Noch immer war er unsicher was ihm Prisca vermitteln wollte. Sicher, der Flavier spürte dass etwas nicht stimmte, er merkte auch dass sich Priscas Gemüt von Augenblick zu Augenblick verschlechterte, und dennoch kam und kam er nicht darauf was dies denn alles zu bedeuten hatte, bis ihn die Realität wie ein Streitwagen, oder Elefanten des Hannibals, erdrückte..
Gracchus?! GRACCHUS?! Dieser alte Zauderer, mehr damit beschäftigt durch die Gänge der Villa Flavia zu schleichen als etwas zu bewegen? Der Gracchus der erst kürzlich seine Gattin betrauerte? Der Gracchus der ihn erst kürzlich zu sich zitierte um etwas über flavische Werte, den Wert der Familie und so weiter zu belehren?
Scatos Faust ballte sich zusammen, wurde weiß, rot, während sein Atem tiefer und tiefer wurde, und die Tränen, Trauer, Wut und Enttäuschung begannen seine Augen von unten her zu umspülen..
"Manius Gracchus.", kam es nur aus seinem Mund, so als würde er nun erkennen wer sein Gegenspieler war, wobei sich sein Mund kaum mehr öffnete als es die aufeinander gebissenen Zähne erlaubten..
Scato wusste nicht was er tun sollte.. Nicht in dieser Situation. Er wollte Prisca umarmen, sie küssen, ihr zur Seite stehen, aber er stand wie angewurzelt da, die Wut lähmte ihn, und er hatte Mühe die Zurückhaltung zu bewahren..
"Ich...", begann er einen Satz und wusste nicht wie er ihn vollenden sollte, da war sie, die einzige Person durch die er je hatte nachvollziehen können was all die Dichter und Schreiber mit ihren Gedichten zu vermitteln versuchten, und ausgerechnet diese Person würde ihm nun genommen werden, von seinem eigenen Fleisch, und würde ihm bald tagtäglich in der Villa begegnen und den Stachel immer weiter in das seine treiben..
"Prisca...", sagte er, immer noch völlig neben sich, und ging einige Schritte auf sie zu, griff ihre Hand, und wusste dennoch nichts damit anzufangen. Unter anderen Vorzeichen hätte er ihr heute wohl ebenfalls eine Verbindung vorgeschlagen, vielleicht auch erst nach ein paar weiteren Treffen, aber dennoch, es wäre wohl dazu gekommen, und nun muss er mit ansehen wie Gracchus sie ihm stahl, bei ihrer Vermählung würde er anwesend sein müssen, würde gute Miene zum bösen Spiel machen müssen, eine grausame Idee der Götter..
Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, zum einen suchte er seine aufkommenden Tränen zu verbergen, und zum anderen wollte er ihre nicht sehen. Er hegte keinen Groll gegen sie, seine Gefühle ihr gegenüber waren unverändert jedoch war sie in weite Ferne gerückt, alles was war, war Vergangenheit, oder würde Vergangenheit werden müssen, er hatte keine Gefühle für irgendjemanden vor ihr, wie schwer könnte das schon sein? Sehr schwer, beinahe unmöglich, auch das wusste er.
"Warum du?", fragte er sie, obwohl es mehr ein Gesprächsfetzen seines inneren Monologes war welcher entkommen war. Warum Prisca? Es gab in Rom hunderte ledige Patrizierinnen, warum ausgerechnet Prisca? Wusste Manius womöglich von ihren Treffen? War es eine Rache für Domitilla? Wollte er Scato zeigen wo sein Platz ist?
Wut stieg wieder auf, Wut, Hass, düstere Emotionen, als hätte der Flavier davon nicht schon mehr als genug.