Na, das war ja wirklich mal ein Ding, das da nun in die Arena stolzierte - so überaus unschuldig, natürlich.... Dieses Getue konnte ich schon auf den ersten Blick nicht ausstehen, denn ich durchschaute es nur zu gut! Ja, ich hatte ja selbst eine Leibsklavin namens Callisto. (So schön wie man vom Namen schließen könnte, war sie nicht! Da hatte mein Vater nur einmal in seinem Leben ganz schlechten Geschmack bewiesen!) Die war auf jeden Fall auch so eine hinterhältige Schlange, die nach außen immer lieb und brav, innerlich aber der reinste Alptraum war! Für alle ihre Fehler fand sie Ausflüchte und Entschuldigungen und natürlich waren es immer die Umstände, die Andere, am besten noch die Götter, die die Schuld trugen! Neulich sollte gar ihr Sonnengott eines meiner teureren Kleider mithilfe einer Fensterscheibe angesengt haben! Schwachsinn! Nein, da durfte man auch als Frau nicht nachgeben und musste mit aller Härte entschieden reagieren. Sonst endete es nämlich genau so, hier in der Arena mit einem Bären. Ich konnte für die arme Ursania wirklich nur hoffen, dass die Zur-Verfügung-Stellung ihrer Sklavin für dieses Spektakel wenigstens den Einkauf einer neuen, anständigen Sklavin ermöglichte. Ach ja, den Seidenschal natürlich nicht zu vergessen!
Zum Glück flüsterte ich gerade meinem Marcus den tollen Vorschlag einer Verlobung ein, als dieses offensichtliche Miststück da unten ihre Klappe so weit aufriss. Wessen Verteidigungsrede schon mit den Worten 'verdammtes Römerpack' begann, der konnte ja nur erstunkene und erlogene Barbarenmärchen zu verkaufen versuchen! Da fiel doch wirklich niemand ernsthaft drauf herein. Im Gegenteil: Das zeigte ja sogar noch, wie hasserfüllt diese Schlange war und wie sehr sie alle Römer - insbesondere und ganz speziell dieses unschuldige kleine Kind von Ursania Flacca - verabscheute. Schuldig war sie, bis über beide Ohren!
Als ich wieder nach vorne in die Arena sah, musste ich amüsiert und vornehm mit meiner rechten Hand vor dem Mund lachen. Da nässte sich das kleine Ding nun ganz angsterfüllt ein. Herrlich! Aber das hätte sie sich eben einfach früher überlegen sollen, sich mit einer Römerin anzulegen. Da konnte ich die Ursania wirklich voll und ganz verstehen. Ich hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert (was mich daran erinnerte, dass ich mir im Fall der Fälle später ganz genau überlegen müsste, wem ich die Sorge um meine Kinder übertragen würde). "Ermordet. Sie hat das Kind ermordet. Nichtmal einen einfachen Satz zu formen ist sie in der Lage. Nein, wirklich.", drehte ich mich zu Marcus, den ich ja eigentlich hatte aus den Augenwinkeln beobachten wollen. Aber wer konnte bei der laufenden Vorstellung schon lange genug wegsehen? - Ich amüsierte mich köstlich!
So wie mich mein lieber Marcus nun aber anblickte, schien er sich einmal mehr deutlich weniger köstlich zu amüsieren. Er sah so nachdenklich aus. Aber er glaubte jetzt doch nicht etwa diesen ausgemachten Blödsinn, den dieses Ding da von sich gab, oder? Ach, sicherlich nicht, denn auch er würde erkennen, dass das Wort einer Römerin einfach gewichtiger war, als das einer unfreien Mörderin. "Was ist?", fragte ich schließlich, bevor ich wie vom Blitz getroffen selbst auf die Antwort kam: Über die Verlobung dachte er bestimmt gerade nach und darüber, wie er mich hier und jetzt am besten und wirksamsten für unsere paar Sitznachbarn fragen sollte. Klar, das lag ja auch auf der Hand! Ich lächelte ihm also zu und wollte gerade sein Händchen halten, da stand er plötzlich auf und verabschiedete sich.
Und was versuchte er mir jetzt nun damit zu sagen? "Nein, tut mir Leid, der ist noch besetzt. Mein Begleiter holt mir nur schnell eine Erfrischung.", erklärte ich aus der Not heraus einer ollen Schnepfe (dafür hatte ich einen Blick), um den Platz für Marcus freizuhalten. 'Wir dürfen jetzt nicht uneinig auftreten, Fausta. Er kommt bestimmt gleich wieder. Marcus kommt gleich wieder. .... Nein, er wagt es nicht mich hier sitzenzulassen mit all den Menschen, denen ich über sein dreckiges, kleines Geheimnis berichten könnte!', ging es mir durch den Kopf, bevor ich beim ersten wütenden Hundebellen wieder voll und ganz auf das Geschehen um diese Mörderin in der Arena fixiert war. Eins, zwei, drei; da war die Flucht vorbei. Vier, fünf, sechs; der Bär gibt ihr den Rest.