Beiträge von Caius Flavius Scato

    Der Flavier hatte nun wirklich mit allem gerechnet, aber als die Worte "Wie Bruder und Schwester" fielen, wusste er nicht so recht damit anzufangen. Wie Bruder und Schwester in ägyptischen Herrscherhäusern vielleicht, aber nicht im schicklichen, klassischen Sinn.
    Aber sie fuhr fort und flehte ihn an, und natürlich hatte er noch Gefühle für sie, wie hätten sie verschwinden sollen? Aber gerade dass machte es ihm doch so schwer..


    "Natürlich habe ich noch Gefühle für dich Prisca! Wie könnte ich die nicht haben? Häte ich diese nicht, so würde ich nicht hier stehen, so würde ich mich nicht so verhalten! Aber du wirst ihm gehören! Ihm! Obwohl ich noch meine Laufbahn vor mir habe, und obwohl ich es in mir habe dass Rom mir zu Füßen liegen könnte! Warum nur du? Warum nicht eine andere Tochter aus gutem Hause?", fragte Scato und wurde durchaus etwas lauter, allerdings nicht im bösen Sinne..
    "Ich weiß nicht ob ich das kann, ich werde es versuchen, aber ob ich es kann? Wer weiß. Vielleicht gehe ich zu den Legionen, leiste ein Tribunat. Wer weiß Prisca, ich wünschte wir würden die Quartiere teilen, aber dieses Glück bleibt mir verwehrt, bleibt uns verwehrt, stattdessen muss ich wieder einmal zum Wohle der Familie gute Miene zum bösen Spiel machen."

    Scato fand sich plötzlich in einem wahren Gewitter der Worte wieder...


    ...Und quittierte es mit zunächst mit einem Lächeln. Aber plötzlich wurde es interessant.. Domitillas Mutter? Welch witzige und dennoch faszinierende Fügung, sollte er ihr sagen dass er seine Tochter praktisch Verschachert hat um später einen guten Stand mit dem Tiberius zu haben? Denn immerhin hielt er große Stücke auf ihn, und sein Werdegang sprach ja bereits jetzt Bände, also hatte sich der Handschlag doch gelohnt.. Zumindest für ihn.. Und das war ja die Hauptsache.


    "Die Mutter von Domitilla nicht wahr?", fragte er dann rhetorisch, allzu viele Hochzeiten standen dann ja nun doch nicht an, "Ich hoffe doch die Reise war angenehm, und ich hoffe du freust dich auf die Hochzeit und das Glück des jungen Paares.", grinste er wie ein Händler in den Armenvierteln.. Schließlich kannte er die Hintergründe, sie jedoch bei weitem nicht, "Ich nehme an dein Gatte, oder besser gesagt, dein ehemaliger Gatte hat dich bereits über die Umstände der Vermählung informiert?", hakte er nach, um sicherzugehen dass sein Engagement nicht doch zu sehr in den Vordergrund geriet.

    Scato hatte es noch immer nicht richtig realisiert dass sein Bruder Dexter.. Ja, der aus Ägypten, nun tatsächlich in Rom war. Er hatte in der Nacht zwar mitbekommen dass irgendein Flavier zurückgekehrt war, er hatte auch gewusst dass es sein Bruder war, hatte er ihm im Halbschlaf doch ein Zimmer herrichten lassen.. Aber einige Stunden schlaf und verwirrende Träume später, traute er seinen eigenen Sinnen nicht mehr so recht und musste sich erst einmal von seinen persönlichen Adjutanten.. Oder besser gesagt Sklaven.. Darüber unterrichten lassen..


    "ANGUS?! LUPUS?! Ist mein Bruder im Haus?", er hoffte einfach auf genug Grips seitens seiner Sklaven dass sie wussten dass nicht Fusus gemeint war.. Währenddessen rieb er sich etwas müde die Augen und fuhr sich durch die Haare.. Er hasste es wenn sein Schlaf gestört wurde, und würde dies auch noch den ganzen Tag lang spüren.

    Scato hörte stumm zu.. Nach der Hochzeit von Lucius und Domitilla?! Hatte Gracchus etwa doch geahnt welche List Scato ausgeheckt hatte und ihn mit Prisca bestraft?! So langsam schien der Flavier paranoid zu werden, oder war doch etwas dran? Er wusste es nicht, wenn dem jedoch so wäre, wäre dies ein ganz übler Stil.. Und es hätte theoretisch auch von ihm kommen können..



    "Die Götter haben kein Urteil über uns zu fällen. Erst gaben sie uns die Welt, nur um sie uns in einem tragischen Spiel wieder zu entreißen Prisca.", sagte Scato, und griff sanft ihre Hand, wohlwissend dass er es eigentlich nicht tun sollte..
    "Wie soll ich mit dir unter einem Dach leben? Wisse, dass du nur ein paar Türen weiter mit ihm bist. Ich war immer kalt, berechnend, soll das die Strafe sein? Dass sie mir die einzige Person nehmen für die ich mich erwärmen.. Oder mehr noch.. Für dich etwas empfinden konnte?"

    Pyrgi.. So wie Prisca davon sprach wünschte er sich einfach nur seine Zeit dort mit ihr zu verbringen.. Keine Politik, keine Ränkespiele, einfach nur ein komfortables Leben mit ihr führen, nicht mehr und nicht weniger...
    Aber sie waren wohl beide schon bis zum Hals in der Schlangengrube versunken die man für gewöhnlich Roma nannte.. Intrigen, Affären, Macht.. Im Prinzip waren sie naiv gewesen auch nur zu hoffen dass es jemals funktionieren könnte, war man doch nie wirklich frei, und trotzdem war die Wahrheit viel härter als die schlimmsten Befürchtungen..
    "Ich werde Pyrgi nie vergessen.. Dich nie vergessen.. Wie sollte ich auch?", fragte Scato, und meinte es im doppelten Sinne.. Schließlich würde sie ihm täglich über den Weg laufen, und wer weiß? Die Villa Flavia war recht groß, nicht dass Scato bereits vor der Eheschließung an die Untergrabung eben jener dachte, aber er konnte derlei Gedanken auch nicht Unterdrücken.
    "Ich wünschte ich könnte etwas tun Prisca... Ich meine.. Wann ist die Eheschließung?", fragte er, und war sich bewusst dass er sowieso nichts machen konnte. Auf der anderen Seite jedoch würde er die Eheschließung kaum mit ansehen wollen, und könnte sich eventuell rechtzeitig davonstehlen und weit entfernt von Rom in Missmut und Selbstmitleid versinken.. Ein eigentlich unvorstellbarer Zustand.

    Scato hatte in den letzten Tagen durchaus mitbekommen was in der Stadt geschah, und war sich dem Ernst der Lage durchaus bewusst, dennoch hatte er die letzten Stunden, und Nächte damit verbracht, seinem Onkel gedanklich Allerlei an den Kopf zu werfen. Auch wenn er sich nicht sicher war ob Gracchus von seiner Nähe zu Prisca wusste, so keimte die Paranoia in ihm auf, und es fiel ihm schwer sein gewohnt kühles Auftreten nicht in ein noch eisigeres Verfallen zu lassen..
    Er hörte Gracchus zu, während sich im seinen Kopf die wütenden Stimmen mehrten und er seinen ganz eigenen Mob in Gedanken anführte, welcher wütend nach den Herzen von Prisca und Gracchus verlangte..
    ..Priscas Herz metaphorisch gesprochen, aber das des Manius durfte noch triefen!
    Aber zurück in die Realität, denn es wurde interessant, Gracchus wandte sich direkt an ihn.. Er sollte sich im Falle dass er nicht zurückkehre um die Familie kümmern?! Plötzlich oblag im also doch Verantwortung? Plötzlich sollte er doch Entscheidungen treffen? Scato wusste nicht so recht ob er sich wünschen sollte dass Gracchus wohlversehrt zurückkehrte, oder ob er selbst den ersten Stein werfen sollte..
    Andererseits, Familie war Familie, die konnte man sich nicht aussuchen, aber er würde Gracchus noch brauchen, genauso wie Prisca.. Die Götter konnten grausam sein..


    "Ich werde dich nicht enttäuschen Onkel.", entgegnete er knapp..
    'So wie du mich enttäuscht hast! Getäuscht hast!', schrie eine innere Stimme hinterher während sich seine wütende Faust wieder weißlicher färbte.

    Scato war ein wenig verwirrt ob der offensichtlichen Echauffierung der Dame im Atrium, und dennoch kam er nicht umher sich zu fragen wer sie überhaupt hatte reingelassen wenn es nicht irgendeinen Grund dafür gab..
    "Nun, warum solltest du sonst hier sein...", erwiderte er und wartete kurz ab auf dass sie ihren Namen nannte, "Eine alte Freundin der Flavii scheinst du ja nicht zu sein.", er musterte sie von oben bis unten und verkniff sich sämtlichen Kommentar. Es stand einem Patrizier nicht sich mit profanen Beschimpfungen zu aufzuhalten, und es war nicht seine Art direkt persönlich zu werden...
    "Nun, ich bin gespannt auf die Antwort.", sagte er etwas provokant, und bemerkte die Reisetruhe, "Es scheint als plant man eine längere Logie, aber keine Sorge, wir scheuen selten Kosten oder Mühen, willkommen in der Villa Flavia.", provozierte er weiter und lächelte süffisant.

    Noch immer war er unsicher was ihm Prisca vermitteln wollte. Sicher, der Flavier spürte dass etwas nicht stimmte, er merkte auch dass sich Priscas Gemüt von Augenblick zu Augenblick verschlechterte, und dennoch kam und kam er nicht darauf was dies denn alles zu bedeuten hatte, bis ihn die Realität wie ein Streitwagen, oder Elefanten des Hannibals, erdrückte..
    Gracchus?! GRACCHUS?! Dieser alte Zauderer, mehr damit beschäftigt durch die Gänge der Villa Flavia zu schleichen als etwas zu bewegen? Der Gracchus der erst kürzlich seine Gattin betrauerte? Der Gracchus der ihn erst kürzlich zu sich zitierte um etwas über flavische Werte, den Wert der Familie und so weiter zu belehren?


    Scatos Faust ballte sich zusammen, wurde weiß, rot, während sein Atem tiefer und tiefer wurde, und die Tränen, Trauer, Wut und Enttäuschung begannen seine Augen von unten her zu umspülen..
    "Manius Gracchus.", kam es nur aus seinem Mund, so als würde er nun erkennen wer sein Gegenspieler war, wobei sich sein Mund kaum mehr öffnete als es die aufeinander gebissenen Zähne erlaubten..
    Scato wusste nicht was er tun sollte.. Nicht in dieser Situation. Er wollte Prisca umarmen, sie küssen, ihr zur Seite stehen, aber er stand wie angewurzelt da, die Wut lähmte ihn, und er hatte Mühe die Zurückhaltung zu bewahren..


    "Ich...", begann er einen Satz und wusste nicht wie er ihn vollenden sollte, da war sie, die einzige Person durch die er je hatte nachvollziehen können was all die Dichter und Schreiber mit ihren Gedichten zu vermitteln versuchten, und ausgerechnet diese Person würde ihm nun genommen werden, von seinem eigenen Fleisch, und würde ihm bald tagtäglich in der Villa begegnen und den Stachel immer weiter in das seine treiben..


    "Prisca...", sagte er, immer noch völlig neben sich, und ging einige Schritte auf sie zu, griff ihre Hand, und wusste dennoch nichts damit anzufangen. Unter anderen Vorzeichen hätte er ihr heute wohl ebenfalls eine Verbindung vorgeschlagen, vielleicht auch erst nach ein paar weiteren Treffen, aber dennoch, es wäre wohl dazu gekommen, und nun muss er mit ansehen wie Gracchus sie ihm stahl, bei ihrer Vermählung würde er anwesend sein müssen, würde gute Miene zum bösen Spiel machen müssen, eine grausame Idee der Götter..


    Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, zum einen suchte er seine aufkommenden Tränen zu verbergen, und zum anderen wollte er ihre nicht sehen. Er hegte keinen Groll gegen sie, seine Gefühle ihr gegenüber waren unverändert jedoch war sie in weite Ferne gerückt, alles was war, war Vergangenheit, oder würde Vergangenheit werden müssen, er hatte keine Gefühle für irgendjemanden vor ihr, wie schwer könnte das schon sein? Sehr schwer, beinahe unmöglich, auch das wusste er.


    "Warum du?", fragte er sie, obwohl es mehr ein Gesprächsfetzen seines inneren Monologes war welcher entkommen war. Warum Prisca? Es gab in Rom hunderte ledige Patrizierinnen, warum ausgerechnet Prisca? Wusste Manius womöglich von ihren Treffen? War es eine Rache für Domitilla? Wollte er Scato zeigen wo sein Platz ist?
    Wut stieg wieder auf, Wut, Hass, düstere Emotionen, als hätte der Flavier davon nicht schon mehr als genug.

    ...Scato war an diesem Tag schwer beschäftigt, er musste sich um die Einladungen für die ihm zu Ehre von den Aureliern ausgerichteten Spiele kümmern und hielt Angus und Lupus deshalb mit Anweisungen hinsichtlich der Namen auf Trapp..
    "...Ach und schreibt Senator Redivivus ebenfalls auf, ein grässlicher Kerl, so einfach, aber ich kann mir auch unter dem simplen Volk keine Feinde machen, so sehr ich mich auch zurückhalten muss.", sagte Scato leicht verächtlich und betrat das Atrium, in welchem eine Frau sich bereits erhob, als hätte sie einen Termin für ihn..
    "Ich habe viel zutun, für Bittsteller habe ich momentan wenig Zeit.", sagte Scato mehr oder minder hastig im Vorbeigehen und bemerkte gar nicht dass die Frau für eine Bittstellerin überraschend gut gekleidet war.

    Der Flavier konnte aus seiner Konfusion keinen großen Hehl machen.. Er wusste schlichtweg nicht wovon Prisca sprach.. Cena? Da war was.. Er war zu einer Cena erschienen, wurde jedoch von Gracchus weggeschickt, ohne eine vernünftige Erklärung zu erhalten, doch was war dort geschehen?
    Scato, noch immer etwas unbeholfen aufgrund der plötzlichen Distanz der beiden, erwiderte ihren etwas wehmütigen Blick mit purer Konfusion..
    "Ich.. Ich weiß nicht worum es geht Prisca.. Was ist geschehen?", fragte er deshalb entschlossen und bestimmt, obwohl seine Verwirrung ob der gesamten Situation eindeutig durchschimmerte..
    Während er auf die Antwort wartete rasten ihm Millionen Gedanken durch den Kopf, die eine, eventuell sogar naheliegende, kam ihm gar nicht, vielleicht wollte er sie aber auch gar nicht in Betracht ziehen..

    Scato blickte bei der letzten Frage seines Sklaven auf, warum er ihn nicht hatte sterben lassen?! Angus hatte noch viel zu lernen, oder hätte noch viel lernen müssen, nun war alles nur noch Schall und Rauch..
    "Warum ich dich nicht habe sterben lassen?", fragte er abgeklärt, rollte seine Papyrusrolle zusammen und schob sie ein Stück zur Seite, "Weil es nicht die Entscheidung etwaiger Dahergelaufener ist ob du stirbst. Es ist auch nicht die Entscheidung der Mediziner, und es ist auch nicht deine Entscheidung.", erklärte er, jedoch so pragmatisch und kalt, dass sein Atem zu Dampf werden würde, wenn seine Stimmung die Temperatur im Raum beeinflussen könnte, "Es ist ganz allein meine Entscheidung. Du gehörst mir, dein Leben, deine Geist, und alles was dich ausmacht, ausgemacht hat und ausmachen wird gehört mir.", erklärte er so, als ob es das normalste der Welt wäre, so als ob Angus nicht durch die Fähigkeiten des Medicus, sondern ganz allein auf seinen Beschluss hin überlebt hätte, "Natürlich musst du für deine törichten Taten bestraft werden, und normalerweise wäre der Tod eine mehr als angemessene Sanktion. Doch ich bin Politiker, und ich meine ein ganz gutes Händchen für das Geschäft zu haben, und schreibe meine Investitionen deshalb nicht allzu schnell wieder ab. Du wirst eine Strafe erfahren, und solltest du dir noch einen Fehltritt leisten, so verkaufe ich dich noch an die Minen, oder in an eine Gladiatorentruppe, so oder so, der Tod würde dich dort schnell finden und langsam sterben lassen.", erklärte Scato und grübelte kurz über eine angemessene Strafe, "Im Morgengrauen erwartet dich die Peitsche im Hof, ich muss noch zusehen ob ich beiwohne oder länger schlafen möchte. Denk daran, du bist auf Bewährung, enttäusche mich nicht noch einmal Angus."

    "Nun, den Erzählungen nach dachte ich mir schon dass er ein recht eigenwilliger Mann sei, weshalb ich bewusst dich zu ihm schickte, strahlst du doch eine gewisse barbarische Robustheit aus.", kommentierte Scato das gesagt knapp, auch wenn er sich innerlich ärgerte, wie konnte es dieser Provinz-Adel nur wagen seinen Sklaven für seine niederen Arbeiten zu verwenden?!
    "Jedenfalls bin ich froh dass du mit so einer frohen Kunde zu mir zurückgekehrt bist. Bald schon werden alle Teile wie ein Mosaik zusammenfallen, und bei den nächsten Wahlen werde ich sicherlich die Unterstützung einiger einflussreicher Familien genießen. Vielleicht werde ich auch im Cultus aktiv, oder mache ein Tribunat, weißt du Angus, durch meine gute Freundschaft mit den Claudii, der Verbindung mit den Tiberiern, und weiterer Verbindungen stehen mir sicherlich viele Türe offnen, ich hoffe du kannst die Freude mit deinem Dominus teilen.", sagte Scato süffisant während er sich einen kleinen Imbiß gönnte, und diesen mit einem Schluck Wein runterspülte, heute war ein guter Tag.

    Scato hatte die knappen Zeilen der Aurelia gelesen und war sich seitdem nicht mehr sicher ob diese der einzuhaltenden Diskretion oder aber einem anderen ernsten Umstand geschuldet waren. Mit einer doch recht tiefen Sorgenfalte auf der Stirn, zu heftiges Grübeln schlug ihm zuweilen aufs Gemüt, hatte er sich, ebenfalls der Diskretion willens, mit einem kleineren Tross auf den Weg gemacht um Prisca zu sehen.


    Nachdem sie beim Ianitor vorstellig wurden, blieben wieder einige Sklaven zurück, sodass nur noch seine beiden Leibsklaven Angus und Lupus weiter an seiner Seite weilten, dies jedoch auch nur bis zum Eingang des Raumes, den restlichen Weg, oder besser gesagt, die restlichen paar Schritte würde er alleine tätigen..


    "Prisca! Es ist so schön dich wiederzusehen, ich hoffe doch es ist dir gut ergangen?", sagte Scato freundlich, und wusste schon nach ein paar Tagen des nicht-sehens nicht so recht, wie er Prisca denn nun begrüßen sollte..

    Scato ging sich gerade mit einem Handtuch durch seine kurzen, lockigen Haare, welche aber zu seinem wohlwollen von Jahr zu Jahr weniger lockig wurden, und ihm, wenn er etwa 50 war, eine seriöse Haarpracht bescheren könnten.. Aber das war Zukunftsmusik, und außerdem machte er sich viel zu oft um derlei Details Gedanken, weshalb ihm Priscas Frage gerade recht kam, um sich wieder auf den Moment zu konzentrieren..
    "Das habe ich tatsächlich.", ließ er sie wissen, und wartete bewusst einen Moment ab, um sie ein wenig zu necken. Es war mehr als offensichtlich dass er sich sie an seiner Seite wünschte, immerhin hatte sie die Spiele geplant, und sie war mit ihm hier, wer sonst könnte ihr also auch nur annähernd das Wasser reichen..
    "Es wäre mir eine Ehre wenn du an diesem Tag an meiner Seite wärst Prisca. Welch besseres Bild gäbe es, als eine Aurelia an diesem Ehrentag neben einem Flavius sitzen zu sehen. Darüber hinaus, wäre es mir auch persönlich sehr wichtig dich dort zu wissen.", erklärte er ihr, und fragte sich warum er sich überhaupt so gründlich abtrocknete, wenn die beiden sowieso bald wieder im Balneum sein würden..
    Scato, Prisca und der kleine erlesene Sklaventross setzten sich langsam in Bewegung, weit war es ja nicht bis ins Balneum, und dennoch freute sich Scato darauf im Schatten zu sitzen, im warmen Nass, und den Blick auf die Bucht zu genießen. Dem Trubel Roms zu entfliehen hatte was, besonders mit dieser Gesellschaft, das hätte Scato nie gedacht als er damals das erste Mal nach Rom kam, und sich keinerlei Blicke nach links oder rechts erlaubte..

    "Uns bleibt immer noch Pyrgi.", entgegnete Scato etwas pathetisch, und meinte dies halbernst, halb-scherzhaft, hielt er sich doch in der Regel nicht mit solch einem Gerede auf, doch mit Prisca war wie so oft alles anders, sodass er sich durchaus vorstellen konnte die Reise öfters auf sich zu nehmen, so ein Tag ohne die Maske des kalten, eisernen Patriziers tat auch Wunder fürs Gemüt, auch wenn dies in Rom wohl schon schnell wieder verfliegen würde..
    Mit ihrem Vorschlag des Essens im Balneum rannte Prisca bei Scato weit offene Türen ein. Nicht dass er darüber nachgedacht hätte, aber ihre Idee begeisterte ihn wie so oft, und nach einer kurzen, gespielten Bedenkpause, und natürlich dem Genießen und erwidern des Kusses, stimmte er schließlich zu..
    "Das ist eine wunderbare Idee, ich veranlasse das."
    Nicht dass er sich von Prisca hätte lösen wollen, weshalb er mit einigen Gesten einen der umstehenden Sklaven heranrief, welchen er die Instruktionen erteilte. Der arme Tropf rannte zugleich los, schließlich war er froh aus der Sonne zu kommen, für seine keltische Haut war die Sonne Pyrgis doch etwas viel gewesen..
    Langsam, sehr langsam, löste sich Scato von Prisca, er ließ sie nicht los, doch er ermöglichte beiden die paar Schritte aus dem Wasser zu schreiten um sich mit trockenen Tüchern versorgen zu lassen. Damit die Brandung sie nicht wieder zurückholen würde, griff Scato die Aurelia bei der Hand... Natürlich nur deswegen... und ging mit ihr durch die Muschelgesäumte Bucht, hinaus aus dem Wasser, auf den feuchten, und dann auf den trockenen Sand, welcher sich an ihre Füße heftete..
    "Hier, der Wind wird kühler.", sagte Scato und ließ sich von einem Sklaven ein Handtuch reichen, welches er in der gleichen Bewegung noch um Prisca legte.. Gut, er hatte nicht viel getan, aber die Geste zählte!

    Scato hatte das Klopfen natürlich vernommen, aber irgendwie trat sowieso jeder sofort ein wenn er geklopft hatte, weshalb er sich gar nicht mehr die Mühe machte überhaupt etwas zu sagen. Im Gegenteil, stur blickte er weiter auf seine Aufzeichnungen, seine Karriere stagnierte ein wenig, er musste was dagegen tun. Aber vorher gab es unbedeutendere Angelegenheiten um welche er sich würde kümmern müssen, und eine von diesen hatte auch gerade sein Zimmer betreten..
    "Du lebst.", sagte Scato kühl während er seine Augen nicht einmal von seinen Schriften nahm um Angus anzusehen, es war auch mehr eine Feststellung denn eine Aussage die ihn betraf, denn Scato hatte noch immer Wut im Bauch, Wut darüber, dass ihn ausgerechnet sein Leibwächter fast zu Tode gebracht hätte, und dass zwei seiner Männer auf offener Straße erdrosselt wurden, und alles nur, weil Angus sein barbarisches Liebchen retten wollte, oder wie auch immer der Hergang war, Scato erinnerte sich nicht mehr, es interessierte ihn auch nicht mehr, aber er war durchaus gespannt wie Angus seinen Kopf aus der Schlinge würde ziehen wollen..

    Natürlich gab es auch in Scato noch eine Stimme der Moral. Und während diese bei Prisca recht leise war, hätte Scato sie in einen Carcer werfen müssen, damit sie nicht weiterhin lauthals protestierte. Der Flavier jedoch war während der beiden Küsse über seine Moral erhaben, und außerdem befand er sich ja in dem festen Glauben dass Prisca und er durchaus eine Zukunft haben könnten, auch wenn es noch ein langer Weg gewesen wäre, und sie sich erst am Anfang befanden.
    "Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen jemanden zu halten, und zu küssen." entfuhr es Scato etwas trockener als gewollt, er hätte allerdings auch noch ein 'und jemanden überhaupt nahe zu kommen' anführen können, schließlich hatte Scato die letzten Jahre gänzlich politisch gedacht, und sich nicht mit solchen, wie er vor ein paar Tagen noch gesagt hätte, Lapalien, aufgehalten.
    "Der Jäger würde diese Beute niemals erlegen. Und er würde sie nur fangen um sie jeden Tag zu bewundern." entgegnete es dem Flavier und er meinte dies durchaus ernst. Prisca faszinierte ihn, seit er sie kannte.. Eine Tragödie was sich in Zukunft abspielen würde..


    Aber für den Moment bemerkte er an den von Prisca nicht bedeckten Stellen seines Körpers dass das Wasser doch recht kalt wurde, und er fragte sich, ob sie wohl ebenfalls zu frieren begann, immerhin wollte er sich diese Blöße ja nicht geben und als verweichlicht gelten, sodass er sich was einfallen lassen musste..
    "Ich hoffe das Bad im Meer hat dir gefallen, ich fand es wunderbar."...auch wenn das Meer dabei nur die zweite Lyra spielte, "Sofern du Lust hast, ich denke meine Köche haben eine exzellente Cena vorbereitet, und ich würde mich natürlich freuen wenn ich nicht alleine Speisen müsste." deutete Scato an, aber da Prisca so oder über Nacht bleiben würde, war diese Frage eher rhetorischer Natur, "Natürlich kannst du vorher auch im Balneum entspannen, natürlich können wir auch noch ein wenig weiterschwimmen.", wobei Schwimmen sicherlich das falsche Wort war, wirklich weit gekommen waren sie ja nicht, selbst die Wellen brandeten noch vor ihnen..

    Auch wenn Scato kein besonderes Interesse daran hatte Angus nach diesem Abend das Geschenk des Lebens zu bereiten, so wollte er höchstselbst der Richter sein und über jenes walten. Als er also selbst noch seine Wunden leckend zu seinem Zimmer kam, und Angus dort vorfand, überlegte er einen kurzen Moment ob er den Göttern nicht eine weitere Seele zukommen lassen sollte, immerhin hatte Angus versagt, und er war überrascht dass dieser es überhaupt rausgeschafft hatte..
    "RUFT EINEN MEDICUS!" brüllte er also durch die Villa und zugleich eilten Sklaven herbei die den Mann auf Scatos Tisch legten, und seine Wunde notdürftig zusammenhielten, bis ein Gelehrter zur Stelle war..
    "Stirbt er, geht ihr mit! Ich bestimme über ihn! Ich und niemand sonst!" fauchte Scato die völlig fertigen Sklaven an, bevor er sich einen Becher Wein füllte und sich in einen Sessel fallen ließ. Es wäre doch gelacht wenn Angus seiner Bestrafung zuvor käme!


    ...Nach einer Weile, Scato hoffte es war nicht zu spät, eilte der Medicus ins Zimmer und begann mit der, für die damalige Zeit, sehr fachmännischen Versorgung der Wunde, auch wenn der Ausgang des ganzen ungewiss war.

    Scato war von einem Gefühl der Taubheit eingenommen. Er spürte nichts mehr außer ihren Kuss, und er sah nichts mehr außer ihr. Nicht den Strand, nicht die Wellen, nicht die Felsen.
    Der.. Dem Wasser war es geschuldet.., etwas salzige Kuss hätte gar nicht lang genug sein können, doch bald schon entfernten sich die beiden wieder voneinander und Prisca provozierte ihn, neckisch wie immer zu einem weiteren Kuss. Selbstredend hatte er nicht vor irgendwas zu gestehen, auch wenn er sich selbst eingestehen musste dass er Prisca zwar aus pragmatischen Gründen eingeladen hatte.. Immerhin galt es einiges zu planen.. In diesen Pragmatismus auch eine ganze Menge mehr einfloss, und er durchaus Hoffnungen hatte ihr ein wenig näher kommen zu können.. Naja, Hoffnung erfüllt!
    "Ich verweigere die Aussage.", hauchte Scato und küsste Prisca nochmal. Ihm war nicht so wirklich bewusst wie der Tag weitergehen würde, und ob Prisca es sich nicht doch anders überlegen würde und die Villa Hals über Kopf verlassen würde sobald sich die beiden wieder in einer etwas anderes Position befanden, doch darüber dachte er gar nicht nach. Zumindest nicht in diesem Moment.
    Nachdem auch der zweite Kuss, welcher fast noch beflügelnder war als der erste viel zu schnell verging, blickte Scato der Aurelia in die Augen und rang sich ein Lächeln ab.. "Bei so einer kostbaren Beute, wer könnte es einem Jäger verübeln?"
    Schade eigentlich.. Wenn er nur ahnen würde was ihm bevorstand.. Er hätte sich niemals soweit geöffnet, nun war er verwundbar, und dafür würde er bitter büßen müssen. Doch soweit war es noch nicht. Noch machte er sich mittlerweile berechtigte Hoffnungen auf einen positiven Ausgang und genoss einfach die Zeit mit Prisca solange sie noch anhielt.