Beiträge von Iunia Sibel

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    Sehr witzig? Sarah war absolut nicht zum Lachen. Ihre Zweifel wuchsen mit jedem Atemzug.
    Der Wachmann, der von der Mauer herunter gerufen hatte, war inzwischen verschwunden. Jetzt wäre also der beste Moment gewesen, um doch noch zu verschwinden. Doch wenn sie jetzt ging, war alles umsonst gewesen. Narseh und seine Anhänger würden Unglück über die Gemeinde bringen und am Ende mussten sie alle dafür büßen. Doch bevor sie noch weiter über das Für und Wider für ein rasches Verschwinden oder Hierbleiben nachsinnen konnte, öffnete sich plötzlich einen Spalt weit das Seitentor und der Soldat von der Mauer erschien.
    Ein seltsames Gefühl überkam sie. Irgendwie kam ihr das Gesicht des Mannes bekannt vor. Jetzt, da er so nah vor ihr stand. Natürlich! Endlich war der Groschen gefallen. Der Mann war zusammen mit dem Optio in der Taberna gewesen. Mit Sicherheit hatte er sie auch erkannt. Ein Rückzieher war jetzt also ausgeschlossen, wenn sie sich selbst nicht verdächtig machen wollte.
    „Ich.. ich äh… ich muss den Optio sprechen. Es ist wichtig,“, brachte sie endlich heraus.

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    Je länger sie noch vor dem Tor warten musste, umso schneller schlug ihr Herz. Sie begann bereits daran zu zweifeln, hier wirklich das Richtige zu tun. Denn letztendlich würde das hier Konsequenzen haben. Für Narseh und all die anderen Fehlgeleiteten, die sich ihm angeschlossen hatten. Womöglich schlimme Konsequenzen, als sie es sich überhaupt vorstellen konnte. Eigentlich hatte sie Narseh nichts Böses wollen. Er sollte einfach nur aufgehalten und auf den rechten Weg zurückgeführt werden. Mehr nicht. Doch wenn sie an die Horrormärchen dachte, die nach der großen Razzia vor ettlichen Monaten im Umlauf gewesen waren, dann zitterte sie nun vor Angst. Noch war Zeit, umzukehren. Sie hatte es noch selbst in der Hand.


    Plötzlich aber fuhr sie erschrocken zusammen, als von oben ganz unerwartet eine Stimme zu ihr sprach. Überrascht wandte sie ihren Blick nach oben und erkannte einen Wachmann auf der Mauer. Sie zögerte einen Moment, weil sie nicht mehr wusste, was sie sagen sollte. In ihrem Kopf schien plötzlich nur noch Leere zu herrschen.
    „Ähm das sehe ich, dass die Tore geschlossen sind. Deshalb habe ich ja auch geklopft,“ rief sie ihm schließlich aus Verlegenheit hinauf.

    Sim-Off:

    Sorry Mädels, hab´s irgendwie hier verpeilt! :(


    Beroes Hoffnungen, was Varia betraf, erhielten nicht einmal die geringste Chance, zarte Triebe zu bilden. Näheres über sie zu erfahren schien aussichtslos. Varia war nicht dazu bereit, auch nur irgendein Fitzelchen von sich selbst preiszugeben. Doch die Lykiern versuchte, mit dem was sie hatte, das Beste zu machen. „Aus dem Osten also,“ entgegnete sie ihr. Glücklicherweise hatten sich die Geschichten ihres Vaters, die er ihr als Kind erzählt hatte, in ihr Gedächtnis eingebrannt. ‚Im Osten geht die Sonne auf, im Süden ist ihr Mittagslauf. Im Westen geht sie unter.‘ Stets mit einem Lächeln hatte er ihr diesen Spruch aufgesagt, wenn sie ihn danach gefragt hatte, wo jene geheimnisvollen Länder und Städte lagen, wohin ihn seine letzte Reise geführt hatte. Das war schon so lange her… doch das war alles, was ihr von ihm noch geblieben war.
    “Ich komme ursprünglich auch von dort,“ meinte sie dann nicht minder geheimnisvoll.


    Shani , die tatsächlich bisher die einzige in ihrer Runde gewesen war, die mit dem Opium schon ein wenig Bekanntschaft geschlossen hatte, meldete sich plötzlich auch zu Wort. Und zwar in einer Art und Weise, wie man es von ihr wohl nie erwartet hätte. Das war eindeutig dem Opium zuzuschreiben!
    „Mit Wildfängen? Ja, das kann man so sagen!“, pflichtete Beroe ihr bei und merkte erst einen Moment später, was sie eigentlich damit gemeint hatte. „Dann bist du also auch nicht von Geburt an Sklavin gewesen, Shani!“ stellte sie dann endlich fest.


    Vielleicht sollte sie auch einmal das Opium probieren, denn sie spürte, wie es ihr plötzlich schwer ums Herz wurde. So griff sie also nach der Pfeife und nahm einen ersten kräftigen Zug. Natürlich ließ es sich ein Husten nicht vermeiden, doch sogleich spurte sie schon, wie das Opium scheinbar ihren Körper zu durchströmen begann.
    Nun begann Varia den Spieß umzudrehen und begann sie auszufragen. Als sie die „Perserin“ erwähnte, rief das auch Shani sofort wieder auf den Plan. Opium wirkte anscheinend nicht nur bewusstseinserweiternd, sondern förderte auch die Neugier… zumindest bei Shani.
    „Ja, genau!“, begann Beroe loszuplappern. „Morrigan heißt sie. Sie hat mir, wenn ihr so wollt, das Leben gerettet. Denn sie hat mich aus der Gosse geholt, nachdem ich aus dem Carcer frei gekommen war.“ Vielleicht hätte Varia auch einen Zug nehmen sollen…

    So vieles hatte sie auf den Weg hierher beschäftigt. Nun stand sie vor der Tür und klopfte. Sie musste nicht lange warten, bis ihr aufgemacht wurde. Der Türsteher kannte sie natürlich noch und bat sie sofort hinein. So lange war Beroe ja noch nicht weg. „Ist Morrigan da? Ich soll ihr eine Nachricht überbringen.“ Der Türsteher verwies sie zu Morrigans Arbeitszimmer. „Du kennst dich ja aus,“ meinte er nur und ließ sie gehen.
    Zielstrebig ging sie weiter bis sie vor einer verschlossenen Tür zum stehen kam. Dann klopfte sie und wartete.

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    Ihre Schritte wurden immer schneller. Sie ging nicht mehr, sie rannte fast. Nur weg von hier aus dieser engen Gasse! Bald erreichte sie eine der belebteren Straßen, auf der sie nicht auffiel. ‚Optio Iunius Avianus, Cohors XII Centuria III‘, sagte sie sich im Stillen immer wieder vor. Den Namen hatte sie sich gut gemerkt. Er war ihre letzte Hoffnung auf Rettung. Bei ihrer ersten Begegnung war sie sich schon ganz sicher gewesen, dass man ihm vertrauen konnte. Er würde sie und alle anderen ihrer friedliebenden Geschwister vor dem großen Unheil bewahren, welches über sie hereinbrach, wenn Narseh und seine Anhänger erst einmal damit begonnen hatten Unfrieden zu stiften. Doch soweit musste es gar nicht erst kommen, denn sie würde ihnen zuvor kommen. Sie würde die Namen der Unruhestifter schon preisgeben, noch bevor sie auch irgendeinen Streich unternehmen konnten.
    Der Tiber war bereits überschritten. Trans Tiberim, ihre Heimat wo sie geboren worden war und wo sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, lag nun hinter ihr. Vor ihr lag nun noch ein langer Weg quer durch die Stadt. Sie ließ sich an den Märkten nicht dazu verleiten, ihr Schritttempo zu verlangsamen, gaffte nicht den imposanten Sänften reicher Damen nach und ließ sich auch nicht von den schillernden Tempeln fremder Götzen verführen.
    Schließlich war sie an ihrem Ziel angelangt. Sarah fand sich vor dem großen Tor der Castra wieder. Ein seltsames Gefühl in der Magengegend begleitete sie schon, als sie näher trat und klopfte.

    Ihr Versuch, ihn auf den Brief und seine damit verbundene schlechte Stimmung anzusprechen, war kläglich gescheitert. Er wollte nicht darüber sprechen. Nicht mit ihr. Das war auch nicht sehr verwunderlich, schließlich kannte er sie ja kaum. Obwohl es ja manchmal hilfreich sein sollte, sich auch Fremden anzuvertrauen.


    Beroe verließ das cubiculum und brachte das Tablett zur culina, um danach sofort das Haus verlassen zu können. Der Weg zur Subura war ihr inzwischen vertraut und so beschäftigten sie Varus Worte auf den ganzen Weg zum Lupanar. ‚Manchmal beneide ich doch diejenigen die nicht lesen und schreiben können. Denn so ist wenigstens ein Weg für schlechte Nachrichten verbaut.‘. Sie konnte das nicht so richtig nachvollziehen. Liebend gerne hätte sie die Kunst des Lesens und Schreibens beherrscht, denn die schlechten Nachrichten hatten bisher auch immer so den Weg zu ihr gefunden.

    Schweigend und möglichst still, ohne den Hausherrn und seinen Gast dabei zu stören, machten sich Rachel und Hannah an die Arbeit. Der Wein hatte sich schon großflächig ausgebreitet. Außerdem hatte Beroe beim Hinausgehen einige Spuren hinterlassen. Im Grunde hätten die beiden Sklavinnen den ganzen Raum feucht aufwischen müssen. Doch das hätte die Besprechung massiv gestört. So begnügten sie sich damit, vorerst nur die große Pfütze zu beseitigen.
    Ohne ein Wort miteinander zu wechseln ergänzten sie sich perfekt in ihrem Tun. Beide waren sie schon langjährige Bewohner der Casa. Dadurch wusste die eine, was die andere dachte. Und so war es auch jetzt wieder. Scheinbar ging ihnen die Arbeit ganz leicht von der Hand. Doch eines war klar, die Neue hatte das nicht umsonst getan. Spätestens am Abend beim Essen würden sie sie zur Rede stellen und sie fragen, was sie sich eigentlich dabei dachte, hier die "Extrawurst" zu spielen.


    Während die beiden wieder für Ordnung und Sauberkeit sorgten war es natürlich ausgeschlossen, dass sie dabei lauschten, was die beiden Herrn miteinander zu besprechen hatten. Nachdem aber wiederholt wieder der Name „Sibel“ gefallen war, horchten sie dann doch auf. Es ging also auch noch um die Neue bei dem Gespräch. Kein Wunder, dass sie sie Kanne hatte fallen lassen. Aber das war noch lange keine Entschuldigung!
    „Komm!“, flüsterte Rachel ihrer Standesgenossin zu, als sie den Boden wieder trocken gelegt hatten. Hannah musste nur in Rachels Gesicht blicken und verstand, was in ihr vorging. Sie nickte. Dann begaben sich beide wieder zur Tür. Schwungvoll öffnete Hannah die Tür. In dem Moment stürzte ihnen ausgerechnet Beroe, die noch immer an der Tür gelauscht hatte, regelrecht vor die Füße.“HUCH!“ riefen beide Sklavinnen auf und sprangen erschrocken zurück.


    Beroe war nicht minder erschrocken, als die Tür unvermittelt aufgegangen war. Nun lag sie am Boden und versuchte, sich so schnell wie möglich wieder aufzurappeln. Natürlich konnte dieser Vorfall weder Varus noch Avianus verborgen geblieben sein. Dafür hatten alleine schon Rachel und Hannah mit ihrem Aufschrei gesorgt. Verdammt nochmal, jetzt war sie auch noch auf frischer Tat beim Lauschen erwischt worden! Außerdem hatte sie sich keineswegs umgezogen. Sie trug noch immer die verspritzte Tunika und die nassen Sandalen, die mittlerweile auch den Geruch von Wein verströmten. So schnell war sie also wieder zurück im Tablinum, wenn auch gänzlich ungewollt. Das Ganze war ihr natürlich furchtbar peinlich, was man ihr auch ansah. Wahrscheinlich hatte sie es jetzt endgültig verbockt.

    Endlich hatte auch Varus wieder seine Sprache gefunden. Statt sie zu tadeln oder gar zu bestrafen, schickte er sie lediglich hinaus, damit sie sich umziehen konnte. Und selbst um ihr Missgeschick musste sie sich nicht kümmern, sondern dies konnte sie Hannah und Rachel überlassen. Doch sie war sich sicher, das hier würde garantiert noch ein Nachspiel haben. Wahrscheinlich spielte Varus hier vor Avianus nur den gutmütigen Dominus, der jede Schussligkeit und jedes Aufmucken seiner Sklaven billigte und mit einem Lächeln darüber hinweg sah. Doch noch mehr als die drohenden Konsequenzen fürchtete Beroe die Tatsache, dass sie von nun an diesem Gespräch ausgeschlossen werden sollte.


    Eine leichte Verbeugung andeutend verließ sie das Tablinum und eilte in ihren nassen Sandalen zur Culina, wo sie die beiden anderen Sklavinnen vorfand. Sie erklärten ihnen kurz, was vorgefallen war und dass sie nun fürs Saubermachen zuständig waren. Man konnte sich vorstellen, wie missmutig Hannah und Rachel schließlich dem Befehl Varus‘ Folge leisteten und mit Tüchern und einem Eimer bewaffnet zum Tablinum gingen.
    Beroe aber wartete einen Moment, bis die beiden Sklavinnen die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich geschlossen hatten. Wie hätte sie sich denn auch jetzt umziehen können? Also stürzte sie sich regelrecht zur Tür, um zu horchen, was dort drinnen gesprochen wurde. Dummerweise konnte sie nur einige Fetzen von dem aufschnappen, was Avianus und Varus miteinander zu besprechen hatten.
    Sie wusste, dass es nicht gerade gut im ihre gemeinsame Zukunft bestellt war. Varus stellte sich aus irgendeinem Grund quer. Oder war das nur seine Taktik, um noch ein bisschen mehr Geld aus dem Iunier heraus kitzeln zu können?
    Wieder ertönte Avianus Stimme und sie konnte Worte, wie zum Beispiel Bürgerkrieg oder aber auch Aurius verstehen. Vielleicht würde das nun Varus ins Wanken bringen. Schließlich hatte sie ihm damals hoch und heilig versprochen, dass es niemanden mehr aus ihrer Vergangenheit mehr gab, der sie aus Misenum als Sklavin der Aurii noch kannte. Nun war sie gespannt, was Varus darauf entgegnen würde. Noch dichter presste Beroe ihr Ohr gegen die Tür, damit sie jede Einzelheit verstehen konnte.

    Er kam zu ihr herüber und berührte sie an ihrer Wange. Für sie waren seine Berührungen so ungewohnt. Bisher waren ihre Begegnungen recht verhalten oder gar reserviert abgelaufen. Stets war er ihr mit Wohlwollen begegnet. Das war aber dann auch schon alles gewesen.


    Varus griff nach ein paar Oliven. Doch mehr wollte er nicht anrühren. Nicht einmal den Wein. Also nahm sie wieder das Tablett an sich. Doch dann zögerte sie wieder. Sollte sie sich nicht doch nach seiner Verfassung erkundigen? Bevor sie aber zu Wort hätte kommen können, kam ihr Varus wieder zuvor. Fast schon vorwurfsvoll klang seine Frage. „Verzeih bitte, aber ich war es, die sie an der Tür empfangen hat. Wenn du es wünschst, werde ich mich sofort auf den Weg machen.“


    Sie eilte mit dem Tablett zur Tür. Bevor sie aber den Raum verließ, wandte sie sich noch ein letztes Mal zu Varus. „Ist es wegen dem Brief....? Ich meine.... weil du so betrübt bist?

    Stille – als habe jemand die Welt angehalten. Zumindest für den Augenblick. Während sich die verlorene Flüssigkeit sofort daran machte, ins Leder ihrer Sandalen einzuziehen und ihr dadurch das Laufen in ihnen kein bisschen angenehmer machen würde, begriff Beroe so langsam, was sie getan hatte. Alle Augen waren bereits auf sie gerichtet. Fragende Blicke waren es, die sie trafen. Sprachlosigkeit herrschte. Wie in Zeitlupe schien das Leben an ihr vorbei zu ziehen.
    Mit aufgerissenen Augen suchte sie nach Worten, konnte aber beim besten Willen keine finden. Was würde Avianus nun von ihr denken? Hätte sie nicht einfach nur still sein können, so wie es sich für eine wie sie geziemte? Und Varus? Was würde er nun tun, nachdem sie ihn vor seinem Gast so blamiert hatte?


    Schließlich war es Avianus, der versuchte, die Situation zu retten. Das falsche Getränk… sie hatte das falsche Getränk serviert. Avianus legte ihr förmlich die richtigen Worte in den Mund. Wieder hatten sich ihre Blicke getroffen. Die Verwunderung schien zumindest bei ihm gewichen zu sein. Noch immer steckte aber ihr der Schreck in den Knochen, doch sie begann zu nicken. „Ja…ja,…das war es. Das falsche Getränk. Entschuldigung… ich bitte um Entschuldigung, Dominus.“
    Statt sich nun um den verschütteten Wein zu kümmern oder Varus das richtige Getränk zu bringen, blieb sie wie angewurzelt stehen.

    Während sie so da stand und dabei versuchte, dem Gespräch der beiden zu folgen, war plötzlich wieder dieser Zweifel da. Hatte sie wirklich alles richtig gemacht? Das richtige Getränk serviert? Hatte Varus nicht doch etwas anderes gewünscht? Eigentlich war es bereits zu spät, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn er führte bereits seinen Becher zum Mund. Dann trank er. Die Anspannung in Beroe stieg ins Unermessliche… doch es passierte nichts. Puh, noch mal Glück gehabt!
    Hätte einer der beiden Männer sein Augenmerk auf die Sklavin im Hintergrund gelenkt, wäre ihm sicherlich aufgefallen, wie eine riesige Last von ihr abfiel. Doch Avianus redete nicht lange um den heißen Brei und kam recht schnell zur Sache. Dass er dabei keinerlei seiner wahren Emotionen preisgab, die er für sie empfand, war selbstverständlich. Dennoch klangen diese Worte aus seinem Mund befremdlich für sie. Das tut er nur für mich, sagte sie sich immer wieder zu sich selbst im Stillen. Für uns!


    Schließlich wurde er ganz konkret und formulierte seinen Ansinnen, sie ihm abkaufen zu wollen. Wieder stieg Beroes Anspannung, als sie auf Varus' Antwort wartete. Sag ja, wollte sie ihm entgegen brüllen. Na komm schon, sag endlich ja! Stattdessen hielt sie die Luft an. Ihre Finger krallten sich förmlich in den metallenen Griff der Kanne.
    Anfangs schien sie die Bedeutung von Varus' Worten nicht wahrhaben zu wollen, geschweige denn ihre Bedeutung überhaupt zu verstehen. Zu sehr hatte sie das erlösende JA erwartet, doch stattdessen wurde sie nun mit einem inakzeptablen NEIN konfrontiert.
    „NEIN!“ schrie sie, ohne sich dabei scheinbar darüber im Klaren zu sein, dass sie gerade alle Konventionen brach. Als Echo ihres Schreies ging die Kanne mit einem metallenen Scheppern zu Boden und das restliche Wein-Wasser-Gemisch schwappte über ihre Füße.

    Bei genauerem Hinsehen erkannte sie einen Brief, der am Boden lag. Selbst wenn sie des Lesens mächtig gewesen wäre, hätte sie nicht in so schneller Zeit in Erfahrung bringen, was darin stand, geschweige denn, wer ihn verfasst hatte. Doch sie konnte sich gut vorstellen, dass darin der Grund für seine Niedergeschlagenheit begründet war.


    Wieder hatte sie ihn Dominus genannt, obwohl er das nicht mochte. Wahrscheinlich würde sie das nie lernen. „Bitte entschuldige, Varus. Ich bin es so gewöhnt. Aber in Zukunft werde ich versuchen, es besser zu machen,“ versprach sie mit rotem Kopf.


    Ob sie wegen dem Brief nachfragen sollte? Vielleicht konnte sie ihm ja irgendwie helfen. Doch eigentlich ging der Brief und auch sein Gemütszustand sie nichts an. Letztendlich war es Varus, der seinerseits eine Frage stellte.
    „Nicht wirklich. Leider. Doch sie war vor einigen Tagen hier und sagte, sie müsse dich dringend sprechen.“

    Beroe spürte Varus‘ Blick, der auf ihr lastete. Doch sie versuchte, ihn nicht zu erwidern. Ihre Augen sollten so leer wie immer wirken, wenn sie einen Besucher zu ihm geleitete. Schließlich bat er den Iunier herein. Nun aber sah sie Avianus doch noch nach, als er an ihr vorbei schritt und eintrat. Jetzt nur die Nerven behalten, sagte sie sich immerzu.


    Glücklicherweise hatte sie noch die gewünschten Getränke zu holen, so dass sie geschwind das Tablinum verließ. Schnell huschte sie zur Küche. Doch statt sich genau zu merken, was die beiden eigentlich trinken wollten, kreisten ihre Gedanken nur um die Frage, was dieses Gespräch letztendlich bringen würde.
    In der Küche angekommen, zermarterte sie sich das Hirn, was sie den beiden Männern denn bringen sollte. Schließlich beschloss sie, den beiden verdünnten Wein zu bringen. Avianus trank meistens verdünnten Wein und Varus eigentlich doch auch… oder?
    Sie belud ein Tablett mit zwei Bechern und einer Kanne verdünntem Wein. Nun nur nichts fallen lassen, ermahnte sie sich immer wieder selbst. Und offenbar half das auch, denn sie erreichte erfolgreich das Arbeitszimmer.
    Die beiden unterhielten sich bereits. Sie füllte die Becher und überreichte sie dem Gast und danach dem Hausherrn. Dann zog sie sich diskret in den Hintergrund zurück und wartete auf weitere Anweisungen.

    In der einen Hand das Tablett balancierend, öffnete sie mit der anderen Tür. Als Beroe dann eintrat, bemerkte sie noch nicht gleich jene unordentliche Verfassung, in der sich Varus befand. Zu sehr war sie mit dem Schließen der Tür und ihrem Tablett beschäftigt. Denn sie war dazu prädestiniert, irgendetwas fallen zu lassen. Daher hasste sie es, voll beladen sich auch noch um die Tür kümmern zu müssen. Doch diesmal schien alles gut zu gehen. Nachdem sie das gröbste Hindernis hinter sich gelassen hatte, konnte man sie leise aufatmen hören.


    Ein paar Schritte weiter, stellte sie das Tablett auf einem Tisch ab. „Etwas Wein und einige Oli…“ Beroe stockte, als sie Varus endlich anvisierte und das zerzauste Haar und auch die zerknitterte Kleidung bemerkte. Er machte fast den Eindruck, als habe er in seinen Kleidern geschlafen und diese auch seit Tagen nicht mehr gewechselt. Ganz zu schweigen davon, dass sich nicht einmal ein paar Tropfen Wasser an seinen Körper verirrt hatten. Und dann dieses konsequente Starren aus dem Fenster. Nicht einmal als sie eingetreten war, hatte er sich zu ihr umgedreht.
    Beroe versuchte so zu tun, als sei nichts geschehen und Varus‘ Aussehen und seine Stimmung, das Normalste auf der Welt. Letztendlich ging es sie ja auch nichts an. Aber trotzdem glaubte sie, verpflichtet zu sein, ihm ihre Hilfe anzubieten. „Kann ich noch etwas für dich tun, Dominus?“, fragte sie schließlich.

    Beroe kannte ihn inzwischen so gut, dass sie wusste, wie gut durchdacht seine Pläne waren. Im Grunde wusste sie ja, dass Avianus nicht leichtsinnig handeln würde, im Gegensatz zu ihr. Zu oft schon hatte sie sich nur von ihren Gefühlen leiten lassen, was ihr im Nachhinein oftmals nur Nachteile eingebracht hatte. Aber waren es nicht auch ihre Gefühle, die sie damals zu ihm gelenkt hatten, um ihm zu Hilfe zu kommen?
    Damals, als sie neu in der Stadt war, als das Ende des Bürgerkrieges ihr eine verheißungsvolle Zukunftschance geboten hatte. Rückblickend war der Tag, an dem sich ihre Wege zum ersten Mal gekreuzt hatten, der beste in ihrem Leben gewesen. Auch wenn es damals noch nicht danach ausgesehen hatte.
    Nun, nach allem, was sie miteinander erlebt hatten, schien es so, als wolle sich der Kreis endlich schließen. Sie vertraute ihm, in dem was er vorhatte, auch wenn sie nur mutmaßen konnte, welchen Vorschlag er Varus unterbreiten würde. „Ja, ich werde ruhig bleiben,“ versprach sie. Sie würde alles tun, was man von ihr verlangte und sich allem fügen, was noch auf sie wartete. Selbst auf ihre Freiheit konnte sie verzichten, wenn sie dafür nicht von Avianus getrennt würde.

    Zuversichtlich nickte sie ihm zu. Sie war bereit. Doch bevor sie tatsächlich zur Tür wenden wollte, hielt sie ihn doch noch einmal zurück. „Warte!“ Durch ihre Umarmungen war seine Kleidung ein wenig in Unordnung geraten. Fachmännisch begann sie, seine Kleidung wieder in eine akkurate Form zu bringen. Er sollte schließlich einen guten Eindruck machen, wenn er Varus gegenüber trat..
    „So, jetzt aber,“ befand sie schließlich und strahlte ihn noch einmal an. Dann ging sie voran, öffnete die Tür und vergewisserte sich, dass die Luft rein war, um ihn letztendlich zum Arbeitszimmer des Hausherrn zu führen.

    Noch einmal warf sie Avianus einen Blick zu, dann klopfte sie an und öffnete vorsichtig die Tür. Sie trat ein, zwei Schritte in den Türrahmen. „Bitte entschuldige die Störung, Dom…äh Varus.“ Daran würde sie sich wohl nie gewöhnen, den Hevetier mit Varus anzusprechen und ihn nicht mit Domninus zu titulieren. „Iunius Avianus ist da und möchte mit dir sprechen.“

    Nur wenige Lichtstrahlen drangen von außen durch einige kleine Lichtöffnungen in jenen Raum. Doch sie erlaubten es, dass nach einiger Zeit, als sich die Augen an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, aus grauen Umrissen erkennbare Bilder wurden.
    Sie erkannte sein Lächeln, das diesmal so war, wie sie es liebte. Und endlich konnte Beroe wieder seine Nähe spüren, nach der sie so lange gedürstet hatte. Alles um sie herum hatte sich wieder einmal komplett verändert. Wieder hatte sich eine neue Situation ergeben, die ihr Zusammensein um ein Vielfaches schwieriger gemacht hatte. Warum nur musste das so sein, hatte sich Beroe schon oft in ihren verzweifeltsten Stunden gefragt. Die Götter schienen sich wohl mit ihnen einen bösen Scherz zu erlauben, da sie beide an etwas festhielten, was nicht sein durfte. Oder war es gar nur eine Probe um ihnen vor Auge zu führen, ob sie dieser Liebe auch tatsächlich würdig waren? Ganz gleich, was es war, Beroe genoss diesen kurzen Moment des Beisammenseins, der so kostbar war wie ein seltenes Juwel.


    Auch in ihrem Gesicht zeichnete sich endlich ein freudiges Lächeln ab, denn ihre Freude überwog deutlich der Sorgen, die sie sich machte. Er hatte es für einen kurzen Moment geschafft, vorerst die dunklen Wolken beiseite zu schieben. Ihre Liebe füreinander hatte während der Trennung nichts eingebüßt. Nein, sie hatte sie nur noch stärker gemacht. Nichts und niemand würde sie trennen können, denn sie würden immer wieder einen Weg zueinander finden können, ganz gleich, wie beschwerlich er auch war.


    Wie es schien, hatte Avianus auch tatsächlich schon einen Plan, wie er sie befreien konnte. Ich hol dich hier raus, Sibel – das klang nicht nur wie ein Versrechen. Darin lag so viel Entschlossenheit. „Du willst ihm ein paar Vorschläge machen? Aber…“ Beroe wusste erst nicht, was sie darauf sagen sollte. Welche Vorschläge wollte er machen? Ihn etwa daran erinnern, dass sein „Handel“ mit ihr alles andere als rechtens war? Oder wollte er ihm gar drohen – er der frischgebackene Centurio der Urbaner?
    Sie wischte sich ihre Tränen ab, denn die waren tatsächlich nicht gerade von Vorteil, wenn sie gleich Varus gegenübertrat. Doch bevor sie nur daran dachte, den Lagerraum wieder zu verlassen, nahm sie ihn bei seinen Händen und sah ihn dabei eindringlich an.
    „Es macht mich sehr glücklich, dass du mir helfen willst. Aber bitte…, tue nichts Unüberlegtes! Hörst du! Ich möchte nicht, dass du wegen mir Schwierigkeiten bekommst. Ich habe Varus deinen Namen verschwiegen. Er weiß wohl, dass es jemanden gibt, den ich liebe. Aber er weiß nicht, wer es ist.“

    Zitat

    Original von Morrigan
    Sodele dann melde ich mich mal ab in den Urlaub :D
    vom 08.05. - 20.05.
    die meisten hier zieht es ja gen Süden :D ich versuche es mit der Gegenrichtung, also ab nach Norgwegen :D


    Also bis dene :wink:


    Ha en fin tur og mye moro i Norge! :)

    Mit versteinerter Mine richtete sie ihm ihren Blick entgegen. Am liebsten wäre sie ihm jauchzend in den Arm gefallen, hätte ihn gedrückt und geküsst. Niemand konnte sich vorstellen, wie sehr sie ihn vermisst hatte und wie sie sich danach gesehnt hatte, ihn wieder zu sehen. Doch nun stand Avianus leibhaftig vor ihr und quälte sich ein Lächeln ab. Auch sie hatte sich ihr Wiedersehen wahrlich anders vorgestellt. Nicht hier, am Eingang zur Villa und auch nicht unter den Augen des Ianitors.


    „Bitte folge mir, Herr!“ gab sie schließlich von sich und schritt wortlos voran. Kurze Zeit später erreichten sie das Atrium. Doch statt nun direkt das Arbeitszimmer des Helvetiers anzusteuern, blieb Beroe unerwartet vor einer zweiflügligen Tür direkt neben dem Lararium des Hauses stehen.
    Ein kurzer Blick nach rechts und links. Sie waren scheinbar allein. Dann packte sie Avianus nichtsahnend bei seinem Arm und zog ihn mit sich ins Innere des vor ihnen liegenden Zimmers und schloß hinter sich sofort wieder die Tür. Sehr schnell war klar, dass der dämmrige Raum ein Lagerraum war, in dem allerlei Gerümpel gelagert war
    .
    Beroes Hand löste sich von seinem Arm und bevor er auch nur noch die Chance hatte, etwas zu sagen, klammerte sie sich an ihn und küsste ihn voller Leidenschaft. So hätte sie für immer verharren können.
    „Ich bin so froh, dass du da bist! Ich dachte schon, ich hätte dich für immer verloren. Aber den Göttern sei Dank, jetzt bist du hier!“ Tränen der Freude standen in ihren Augen. Aber auch die Sorge, weshalb Avianus mit dem Helvetier sprechen wollte. Varus war nicht Silanus, mit dem man im Zweikampf messen und ihn dann in die Flucht schlagen konnte. Am Ende verschlimmerte er alles nur noch und Varus würde dann vielleicht seine Wut an ihr auslassen.

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hlfb-2g-93db.jpgAtermas | Ianitor


    Der Besucher stellte sich vor und nannte auch sein Begehr. Doch Artemas konnte bei ihm eine gewisse Nervosität bemerken, die ihn dazu veranlasste, an dem Ianitor vorbei, ins Innere der Casa blicken. Dass man Artemas so gut wie nie die gebührende Aufmerksamkeit schenkte, war der Ianitor ja schon gewohnt. Aber was dachte der Fremde sich dabei, so ungeniert zu glotzen? Erwartete er etwa von der Tür aus den Hausherrn zu sehen? Es musste ja um eine richtig wichtige Sache gehen, dachte sich Artemas. Also wollte er den Besucher nicht lange auf die Folter spannen und sah sich nach dem Jungen um, der die meiste Zeit bei ihm herumlungerte und ihn nervte.


    „Ja, natürlich Herr, einen Moment bitte. – Serrulus?! Wo steckt denn der kleine Scheißer schon wieder? Immer wenn man ihn braucht, ist er nicht da!“ Artemas wandte sich entschuldigend an den Iunier und grinste verlegen.
    „Einen Moment noch, bitte.“


    Wie es der Zufall wollte, huschte gerade die neue Sklavin vorbei. Wie dumm nur, dass sich Artemas ihren Namen nicht behalten hatte.
    „He du! Ja du! Du bringst unseren Gast jetzt zum Tablinum des Dominus und meldest ihm, dass ein gewisser Iunius Avianus nun da wäre, um ihn zu sprechen! - Bitte tritt ein, Herr. Das Mädchen wird dich begleiten,“ meinte Artemas wieder zu dem Iunier gewandt.


    Beroe indes erstarrte plötzlich, als sie diesen vertrauten Namen hörte. Ihr Blut schoss durch ihre Adern, ihr Herz begann wie wild zu schlagen. Aber sie durfte sich nichts anmerken lassen. Nur eine einzige Frage beherrschte ihre Gedanken: 'Was will er hier nur?'
    Als sich endlich ihre Starre gelöst hatte, trat sie dem Besucher entgegen und wartete darauf, bis er eintrat.