Beiträge von Iunia Sibel

    Beroe registrierte dieses eisige Lächeln, dass eigentlich mehr etwas von einem wölfischen Grinsen hatte, nachdem ihr diese Worte über ihre Zunge gekommen waren. Und auch das, was er ihr dann darauf zur Antwort gab.
    Ja, sie war auf dem richtigen Weg. Sie würde ihm folgen, so wie es gläubige Anhänger taten, um ihrer Gottheit zu gefallen. Er, Silanus, diese Ausgeburt des Tartaros, war wie ein Gott für sie geworden. Der Kuss dem sie ihm daraufhin gab und den er nun erwiderte war ihre Antwort, die mehr als tausend Worte sagte. Dieser Kuss war aber auch ein erster Schritt, um sich ihm nun endgültig und unwiderruflich darzubringen, ja sich ihm zu opfern, wie man ein Tier auf dem Altar eines Tempels zu opfern pflegte.
    Er drückte sie daraufhin noch fester an sich heran. Dies war für sie nur eine Bestätigung, dass er ihr Opfer mit Freuden empfangen würde.


    Ihre Hände begannen nun ihrerseits seinen Körper zu erkunden und gingen dabei gar nicht zurückhaltend vor. Dabei wurde ihr Kuss nun noch leidenschaftlicher. Sie war nun bereit, sich ihm bis zur letzten Faser hinzugeben und sie spürte, dass auch er sich kaum mit diesen Kuss zufrieden geben würde. „Nimm dir, was du willst. Ich gebe es dir mit Freuden!“, wisperte sie in sein Ohr und vergrub dann ihr Gesicht in seine Tunika, die als einziges noch wie eine Mauer zwischen ihnen stand.

    Ihre Lippen zitterten, nachdem sie die letzten Worte ausgesprochen hatte. Ihr war nach Heulen zumute. Aber wenn man mehr als ein halbes Leben als Sklavin gelebt hatte, dann hatte man irgendwann aufgehört, laut zu heulen und zu klagen. Die Trauer wich der Wut. Wut, die entbrannte, als Silanus ihr weiter ins Ohr zu säuseln begann. Eine Lupa ,wie sie? Eine Sklavin, wie sie? Ja, sie hatte nach Freiheit gestrebt und sich irgendwelchen dummen Illusionen hingegeben. Sie hatte tatsächlich geglaubt, sie könnte es schaffen. Aber jemandem wie ihr würde man nie die Chance geben, es zu schaffen. Und da erkannte sie, wie recht er doch mit allem hatte. Sie rief sich wieder die verachtenden Blicke der Passanten in Erinnerung, denen sie erst vor wenigen Stunden und am Tag zuvor begegnet war. Ja, er hatte recht! In ihren Augen war sie nichts weiter als ein Insekt, das man irgendwann mit den Füßen zermalmte, sobald man ihm habhaft wurde. Und er hatte auch recht, als er meinte, sie wäre wie ein Straßenköter krepiert. Tränen rannen ihr an den Wangen herab. Keine Tränen der Verzweiflung. Es waren Tränen der Wut. Den Hass, den sie aus Silanus Stimme heraushörte begann auf sie überzuschwappen. Wieder einmal hatte er ihr vor Augen geführt, dass sie ohne ihn nichts war und unweigerlich im Sumpf dieser Stadt versinken würde. Und auch diesmal erkannte sie, wie recht er hatte. Was konnte sie also anderes tun, als bei ihm zu bleiben, mit ihm zu verschmelzen, so dass sie eines Tages so war, wie er war? Nur das war der Weg zu einem einigermaßen erträglichen Leben.
    Also warum zierte sie sich dann noch? Warum gab sie nicht nach und ergab sich ihm ganz und gar? Warum gab sie ihm nicht das, was er wollte? Das Letzte, was noch ihr gehört hatte - ihr Empfinden, ihre Seele. Waren Liebe, Zuneigung und Freiheit nicht einfach nur leere Worte, denen man viel zu viel Beachtung schenkte?


    Schließlich drehte sie sich zu ihm um und sah ihm in die eisigen Augen, die nun nicht mehr ganz so einschüchternd auf sie wirkten. Ihre Hand strich ihm sanft über seine Wange. „Ich will immer bei dir bleiben, Dominus.“ Dann kam sie ihm noch näher und küsste ihn schließlich.

    Er ließ sie vorerst im Ungewissen, was er mit ihr vorhatte. Doch Beroe war sich gewiss, was nun folgen würde und bei dem Gedanken, ihm zu willen sein zu müssen, wurde ihr übel. Silanus war, mal von seiner Brutalität abgesehen, nicht gerade die Art Mann, der Beroe ihr Herz freiwillig geschenkt hätte. Allein sein Aussehen hatte sie von Anfang an abgeschreckt. Aber hier ging es nicht darum, was Beroe wollte. Danach war es noch nie gegangen, wenn sie einem Mann so nah war, wie in diesem Augenblick. Als Sklavin hatte sie mehrmals fremden Männern zu Diensten zu sein und sie hatte immer getan, was man von ihr verlangt hatte. Nichts hatte sie empfunden, ja teilnahmslos ließ sie es über sich ergehen, wenn einer dieser Männer ihren Körper betatschte, oder sich nahm, wonach ihm gerade war. Genauso würde es diesmal auch wieder sein. Und genauso war es, als seine Hände ihre Wanderschaft fortsetzen um die geheimsten Regionen ihres Körpers zu erkunden. Sie hatte ihre Augen geschlossen, nicht weil sie etwa genoss, was seine Hände taten. Ganz im Gegenteil.


    Warum waren die Götter nur so grausam zu ihr? War das die Strafe dafür, dass sie geflohen war? Im Grunde genommen hatte sie die alten Ketten abgeschüttelt und sie gegen neue, noch schwerere Ketten eingetauscht. Richtig frei würde sie niemals werden.


    Beroe betete nur, dass es bald vorbei sein würde. Dass er seine Hände von ihr nahm und sie allein ließe. Doch dann überraschte er sie doch mit dieser seltsamen Frage. Irritiert öffnete sie ihre Augen wieder, doch sie vermied es, sich umzuwenden und ihn anzuschauen.
    „Meine Pläne? Ich hatte keine Pläne…i..ich wollte einfach nur leben… in Freiheit leben… mehr nicht.“, antwortete sie zögerlich. Warum fragte er sie sowas? Wollte er sich einfach nur lustig über sie machen?

    Keine Regung. Nichts. Absolut gar nichts! Dieser Mann hatte mehr mit einem Geist gemein, als mit einem Menschen aus Fleisch und Blut, dachte Beroe. Irgendwie brachte sie dieser Erebos immer noch zum fürchten, wenn er so ganz seine Emotionen vor ihr versteckte.


    Doch plötzlich schlang er seine Arme um sie und legte seine Hände auf ihren Bauch. Dann zog er sie zu sich hin. Beroe zuckte erschrocken zusammen, dann hielt sie inne und richtete sich vorsichtig wieder gerade auf. Silanus hingegen legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Ihr Herz raste. Sie konnte seinen Atem auf ihrer Haut spürten. Dieses tiefe ein und Ausatmen, es machte ihr Angst. Dann wanderten seine Hände langsam nach oben und verharrten wieder. Ihr Körper schien zu einer Salzsäule erstarrt zu sein. Als er ihr schließlich etwas ins Ohr flüsterte, fuhr ein eisiger Schauer durch ihren Körper. Sie wagte nicht danach zu fragen, was er sich für sie vorgestellt hatte.

    Der Vormittag war äußerst ertragreich gewesen. So sehr, dass Beroe beschlossen hatte, sich den Nachmittag einfach freizunehmen. Von ihrem Verdienst hatte sie sich an einer der Garküchen einen kleinen Imbiss geleistet, um sich dann gestärkt auf den Weg zu machen. Eigentlich hatte sie sich diesen Gang schon vor Tagen vorgenommen. Schließlich hatte der Claudier aus einer äußert misslchen Lage befreit und sich wegen ihr mit einem Prätorianer angelegt.


    Mehrmals hatte sie sich durchfragen müssen. Der Esquilin gehörte eben nicht gerade zu ihrem Revier. Schlimm genug, dass man sie anstarrte, als wäre sie eine Aussätzige, als sie durch die Straßen der feinen Wohngegend streifte. Ihr Äußeres ließ wenig Zweifel daran offen, welcher Profession sie nachging.


    Endlich hatte sie die Villa gefunden. Allein das mächtige Gebäude wirkte schon einschüchternd auf sie. Die Casa Ogulnia war eine Bruchbude dagegen. Ein wenig ratlos blieb sie davor stehen und sah sich um. Beroes Entschluss hatte sich längst in Unschlüssigkeit umgekehrt. Was mache ich eigentlich hier, dachte sie sich. Die lassen mich hier nie im Leben rein.
    Es war wohl auch mehr als abenteuerlich zu glauben, einer wie ihr gewähre man einfach so Einlass zu einem solchen herrschaftlichen Haus. Entmutigt lief sie an der schier endlos langen Außenmauer entlang und entfernte sich so immer weiter dem Eingang zur Villa. Ohne es aber zu ahnen näherte sie sich dem Seiteneingang zur Villa und als plötzlich direkt vor ihr jemand die Villa verließ, blieb sie abrupt stehen und musterte diesen Jemand, der eilig in Richtung Forum verschwand. Diese unscheinbare Tür musste der Eingang für die Sklaven sein. Hier könnte sie ihr Glück probieren.


    Nachdem sie ihre neue grüne Tunika zurecht gezupft und ihr Haar in Ordnung gebracht hatte, klopfte sie an der Tür und wartete.

    Fragend schaute sie ihn an. Silanus war so in Gedanken versunken und spielte dabei mit seinem Dolch auf der Tischplatte, dass er sie erst gar nicht wahrgenommen hatte. Erst als sie sich durch ein lautes Räuspern bemerkbar gemacht hatte, sah er zu ihr auf. Erwartungsvoll blickte sie zu ihm, denn je eher sie mit dem Kochen beginnen konnte, umso mehr Zeit hatte sie am Abend.
    Silanus jedoch führte andere Pläne im Schilde. Er dachte ganz und gar nicht an die bevorstehende Cena. Das Kleid? Ach ja, das Kleid und das Öl, dachte Beroe, die damit völlig überrumpelt worden war.


    „Aber äh… Ja, natürlich, wie du wünschst Dominus!“ entgegnete sie und verschwand, um das Kleid und das Öl zu holen. Unterwegs kamen ihr die wildesten Gedanken, was Silanus nun mit ihr anstellen könnte. Aber ganz gleich, was geschehen würde, es lag nicht in ihrer Macht, es zu verhindern. Deshalb versuchte sie sich immer wieder selbst zu beruhigen, dass sie sich nicht zu viele Sorgen machten sollte. Was war schon dabei? Er wollte einfach nur begutachten, wofür er sein Geld ausgegeben hatte.


    Beroe beeilte sich, damit Silanus nicht zu lange warten musste. Keinesfalls wollte sie ihm einen Grund liefern, wofür er sie tadeln oder sogar strafen konnte.
    Im Cubiculum angekommen, blieb sie vor ihm stehen und begann die viel zu große Tunika, von ihrem Körper abzustreifen. Dann öffnete sie die Phiole und begann, das süßlich duftenden Öl auf ihrer Haut aufzutragen. Hin und wieder sahr sie dabei zu Silanus hinüber und versuchte zu ergründen, was er dabei empfand.

    Zurück von ihrer Einkaufs- und Diebestour auf dem Mercatus, verstaute Beroe zunächst die erstandenen Lebensmittel in der Küche. Danach war sie schnell zum Brunnen geeilt und hatte einige Eimer Wasser gefüllt, die sie in der Casa entdeckt hatte.
    Außerdem wollte sie das Haus noch etwas auf Vordermann bringen. Das Innere des Hauses war in einem erbärmlichen Zustand. Überall türmte sich Staub und Unrat. Wenigstens das Triclinium sollte einigermaßen sauber sein, damit man dort mit Appetit essen konnte. Einen Besen, um den Boden zu fegen hatte sie bereits gefunden. Und auch in der Küche waren noch vereinzelt Utensilien zum Kochen vorhanden.
    Beroe begann sofort damit, die Spinnweben von den Wänden zu entfernen und Staub zu wischen. Die verschlissenen Liegen des Tricliniums hatten auch schon bessere Tage gesehen. So gut es ging befreite sie sie vom Staub. Nach einer Weile sah der Raum wieder ganz annehmbar aus.


    „Soll ich nun mit dem Kochen beginnen, Dominus?“ fragte sie schließlich Silanus.

    Ein wenig hatte Beroe Gefallen daran gefunden, auf diese Art einzukaufen. Und am Ende lobte sie Silanus sogar noch dafür. Ob sie sich deswegen geschmeichelt fühlen sollte? Immerhin hatte er ihr die grundlegenden Schritte beigebracht, um erfolgreich zu stehlen. Damit konnte sie sich auch in Notzeiten über Wasser halten.
    Zu guter Letzt nahm er ihr sogar einige der Einkäufe ab, damit sie nicht alles schleppen musste. Mit einem dankbaren Lächeln folgt sie ihm zum Aventin in die Casa Ogulnia.

    Wie schade, er mochte keinen Fisch! Beroe liebe Fisch über alles, aber auch mit Hühnchen konnte sie sich arrangieren. Zumal sie nur selten die Gelegenheit gehabt hatte, Hühnchen zu kosten. Das Mahl der Sklaven im Hause ihrer ehemaligen Herrschaften, war meist bescheiden ausgefallen. Auch an die angenehmen Dinge, von denen Silanus sprach, wollte sie lieber noch nicht denken…


    „Nun gut, Hühnchen!“, rief sie und schritt sogleich zur Tat. Am ersten Stand begann sie sogleich um das stattlichste und fetteste Hühnchen zu feilschen. Ebenso am Weinstand und am Kräuterstand, an dem sie Liquamen und Liebstöckel erstand. Das kleine Säckchen Pfeffer wanderte unbemerkt und unbezahlt unter ihr Gewand. Zum Schluss stattete sie auch noch dem Gemüsehändler einen Besuch ab, um Karotten, Porree und dicke Bohnen zu kaufen. Auch hier ließ sie es sich nicht nehmen, den Preis des Händlers zu drücken. Ein kurzer Hinweis auf ihren Begleiter genügte oft, um etliche Sesterzen einzusparen.


    „So, dann hätten wir alles!“, rief sie schließlich. Mittlerweile war sie voll bepackt wie ein Maultier.

    Als Silanus stehen geblieben war und ihr tief in die Augen schaute, fühlte sie sich auf einmal nicht mehr wohl in ihrer Haut. Fast glaubte sie, er könne bis tief in ihr Innerstes schauen und all die unausgesprochenen Dinge sehen, die sie bisher noch keinem anderen Menschen anvertraut hatte.


    Sie empfand es fast schon als Erleichterung, als er endlich weiterging und dabei ihre Antwort kommentierte. Dabei offenbarte er ihr die Kunst des Drohens und ließ sie dabei keinen Augenblick im Zweifel, wie ernst er es gemeint hatte, als er ihr gedroht hatte. Ja, Silanus war ein Meister im Einschüchtern und falls Beroe auch nur einen Moment lang geglaubt hatte, er könne auch nur einen Hauch Sympathie für sie empfinden, weil er ihr all die schönen Dinge gekauft hatte, war sie gewaltig auf dem Holzweg. Im Grunde tat er das alles nur um seines Vorteils willen, damit sie ihm ordentlich viel einbrachte und damit er letztlich seinen Spaß mit ihr haben konnte. Und falls er eines Tages genug von ihr hatte, dann… dann wusste sie, was sie erwartete.


    Als er wieder seinen Arm um sie legte, empfand sie nur ekel für ihn. Aber das durfte sie ihm natürlich nicht zeigen. In den Jahren der Unfreiheit hatte sie gelernt, wie man solcherlei Gefühle vor anderen verbarg. Darin war sie eine Meisterin.
    Sie lächelte ihm zu und schwang ihrerseits ihren Arm um seine Taille. So mussten sie tatsächlich wie ein verliebtes Paar auf Andere wirken. Und vielleicht gelang es ihr ja, selbst Silanus zu täuschen, wenn sie ihm vorgaukelte, Gefühle für ihn zu haben.
    „Meinst du wirklich, ich werde einmal so gut wie du?“, fragte sie ihn lächelnd und mit einer gehörigen Portion Ehrerbietung. „Ich werde viel üben du mich anstrengen, damit du mit mir zufrieden bist, Dominus“,“ schickte sie noch schnell hinterher.


    Vor ihnen tauchte eine Reihe von Lebensmittelständen auf, die allerlei zu bieten hatten: Frischen Fisch, Geflügel, Gemüse und natürlich vielerlei Gewürze und frische Kräuter.
    Als er ihr ankündigte, sie solle für ihn kochen, war ihr gar nicht wohl dabei. Eigentlich war sie meilenweit entfernt von dem, was man als gute Köchin bezeichnete. In Misenum war sie mehr oder weniger nur gelegentlicher Handlanger in der Küche gewesen. Gut zum Gemüseputzen, mehr aber auch nicht. Aber etwas Einfaches konnte ihr bestimmt auch gelingen. Sie schätzte Silanus sowieso ein, als würde er eine gute Hausmannkost bevorzugen.
    „Wie wär´s mit einem leckeren Fischeintopf? Oder magst du lieber Hühnchen?“, fragte sie, bevor sie sich dem nächsten Stand näherten.

    „Vielen Dank, mein Herr!“, brachte der Händler gequält hervor. Er war bemüht, die Fassung zu behalten. Teilnahmslos nahm er den Beutel mit den Münzen entgegen und übergab der jungen Frau die zu einem Päckchen zusammengeschnürten Kleider. Er fragte sich, was er nur angestellt hatte, dass ihn die Götter so straften. Gleich heute Nachmittag wollte er ein Opfer darbringen, damit er und seine Familie vor solchem Pack in Zukunft verschont werden würde.


    Beroe nahm das Päckchen an sich und folgte Silanus. An seiner Seite schlenderte sie weiter über den Markt. Auch wenn es ihr nicht gefallen hatte, wie Silanus den Händler gedemütigt hatte und mit welchen Methoden er ihn eingeschüchtert hatte, fühlte es sich gut an an seiner Seite. Sie war kein Niemand mehr, jedenfalls in Augenblick. Und wenn sie sich in Zukunft geschickt anstellte, dann würde das vielleicht auch so bleiben. Sie wollte Silanus gefallen, ganz gleich, ob sie dadurch zur Diebin oder zur Lupa werden würde. Aber welche Chance hatte sie denn sonst? Kaum waren sie einige Schritte weiter gegangen, erinnerte Silanus sie auch wieder daran, wie einfach es sein konnte, ein angenehmes Leben zu führen.


    „Niemand Dominus. Mir hat noch niemand solche wunderschöne Kleider gekauft.“, antwortete sie wie auf Bestellung. Doch dann erinnerte sie sich plötzlich… Ihr Vater… ihr Vater hatte sie einmal mit einer wunderschönen Tunika überrascht. Aber das war so lange her! Das war in einem anderen Leben.


    Beroe hatte nach dieser Vorstellung nichts lernen können, was sie nicht schon gewusst hätte. Sie versuchte es nur in Worte zu packen. „Wer die Macht hat, der bestimmt,“ meinte sie dann. „Du drohst mir, mich umzubringen und ich tue, was immer du willst.“

    Inzwischen hatte sich Beroe vom Stoff dieser wunderschönen Tunika losreisen können und verfolgte nun gespannt das Verkaufsgespräch zwischen dem Händler und Silanus. Nun ja, von einem „Gespräch“ konnte wahrlich nicht die Rede sein. Silanus tat das, was er immer tat, wenn er etwas haben wollte. Er setzte den Händler unter immensen Druck. Und zwar so, dass diesem regelrecht die Luft zum atmen fehlte. Das Ganze spickte er mit einer ordentlichen Priese unverhohlener Drohung und einer Spur unbändiger Angst. Allein bei dem Gedanken, was Silanus ihm und seiner Familie antun könnte, entwich dem Händler jegliche Farbe aus seinem Gesicht. Er rang nach Atem, er versuchte seine Sprache wieder zu finden und mühte sich, ein paar halbwegs verständliche Worte zu formen. „Ja… natürlich… 120… und… selbstverständlich… auch noch das Tuch gratis dazu…“


    Im Grunde tat ihr der Händler leid, denn genau wie ihr selbst hatte Silanus ihm keinen Ausweg gelassen. Dennoch war sie aber froh, dass die beiden Tuniken nun ihr gehörten und ein Tuch noch dazu. Insgeheim hatte sie sich bereits eines ausgesucht – ein rötliches Seidentuch mit feinen goldenen Fäden.
    Als Beroe mit ihren Fingern darauf deutete, musste der Händler abermals tief seufzen. Aber es half alles nichts. Wohl oder übel packte er die Kleidungsstücke zusammen und hoffte nun nur noch auf sein Geld.

    Ganz verliebt ruhten Beroes Augen auf der edlen Tunika. Sie hatte sich schon längst entschieden. Doch hier hatte derjenige das Sagen, der im Besitz des Geldes war und das war ganz ohne Zweifel Silanus.
    Er musterte das Kleid, dann gingen seine Blicke wieder zu Beroe und allmählich zeichnete sich sogar ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. Dieses Lächeln unterschied sich so sehr von diesem hinterhältig lächelnden Ausdruck, den Silanus sonst immer auflegte und den Beroe so sehr fürchtete. Nein, dieses Lächeln hatte etwas Freundliches. Somit wuchs in Beroe die Gewissheit, dass diese Tunika womöglich bald ihr gehören würde.
    Natürlich war auch dem geschäftstüchtigen Händler diese Reaktion nicht verborgen geblieben. Innerlich rieb er sich bereits die Hände, bei dem Gedanken, gleich zwei seiner teuersten Tuniken an den Mann bringen zu können.


    Doch wie nach einem Wettersturz war all die Freundlichkeit aus Silanus Physiognomie verschwunden und die eisig kalte Stimme, die selbst den Händler erschauern ließ, meldete sich zurück.
    Der hatte sich selbstverständlich bereits ein ordentlich kalkuliertes Sümmchen zurechtgelegt, bei dem er ordentlich auf seine Kosten kommen würde, doch seine Überlegungen wurden sogleich zunichte gemacht. Silanus einschüchternde Art erfüllte auch diesmal wieder ihren Zweck.
    „Dreihundert…“ Das wäre der Preis gewesen, um wenigstens bei einer der beiden Tuniken auf seine Kosten zu kommen. „..für beide,“ fügte er schließlich noch hinzu, da ihm sein Leben lieber war,als ein guter Gewinn.

    Zitat

    Original von Iunia Axilla


    Noch dazu eine, wo nicht der eigene Name dann darunter steht, so dass man zwar in der WiSim was dafür kriegt, SimOn allerdings eher weniger davon hat.


    Na prima, das wäre ja in meinem Fall nicht das Schlechteste! :D


    Wie gesagt, mein Angebot steht!

    Ich kann da meinen beiden Vorrednern nur beipflichten!:dafuer: Die Acta war immer ein geeignetes Mittel, um sich wieder auf den neuesten Stand zu bringen, wenn man mal eine Zeit lang absent war . Auch für Neulinge ist sie eine gute Möglichkeit, sich im Forum und in dessen Handlungssträngen besser zurecht zu finden.


    Mir gefiel es auch besser, als früher die Acta noch in regelmäßigen Abständen mit einzelnen (z. Teil auch kürzeren Artikeln) erschienen ist, so wie es bei einer Zeitung im heutigen Sinne üblich ist. Mit dem Blog-Stil kann ich mich nicht richtig anfreunden. -.^


    Es wäre sehr schade, wenn diese Institution des IR im sage und schreibe 10. Jahr seines Bestehens unterginge.
    Falls noch Bedarf an freien Mitarbeitern herrscht, stelle ich mich gerne zur Verfügung. ;)

    In gewisser Weise hatte es ja etwas für sich, wenn sie mit Silanus unterwegs war. Und wenn dieser dann auch noch seinen Arm um sie schlug, dann erst recht. In seiner Gegenwart konnte sie sich sicher fühlen, auch wenn ihr dabei nicht immer ganz wohl war. Trotz all dieser Nähe hatte sie immer noch eine gehörige Portion Respekt vor ihm. Aber so selbstsicher wie in diesem Augenblick war sie selten durch eine Stadt unterwegs gewesen. Selbst dann wenn man sie wegen ihres Äußeren schräg ansah, wagte doch niemand etwas Abfälliges über sie zu sagen. Und selbst der Händler, vor dessen Stand sie nun stehengeblieben waren, begrüßte sie, als seien sie alte Stammkunden.
    „Salvete! Werter Herr, werte Dame! Ihr beide habt die richtige Entscheidung getroffen, euch bei mir umzusehen!“


    Beroe war über seine Freundlichkeit verblüfft. Nie zuvor hatte man sie als Dame bezeichnet. Schüchtern lächelte sie, als der Händler nach der grünen Tunika griff, die sie sich ausgesucht hatte. „Da hast du eine wirklich gute Wahl getroffen! Feinste ägyptische Baumwolle und ein modischer eleganter Schnitt, damit wirst du viel Freude haben!“ Sie konnte kaum fassen, dass sie genau diese Tunika haben konnte. Und wie es schien, sollte es nicht bei dieser einer Tunika bleiben. Silanus teilte dem Händler seine Vorstellungen mit, während Beroe lediglich als stumme Zuschauerin neben ihm stehen blieb und erwartungsvoll dem entgegenfieberte, womit der Händler gleich aufwarten würde.
    Der Händler kratze sich kurz am Kinn, dann hatte er die zündende Idee, schließlich war er ein geschäftstüchtiger Mann. „Ich denke, ich habe genau das, wonach du suchst!“ Er kramte aus einem separaten Korb eine Tunika hervor, die in einem rötlich leuchtenden Ton gehalten war. Der Stoff glänzte und sah recht edel aus. „Hier, diese exquisite Tunika macht aus jeder Frau eine Göttin. Der Stoff kommt aus dem fernen Orient und ist etwas ganz besonderes.“ Ganz interessiert besah sie sich den Stoff, der zwar die Eigenschaft besaß, den Körper seine Trägerin zu bedecken, ihn aber dennoch nicht versteckte. Der Stoff war auch in mehreren Lagen übereinander nahezu transparent. Solch ein feines Material hatte sie noch nie zuvor in Händen gehabt. Nur die feinsten Damen trugen solche teureren Stoffe. Beroes Augen begannen zu strahlen. Aber diese Tunika war bestimmt viel zu teuer.

    In diesem Augenblick genoss Beroe Silanus´ Anerkennung. Endlich hatte sie einmal etwas richtig gut gemacht. Dabei war sie von sich selbst so sehr überrascht gewesen, dass sie es nicht hätte erklären können, wie sie den Händler bearbeitet hatte. Die Worte waren einfach so aus ihr herausgesprudelt, wie aus einem Brunnen.


    Als es nun ans bezahlen ging, schaltete sich Silanus ein und setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Aber Silanus wäre nicht Silanus gewesen, hätte er den Händler nicht alleine mit seinem Aussehen eingeschüchtert. Als schließlich der Händler zu guter Letzt Beroe als Silanus Frau titulierte und dieser passenderweise wieder seinen Arm um sie legte als sie davon schlenderten, wäre sie beinahe in lautes Gelächter ausgebrochen. Zu absurd empfand sie dieses Schauspiel.
    Doch die Lykierin beherrschte sich, da sie bereits nur zu gut wusste, wie schnell Silanus´ Stimmung umschwenken konnte. Sie tat also gut daran ihre Freude und Ausgelassenheit so gut es ging zu kaschieren. Außerdem dauerte es nicht lange, bis Silanus seine Manöverkritik übte. Trotzallem hatte er wieder an ihr etwas zu mäkeln, sprach aber dann doch von einem Erfolg, was Beroe schließlich zu einem dankbaren Lächeln bewog. „Danke Dominus!“entgegnete sie unterwürfig, denn sie wusste bereits, wie sehr es Silanus gefiel, wenn sie ihn voller Demut so nannte.


    Einen Augenblick konnte sie sich dann doch noch an ihrem Erfolg erfreuen. Im nächten jedoch verflog die Freude bereits, als er ihr ins Ohr säuselte, dass sie zu Hause das Öl auftragen sollte. Beroe wusste, was dies zu bedeuten hatte. Jedoch sie hatte nicht viel Zeit, um sich darüber Sorgen zu machen, denn nun stand der Kauf ihrer Arbeitskleidung an. Wie Silanus treffend bemerkt hatte, würde diese zu groß geratene Männertunika, die sie trug, niemand freiwillig hinter dem Ofen hervorlocken. Da musste schon noch etwas besseres her!


    Beroe hatte keine genauen Vorstellungen, welche Art von Tunika die geeignetste sein sollte, um Erfolg mit ihrer zukünftigen Arbeit zu haben. In Misenum hatte sie zwar schon einige Straßendirnen gesehen, aber nie großartig auf ihre Kleidung geachtet. Ihr waren die Frauen nur aufgefallen, weil sie stark geschminkt waren und hin und wieder vorbeikommende Männer angesprochen hatten und mit ihnen gegangen waren.
    Doch wenn es nach der Lykierin gegangen wäre, hätte sie sich eine elegante Tunika ausgesucht, so wie die, die ihre Domina einst getragen hatte. Aber ob Silanus damit einverstanden gewesen wäre? Wohl kaum!
    Schließlich blieb Beroe vor einem Stand mit Tuniken in allen Farben stehen. „Was ist mit dieser da?“ fragte sie Silanus und deutete auf eine grüne elegant geschnittene Tunika.

    „Vale“, antwortete Beroe lächelnd und hob zum Abschied die Hand. Dann sah sie ihm nach, wie er endgültig hinter dem Tor der Castra verschwand. Die Hoffnung, ihn vielleicht bald wieder treffen zu können, lenkte sie auf dem Nachhauseweg ab, so dass sie gar nicht mehr an Silanus dachte. Und selbst dann, wenn er bereits in der Casa auf sie warten würde um sie zu tyrannisieren, ja selbst dann wusste Beroe nun eins: es gab jemand, der an sie dachte und sie vielleicht auch ein bisschen mochte.
    Die Möglichkeit, dass sie ihr Amulett niemals wieder unter dem Stein finden würde, stellte sich in diesem Moment für sie nicht. Und so waren es leichtfüßige Schritte, die sie zum Aventin trugen.

    Nein, enttäuschen wollte sie ihn diesmal ganz gewiss nicht. Ein bisschen Erfahrung im Einkaufen hatte sie ja schließlich, auch wenn sie früher eher Gemüse, Brot und andere Lebensmittel zu besorgen hatte. Allerdings hatte sie da nie feilschen müssen.


    Als Silanus nun seinen Arm um sie legte und mit ihr hinüber zu besagtem Stand schlenderte, fühlte sie sich etwas unwohl in ihrer Haut. Sie war regelrecht verwirrt, da sie diesen Körperkontakt nicht richtig einzuschätzen wusste. Von weitem mussten sie wohl den Eindruck eines Paares machen, welches zusammen einkaufen ging.


    Am Stand angekommen, sah sie sich interessiert um, so dass es gar nicht lange dauerte, bis der Händler sie ansprach. „Salve, meine Dame. Wie kann ich dir helfen. Suchst du nach einem bestimmten Duft?“ Beroe hatte sofort ihren Blick auf den Händler gerichtet. „Äh.. ja, vielleicht kannst du mir helfen. Ich suche etwas ganz besonderes. Ein Öl für meine Haut. Etwas Exotisches vielleicht, womit ich meinen Liebsten betören kann.“ Dabei hatte sie auf Silanus gedeutet, auch wenn er ganz bestimmt nicht ihr Liebster war. Der Händler hatte genau zugehört. Während er überlegte warf er einen kurzen freundlichen Blick auf Silanus. Das Lächeln in seinem Gesicht verging ihm aber auf der Stelle, da Silanus so furchteinflößend auf ihn wirkte. Verlegen wandte er sich von ihm ab und griff dann zu einer kunstvoll geformten Phiole, öffnete sie und entnahm mit Hilfe eines Holzstäbchens einen Topfen des Öls, den er dann Beroe auf die Hand träufelte. „Wie wäre es damit, junge Dame? Ein Hauch von Orient für deine Haut.“ Beroe roch daran. Ein schwerer würziger Duft nach Zimt und Myrte, so wie ihn viele feine Damen mochten, drang ihr in die Nase. Sie überlegte einen Moment. „Hättest du noch etwas anderes. Bei diesem hier bin ich mir nicht so sicher.“ Sogleich hatte der Händler ein weiteres Gefäß in der Hand, dessen Duft wesentlich süßer und blumiger war. Auch diesmal roch Beroe daran. „Ja, das ist schon besser. Was willst du dafür haben?“ Der Händler dachte kurz nach und wog das Fläschchen in seinen Händen. „25 Denare, aber für dich, sagen wir 20 Denare,“ antwortete er lächelnd. Beroe musste erst einmal schlucken. Zwanzig Denare! Das war achtzig Sesterzen. „So viel für dieses kleine Fläschchen?“, entgegnete sie ihm vorwurfsvoll. „Nein, also ich glaube, wir müssen doch zur Konkurrenz gehen.“ Beroe tat so, als wolle sie weitergehen.
    Das hatte gesessen. Der Händler hasste nichts mehr als seinen Konkurrenten „Aber junge Dame, einen Moment bitte. Ich glaube, ich habe mich geirrt. Dieses Fläschchen kostet natürlich nur 15 Denare.“ „Fünfzehn?“ fragte sie ungläubig. „Und du meinst, das wäre ein günstiges Angebot?“ Dann wandte sie sich zu Silanus. „Wir hätten uns doch besser beim Öl- und Salbenhändler in Ostia eindecken sollen. Der hatte noch viel bessere Öle! Komm lass uns gehen!“
    „Ostia?“, stammelte der Händler mit rotem Kopf. „Na gut! Ich gebe dir diese Phiole und noch diese andere für zusammen 15 Denare!“ „Zehn!“, antwortete Beroe frech. „Vierzehn,“ gab der Händler verzweifelt zurück. „Elf, das ist mein letztes Wort.“ Beroe war über sich selbst erstsaunt, dass sie so aus sich herausgegangen war. „Na schön! Elf Denare für die beiden Phiolen.“ Der Händler sah nicht besonders glücklich aus.
    „Ach, könntest du mir die Phiolen noch etwas verpacken, damit ich sie besser tragen kann?“ Der Händler verzog das Gesicht, suchte dann aber nach einem Stofftäschchen. In der Zwischenzeit, als der Händler beschäftigt war, ließ Beroe schnell noch einen Tiegel mit Kosmetik unter ihrer Kleidung verschwinden und zwinkerte Silanus zu.