Beiträge von Iunia Sibel

    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/5c9hed8l.gif] | Mirjam


    Natürlich könnte er... Mirjam ließ diese Worte des Optios langsam auf ihrer Zunge vergehen. Der Drang nach etwas Greifbarem war groß. Etwas, was sie mit ihrer Tochter verbinden konnte und das sie, statt einem kalten Leichnam, den man in die Erde legen konnte, dazu benutzen konnte, um die Erinnerung an ihre Tochter aufrecht zu erhalten. Dazu musste sie nur etwas „Brauchbares“ über die Christianer erfinden und ihn damit füttern. Na ja, das konnte nicht allzu sehr schwierig sein. Schließlich gab es jede Menge Gerüchte, die über die Christianer im Umlauf waren. Andererseits waren es ja eigentlich friedliche und hilfsbereite Leute gewesen. Einige Wochen nach der Razzia hatten einige der Christianer an der Türe der Taberna geklopft und hatte ihr ihre Hilfe angeboten. Und zum Dank wollte sie sie nun ans Messer liefern? Jedoch würden die Christianer ihr kein Andanken an ihre ihre Tochter beschaffen können.


    „Ja also, wenn ich es mir recht bedenke…“ begann sie nachdenklich. „Gegen die meisten von ihnen kann ich nichts Schlechtes sagen. Wirklich nicht! Allerdings…“ Die Tür zur Taberna ging auf und bevor Mirjam weiter sprechen konnte, verstummte sie wieder aus Scham. Denn in der Tür erschien plötzlich Sarah wieder. Ihr unsteter Blick ging durch den Schankraum und blieb an dem Optio haften. Sie kam auf ihn zu und blieb unmittelbar vor ihm stehen.


    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    „Es gibt da etwas, was du noch wissen solltest.“ Sarahs Augen musterten den Optio, dann schweifte sie zur Wirtin hinüber. Ob es wohl klug war, einer der Ihren vor Mirjams Augen und Ohren zu verraten? „Kann ich dich unter vier Augen sprechen?“

    Die Saturnalien waren an ihr vorbei geglitten. Im Grunde hatte sie sie gar nicht wirklich wahrgenommen. Zwar hatte für sie die Möglichkeit bestanden, sich einen oder zwei Tage frei zu nehmen, doch da Avianus nicht zu ihr kam, hatte sie lieber gearbeitet. Um genug Geld zu verdienen. Fünfundzwanzig Aurei – das war ihr Ziel. Fünfundzwanzig Aurei würden ihr endlich den Weg in die Freiheit ebnen.


    Natürlich hatte Beroe ihn vermisst. Und wie! Als er an den Saturnalien nicht vorbeikam, so wie sie es sich erhofft hatte, war sie schon ein bisschen enttäuscht gewesen. Allerdings redete sie sich immer wieder ein, dass er bestimmt zu viel zu tun hatte und deswegen nicht kommen konnte. Und dann, wenn sich ab und zu ein anderer Gedanke einschleichen wollte, etwa dass sie ihm vielleicht doch nicht so viel bedeuten könnte, schob sie dieses Narrengespinst sogleich ganz schnell wieder von sich weg. Ganz gewiss bedeutete sie ihm viel! Sonst hätte er sie längst verlassen. Aber das hatte er nicht. Selbst dann nicht, obwohl sie beide doch wussten, dass ihnen ein Leben mit ihr an seiner Seite verwehrt war.


    Beroe hatte sich etwas frisch gemacht und war nun bereit, ihren nächsten Kunden zu empfangen. Schneller als gedacht klopfte es an ihrer Tür. Die kleine Sklavin trat ein und berichtete ihr ganz aufgeregt von einem jungen Mann, der wohl ein kleines Geschenk bei sich hatte und speziell nach ihr verlangt hatte. Auch wenn ihr tagsüber nur selten ein wirklich aufrichtiges Lächeln auf dem Gesicht stand, strahlte sie nun förmlich, da sie wusste, dass es nur ihr Geliebter sein konnte, der da unten im Atrium auf sie wartete. „Schnell, bring ihn nach oben!“ bat sie das Mädchen. Und während die kleine Sklavin wieder nach unten verschwand, zupfte Beroe noch etwas an ihrer Tunika und zündete noch einige Öllämpchen an, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen.

    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/5c9hed8l.gif] | Mirjam


    „Nein, du ganz bestimmt nicht!“, gab die Wirtin desillusioniert zurück. „Männer von deiner Sorte nehmen nur Leben.“ Mirjam war nun an einem Punkt angelangt, an dem sie keine Rücksicht mehr nehmen musste. Für sie war der Sinn ihres Lebens mit ihrer Tochter gestorben. Zurückgeblieben war nun nur noch die Wut auf jene, die sie auf dem Gewissen hatte. Und der Optio hier hatte ihrer Meinung nach im doppelten Sinne Schuld auf sich geladen, denn er war es, der ihr das Unheil mit ins Haus gebracht hatte, als er hier für seine Freundin ein Zimmer gemietet hatte. Verflucht war der Tag, an dem sie ihr erlaubt hatte, in der Taberna zu arbeiten!
    Allmählich versank Mirjam wieder in ihrem Gejammer und in ihrer Trauer. Nichts und niemand konnte ihr ihre Tochter wieder zurückbringen. Nicht einmal dieser Wichtigtuer, der ihr erzählt hatte, er habe die Macht. Niemand anders außer ihr Gott hatte wirklich die Macht. Doch ausgerechnet von ihm fühlte sie sich verlassen. Das war ihr Dilemma. Vielleicht hatte sie und Simon deshalb die Christianer in ihre Taberna gelassen, weil sie ihr wieder Hoffnung gemacht hatten. Vielleicht war dieser Yeshua ben Yosef ja doch der Messias, wie die Christianer behaupteten.


    Ihr Gegenüber schien jedenfalls etwas in Grübeln geraten zu sein und begann nun auch seine Gedanken auszusprechen. Womöglich tat er es auch, um vor ihr nicht ganz ohne irgendetwas in seinen Händen stehen zu müssen. Am Ende untergrub dies noch seine Authorität. Und wer weiß, vielleicht brachte er Mirjam dadurch ja doch noch zum Reden. Die Wirtin jedenfalls begann aufzuhorchen. Ihr Jammern verstummte und sie hob ihre Augen. „Das könntest du tun?“ Ein wenig Hoffnung schwang wieder in ihrer Stimme. Wenn sie doch wenigstens noch irgendetwas von ihrer Tochter wiederhaben konnte!


    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Narsehs Worte gingen nicht spurlos an Sarah vorbei. Er gab ihr die Schuld, für alles, was ab nun geschah. Warum war er nur verbohrt und hatte kein bisschen Zuversicht? „Du würdest also lieber gegen diese Leute den Aufstand wagen und gegen sie die Hand erheben?“ Die junge Christianerin glaubte es einfach nicht, was sie da von Narseh hören musste. Hatte Jesus nicht selbst gesagt, dass nur die Friedfertigen Gottgefällige waren? Vergeltung brachte nur noch mehr Unheil über sie. Warum lernten die Menschen einfach nichts dazu? Ihr eigenes Volk hatte dies doch am eigenen Leibe spüren müssen! Sie war inzwischen stehen geblieben und sah ihrem Mitbruder nach, wie er grimmig schnaubend davon stapfte.
    Was sollte sie denn jetzt tun? Zu ihrem Bruder laufen und ihm von Narsehs Ansichten berichten? Zweifelsohne wusste aber Elias bereits davon, dass es gewisse Elemente in der Gemeinde gab, die es lieber sahen, wenn man sich endlich öffentlich gegen die Staatsmacht erhob. Solche Leute wie Narseh waren die eigentliche Gefahr, vor der man sich schützen musste! Sarah ging langsam wieder zur Taberna zurück.

    Beroe war es gewohnt, weiter in Ungewissheit zu leben, bis sich wieder nächstes Treffen ergab. So war es schon immer zwischen ihnen gewesen. Deswegen würde sie nun nicht anfangen, sich deshalb zu beschweren. Wie immer würde sie geduldig ausharren, bis er wieder zu ihr kam. Und dass er wieder kommen würde, daran zweifelte sie keine Sekunde mehr. Ihre Zuversicht auf ein baldiges Wiedersehen wuchs sogar noch, als er davon sprach, sich etwas Zeit für sie reservieren zu wollen und sich notfalls mit Hilfe seines Schichtplans etwas mehr Zeit zu verschaffen. So würde sich bestimmt an einem Tag der Saturnalien wenigstens ein Treffen ergeben können.


    „Ich mach mir keine Sorgen,“ erwidert sie und empfing seinen Kuss. Doch trotzdem fiel es ihr schwer, sich wieder von ihm trennen zu müssen, auch wenn sie sich damit trösten konnte, dass es nicht mehr lange hin war bis zu den Saturnalien. Wie so oft musste sie wieder mit ihren Tränen kämpfen, wenn er ging. Tapfer nickte sie ihm zu. Natürlich würde sie gut auf sich aufpassen. Alleine schon seinetwegen! „Wir sehen uns!“, sagte sie noch mit erstickender Stimme und versuchte zu lächeln – so wie sie es immer tat, wenn er ging.

    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa
    Das war es, der Verzicht der letzten Wochen auf See. Ihre Bemühung von der ersten Berührung angefangen, bewirkte genau das, was sie sollten. Schneller als sie vielleicht dachte. Sensibel und gierig nach dieser Art Zuwendung die sie mir schenkte, zog ich sie zu mir nach oben. Ich konnte mein Verlangen nicht mehr unterdrücken und zurückhalten. Wozu ? Deswegen war ich hier und sie war dafür da es zu stillen. Sie hatte die Vorarbeit geleistet, jetzt war ich an der Reihe. Mein Griff an ihren Armen war etwas fester als gewollt. Ihr Platz war auf meinem Schoß, gab ich ihr unmissverständlich zu verstehen. Mir war heiß, alles in mir strebte nur nach einem. Ihr Körper an meinem, die Hitze wurde unerträglich. Ich wartete nicht ab, übernahm die Regie. Hitzig, ausufernd, mit aller Kraft trieb ich uns ins Chaos. Nur ein Ziel gab es für mich. Mein Ego lebte sich voll aus, ohne auf sie Rücksicht zu nehmen. Für mich war selbstverständlich, dass sie nur dafür da war. Sie war Ventil für alle angestauten Probleme. Mit Liebe hatte das nichts zu tun. Schwitzend, erleichtert und müde nach der Anstrengung, ließ ich ab von ihr. Ausruhen, nicht bewegen, war im Moment mein einziger Gedanke. Mein Blick ging ins Leere.


    Schon recht bald zeigte sich auf sehr überschwängliche Weise, dass all ihre Bemühungen fruchteten. Es bedurfte dabei keinerlei Worte, lediglich einiger unvermeidlicher Laute der Lust. Er schien gänzlich ausgehungert zu sein und fackelte nicht lange. So nahm er sich einfach, wonach ihm gerade war. Beroe indes wurde dabei zu einem reinen Gebrauchsgegenstand degradiert, der nur dazu da war, benutzt zu werden. Alleine dazu war sie da, dies war ihre Aufgabe, nicht mehr und nicht weniger.


    Endlich, als er von ihr abließ, blieb sie noch einen Moment wie eine Puppe regungslos da liegen. Dies war einer der Momente, den sie hasste. Der Moment, in dem ihr wieder ihr ganzes verkommenes Leben bewusst wurde. Auch wenn es einige Lichtpunkte in ihrem Dasein gab, war und blieb sie doch nichts weiter als eine Lupa.
    „Kann ich noch etwas für dich tun?“, unterbrach sie endlich die Stille zwischen ihnen, nachdem sie sich aufgesetzt hatte und auf ihn hinabschaute.


    Natürlich – irgendwie ging ihr das alles zu schnell. Die Skepsis wollte nicht weichen. Zu oft hatten andere ihre Unwissenheit dies zu ihrem Vorteil ausgenutzt um sie noch fester an sich zu binden. Doch eines wurde ihr zur Gewissheit: Lesen zu lernen war unabdingbar, so schnell wie möglich! Nur dann hatte sie eine Chance. Dann war sie vor allen, die es nicht ehrlich mit ihr meinten, geschützt.


    Endlich begann sie wieder ein freundlicheres Gesicht aufzusetzen, was darauf schließen ließ, dass sich ihre Bedenken scheinbar in Luft aufgelöst hatten. Nun, nach diesem großzügigen Versrechen, schien nun alles in die rechte Bahn gelenkt zu sein. Doch Beroe würde von nun auf immer auf der Hut sein, auch wenn sich dies äußerlich nicht zeigte. Bereits jetzt begann es in ihrem Kopf zu arbeiten – ein Plan, eine Strategie musste her.
    „Gut, dann vertraue ich deinem Wort“, meinte sie schließlich mit einem versöhnlichem Lächeln. Dann schüttelte sie ihre Kopf. Sie hatte keine Fragen mehr. Jedenfalls im Augenblick nicht. „Nein, ich glaube im Moment nicht.“

    Sim-Off:

    Sorry für die verspätete Antwort! :(


    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Der Optio hielt Wort und ließ sie und Narseh gehen. Sarah dankte ihm dies mit einem Lächeln und ging. Sie sah sich darin bestätigt, alles richtig gemacht zu haben. Schließlich taten sie ja nichts Unrechtes. Narseh aber sah dies ganz anders. Draußen vor der Tür begann er ihr Vorwürfe zu machen. Sie hätte besser lügen sollen, meinte er. Wie konnte er nur so etwas sagen! Hatten nicht ihr Bruder und auch der Prediger, den man vor einigen Wochen verhaftet hatte gesagt, nur die Wahrheit würde sie frei machen? Sarah blieb stehen, denn sie konnte den Ärger in Narsehs Stimme hören. Natürlich hatte sie Verständnis dafür, dass er gerade jetzt, in dieser schwierigen Zeit noch immer zweifelte. „Aber Narseh, warum hätte ich lügen sollen? Wir haben nichts zu verbergen. Du wirst sehen, nur mit der Wahrheit können wir die Menschen davon überzeugen, dass wir nichts Böses im Schilde führen.“ In Sarahs Miene schien die Zuversicht fest verankert zu sein. Daran glaubte sie und daran glaubte auch ihr Bruder.


    ~~~


    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/5c9hed8l.gif] | Mirjam


    Zusammengekauert und tief in ihre Trauer versunken saß Mirjam da. Sie hatte nicht einmal ihren Blick erhoben, als Sarah aufgestanden war und die Taverna verlassen hatte. Für sie war es im Augenblick nur wichtig, Zeit zum trauern zu finden und darüber hinweg zu kommen, dass es nicht einmal einen Leichnam gab, den man hätte beerdigen können. Diese Römer, sie hatten nicht nur ihre Tochter auf dem Gewissen, nein – sie hatten sogar das Andenken an sie ausgelöscht! Aber das Schlimmste war, dass sie nicht dagegen tun konnte. Weder sie noch ihr gebrechlicher Mann hatten die Kraft dazu.
    Als der Optio sich schließlich zu ihr herüber lehnte und auf sie einzureden begann, ließ sie das zunächst kalt. Er konnte ihr so viel drohen, wie er nur wollte. Mirjam hatte nichts mehr zu verlieren, was sie nicht schon längst verloren hatte. Auch wenn sich die jungen Leute von der Christianergemeinde so sehr engagiert hatten, um die Taverna wieder auf Vordermann zu bringen, bedeutete ihr das nicht mehr viel.


    „Du hast die Macht?“, fragte sie nach einiger Zeit völlig unerwartet. Mirjam sah endlich auf und musterte den Optio sehr genau. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie er das letzte Mal hier gewesen war. Damals war er voller Sorge gewesen, wegen Beroe, dieser verräterischen Hure. Doch inzwischen keimte in ihr der Verdacht auf, das diese Sorge nur gespielt war und er sie damals nur aushorchen wollte – genauso wie jetzt. Mit dem kleinen Unterschied, dass er nun die Macht besaß.


    „Wenn du die Macht hast, dann gib mir mein Kind zurück!“ In ihrer Stimme schwang all ihre Verbitterung mit. Sollte dieser Optio doch hier in Trans Tiberim „aufräumen“, wie er es nannte. Das würde er ohnehin tun, ganz gleich was sie sagte oder tat. Er war kein Deut besser, als all die anderen, die damals ihren Mann mitgenommen hatten.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    ...
    "Mhm…", brummte Avianus erst leise, suchte im Halbdunkel ihre Lippen, um ihr einen Kuss zu geben, und nahm sich ein paar Sekunden Zeit für eine richtige Antwort.
    "Für dich nicht, aber für mich schon. Mein Tag fängt früh an …", erklärte er dann, "Und ich will mich noch verabschieden können."
    Sie konnte ja noch etwas liegen bleiben, selbst wenn er nachher weg war. Er unterstrich seine Worte mit einem müden Lächeln. Auch für seinen Geschmack war es noch recht früh am Morgen, musste er zugeben, doch noch einmal einzuschlafen, konnte er sich nicht leisten, und er musste den Weg zur Castra hinter sich bringen. Trotzdem schien ihm im nächsten Moment aus dem Bett zu springen und davonzulaufen fast genauso unpassend, wie überhaupt nichts zu sagen und Sibel später in einem ansonsten leeren Bett aufwachen zu lassen. Schließlich schob er ihr, nachdem er sich langsam aufgesetzt hatte, die dadurch zurückgerutschte Decke wieder über die Schulter, als stummes Zeichen, dass sie noch nicht aufzustehen brauchte, und spähte durch den finsteren Raum, um auszumachen, wo er seine Sachen liegen gelassen hatte. Er streckte nach der Tunika, die er am Vorabend, nachdem sie sich ausgesprochen hatten, nahe dem Fußende des Bettes liegen gelassen hatte.
    "Du wirst hier bleiben, oder? Also für die nächste Zeit?"




    Nach ihrem Erwachen beugte er sich zu ihr hin und küsste sie nun gänzlich wach. Es war tatsächlich schon so spät. Sein Tag begann früh, wie er sagte. Wenigstens musste er sich nun nicht mehr mitten in der Nacht von ihr davonstehen, so wie er es früher getan hatte.
    Langsam, doch ohne Aufschub setzte er sich auf und versuchte seine Kleider, die verstreut in ihrem Zimmer lagen, aufzuspüren. Obwohl er umsorgend die Decke wieder über ihre Schultern gezogen hatte, tat es Beroe ihm nun gleich und setzte sich auf. Stumm beobachtete sie ihn. Am Fußende des Bettes hatte er seine Tunika zu fassen bekommen. Er würde sie nun bald wieder verlassen müssen. Doch er würde wieder kommen. Da war sie sich ganz sicher. So turbulent ihre Aussprache am Abend auch gewesen war, nun hatten sie Klarheit geschaffen, was zwischen ihnen war. Zumindest glaubte das Beroe.


    „Ja, ich denke schon,“ antwortete sie ihm, als ob es in ihrem Ermessen läge, was sie in der nächsten Zeit tun und lassen konnte. Dabei wurde ihr wieder einmal bewusst, was sie ihm immer noch verheimlichte. Doch nun noch mit einem weiteren Geständnis herauszurücken, überstieg wohl das Maß des Erträglichen.
    „Wann werde ich dich wiedersehen?“ In ihrer Frage schwang bereits schon wieder so viel Sehnsucht mit. Jede Stunde ohne ihn würde unerträglich werden. Das war ihr schon jetzt klar. Außerdem dachte sie bei ihrer Frage an die bevorstehenden Saturnalien, sprach dies jedoch nicht offen aus. Insgeheim hatte sie sich schon ausgemalt, wie es sein würde, wenn sie wieder einmal mehr als nur einen Abend gemeinsam verbringen konnten. Ob man den Urbaniciani an den Saturnalien auch ein paar freie Tage gewährte?

    Im Schutz seiner Arme hatte sie sich schon immer wohlgefühlt. Und so war es nun auch, als er sich dicht neben sie legte und sie mit seinem Arm umfasste: das vollkommene Glück. Sie zweifelte auch keine Minute daran, dass er dies nicht genauso empfand wie sie, denn sonst wäre er längst gegangen. In diesem Augenblick schien alles perfekt zu sein. Mit dem Wissen, dass er immer für sie da sein würde, konnte sie gewiss sein, die Zukunft zu meistern. Der Helvetier hatte in gewisser Weise richtig gelegen, mit einem Ziel vor Augen war jede Hürde überwindbar, ganz gleich wie hoch sie auch sein mochte.


    Sie schmiegte sich noch dichter an ihn. so konnte nun sein ruhiger und gleichmäßiger Atem auf ihre Haut treffen. Sie spürte, wie er langsam schläfrig wurde. Er würde also die Nacht über bei ihr bleiben. Bis zum Morgen. Das ließ sie nun endlich auch all ihre anderen Sorgen vergessen, vor denen sie ihn an diesem Abend verschont hatte. Von der Unterredung mit dem Helvetier würde sie ihm irgendwann später berichten. Das hatte noch Zeit, denn bei aller Motivation würde sich an ihrer Lage nichts von heute auf morgen ändern.
    Auch ihre Augen wurden langsam schwer, so dass sie bald in einen ruhigen tiefen Schlaf sank. Die ganze Nacht über hatten sie so dicht beieinander gelegen, als ob der eine ohne den anderen nicht sein konnte. Erst am frühen Morgen, noch bevor sich der erste Sonnenstrahl in ihre Kammer verirren konnte, begann es sich neben Beroe zu regen. Allerdings vermied sie es, die Augen zu öffnen. Viel lieber wollte sie das Unvermeidlich so lange hinauszögern, wie dies nur möglich war. Doch dann strich er über ihr Haar und flüsterte ihren Namen. Mit halb geöffneten Augen wandte sie sich zu ihm um. „Aulus…“ Sie brauchte einen Moment, bis sie zu sich kam. Im Halbdunkel sah sie seine Umrisse. „Ist es wirklich schon so spät?“ Eigentlich war es ja noch fast dunkel.

    Zitat

    Original von Tiberius Helvetius Varus
    ...
    "Du brauchst mich nicht Dominus zu nennen solange ich nichts anderes sage, dass schon mal vorab. Wie gesagt an unserem Verhältnis wird sich im Alltag nichts ändern und alles wird so bleiben wie es ist."


    Eine kurze Pause entstand.


    "Mir ist nicht verborgen geblieben das dir meine Großzügigkeit nicht sonderlich gut gefällt. Ich verstehe nicht warum das so ist wo dir die Alternativen ja bekannt sind und ich sie ja eben auch noch einmal aufgezählt habe. Mir ist aber daran gelegen das du hier weiterhin gute Arbeit machst und ich glaube nicht das das funktioniert wenn du zu mindestens gedanklich die ganze Zeit Trübsal bläst. Ich habe die Erfahrung gemacht das ein Ziel das man hat und auf das man hinarbeiten kann immer eine gute Lösung ist. Ich offeriere meinen Sklaven die gute Arbeit machen nach einer gewissen Zeit in der sie mein Vertrauen gewonnen haben immer ein Angebot. Um dein Vertrauen zurück zu zahlen und um dir zu zeigen das alles so bleiben wird wie jetzt will ich auch dir dieses Angebot machen. Ich biete meinen Sklaven immer an das sie von heute an für 25 Jahre in meinen Diensten bleiben und dann freigelassen werden und sie zusätzlich für jedes Jahr von mir einen Aurei bekommen. Da du als Lupa ja in der Regel etwas mehr Geld verdienst könnten wir diese Abmachung auch in soweit abändern das ich dich sofort freilasse wenn du mir 25 Aurei gibst!"


    In Beroes Augen spiegelte sich die Schwermut, die ihr Herz umgab. Das änderte sich auch kam, als er ihr verkündete, sie müsse ihn nicht als „Dominus“ ansprechen. Schließlich änderte dies keineswegs irgendetwas an ihrer Lage. Lediglich ein kleiner Trost was es, dass sich nichts ändern würde. Wäre da nur nicht dieser bittere Nachgeschmack gewesen… Wieder saß sie ziemlich tief in der Klemme. Es wäre ja zu schön gewesen, hätte sich nicht irgendwo der Haken an ihrem schönen neuen Leben versteckt. Natürlich hatte der Helvetier ihr angesehen, was in ihr vorging. Verstehen konnte er es allerdings nicht. Wie hätte er dies auch je können? Wenn man auf der Sonnenseite des Lebens stand, bequemte man sich nur ungern auf die andere Seite, nur um nachvollziehen zu können, wie es den übrigen erging, die nicht so viel Glück gehabt hatten.

    Dennoch schien sich der Römer Gedanken gemacht zu haben, wie er seine Sklaven dazu bringen konnte, noch bessere Arbeit zu leisten und zwar auf lange Sicht hinaus. Indem er ihnen eine Aussicht bot und sie dadurch dazu brachte, sich ein eigenes Ziel fürs Leben zu setzen, konnte er sie motivieren, ihr Bestes zu geben. Die Lykierin musste zugeben, dass sie dies beeindruckte. Ihre früheren Besitzer in Misenum hatten sich um so etwas nie gekümmert. Dort hatte die Freiheit in unerreichbarer Ferne gelegen. Allerdings schluckte Beroe schwer bei dem Gedanken, die nächsten 25 Jahre als Sklavin leben zu müssen und danach erst freigelassen zu werden. Doch allerdings fügte der Helvetier noch ein weiteres Angebot für sie an, mit dem sie sich weitaus besser arrangieren konnte. Ihre Freiheit hatte also einen konkreten Preis: 25 Aurei! Ein stolzer Preis, für den manch einer ein Leben lang arbeiten musste. Schnell überschlug sie, wie lange sie dafür bräuchte, um so viel Geld zusammentragen zu können. Bestenfalls konnte sie es in zwei, drei oder vielleicht auch vier Jahren schaffen, wenn sie das Geld, das ihr blieb, sparte. Wie es schien, fruchtete die Idee des Helvetiers auch bereits bei Beroe und die anfänglichen Gedanken an Flucht waren schnell vergessen.


    „Und dann werde ich wirklich frei sein? Mit einer Urkunde und allem?“, fragte sie nach einer kurzen Denkpause. Der Kummer war inzwischen aus ihrem Gesicht verschwunden, nur ein wenig Skepsis war immer noch geblieben… Denn was nützte ihr eine Urkunde, wenn sie nicht lesen konnte! Aulus – war ihr erster Gedanke. Schon früher wollte er es ihr beibringen. Nun wollte sie es unbedingt lernen!

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    ... Noch einmal beugte er sich über sie um ihre warmen Lippen zu kosten.
    "Ich liebe dich", sagte er dann leise und gab Sibel einen weiteren sanften Kuss. Aus inzwischen müden Augen betrachtete er seine Geliebte und wusste genau, hätte sie ihn nicht angefleht zu bleiben, wäre er wohl gegangen, vielleicht nicht für immer, aber für heute, und mit Sicherheit wäre er allein in seiner Habitatio nicht glücklicher als jetzt bei ihr. Eine Hand strich sanft über ihre Haut.
    "Sollte ich mich irgendwann einmal wieder so anstellen... erinner' mich an diesen Abend", sagte er und versuchte sich an einem Lächeln.


    Er folgte ihr und sie empfing ihn in ihren Armen. Ein leidenschaftlicher Kuss, sein Liebesgeständnis, das ihr unglaublich viel bedeutete und schließlich ein weiterer Kuss, der das Gesagte noch einmal unterstrich. So nah, wie er ihr nun wieder war, wollte sie den Rest der Nacht mit ihm verbringen. „Ich liebe dich auch,“ wisperte sie ihm ins Ohr. Beroe war so glücklich. Sie hatten es zumindest für diesen Abend geschafft, ihre Liebe vor allen Widrigkeiten, die ihrer beider Leben mit sich brachte, zu retten. Auch wenn die Vernunft ganz klar gegen ihre Beziehung sprach, hatte sie nichts auseinanderbringen können. Das gab ihr Mut, dass dies auch so blieb, ganz gleich, was ihnen die Zukunft auch brachte.


    Nun, da sie sich ausgesprochen hatten, war endlich wieder die Zeit für Zärtlichkeiten gekommen, um den Abend in die Nacht übergehen zu lassen. Sie hoffte, er würde bis zum Morgen bei ihr bleiben. Und Avianus schien sich schob entschieden zu haben, als seine Hand sanft über ihre Haut strich und er ihr damit ein wohliges Gefühl bescherte. Zur gleichen Zeit vergruben sich ihre Finger in sein Haar. Dann verzog sich sein Mund zu einem Lächeln. Ja, dieser Abend würde ihr immer in Erinnerung bleiben, an dem sie sich im wahrsten Sinne des Wortes wiedergefunden hatten. „Das werde ich!“, versicherte sie ihm und schloss ihre Augen.

    [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Sarah legte umsorgend ihren Arm um die Schulter Wirtin und war froh darum, dass der Optio Verständnis für die verwirrte Wirtin aufbringen konnte. Es war wirklich beruhigend, dass es auch unter den Urbanern noch anständige Männer gab. Genau aus diesem Grund glaubte Sarah auch, ihm vertrauen zu können. Sie hatte keinen Moment an seiner Aufrichtigkeit gezweifelt. Selbst dann auch nicht, als ihr nach dem Zwischenfall mit Mirjam und Simon hätte auffallen müssen, dass eben jener Optio heute nicht zum ersten Mal in der Taberna gewesen war. Andererseits hatten die beiden Wirtsleute in den letzten Wochen und Monaten viel erdulden müssen, was letztendlich ihre Sinne getrübt hatte. Mit Sicherheit hatten sie ihn mit jemand anderem verwechselt. Dieser Mann hier war ihr wohlgesonnen. Das spürte sie. Als er sie dann noch versprach, sie und Narseh dürften dann gehen, sah sie sich nur noch bestätigt. Der Perser schien allerdings in dieser Hinsicht noch skeptisch zu sein. Da er Sarah nicht mit Worten warnen konnte, versuchte er es mit Blicken. Sarah jedoch konnte oder wollte sie nicht deuten. So freimütig wie zu beginn, fuhr sie fort:
    „Unsere Versammlungen? Wenn es möglich ist, treffen wir uns täglich. Dann beten wir zu Gott, preisen ihn mit unseren Liedern und hören Geschichten von seinem Sohn. Zu unseren Versammlungen kommen manchmal auch Leute, die sich uns anschließen möchten und sich taufen lassen. Wir nehmen dann auch ein gemeinsames Mahl ein, zu dem alle eingeladen sind, auch Arme und Bettler. Ja sogar Sklaven.“ Ja, selbst diejenigen, die ganz unten in der Gesellschaftsordnung ihren Platz hatten, waren den Christianen willkommen und stießen bei ihnen auf Nächstenliebe.
    „Dürfen wir nun gehen?“, fragte Sarah schließlich. Sie hatte alles gesagt, was der Optio von ihr wissen wollte. Indem er nun zu seinem Versprechen stand, konnte sie Narseh von seinen guten Absichten überzeugen. Vielleicht war er ja sogar einer von ihnen und dieses Verhör veranstaltete er nur, um bei seinen Männern nicht auf Mistrauen zu stoßen.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    Erneut dachte er einige Sekunden nach, bevor er das Wort ergriff, einerseits weil er inzwischen über jedes Wort genau nachdachte, andererseits weil ihr flehentlicher Blick es ihm schwer machte, diese Worte erst zu finden.
    "All diese Probleme mit dir und mir… das sind alles Dinge mit denen ich mich nie beschäftigen musste, bevor das mit uns angefangen hat. Ich weiß nicht was das Beste für uns ist…" … und das machte ihn verrückt. "Aber für das hier bin ich nicht hergekommen, Sibel. Es tut mir leid, dass ich damit angefangen habe. Heute sollten wir uns um so etwas nicht kümmern müssen", meinte er schließlich. Hatte es ihm jemals geholfen, über etwas zu schlafen? Für gewöhnlich hatte es seine Sorgen lediglich auf den nächsten Tag verschoben. Aber vielleicht war es heute ja anders.


    Wieder suchte er nach Worten und dachte nach. Das Flehen in ihrem Gesicht machte es ihm nicht einfacher. Doch dann versuchte er auszudrücken, was ihn so zu schaffen machte und was ihn hatte zweifeln lassen.
    „Ich weiß, und genau deshalb liebe ich dich,“ meinte sie und strich ihm liebevoll über seine Wange. Natürlich hatte er sich früher nicht um solche Dinge kümmern müssen. Doch genau weil er das getan hatte, konnte er sie schätzen und lieben lernen. Indem er für sie da war und in ihr mehr als nur die Lupa oder die entflohene Sklavin sah, sondern nur den Menschen, hatte er ihr vielleicht das größte Geschenk gemacht. Gerade erst vor wenigen Stunden hatte sie wieder einmal erleben müssen, dass nur wenige so dachten, wie Avianus. Doch das wollte sie ganz weit von sich wegschieben und Avianus vorerst nicht damit belasten.


    Sie schlang ihre Arme um ihn, als wolle sie ihn beschützen, vor all diesen quälenden Gedanken, die ihn immer noch so sehr beschäftigten. Sie, die sie bisher immer seines Schutzes bedurft hatte. „Das weiß niemand, Aulus, was das Beste für uns ist. Doch wenn wir das Beste aus unserer Zeit machen, die wir gemeinsam haben, dann wird das letztendlich auch gut für uns sein.“ wisperte sie in sein Ohr und küsste ihn. Sie hielt ihn ganz fest und schmiegte sich an ihn. Wieder konnte sie das Schlagen seines Herzens hören. ein Geräusch, das ihr so viel Frieden gab. Als er sich dafür entschuldigen wollte, weil er es diesmal war, der gezweifelt hatte, legte sie ihm ihren Zeigefinger auf seine Lippen. Nein, heute sollten sie sich nicht um so etwas kümmern, sondern die Zeit, die sie gemeinsam hatten, als Geschenk annehmen. „Komm,“ raunte sie ihm in Ohr und ließ sich langsam wieder auf das Bett zurückgleiten.

    Zitat

    Original von Tiberius Helvetius Varus
    ...
    "Nun gut ich versuche dir deine Lage noch einmal zu erläutern. Du machst hier meines das so bleibt habe ich keinen Anlass daran etwas zu ändern. Doch Fakt bleibt das du ein schweres Verbrechen begangen hast für den die allermeisten Römer dich in der Regel schwer bestrafen würden. Mindestens mit einem Brandzeichen eher aber mit noch mehr! Mein Angebot die Sache auf diese Weise zu lösen solltest du daher als sehr großzügig ansehen und keine Bedingungen stellen. Was deine Frage angeht, als Sklavin bist du mein Besitz und du gehst nur weg wenn ich das erlaube das ist soweit richtig. Es ist noch nicht lange her da hast du mir gesagt das du diese Tätigkeit hier aus eigenen Stücken ausübst! Was ich dir allerdings noch sagen kann um dein Vertrauen zu mir zurück zu zahlen. Als Sklave hast du stets die Möglichkeit deine Freiheit zu kaufen. Wie ich schon sagte sehe ich keinen Grund an dem momentanen Zustand und deiner Tätigkeit zu den momentanen Konditionen was zu ändern. Was bedeutet das du dir ein freikaufen vielleicht nicht morgen oder nächstes Jahr leisten kannst aber definitiv eines Tages."


    In Beroe machte sich Empörung breit, die allerdings recht schnell in Verzweiflung umschlug. Was hatte sie sich eigentlich dabei nur dabei gedacht, als sie so freimütig zugegeben hatte, eine geflohene Sklavin zu sein? Dieser Römer maßte sich an, sich als ihr neuer Herr aufzuspielen! Dann drohte er ihr auch noch, was ihr als entlaufene Sklavin alles blühen konnte. Und wie großzügig er doch war! Sie hatte die Möglichkeit, sich freizukaufen… eines Tages! Das war alles so ungerecht! Ihr ach so sicherer Zufluchtsort stellte sich gerade als Gefängnis heraus und sie war die Gefangene darin, diesem Römer hilflos ausgeliefert. Auch wenn er sich hier als großzügiger Gutmensch darstellte, wollte sie einfach nur noch weg. Doch sie konnte diesmal nicht einfach weglaufen! Was würde dann aus ihr und Avianus werden? Wenn sie nun floh, dann verlor sie ihn endgültig. Sie musste, auch wenn ihr das schwer fiel, sich mit dem Helvetier arrangieren. Zumindest solange, bis sie einen Plan hatte. In der Zwischenzeit würde sie alles so wie bisher belassen. Sie ging ihrer Arbeit nach, verdiente sich ihr Geld, gab einen Teil davon ab, so wie sie es mit Morrigan vereinbart hatte. Doch wenn der Tag gekommen war, von hier wegzugehen, würde sie einfach gehen. Ihr Geld würde sie diesem Kerl aber nicht in den Rachen werfen. Schließlich hatte er ja auch keine einzige Sesterze für sie bezahlt.


    Beroe nickte einsichtig, als habe soeben ihre eigene Vergangenheit sie wieder eingeholt. „Danke für deine Großzügigkeit, Dominus,“ sagte sie schließlich. Doch sie hasste sich dafür selbst, dieses Unglück mit herbeigeführt zu haben.

    Von jenem besagten Damoklesschwert hatte sie bis vor wenigen Minuten nur wenig gespürt. Stattdessen hatte sie sich ihrer Freiheit erfreut, doch nun fand sie sich plötzlich wieder in Ketten vor, die sie, damals wie auch jetzt wieder an einen Menschen banden, der behauptete, ihr Dominus zu sein. Dabei ging es ihr vordergründig nicht um ihren Verdienst, sondern "lediglich" um die Freiheit, hinzugehen wohin und wann sie wollte.


    „Bitte versteh mich nicht falsch, ich bin gerne hier. Denn dies ist ein sicherer Ort, an dem es mir gut geht und an dem ich mir bisher zumindest ein gutes Leben leisten konnte. Aber was ist, wenn ich eines Tages vielleicht nicht mehr… wenn ich hier weg will, brauche ich dann erst deine Zustimmung?“ Und überhaupt, warum ließ er sie dann nicht einfach frei, wenn sie ab jetzt seine Sklavin war. Eine ordentliche Freilassungsurkunde war mindestens genauso gut, wie eine Besitzurkunde.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    ... Sibel hingegen blieben Stimme und Worte weg, sodass er ihr beruhigend über den Arm strich, weil er sich schlecht dabei fühlte, einfach nur dazusitzen und nichts zu tun.
    "Du glaubst ich will?! Natürlich will ich es nicht. Wann wollte ich jemals von dir weg. Ich frage mich nur, ob diese Beziehung uns beiden am Ende wirklich gut tut", meinte er ratlos und dachte einige Augenblicke lang nach, darüber was Sibel zuvor gesagt hatte und über die Zuversicht in ihrem Ausdruck und ihrer Stimme.
    "Was du vorhin gesagt hast, hast du ernst gemeint? Dass das mit uns noch immer Sinn macht …?"


    Alles in ihr sträubte sich, bei dem Gedanken, er könnte ihre Frage mit einem „Ja“ beantworten. Ein kleines Wörtchen nur, dass allerdings dann eine große Wirkung auf sie beide hatte und ihr Leben von Grund auf umkrempeln würde. Ein Leben in Dunkelheit würde es für sie sein, so wie vor einigen Wochen noch im Kerker oder vor Jahren als Sklavin in der Villa in Misenum. Diese Jahre, diese Wochen waren die schwärzesten gewesen. Verlorene Zeit, geraubte Zeit.


    Den kleinen Funke Hoffnung, den sie zuvor mit ihren Plänen für die Zukunft geschaffen hatte, drohte wieder zu erlöschen, bevor er noch die Chance dazu bekam, etwas zu bewirken: Ein Aufleuchten oder gar das Entfachen einer Flamme.
    Doch bevor die Verzweiflung drohte, sich ihrer nun ganz zu bemächtigen, war es Avianus` Berührung, die sie davor bewahrte. Ihr flehender Blick, sie nicht zu verlassen, ging zu ihm. Dort sah sie die Ratlosigkeit, aber auch den Willen, sie nicht verlassen zu wollen. Wann wollte er jemals von ihr weg? Niemals! Obwohl dies gegen alle Vernunft sprach. Bisher hatte immer das Herz vor dem Kopf gesiegt.
    Doch gegen seine Einwände konnte sie nichts entgegensetzen. Ob diese Beziehung ihnen am Ende nur Schaden zufügte oder nicht, wer wusste das schon? Wenn sie ihm eines Tages im Weg stehen würde, dann musste sie weichen. Nie hatte sie Ansprüche an ihn gestellt und ihr war auch klar, dass sie sie niemals die Frau war, die sich seine Familie für ihn wünschte. Sie würde immer die Frau im Hintergrund bleiben, ohne Chance auf Besserung. Aber damit konnte sie Leben, denn sie kannte ja nichts anderes in ihrem Leben.
    „Ja, das habe ich so gemeint,“ antwortete sie ihm. „Wir beide lieben uns doch. Und solange das so ist, wird es immer einen Sinn machen, selbst dann, wenn ich niemals wirklich die Frau an deiner Seite sein darf. Selbst dann macht es einen Sinn.“

    Immer noch von der Angst geplagt, ihr Wiedersehen könnte schon bald ein jähes Ende erfahren, saß sie neben ihm und ließ und ließ den Kopf hängen. Nun, nachdem sie ihm klargemacht hatte, wie ihr Leben sein würde, wenn er ging, wartete sie darauf, was er dazu meinte. Sie beide hatten doch dies lange Zeit der Ungewissheit durchmachen müssen, so dass sie nun wussten, was sie erwartete, würden sie sich nun trennen. Sie vermied es, in sein Gesicht zu schauen, jedenfalls solange er ihr nicht erwiderte. Sie hätte es nicht ertragen, Ablehnung in seinem Gesicht zu sehen. Ihr ging es eh schon schlecht.


    Dann nach einer Weile begann Avianus seine Gedanken in Worte zu fassen. Sie könne nichts ändern, sagte er und Beroes Augen wollten sich bereits wieder mit Tränen füllen. Doch das war nicht alles! Denn eigentlich wollte er gar nicht gehen. Beroe schöpfte wieder Hoffnung, auch wenn die Unsicherheit, die in Avianus Stimme mitschwang alles andere als hoffnungsvoll war. Nun war er es der zweifelte.
    „Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Es war noch nie einfach. Und doch besteht Hoffnung für uns! Ich spare einen Großteil des Geldes, das ich hier verdiene. Irgendwann habe ich so viel zusammen, damit ich hier nicht mehr arbeiten muss. Dann kann ich mir vielleicht eine eigene Wohnung leisten und einer anderen besseren Arbeit nachgehen. Wir müssen nur Geduld haben, Aulus! Dann können auch wir es schaffen.“ In Beroes Gesicht zeichnete sich wieder ein zartes Lächeln ab. Sie war so voller Zuversicht, so dass sie Avianus´ letzten Sätzen kaum Beachtung geschenkt hatte. Schließlich hatten sie so Vieles bisher gemeinsam erlebt und durchgestanden. Das sollte doch die beste Voraussetzung sein, an die Zukunft zu glauben.
    Doch dann ließ ihr Begeisterung plötzlich wieder nach, als sei ihr nun klar geworden, was Avianus wirklich damit sagen wollte. Ihr Gesicht bekam einen nachdenklichen Ausdruck.
    „Du willst es jetzt beenden, damit es nicht noch schwieriger wird? Ein sauberer Schnitt…“ Ihre Stimme drohte zu versagen. Aber auch so hätte sie nicht weitersprechen können.

    Die Vorwürfe, die sie ihm gemacht hatte, sie taten ihr bereits leid, denn nun waren sie an einem Punkt angelangt, an dem alles drohte, kaputt zugehen, wenn nicht doch noch ein Wunder geschah. In Beroes Kopf spielten sich verschiedene Szenarien ab, wie ihr Leben von nun aus aussehen würde. War ein Leben ohne Avianus überhaupt möglich? Ihn kannte sie seit ihrem ersten Tag in Rom. Wenn er nun ging, war das ein herber Verlust. Dann, so war sie sich sicher, würde ihr Leben trist und grau werden. Selbst den Sinn ihres Daseins stellte sie in Frage. Sie hatte schon so oft Verluste hinnehmen müssen. Dieser hier würde eine tiefe Wunde hinterlassen.


    Genauso wie sie rechtfertigte er sich. Auch er hatte genug Gründe, weshalb er sie nicht retten konnte. Gründe, die sie nachvollziehen konnte und vielleicht auch akzeptieren konnte. Er hatte sie Möglichkeiten genutzt, die ihm zur Verfügung standen. Leider war es zu wenig gewesen. Und doch war es mehr gewesen, als sie gehofft hatte. Auch sie warf einen kurzen Blick über ihre Schulter, hinüber zu ihm. Er war immer noch da und wie es schien, fiel es ihm auch nicht leicht, einfach zu gehen und dieses Kapitel in seinem Leben endgültig abzuschließen.
    Beroe fand sich vor den Trümmern ihrer Beziehung zu Avianus wieder. War wirklich alles für immer zerstört, oder bestand etwa doch noch Hoffnung? Beide hatten durch ihr Tun oder ihr Unterlassen dazu beigetragen, dass es so weit gekommen war. Wie naiv sie zu Beginn des Abends doch gewesen war, zu glauben, er hätte ihr längst verziehen, für dass, was sie getan hatte.
    Doch dann war es schließlich Avianus gewesen, der das aussprach, was auch sie sie sich gefragt hatte. Ob sie das wirklich wollte? Dazu konnte sie entschieden Nein sagen. Wieder wandte sie sich zu ihm um. „Ich muss nichts überdenken, Aulus. Das, was wir uns hier gerade antun, habe ich nie gewollt. Ich liebe dich, Aulus. Als ich dich wieder traf, war es, wie eine göttliche Fügung, auch wenn ich erst davor weglaufen wollte. Ich kann mir kein Leben ohne dich vorstellen, denn ich brauche dich, wie die Luft zum atmen.“
    Schließlich erhob sie sich und lief um das Bett herum, so dass sie vor ihm stand. Vorsichtig nahm sie neben ihm Platz. Sie war sich nicht sicher, ob er ihre Nähe wollte oder ob sie besser Abstand halten sollte. Das, was er ihr dann sagte, klang irgendwie versöhnlich, so dass sie wieder Hoffnung schöpfen konnte. Er sprach von einem dritten Weg, einer der zwischen Tod oder Verrat lag. Aber diesen Weg hatte sie nicht gefunden, so sehr sie sich auch angestrengt hatte. Und wenn sie ihn gefunden hätte, dann hätte sie ihn liebend gerne eingeschlagen.
    „Was kann ich tun, damit du nicht gehst? Denn ohne dich ist mein Leben nichts wert.“

    Und dann geschah das, wovor sie sich am meisten gefürchtet hatte: Ganz langsam, Stück für Stück, begann er sich zurückzuziehen. Er ließ ihre Hand los. Damit war ihre körperliche Bindung aufgehoben. Dann setzte er sich an den Rand des Bettes und gewann damit Abstand zu ihr. Als nächstes seine Worte, die schwer auf ihr lasteten. Sie musste sich eingestehen, dass sie im Grunde doch nur die Lupa für ihn gewesen war, die er umsonst haben konnte und auf die er sich eingelassen hatte, wie er sagte. Eigentlich war sie ein wertloses Geschöpf, eine billige Lupa, die zu allem Übel auch noch eine entlaufene Sklavin gewesen war. In den Augen der Römer würde sie das auch immer bleiben, ganz gleich, was sie tat.
    Er setzte ihr weiter zu, so fühlte es sich jedenfalls für sie an. Und auch wenn er sie noch immer liebte, wie er betonte, stellte er ihr diese Fragen, die so schwer auf ihr lasteten und die so verletzend waren. Inzwischen hatte er auch nach seiner Tunika gegriffen, blieb aber noch sitzen.


    Beroe realisierte in diesem Augenblick, dass er wirklich damit begonnen hatte, alles um sie herum einzureißen, was sie miteinander verband. Wenn sie ihn nicht aufhielt, dann blieb nur ein Scherbenhaufen von ihrer Liebe übrig. Aber hatte sie die nötige Kraft dazu?
    Ja, sie wollte ihn aufhalten und streckte ihre Hand nach ihm aus. „Bitte geh nicht. Bitte verlass mich nicht! Das stehe ich nicht durch. Nicht noch einmal!“, bettelte sie. Doch diesmal würde das nicht ausreichen. Er hatte es satt, er hatte sie satt. Wie hatte er ihr nur solch eine Frage stellen können! Würde sie es wieder tun? Wenn sie wieder in genau derselben Situation war, dann wahrscheinlich schon. Doch was sie am meisten verletzte war , als er sie fragte, ob er ihrer Antwort auch Glauben schenken konnte! Hatte sie ihn jemals angelogen, seit sie zusammen waren? Selbst jetzt in dieser schwierigen Situation war sie aufrichtig zu ihm gewesen. Zu ihrer Verzweiflung gesellte sich Wut. Nun stellte sie ihm Fragen, die sie sich nie getraut hätte, zu fragen.


    „Wo warst du denn die ganze Zeit über gewesen, als ich noch gehofft habe, du würdest kommen und mich retten?“ fragte sie mit weinerlicher Stimme. Sie hatte ihm nie Vorwürfe gemacht, weshalb er sie nicht aus dem Carcer befreit hatte. Nachdem er den Hinweis des Domitiers erhalten hatte, war sein erster Weg nicht der, direkt hinunter in den Carcer, gewesen. „So lange habe ich auf dich gewartet. Aber irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich nicht mehr konnte, an dem ich mir eingestehen musste, dass du nicht kommen wirst, weil dir vielleicht etwas zugestoßen ist oder weil du einfach alles hinter dir lassen wolltest. Und selbst da habe ich nicht aufgehört, dich zu lieben obwohl es so weh tat! Weißt du, wenn man in Not ist und auf den rettenden Strohhalm hofft, dann kommen einem die seltsamsten Gedanken.“ Wahrscheinlich hatte er eine solche Erfahrung nie gemacht. „Du fragst, ob ich es wieder tun würde? Wenn ich noch einmal in der gleichen Situation wäre, dann würde ich es sicher wieder tun, um meine Haut zu retten. Aber mit dem Wissen, was jetzt gerade hier mit uns geschieht, würde ich lieber sterben wollen.“ Nun zog sie sich zurück und rutschte auf den gegenüberliegenden Rand des Bettes. Ihre Tunika lag zu ihren Füßen. Sie musste sie nur aufheben.

    Sein Tribun? Beroe schluckte. Auch das noch! Ihr Geständnis schien sich plötzlich wie eine Kaskade ganz unkontrollierbar zu verselbstständigen und trat alles um sie herum los. Wäre sie doch nur im Carcer gestorben! Still begann sie zu weinen. Beroe war sich sicher, ihn nun endgültig verloren zu haben. Auch wenn er jetzt noch ihre Hände umschlossen hielt. Und wenn er jetzt ging, dann ging er für immer. Dann war sie allein und hatte niemand mehr, außer sich selbst und nicht einmal das war sicher.
    Aber er ging nicht. Noch nicht. Stattdessen fragte er nach einer Weile nach dem, was sie nicht zu Ende erzählt hatte, weil sie geglaubt hatte, er wüsste, was er für sie war und auch immer sein würde, selbst dann, wenn er sich von ihr abwendete. Beroe sah zu ihm auf, schniefte und wischte die Tränen aus ihren verheulten Augen. „Ich sagte ihm, du warst mein Geliebter.“ Allein schon bei diesen Worten traten wieder Tränen in ihre Augen.


    Auch Avianus hatte durch Beroes „Neuigkeiten“ gewisse Schlussfolgerungen gezogen. Fragen, die er sich schon vorher gestellt hatte und auf die er keine Antwort gefunden hatte, schienen sich nun von selbst zu beantworten. Für ihn schien sich nun ein Mosaiksteinchen zum anderen zu fügen und ergab alsbald ein Bild.
    Beroe nickte. „Ja, ich dachte, du hättest mich vergessen, nachdem du erfahren hast, was ich getan habe. Ich habe mich so geschämt und ich hatte Angst, von dir weggeschickt zu werden.“ Sie hatte ja nicht wissen können, dass der Tribun sein Wissen bisher für sich behalten hatte.