Allmählich begannen auch die letzten Bedenken von ihr abzufallen, da sich das Gefühl einzustellen begann, es liefe doch alles gut. Avianus hatte schließlich damit begonnen, seiner Cousine von seinen Plänen mit Sibel für die nächste Zeit zu erzählen. Angefangen von ihrer baldigen Freilassung, weil die Anwesenheit einer Frau in der Castra auf die Dauer nicht gut war. Ganz nebenbei erwähnte er dann auch ihr Kind, so dass Sibel annahm, er habe die Iunia darüber doch schon in Kenntnis gesetzt. Umso mehr war sie nun überrascht, Iunias verdutzten Blick zu sehen und das scheinbare Entsetzen in ihrer Stimme. ‚Nun ist alles aus!‘ war Sibels erster Gedanke, deren Lächeln wie auf Kommando völlig erstarb und sie nun da saß und angespannt die Lippen zusammenpresste.
Als Konsequenz zu ihrem Entsetzen, schlug die Iunia nun einen bedrohlichen Befehlston an, den Sibel noch von ihrer früheren Domina in Misnum her kannte. Doch als Iunias Worte, so bedrohlich sie auch klingen mochten, endlich auch bei der Lykierin ankamen, begriff sie langsam, dass sie nicht gegen sie gerichtet waren. Ganz im Gegenteil, Axilla mahnte ihren Cousin zu Eile, damit ihre Verwandten auch wirklich frei waren. Sibel glaubte nicht recht zu hören! Hatte sie wirklich soeben ‚ihre Verwandten‘ gesagt?
Allem Anschein nach war ihr Cousin auf eine so heftige Reaktion nicht eingestellt, doch sie schien Wirkung zu zeigen. Aber auch er hatte sich natürlich schon informiert.
Scheinbar hatte die Iunia Sibels überraschtes Gesicht gesehen, da sie sie nun wieder direkt ansprach und sich für ihr herrisches Auftreten entschuldigte, das offenbar nötig war, um den iunischen Männern im wahrsten Sinne des Wortes den Marsch zu blasen. Dabei zwinkerte sie ihr auch zu, was dann endgültig das Eis schmelzen ließ. Es war nur verständlich, dass sie nun alles über das Kind wissen wollte.
Avianus war es dann, der zunächst herumrätselte, wie weit die Schwangerschaft den fortgeschritten sein. Doch viel wichtiger war, was er danach sagte. Nämlich dass es ihr Kind sein würde und dass es auch als solches aufwachen sollte, was immer das auch heißen sollte. Sibel wäre schon damit zufrieden gewesen, wenn sie einen sicheren Ort hatte, an dem sie bleiben konnte. Wenigstens solange das Kind aus dem Gröbsten heraus war.
Endlich fand dann auch sie wieder ihre Sprache. Schließlich musste sie es ja am besten wissen. Zumal sie inzwischen auch eine Hebamme in der Stadt aufgesucht hatte, um sich von ihr untersuchen zu lassen. „Es ist ungefähr die zwölfte Schwangerschaftswoche. Langsam kann ich es nicht mehr verbergen.“ Dabei strich sie die Tunika über ihrem Bauch glatt und tatsächlich war der zarte Ansatz eines Bäuchleins zu erkennen.