Nur wenige Lichtstrahlen drangen von außen durch einige kleine Lichtöffnungen in jenen Raum. Doch sie erlaubten es, dass nach einiger Zeit, als sich die Augen an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, aus grauen Umrissen erkennbare Bilder wurden.
Sie erkannte sein Lächeln, das diesmal so war, wie sie es liebte. Und endlich konnte Beroe wieder seine Nähe spüren, nach der sie so lange gedürstet hatte. Alles um sie herum hatte sich wieder einmal komplett verändert. Wieder hatte sich eine neue Situation ergeben, die ihr Zusammensein um ein Vielfaches schwieriger gemacht hatte. Warum nur musste das so sein, hatte sich Beroe schon oft in ihren verzweifeltsten Stunden gefragt. Die Götter schienen sich wohl mit ihnen einen bösen Scherz zu erlauben, da sie beide an etwas festhielten, was nicht sein durfte. Oder war es gar nur eine Probe um ihnen vor Auge zu führen, ob sie dieser Liebe auch tatsächlich würdig waren? Ganz gleich, was es war, Beroe genoss diesen kurzen Moment des Beisammenseins, der so kostbar war wie ein seltenes Juwel.
Auch in ihrem Gesicht zeichnete sich endlich ein freudiges Lächeln ab, denn ihre Freude überwog deutlich der Sorgen, die sie sich machte. Er hatte es für einen kurzen Moment geschafft, vorerst die dunklen Wolken beiseite zu schieben. Ihre Liebe füreinander hatte während der Trennung nichts eingebüßt. Nein, sie hatte sie nur noch stärker gemacht. Nichts und niemand würde sie trennen können, denn sie würden immer wieder einen Weg zueinander finden können, ganz gleich, wie beschwerlich er auch war.
Wie es schien, hatte Avianus auch tatsächlich schon einen Plan, wie er sie befreien konnte. Ich hol dich hier raus, Sibel – das klang nicht nur wie ein Versrechen. Darin lag so viel Entschlossenheit. „Du willst ihm ein paar Vorschläge machen? Aber…“ Beroe wusste erst nicht, was sie darauf sagen sollte. Welche Vorschläge wollte er machen? Ihn etwa daran erinnern, dass sein „Handel“ mit ihr alles andere als rechtens war? Oder wollte er ihm gar drohen – er der frischgebackene Centurio der Urbaner?
Sie wischte sich ihre Tränen ab, denn die waren tatsächlich nicht gerade von Vorteil, wenn sie gleich Varus gegenübertrat. Doch bevor sie nur daran dachte, den Lagerraum wieder zu verlassen, nahm sie ihn bei seinen Händen und sah ihn dabei eindringlich an.
„Es macht mich sehr glücklich, dass du mir helfen willst. Aber bitte…, tue nichts Unüberlegtes! Hörst du! Ich möchte nicht, dass du wegen mir Schwierigkeiten bekommst. Ich habe Varus deinen Namen verschwiegen. Er weiß wohl, dass es jemanden gibt, den ich liebe. Aber er weiß nicht, wer es ist.“