einfallen zu lassen.", lächelte ich schmal. "Ich verabschiede mich also von dir, Tiberius, und mache mich wieder an meine Arbeit. Es wäre begrüßenswert, wenn du selbiges zu tun imstande wärst." Wofür war der Kerl schließlich sonst gewählt worden? Bestimmt nicht nur um hier herumzulungern. "Vale.", wünschte ich anständig, wie ich war, zum Abschluss. Dann drehte ich mich um und verließ eleganten Schrittes dieses schäbige kleine Officium.

    Die Hochzeit mit meinem Marcus rückte immer näher und näher. Da wurde es jetzt so langsam Zeit für die ersten Einladungen. Gerade diese hier, die vermutlich noch eine kleine Reise bis zu meinen Onkeln vor sich hatten, ließ ich lieber jetzt schon - mit dem Hinweis der Weiterleitung an Decimus Varus und Kaeso Modestus - an die Domus Annaea senden, damit ich auch wirklich sicher sein konnte, dass meine Onkel rechtzeitig informiert waren. Kaeso, von dem ich auch immernoch nicht wusste, wo er war und wie genau es ihm ging, würde zwar wahrscheinlich eh nicht kommen können, aber Decimus war bestimmt schon längst auf dem langen und beschwerlichen Heimweg aus Alexandria zurück nach Rom! (Denn was gab es für einen Ritter ohne Amt sonst schon groß für Perspektiven - außer zum Kaiser zu kommen, um ihn um das nächste Amt zu bitten?)




    SERGIA FAUSTA



    Ad Decimum Annaeum Varum
    Domus Annaea
    Rom - Italia



    Fausta Decimo avunculo s.d.p.


    Hast du meine Briefe im vergangenen Juni und Oktober erhalten, liebster Onkel? Ich habe nämlich leider keine Antworten auf diese Schreiben bekommen. Das macht mir ein bisschen Sorgen. Geht es dir gut?
    Ach, bestimmt geht es dir gut! Es tut mir Leid, wenn ich für einen Moment daran gezweifelt habe. Sicherlich bist du schon längst wieder auf dem langen und anstrengenden Weg von Alexandria zurück nach Rom, stimmts? Denn nachdem der Kaiser dich, seinen damaligen Unterstützer in der Kornkammer des Reiches, von deinem hohen Posten in Aegyptus abberufen hat, kann dich deine Karriere ja eigentlich nur noch in ein einziges Amt führen: Das des Praefectus Praetorio! Das würde mich so für dich freuen!


    Aber eigentlich wollte ich dir ja ganz etwas anderes schreiben. Erinnerst du dich noch daran, dass ich dir von Marcus Dives von den Iuliern schrieb, dass er mir verfallen und ich fast schon mit ihm verlobt wäre? Nun, jetzt BIN ich verlobt mit ihm! Du hättest einfach dabei sein müssen! Sein offizieller Antrag mit Ring in aller Öffentlichkeit war fantastisch, grandios und gleichzeitig auch total liebevoll! Ich freue mich richtig auf die gemeinsame Ehe mit ihm, meinem Marcus!
    Deshalb kann ich auch nicht länger mit den Einladungen warten und teile dir hiermit als einem der ersten mit: Allerliebster Onkel Decimus, du bist natürlich herzlichst eingeladen am ANTE DIEM V KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (25.2.2014/111 n.Chr.) in der Casa Sergia an meiner Hochzeitsfeier teilzunehmen. Ich würde mich riesig über deine Anwesenheit freuen! Wenn du willst, dann kannst du auch eine Begleitung mitbringen. (Wichtiger aber als das: Vergiss nicht mein Hochzeitsgeschenk!)


    Für die Planung wäre es optimal, wenn du mir möglichst rechtzeitig Bescheid geben könntest, ob du nun allein oder zu zweit (oder aber gar nicht?) erscheinst. Ich bin schon total aufgeregt! Grüß mir die Götter, wenn du sie siehst!
    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_Sergia.png


    Sergia Fausta
    ANTE DIEM VII KAL FEB DCCCLXIV A.U.C.
    Casa Sergia | Rom | Italia




    SERGIA FAUSTA



    Ad Kaesonem Annaeum Modestum
    Domus Annaea
    Rom - Italia



    Fausta Kaesoni avunculo s.d.p.


    Es bricht mir fast mein kleines Herz, dass ich noch immer nicht genau weiß, wo mein großer starker Onkel, mein Held, der sogar diese fette Schlange Salinator für Cornelius Palma vom Thron gefegt hat, ist und wie es ihm geht! Einer meiner Verwandten wollte mir eigentlich in meinem Bestreben dich zu finden helfen. Aber du weißt bestimmt selbst, dass man sich heutzutage ja kaum noch auf jemanden verlassen kann...
    So ist es auch ganz und gar mein eigener Verdienst, dass es nach einem guten Viertel Jahrhundert endlich wieder eine weibliche Postpräfektin von Italia gibt! (Ein kleiner Tipp: Es ist deine dich am allermeisten liebende Nichte Fausta!)


    Warum ich dir aber eigentlich schreibe, ist nicht die Prahlerei mit meinem verantwortungsvollen Amt, sondern meine Verlobung mit dem derzeitigen Vigintivirn Marcus Dives von den Iuliern. Eine Verlobung, der bald schon eine Hochzeit folgen soll. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schicke ich zu diesem Anlass nun diese Einladung in die weite Welt hinaus und hoffe, dass sie dich erreicht. Denn natürlich bist auch du am ANTE DIEM V KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (25.2.2014/111 n.Chr.) herzlichst in die Casa Sergia eingeladen, um meiner feierlichen Eheschließung beizuwohnen. Gerne kannst du auch eine Begleitung mitbringen. Ich bete, dass es dir gut geht!


    Für die Planung wäre es optimal, wenn du mir mitteilen könntest, ob du kommen kannst und falls ja, ob du alleine oder zu zweit erscheinst. Ich sende dir die wirklich besten Grüße der Welt und hoffe, dass du bald wieder gesund und hier in Rom bist! Ich hab dich lieb.


    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_Sergia.png


    Sergia Fausta
    ANTE DIEM VII KAL FEB DCCCLXIV A.U.C.
    Casa Sergia | Rom | Italia

    Die Hochzeit mit meinem Marcus rückte immer näher und näher. Da wurde es jetzt so langsam Zeit für die ersten Einladungen. Gerade diese hier, die an den Kaiser selbst gerichtet war (auch wenn ein paar neugierige Kanzleibeamte sicher vorher schon ihre Nase hier rein stecken würden), brauchte ja bestimmt auch ein bisschen, bis der sicherlich viel beschäftigte Adressat sie erhielt und annahm oder ablehnte. Natürlich rechnete ich irgendwie vergleichsweise sicher mit einer Ablehnung, weil ich mir im Klaren darüber war, dass ich hier ziemlich kess einfach den Kaiser, mit dem ich vorher noch nie direkt etwas zu tun gehabt hatte, einlud. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt, richtig? (Und ich wusste, dass ich mir später in den A..llerwertesten beißen würde, wenn ich nicht wenigstens versuchen würde Palma zum Erscheinen auf meiner Hochzeit zu bewegen.)




    SERGIA FAUSTA



    Ad Appium Cornelium Palmam
    Imperatorem Caesarem Augustum

    Palatium Augusti
    Rom - Italia



    Sergia Fausta Cornelio Palmae Augusto s.d.


    Ich schreibe dir, erhabenster Augustus, in größter Dankbarkeit und Freude darüber, dass du nach einer Zeit der Usurpation und Gesetzlosigkeit, der Gewalt und des Krieges, des Hungers und Todes, Rom und das römische Imperium endlich wieder zu Frieden und Wohlstand verhilfst! Das hat mir mein Onkel Decimus Annaeus Varus einst in seiner Weisheit als Praefectus Aegypti prophezeiht und dafür hat mein Onkel Kaeso Annaeus Modestus als Feldherr mehrerer Legionen gekämpft - und am Ende bekanntlich auch mit einem Teil seiner Gesundheit bezahlt.


    Schon allein deshalb erfüllt es mich heute mehr als je zuvor mit großem Stolz, dass ich den Namen meiner Urgroßmutter Cornelia Fausta trage. Denn zwar war sie meines Wissens nach nur eine Gentilin von dir und nicht näher mit dir verwandt, aber allein dein großer Name und deine noch größeren Taten lassen mich dir daher verbunden fühlen, erhabenster Augustus.


    Aus diesem Grund nun möchte ich dich recht herzlich zu meiner feierlichen Eheschließung mit dem noch amtierenden Vigintivirn Marcus Iulius Dives am ANTE DIEM V KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (25.2.2014/111 n.Chr.) in der Casa Sergia einladen. Es wäre mir eine große Ehre und überwältigende Freude dich an jenem Tag als meinen Gast begrüßen zu dürfen. Gerne sind mir natürlich auch deine Frau, sofern sie dann in Rom sein wird, wie auch deine Tochter, falls diese nicht bei ihrem Gatten in Lycia et Pamphylia * weilt, herzlichst willkommen dich zu begleiten.


    Ich verbleibe in positiver Erwartung einer Antwort und hoffe auf eine möglichst rechtzeitige Mitteilung etwaiger Sonderwünsche, die ich mit größtem Vergnügen zu erfüllen bereit bin. Iuppiter möge dich und die Deinen schützen und deine Herrschaft segnen!
    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_Sergia.png


    Sergia Fausta
    ANTE DIEM VII KAL FEB DCCCLXIV A.U.C.
    Casa Sergia | Rom | Italia


    Sim-Off:

    * Ich hoffe doch mal, dass Palmas Schwiegersohn und der Statthalter von Lycia et Pamphylia nicht nur zufällig den gleichen Namen tragen.

    Ich selbst hatte ja nur von einem der Ereignisse des Jahres gesprochen, weil es in einem Jahr ja stets mehr als nur ein großes, besonderes Ereignis gab. Und es war ja auch für dieses Jahr mit wirklich vielem - neben meiner Hochzeit - zu rechnen: Mit einer bestimmt groß angelegten Parade oder ähnlichem würde zum Beispiel vermutlich ein neuer Praefectus Praetorio in sein Amt eingeführt werden. Dann standen natürlich auch zahlreiche öffentliche Feste, bestimmt auch mit Gladiatorenkämpfen oder Wagenrennen oder so auf dem Programm. Und nicht zuletzt war da natürlich auch die Eheschließung des noch amtierenden Consuls mit seiner etwa 20 Jahre jüngeren Aelia, der ich gewiss nicht die Show stehlen könnte - egal, was ich versuchte. Da machte ich mir nämlich keine Illusionen. Dass die Duccia aber trotzdem meiner Heirat den Spitzenplatz dieser vielen gesellschaftlichen Ereignisse des Jahres einräumte, war.. nett, auch wenn ich an der Ernsthaftigkeit ihrer Worte kurz ein bisschen zweifelte. (Allerdings: Verglichen mit der Verbreitung meiner Verlobung - von der die Duccierin ja schon nichts mitbekommen haben wollte - war es vielleicht gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass sie auch vom Consul und der Aelia nichts wusste. Und vielleicht ging es ihr auch mit manchen der anderen Anlässe so.) "Schön.", sagte ich also unterm Strich, lächelte und dachte mir meinen Teil.


    Wegen des Hochzeitskleides: "Noch nicht. Aber eine meiner Freundinnen", Paula, "hat mir einen guten Schneider empfohlen, der auch ihr Brautkleid geschneidert hat. Falls du mir hier jetzt also nicht auch noch jemanden empfehlen willst, dann werde ich den guten Herrn in den nächsten Tagen aufsuchen." Das hieß: Selbst wenn Clara mir jetzt einen Schneider empfahl, würde ich sicher zuerst zu dem von Paula gehen. "Und bevor du fragst: Ja, ich habe mich in letzter Zeit dumm und dämlich gewebt, nur um auch ja die Götter nicht zu erzürnen mit meinem Kleid.", log ich ohne rot zu werden. Ich hatte mich einen Abend lang wirklich mal versuchsweise hingesetzt.... aber in das Ergebnis davon wollte ich mich beim besten Willen nicht einschneidern lassen! Letztlich hatte ich also einfach ein paar hübsche weiße Stoffe auf dem Markt gekauft (genauer: kaufen lassen, damit mir niemand so schnell und einfach hinter diese Fassade blickte). Ich war mir sicher: Das würde schon so gehen.
    Dann gähnte Clara. "Ach, du brauchst dich doch nicht entschuldigen.", winkte ich ab, obwohl es natürlich nie falsch war sich bei mir zu entschuldigen. "Ich lass dich jetzt auch gleich wieder in Ruhe, damit du wieder zu Kräften kommst und schnell gesund wirst.", kündigte ich an und wartete dann darauf, ob das auch in Claras Interesse wäre.

    Verraten? Bei dieser und der folgenden Wortwahl war wohl klar, dass dieser Tiberier gleich seiner Schwester nur so ein Leichtfuß war, der zwar viel reden konnte, aber dabei trotzdem nichts sagte. Und wäre ich wirklich eine Postbotin gewesen, eine einfache Tabellaria, dann hätte das meinen Horizont vermutlich wirklich überschritten und ich hätte nicht gemerkt, wie man mich zu veralbern versuchte. Schade nur - für diese Kröte vor mir - dass ich schon als Stationaria vollkommen anderes zu tun gehabt hatte, als irgendwelche Post auszutragen! (Dass das jetzt als Postpräfektin Italias erst recht nicht der Fall war, erschloss sich damit sicherlich von selbst.) Doch es blieb nicht nur dabei, dass dieser Neuadelige offensichtlich nichts gegen das aufgezeigte "Müllwerfer-Problem" zu tun gedachte, nein, er setzte auch noch mit seinen Res Gestae nach.... und machte sich damit noch offensichtlicher (Tonfall hin oder her) über mich lustig. Böser Fehler, ganz böser Fehler.
    Ich wartete mit kritischem Blick und hochgezogenen Augenbrauen noch die mehr und mehr ermüdenden, weil stink langweiligen Dinge ab, die der Magistrat mir erzählte (und die ich lange wusste!) und die mich nur noch weiter darin bestätigten, was für eine kleine Kröte dieser Kerl doch war! "Ach, Tiberius. Da scheint dich deine.. optimistische Wahrnehmung deiner Umwelt wohl leider ein bisschen betrogen zu haben. Denn, so leid es mir tut, interessiere ich mich nicht im Ansatz für deine Tätigkeit im.. Straßenreinigungsgeschäft, sodass sich mit absoluter Sicherheit bessere Literatur finden wird, sollte mir wirklich einmal nach einem dünnen Buch zumute sein.", wobei dünn hier nicht nur als schmal, sondern auch als inhaltsleer verstanden werden durfte. Denn was wollte dieser Typ schon groß erzählen, wenn er nichts tat? Nein, und er hatte mich auch einfach nicht verstanden! "Ich interessiere mich dafür, was in meinem konkreten Fall mit diesem Turpilius passiert. Heißt: Wie wird er für seine Tat angemessen zur Rechenschaft gezogen und wie wird er davon abgehalten noch einmal das zu tun, was er tat." Ich wollte schließlich nicht beim nächsten Mal, wenn ich diesen Weg ging (und ich würde da mit Sicherheit noch oft lang kommen!), gleich wieder fast von irgendwelchem Müll getroffen werden. Das war doch jetzt wohl nicht so schwer zu verstehen gewesen, oder?!


    "Im Übrigen freut es mich natürlich sehr, dass du meinem Stammbaum offensichtlich so viel abgewinnen kannst - doch kann ich dich beruhigen: Ich weiß um meine Verwandten und ihre bedeutenden Taten für das Imperium Romanum. Das jetzt also noch einmal alles lang und breit vor mir auszubreiten, ist daher wirklich nicht nötig.", lächelte ich bittersüß und ließ das kurz wirken. War dieser Consular Tiberius zu Lebzeiten auch so ein elender Schwätzer gewesen, dann konnte ich den fetten Thronräuber gut verstehen! Ein Exil in weiter Ferne gut und schön, aber sowas wollte man ja nun wirklich niemandem antun! "Es wäre also ganz nett von dir, wenn du dich weniger auf meine Vorfahren und verwandtschaftlichen Verbindungen konzentrieren könntest, sondern mehr bei der Sache bliebest, wegen der ich hier bin: der Tat des Bürgers Turpilius Tappo.", fokusierte ich meinen Gegenüber durch schmale Augen ernst und lächelte dazu oberflächlich leicht. "Hast.... Kannst du mir nun also noch etwas zu den ominösen Maßnahmen sagen, die aufgrund füherer Fälle schon längst beschlossen seien?" Waren sie vielleicht sogar schon in Kraft getreten.. und bewiesen hier und jetzt gerade, dass sie versagt hatten? "Eventuell wann mit ihrem Inkrafttreten zu rechnen ist, zum Beispiel? - Ansonsten wirst du mir hoffentlich verzeihen, doch mein verantwortungsvoller Posten beim Cursus Publicus füllt sich nicht von alleine aus. Für eine unbeschwerte Plauderei miteinander müsste ich dich daher also gegebenenfalls auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten." Zur Hochzeit vielleicht, wenn ich es nicht schaffte dieser Kröte abseits der eigentlichen Zeremonie aus dem Weg zu gehen. Dieser tiberische Neuadel.... auf ganzer Linie zum k....opfschütteln. (Ich war ja gönnerisch nett.)

    Nur weil jemand mit mir verwandt war, sollte ich ihn oder sie auch gleich unterstützen? Ich verzog meine Mundwinkel und auch meine Augenbrauen kniffen sich ein bisschen zusammen: "Ohne dir zu nahe treten zu wollen, Präfekt, möchte ich doch einwerfen, dass ich deiner Aussage zwar zustimme, aber keinesfalls alle mit mir Verwandten als unter dem Begriff Familie zusammenfassen würde.", von der rein rechtlichen Definition der Familie mal ganz abgesehen. Hier ging es ja offenkundig eher um die emotionale Wahrnehmung. "Lass mich in dem Sinn also meine vorherige Aussage vielleicht ein wenig korrigieren: Ich bin froh, dass ein Mann deines Formats meinen Verlobten als Teil seiner Familie betrachtet!" Für einen kurzen Augenblick musste ich an meinen Onkel Agrippa denken, gegen den ich schon mehr als nur eine kleine Intrige gesponnen hatte - wohlbemerkt, nachdem ER nicht nur die Freundschaft, sondern auch den Frieden zwischen unseren beiden Familienzweigen gebrochen hatte!


    Die erwartete Anerkennung schlug mir entgegen. "Ja, das bin ich.", bestätigte ich da gerne nochmal. "Und während er mit dafür gesorgt hat, dass der wahre Kaiser in Rom auf den Thron kommt, stand ich in Alexandria unter dem Schutz meines anderen Onkels von den Annaeern, Decimus Varus als damaligem Praefectus Aegypti!" Es war sicherlich hinlänglich bekannt, dass auch dessen Name auf den Proskriptionslisten zu lesen gewesen war, auch wenn er sich kriegerisch nicht ganz so eingemischt hatte. Aber irgendwer hatte mich ja auch beschützen müssen, war meine (leicht egozentrische) Erklärung dafür.
    Dann kam die Frage nach der Gesundheit. "Er schlägt sich wacker. Aber es hat ihn wirklich ganz schön erwischt, sodass man ihn sicher noch nicht so schnell wieder im Licht der Öffentlichkeit wahrnehmen wird.", täuschte ich ohne großes Überlegen nämlich nicht zum ersten Mal darüber hinweg, dass ich selbst noch immer nichts Genaueres wusste. Mein Cousin Lucius Corvinus von den Helvetiern wollte mir ja eigentlich bei meinen Bemühungen helfen, war aber allem Anschein nach vorher wieder mit seiner Legio in den germanischen Busch marschiert - ohne ein Sterbenswörtchen zu mir! (Da sah man es wieder: Nicht jeder Verwandte verdiente es als Familie betrachtet zu werden.) "Ich hoffe, du hast den Krieg da besser überstanden.", musterte ich den Iulier kurz. "Du siehst gut aus." Jedenfalls für das Alter.


    Dann eben kein Trinkspruch, dachte ich mir, als der Präfekt ohne diesen aus seinem Becher trank und den Wein anschließend für gut befand. Ich verbuchte es unter den rauen Soldatenmanieren.... und konnte mir trotz innerem Konflikt nicht helfen dann eben selbst den Part des Trinkspruchsprechers zu übernehmen: "Auf die Iulier und die Sergier - und auf eine gemeinsame Zukunft!", prostete ich meinem Tischgenossen zu nud nahm einen damenhaften Schluck aus meinem Becher.
    "Du hast einen Sohn, der auch eine Magistratur in Rom bekleiden will?", erkundigte ich mich im Anschluss positiv überrascht. Das wäre ja dann schon gleich noch ein Iulier mehr (über den ich mit etwas Geschick ein bisschen Einfluss ausüben könnte)! "Wie heißt er denn? Vielleicht kenn ich ihn ja.."

    Ach ja, so gerne ich auch mein Cousinchen Severa gefragt hätte, war ich mir doch nur zu gut darüber bewusst, warum ich genau das nicht tun konnte: Viele Gäste würden auf der Hochzeit sein (und vermutlich kannte ich bei der großen Verwandtschaft meines Verlobten noch nicht einmal die Hälfte von denen!). Und wenigstens einige, dachte ich mit Argwohn an die arrogante Tiberia aus den Thermen, würden darunter sicher auch mit Argusaugen beobachten, wer dann alles explizit als meine Trauzeugin auftrat an dem Tag. Da konnte ich mir also beim besten Willen keine Familie hinstellen, sodass man am Ende dann vielleicht noch tuschelte, dass ich nicht mal genügend Freundinnen hätte, um aus deren Mitte drei Trauzeuginnen zu finden! Um solchen falschen Gerüchten also vorzubeugen, war es nötig, dass ich außerhalb der Verwandtschaft.. nun eben bei Duccia Clara stand und sie um diese Ehre bat.


    Die Aussage, dass die Duccierin hier zum ersten Mal hören würde, dass ich heiratete, überhörte ich gekonnt. Wer nicht wenigstens über Klatsch und Tratsch von meiner Verlobung mitten in der öffentlichen Arena (auf mein Wirken hin) gehört hatte, wer nicht die penetrante Wahlwerbung in den Straßen für meinen Verlobten (ebenfalls auf meine Initiative hin) gelesen hatte und jetzt dann auch noch die Ohren vor meiner offenen Prahlerei in den Thermen verschloss, dem konnte ich auch nicht weiterhelfen. Nein, wirklich: Was mehr könnte ich theoretisch noch tun, um diese News zu streuen? Bis auf einen Artikel in der Acta Diurna, der dafür jetzt aber auch schon reichlich verspätet wäre, kam mir da nichts in den Sinn!
    Ich lächelte oberflächlich, als die Duccia mir zusagte. "Ach, das freut mich aber!", log ich spontan. In Wirklichkeit fühlte ich.. nichts. Aber vermutlich war das eben so, wenn man jemanden aus einem Kalkül heraus fragte und nicht aus freundschaftlicher Verbundenheit. "Und ich bin mir sicher, dass du rechtzeitig wieder zurück sein wirst! Du willst doch eines der Ereignisse des Jahres nicht verpassen, oder?", bauschte ich die Hochzeit zum Schluss noch etwas auf, obwohl mir ohne großes Überlegen auch gleich ein Alternativplan (falls die Duccia also ausfiel) in den Sinn kam.... Aber alles zu seiner Zeit. So stand ich jetzt also erstmal nur da und.. wusste nicht recht, ob ich noch etwas zu meiner Trauzeugin sagen oder nun einfach wieder gehen sollte.

    Innerlich rollte ich mit den Augen. "Natürlich hatte ich mein Personal zu diesem Zweck.", stellte ich klar, dass meine Hände vielleicht nicht ganz unschuldig, aber mit Sicherheit rein waren. Ich war schließlich nicht mein Onkel Agrippa, der sich zusammen mit irgendwelchem Straßenungeziefer durch irgendeinen Müll wühlte. Widerlich! Nein, ich war eher die, die von diesem Turpilius auch eine Geldzahlung oder so angenommen hätte, um den ganzen Vorfall zu vergessen. Aber der hatte ja selbst gesagt, dass er nur ein armer Schlucker war, sodass ich jetzt also im anderen Extrem ein Exempel an ihm statuiert sehen wollte - am liebsten natürlich zur Unterstreichung meiner selbst auch mit dem deutlichen Hinweis auf meinen Namen. Und dann sollte sich nochmal jemand wagen mich so zu attackieren!
    Nachdem mir das alles durch den Kopf gegangen war, durfte ich mich endlich setzen und tat dies natürlich auch gleich mit einem gespielt freundlichen Nicken. Immerhin fiel es diesem Kerl hier offenbar überhaupt noch ein, dass ich weder selbst ein Kerl, noch irgendeine x-beliebige Antragstellerin war. (Da war im Nachhinein betracht ja selbst dieser alte Kauz auf dem Palatin, dem am Kinn und überall im Gesicht so hässlich die Haare wucherten, noch aufmerksamer gewesen!)


    Der Tiberier begann mit seiner Erklärung: klassischer Fensterwurf.. immer wieder ärgerlich.. jahrhundertelange Angewohnheit.. blablablubb! Versuchte mich der Typ hier gerade ernsthaft mit ein paar netten Worten zu beschwichtigen nach dem Motto "Ich sitz hier gerade so bequem in meinem Amtssessel - ist doch nichts passiert, oder?"!? "Und diese sind, wenn ich fragen darf?", erkundigte ich mich ernst und interessiert zugleich, direkt nach seiner Aussage über die weiteren Maßnahmen, die ja alles oder auch einfach nichts bedeuten konnten!
    Doch der Patricius lenkte scheinbar lieber erstmal mit ein paar warmen Worten zu meinem Befinden ab, bevor er mich erst auf meine Verloung ansprach (was mich noch nicht verwunderte) und dann sogar meinte, dass er den Auspex für meinen Marcus geben würde. Letzteres warf mich dann doch ein bisschen aus dem Konzept. "Jaa..", das wären sicherlich schönere Umstände gewesen, wenn mich mein Verlobter am Tag unserer Hochzeit damit überrascht hätte, dass er nicht nur diese Tiberier dazu eingeladen, sondern auch noch einen von denen zum Auspex bestimmt hatte! "Es freut mich ebenfalls außerordentlich, deine Bekanntschaft zu machen, Tiberius.", konnte ich mich mit honigsüßem Lächeln dennoch nicht zur Nennung seines Cognomen durchringen. "Gerade, wem mein Verlobter hier ein so großes Vertrauen und so viel Freundschaft entgegenbringt, der soll natürlich auch mein Freund sein.", täuschte ich über vorherigen Makel hinweg und erinnerte mich aus heiterem Himmel plötzlich an diese Worte der Tiberia. Dabei nun wurde mein Lächeln ein wenig ehrlicher und auch einen kleinen Hauch amüsiert. Denn ohne Zweifel hatte diese Kuh in einem recht gehabt: Ich würde noch von ihrem Bruder hören.. hier in der hohen Basilica Ulpia.. im überaus angesehenen Büro eines der vier.. Müllmänner! Ohne Worte. So war ich für diesen kurzen Moment voller Genugtuung.

    Sim-Off:

    Das finde ich auch, Lucia! :D


    Offenbar hatte die Quintilia meinen halblauten Kommentar nicht gehört. Oder aber sie wollte ihn nicht hören, was mir irgendwie die wahrscheinlichere Erklärung für das Ausbleiben jeder Reaktion zu sein schien. Was für ein ausgesprochenes Glück war es da doch, dass sich plötzlich noch eine weitere Person zu unserer Runde gesellte! Und offensichtlich keine Römerin rief sie in wessen Richtung? Natürlich, zur Quintilia!
    Ich war nicht auf den Kopf gefallen und konnte schnell eins und eins zusammenzählen: Eine Nichtrömerin, die für eine Römerin arbeitete, das konnte sicher nur eine Sklavin sein! (Offenbar war sie doch nicht so verarmt, wie es zunächst den Anschein erweckte.) Dass sie das aber noch lange nicht zu einer feinen Dame der gehobenen Klasse machte, brauchte ich sicherlich nicht extra zu erwähnen.... ich tat es trotzdem: "Oh je.", seufzte ich mit betroffener Stimme, um mir wieder etwas Aufmerksamkeit zu erhaschen, bevor ich nur einen kleinen Tuck leiser erklärte: "Also mir wäre das ja abgrundtief peinlich, wenn meine Sklaven nicht nur die Markteinkäufe in die Thermen statt zu mir nach Hause schleppen, sondern mich in aller Öffentlichkeit auch noch so vollkommen distanzlos bei meinem Cognomen nennen würde!", ließ ich keinen Zweifel daran, dass ein solcher Fehltritt unter meinem Regiment drastische Konsequenzen nach sich ziehen würde! Da könnten meine Bediensteten noch froh sein, wenn ich einen guten Tag hätte und sie nur einmal gehörig dafür auspeitschen lassen würde!


    Der neue Gast war dann auch für Paula und Tusca die perfekte Ablenkung von ihrer schon gleich im Ansatz wieder festgefahrenen Unterhaltung. Wie zwei lustige Hühner im Stall kicherten und gackerten sie nach meinem Kommentar und machten damit deutlich, dass auch ihnen ein solches Verhalten eines ihrer Sklaven tief peinlich wäre. Wie konnte man sich nur am hellichten Tage in aller Öffentlichkeit von einer eigenen Sklavin so auf der Nase herumtanzen lassen? Das war nicht nur mir hier vollkommen unverständlich....


    .... bis ich einen Gedankenblitz hatte: "Quintilia", sprach ich sie an (und nutzte dabei selbstverständlich respektvoll selbst als Römerin nur ihren Gentilnomen!), "Nachdem du dich nun also selbst auf die gesellschaftliche Stufe gestellt hast, auf der deine kleine.. Freundin aus Griechenland auch steht, wärst du so freundlich und würdest uns allen eine kleine Erfrischung bringen? Ich dachte so an einen netten Wein und ein paar Trauben?", lächelte ich böse bei dieser deutlichen Provokation. Aber ich konnte noch immer einen drauf setzen! "Oder möchtest du uns zuvor vielleicht sogar noch erzählen, dass wir hier doch alle Menschen und alle gleich seien und mit ein bisschen Liebe für unseren Nächsten aus dieser Welt einen besseren Ort machen müssten? Ja? In diesem Fall solltest du dir.. nur für die Zukunft.. vielleicht eine andere Gesellschaft suchen, nicht uns. Ich habe gehört, dass in irgendwelchen Höhlen wie die Barbaren eine Sekte wohnt, die genau den gleich Humbug zu verbreiten versucht. Schau doch bei denen einfach mal vorbei!", giftete ich mit bittersüßem Lächeln. Sollte sie doch in dieser Unterwelt fern von jedem Tageslicht ihr Dasein fristen! Mir wäre das nur recht. Mit kritischem Blick sah ich zur Tiberia: Mit soeiner gab die sich nun also nicht nur ab, sondern war auch noch mit ihr befreundet? War die Patrizierin vielleicht selbst vom rechten Weg abgekommen? Ich riss schockiert die Augen auf. Dann sandte ich einen mitleidvollen Blick zur Flavia, deren Stand durch die Tiberia damit ja fast schon in einem Sog die Gesellschaftspyramide hinabgesogen wurde.... O temporas, o mores! Da konnte ich nur noch meinen Kopf schütteln.

    Hallo?!? Guckte der Kerl mich vielleicht mal bitte an, wenn ich mit ihm redete?! Oder was meinte der Typ, wer oder was er war?? Kaum zum Vigintivir gewählt (und auch dort nur zu den vier Müllmännern abgestellt!) entwickelte dieser Neuadelige hier offensichtlich schon die Starallüren eines Consulars, oder was?! Nein, also bei solcher Arroganz (die mich nebenbei gesagt sehr stark an diese hochnäsige Patrizierzicke aus den Thermen erinnerte) hatte ich wirklich so meine Probleme damit, vorerst auch weiter meine Maskerade aufrechtzuerhalten. Spätestens jetzt war ich mir aber absolut sicher, dass diese beiden Möchtegernblaublütigen zu einer Sippe gehörten - wohlbemerkt einer, der ich von Moment zu Moment weniger abgewinnen konnte. Wenn die da alle so drauf waren, dann konnte ich entgegen meiner beiden annaeischen Onkel mittlerweile ganz gut nachvollziehen, warum sich der fette Glatzkopf damals dieses Consulars Tiberius entledigt hatte: Die waren ja unausstehlich selbstgerecht und selbstverliebt und wer wüsste nicht, was sonst noch alles! (Auf mich trafen diese Eigenschaften natürlich allesamt nicht zu - nur um das klarzustellen.)


    Als dieser Beamte nach Stunden dann endlich seinen kleinen Liebesbrief beiseite gelegt hatte, mittlerweile war ich fast eine Daumenbreite kleiner geworden durch dieses ganze Beine in den Bauch Stehen, wurde ich zu guter Letzt dann doch noch mal nach meinem Namen und meinem Anliegen befragt. "Mein Name ist Sergia Fausta, Praefecta Vehiculorum des Cursus Publicus von Italia.", stellte ich mich wichtig, wie ich war, natürlich auch mit meinem Amtstitel vor. Vielleicht bekam ich ja dann die Aufmerksamkeit, die mir zustand! In meiner inneren Aufgebrachtheit klang meine Stimme dabei jetzt natürlich nicht mehr ganz nach dem unschuldigen Reh, sondern eher.. neutral. "Und ich bin hier, weil auf dem Vicus Collis Viminalis", der Straße also, die außerhalb der Porta Viminalis als Via Tiburtina Vetus zu den Castra Praetoria führte, "gestern beinahe zu Tode gekommen bin. Diese Tonscherben", legte ich das Tuch mit Inhalt auf den Schreibtisch des Tiberiers, "hat der Bürger Turpilius Tappo aus seiner Wohnung in der zweiten Etage der Insula kurz vor dem Zugang zu den Lollianischen Gäten einfach auf die Straße geworfen, wobei nur wenige Digiti gefehlt hätten, um mich womöglich ernsthaft zu verletzen." Ich wollte gar nicht daran denken, wie viele Millionen Sesterzen der italische Postdienst ohne mich (und wenn ich nur verletzt das Bett hüten müsste) noch über irgendwelche "Fehlbuchungen" aus dem Fenster schmiss, wenn ich mich nicht um eine korrekte Buchführung kümmerte! Ein Seufzen verließ meine Lippen. "Ich würde es also begrüßen, wenn du dich dieser unschönen Geschichte annehmen könntest und am besten vielleicht sogar ein Exempel an diesem Turpilius statuierst. Denn diesen Unsitten muss einfach Einhalt geboten werden, bevor am Ende vielleicht noch Schlimmeres passiert!", erklärte ich und merkte selbst, wie auch meine Stimme langsam etwas fordernder wurde. Aber es erwartete auch bestimmt niemand, dass ich direkt am Tag nach diesem Anschlag auf meine Person schon wieder ganz emotional gelassen darüber erzählen konnte.

    Es kam kein weiterer Kommentar von meinem Marcus, sodass auch ich mich wieder dem Kampf im Arenasand zuwandte. Diesen leichtfüßigen Tigranes dort unten beobachtend musste ich feststellen, dass ich schon rein optisch hier das bessere Los gezogen hatte: Der fette kleine Zwerg, der vermutlich schon deshalb in diese Rüstung gepresst worden war, weil jede anständige Wurst eine Pelle brauchte (ansonsten wäre sie ja so eine unförmig unappetitliche lose Wurst), hatte dem guttrainierten Klingenwunder einfach nichts entgegenzusetzen! Dazu wurde schon nach wenigen Augenblicken ziemlich deutlich, dass diese Rübe so schwerfällig war, wie die ägyptischen Flusspferde allesamt aussahen. Dumm wie Brot (Brocculus!) konnte ich schon als Zuschauer praktisch jedes Mal sehen, was der Typ vorhatte (denn von planen konnte hier wirklich keine Rede sein!), bevor der seinen Hammer überhaupt zum Schlag ausholte! Ja, das würde ein leichtes Spiel für den Klingentänzer werden - und damit natürlich auch für mich und meine Wette.


    Siegessicher zurückgelehnt betrachtete ich das hin und her und seufzte theatralisch mit einem Kopfschütteln, als Tigranes einer kleinen wendigen Wespe gleich seinen ersten Treffer landete und mit seinem Schwert als Stachel die dicke Haut des.. Dickhäuters durchbohrte. Amüsiert lächelnd träumte ich und malte mir schon aus, wie ich zusammen mit meinem Marcus in abgeschiedener Zweisamkeit seine Wettschulden einforderte (denn wie gesagt, war ich der festen Überzeugung, dass der arme Junge nur mal von einer Frau richtig rangenommen werden musste, damit sich sein kleines Hirngespinst verflüchtigte!). Doch genau diesen kleinen Moment der Unaufmerksamkeit hatte auch der unfähige kleine Bastard unten in der Arena nur kurze Zeit später. Wie konnte man sich als ausgebildeter Gladiator nur von so einem Vollpfosten, optisch wie intellektuell, erwischen lassen?! "Idiot!", fluchte ich auf den.. diesen.. Tänzer, ja! Das war er mit Sicherheit gewesen! (Und wenn man unter einem Klingentänzer einen Hampelmann mit einem Schwert in den Händen verstand, dann meintwegen auch das noch.) "Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass das dort unten zwei Gladiatoren kämpfen würden!", rechtfertigte ich mich gereizt gegenüber meinem Begleiter, nachdem der mir das Gewinnen seiner Wette unbedingt noch auf die Nase reiben musste! Dabei war ich mir sicher, dass mein Marcus, solange er im Kopf so war, wie er war, mit Sicherheit selbst auch maximal so einen kämpferisch unfähigen Tänzer abgeben würde. Der sollte seine Klappe also mal bloß nicht zu weit aufreißen!


    Sein Licht ist aus, wir geh'n nach Haus'. Rabimmel, rabammel, rabumm. Mit sichtlich unerfreuter Miene stand ich kurze Zeit nach Veranstaltungsende wieder vor der Arena und musste mich erst durch Marcus' Kuss wieder daran erinnern lassen, dass abgesehen von den zwei Schwachköpfen, die im Finale gegeneinander angetreten waren, der Tag hier eigentlich ganz schön gewesen war: Ich war endlich verlobt! Mein Blick wandterte auf meinen angesteckten Verlobungsring, der noch nett im letzten Tageslicht der Sonne funkelte und schimmerte und mir sagte, dass es zwar selbst für mich Rückschläge gab, dass ich am Ende aber (fast) immer bekam, was ich wollte! In diesem Sinne also verließ auch ich nach einem ordentlichen Schmatzer auf Marcus' Mund (natürlich!) den Veranstaltungsort, nur um schon drei Tage später zusammen mit meinem Verlobten im Eheofficium zu stehen und ungeachtet meiner Wettschuld oder Marcus' Willen Nägel mit Köpfen zu machen. Ich bekam eben wirklich (fast) immer, was ich wollte....

    Kein Honigwein? "War ja nur so eine Idee, weil es mir immer hilft.", kommentierte ich die Ablehnung mit einem lapidaren Schulterzucken. Wer nicht wollte, der hatte offenbar schon. Aber das sollte mir doch egal sein, ob sie meine Hilfe nun annahm oder nicht! Angeboten hatte ich sie. Damit war die Form gewahrt und ich war aus dem Schneider. Ende vom Lied.


    Mein Plan das Gespräch gleich zu Beginn etwas aufzulockern und mit der Duccia ein bisschen warm zu werden misslang. Man, war die verklemmt! Wirklich, wenn sie so weitermachte, dann lief sie eines Tages noch ernsthaft Gefahr zu einer vorbildlichen, treuen Matrone zu werden, wie sie sich die Traditionsfetischisten irrationalerweise zu wünschen pflegten. Gut, vom Reiten (zu Pferde) mal abgesehen. "Nach Brundisium? Das hört sich ja interessant an!", log ich mit einem gespielten Lächeln und erwartungsvoll großen Augen. Ich selbst hasste ja alle diese kleinen Kuhkäffer, die mir nicht den Luxus bieten konnte, den Rom oder Alexandria zu bieten imstande waren! "Wie lange wirst du denn dort in Brundisium bleiben?", schob ich nach. Vielleicht löste sich mein Problem ja auch ganz von alleine und die Duccia war bis Ende Februar weg.


    Wie es mir ging? Und was ich tat? "Danke, mir geht es gut. Ich plane gerade meine Hochzeit mit Marcus Dives von den Iuliern. Du hast bestimmt schon davon gehört." Davon ging ich selbstbewusst einfach aus. Hatte ich nicht auch in den Thermen groß damit geprahlt? Da hatte die Duccia bestimmt auch etwas von mitbekommen, dachte ich mir. "Und genaugenommen bin ich deshalb auch hier. Die Hochzeit soll am fünften Tag vor den diesjährigen Kalenden des März * stattfinden und ich wollte dich fragen, ob.. du an diesem Tag wieder hier in Rom bist.. und.. ob du vielleicht eine meiner Trauzeuginnen sein würdest.", druckste ich erst ein bisschen herum, bevor ich auf den Punkt kam. Mit einem schiefen Lächeln sah ich zur Duccierin und war gespannt, wie die jetzt darauf reagierte.


    Sim-Off:

    * 25.02.2014/111 n.Chr.

    Es war einfach nicht zu fassen! Da wand sich dieser Kerl noch immer wie ein kleiner glitschiger Wurm, der bereits hoffnungslos als Köder an der Angel hing, und japste wie ein armes, ach so unschuldiges Lamm, das im Wasser schwimmend gerade kurz davor war jämmerlich zu ertrinken, weil am rettenden Ufer eine hungrige Löwin lauernd entlangstreifte. Und trotzdem erzählte er mir das Blaue vom Himmel und sprach von Iuppiter, Blitzen und irgendwelchen Zeichen! In der festen Überzeugung, dass die Götter sich nicht einmischten in unser menschliches Dasein (im Theater mischte ich mich ja auch nicht einfach in die Handlung auf der Bühne ein!), tangierte mich dieser Humbug, den ich mir da anhören musste inhaltlich nicht mehr im Geringsten. Er log mir, obwohl er vollkommen offensichtlich durchschaut worden war, noch immer direkt in mein Gesicht! Der. War. Vielleicht nicht gleich tot, aber dennoch fällig! (Von irgendeinem leisen Dahinscheiden, welche Genugtuung hätte ich auch schon davon?)
    Dann erschien die zweifellos bessere Hälfte zu diesem.. Unfall.. an der Tür und machte mit den Bezeichnungen als Idiot, Narr und Tölpel auch ziemlich klar, dass sie nicht nur die Sandalen in diesem Haushalt anhatte, sondern auch zu deutlich klarerem Denken imstande war als ihr Mann. Ich blickte mit versteinerter Miene zwischen ihr und ihrem Gatten hin und her, als sie mich um meine Nachsicht bat. Doch wer bitte war ich, dass ich so ein paar luftigen Worten nachgab? Sah ich so aus wie eine dieser schwachen Fishfighter? Eine dieser kranken Sektenmitglieder mit ihrem Konzept von Liebe und Vergebung und einer angeblich besseren Welt, wenn man danach lebte? (Ja, ich hatte es schon durch, dass mich eine meiner Freundinnen, eine vorgebliche Freundin, in Alexandria "bekehren" wollte!) Stand mir groß "Krustentier", oder wie auch immer diese Fishfighter ihre Meerestier-Sekte selbst nannten, auf die Stirn geschrieben? Antwort: NEIN! Das Leben war hart, aber ungerecht - vor allem für mich als Frau! Wer da nur einmal verpasste in einer solchen Situation bissig seine Zähne zu zeigen, der wurde gefressen.... oder beim nächsten Mal dann eben wirklich von einem Tonkrug erschlagen oder von einem herabfallenden Tonsplitter gefährlich am Hals erwischt oder ähnliches. Das war die frostige Realität!


    Da half auch die folgende Entschuldigung des Turpiliers nicht mehr. Im Gegenteil verschlimmerte er wissentlich oder unwissentlich seine Lage nur noch, als er angab nicht gerade vermögend zu sein. Was sollte mich da jetzt noch dazu bewegen mich irgendwie außerbehördlich mit ihm zu einigen? "Und was bitte glaubst du, wie vergesslich ich bin? Ich werde auch nicht so schnell vergessen können, dass ich heute nur mit Glück einer Verletzung oder gar Schlimmerem entgangen bin!", ließ ich das Ehepaar Turpilius Tappo noch immer verärgert, aber irgendwie auf eine bittere Weise auch unheimlich ruhig wissen. Ohne eine weitere Antwort wandte ich mich dann von den beiden ab und wünschte auf dem Weg zur Treppe noch ein liebloses "Valete.", während ich mir überlegte, was wohl als nächstes zu tun wäre. >>>

    >>> Ich musste schnell handeln! Da war ich mir sicher. Immerhin wusste der Schadenverursacher (ja, auch Make-up, Frisur und Kleiderreinigung kosteten Geld, ganz zu schweigen vom meiner wertvollen Zeit als Postpräfektin Italias!) darüber Bescheid, dass ich über ihn Bescheid wusste! Und nachdem er mir meine Drohung mit dem Praefectus Praetorio offenbar abgekauft hatte, bestand mit Sicherheit auch Verdunklungsgefahr in seinem Fall. - Zugegebenermaßen hatte ich da nämlich eigentlich schon etwas hoch gepokert, war es doch nicht gerade ein Geheimnis, dass nach der ehrlosen Entlassung des alten noch keine große Feier zur Amtseinführung eines neuen Prätorianerpräfekten stattgefunden hatte. Und damit war natürlich auch meine Verbindung zu den Prätorianern selbst so trocken wie die Sand- und Steinwüsten Africas.


    An wen nun konnte ich mich wenden? Ich ließ herausfinden, denn als Praefecta Vehiculorum brauchte ich das nicht mehr selbst zu machen, dass die Ädile für den Polizeidienst verantwortlich waren. Aber was wollte ich durch diese ermitteln und verfolgen lassen? Eine fahrlässige Körperverletzung, die nicht geschehen war aber hätte geschehen können? Nee, da kam ich bestimmt nicht weiter. Stattdessen stand ich einen Tag nach dem unglaublichen Vorfall bewaffnet mit den in ein blau-weiß karriertes Tuch eingewickelten Beweisstücken, die meine Begleiter am Vortag vom Ort des Geschens mitgenommen hatten, in der Bascilia Ulpia vor den Büros der Quattuorviri. Und wieder hätte ich mich am liebsten beschwert! Wie konnte es bitteschön sein, dass ich hier genötigt war einen Tiberius aufzusuchen, wenn ich mich über diesen Turpilius beschweren wollte?! Ich dachte, ich hätte es hier mit den Quattuorviri zu tun! Bei meinem Glück war der vielleicht noch über drei Ecken mit dieser arroganten Tiberia-Kuh verwandt, die ich vor einiger Zeit in den Thermen kennenlernen musste! (Allerdings: Mit diesem Decimus Aquila war ich ja eigentlich auch ganz gut zurande gekommen, obwohl diese Flaminina behauptete mit ihm verwandt zu sein....)


    Ich klopfte also an der Bürotür an, wartete bis ich ein "Herein" oder irgendetwas vergleichbares vernahm und enterte dann das Officium. Dort angekommen polterte ich allerdings nicht gleich los, sondern sah mich mit einem betroffenen Gesichtsausdruck erstmal vorsichtig um. Ich versuchte den Quattuorvir zu identifizieren und schenkte ihm ein kurzes, eher trauriges Lächeln. "Salve.", grüßte das arme, hilflose Reh mit den großen braunen Rehaugen, die mir schon in Kindertagen viele Wünsche erfüllt hatten. "Quattuorvir Tiberius?"

    Wo um alles in der Welt waren sie nur hin, all die starken Charakterfrauen, an die man dachte, wenn man von der Schlangengrube Rom sprach?? Diese Decima jedenfalls blubberte nur inhaltsleer nach, was ihr die Tiberia vorgeblubbert hatte, und gehörte in meinen Augen damit definitiv nicht zum Typus Charakterfrau. Zum gleichen Schluss kam ich auch bei der zweiten Freundin der Tiberia, die (nur falls sich hier jemand wunderte) auch nur genau aufgrund dieser Parteiergreifung wenigstens von meiner Seite aus in den Fokus geraten war: "Selten geworden? Das ist nett formuliert für eine Art des Eheverbunds, der schon vor knapp anderthalb Jahrhunderten nurmehr von Leuten in dieser Weise traditionalistisch eingegangen wurde, die damit andere Makel zu kompensieren versuchten!", kommentierte ich halblaut diesen schwachen Rechtfertigungsversuch der Quintilia. Denn es wusste ja wohl jeder, dass ab der späten Republik die manus-freie Ehe zur Regel wurde, wenn man von der kleinen Fehlentwicklung zu Beginn der ulpischen Herrschaft mal absah.
    Blieben neben mir aus unserer Runde also nur noch die Duccia, die ich noch nicht einschätzen konnte, meine beiden Freundinnen und die Flavia, die ich hier und jetzt nicht einschätzen wollte, sowie zuletzt die Tiberia, die sich zwar 1A daneben benehmen und einen Konflikt vom Zaun brechen konnte, aber an und für sich doch eher weniger eine starke Persönlichkeit zu sein schien. Ja, sie würde (natürlich hauptsächlich aufgrund ihrer adeligen Geburt) sicherlich irgendwann eine gute Partie machen, falls sie das nicht sogar bereits hatte. Doch stark aus eigener Kraft? Höchst fraglich und unwahrscheinlich, schätzte ich überzeugt.


    Unterdessen begannen sich auch Paula und Tusca bei der Wortkargheit der anderen Frauen schnell zu langweilen. Die Gesellschaft der anderen hatte doch versprochen interessanter zu werden, als sie es bislang geworden war. "Was meinst du, Paula? Die Aelia und ihr 20 Jahre älterer designierter Consul: Ob die noch vor unserer Fausta heiraten?", besann sich Tusca also nach einigen Momenten der Stille auf ein altes Thema unter einem neuen Licht. Und vielleicht mochte sich ja jetzt auch noch jemand anderes in dieser Sache äußern. "Na, auf jeden Fall machen sie's noch vor dieser Quintilia!", behauptete Paula und meine andere Freundin kicherte vergnügt. "Ansonsten weiß ich aber nicht, wer früher heiraten wird. Ist das wichtig?" Die Titia zuckte ertappt mit den Schultern. "Ich meine ja nur, in seinem Konsulatsjahr hat der Decimus doch bestimmt Wichtigeres zu tun als zu heiraten, oder?" Paula versuchte eins und eins zusammenzuzählen: "Du glaubst doch nicht etwa, dass DU eine Chance hättest.. bei.." Tusca blockte sofort ab: "Quatsch, nein! Ich.. ähm.. Es war ja auch nur so eine Frage!", antwortete sie gereizt. Ihr unmittelbares Umfeld bot ihr schließlich keinen anständigen Gesprächsstoff mehr....