[Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah
Nach dem vertraulichen Gespräch mit dem Optio der Urbaner, bei dem sie sich bereit erklärt hatte, ein Auge auf „verdächtige“ Glaubensgeschwister zu haben, war für Sarah nichts mehr so, wie es war. Zu niemandem, nicht einmal zu ihrem Bruder Elias, hatte sie von ihrer Vereinbarung mit den Urbanern erzählt. Dieses Geheimnis schleppte sie ganz alleine mit sich herum und je länger sie das tat, umso schwerer wurde die Bürde, die sie zu tragen hatte.
Schon kurze Zeit später, nachdem sie ihren Handel mit dem Optio geschlossen hatte, wurde sie von Zweifeln geplagt. In ihr entbrannte ein heftiger Kampf über das Für und Wider. Nächtelang lag sie wach. Nur ihrem Gott konnte sie sich in ihren Gebeten anvertrauen. Doch das alleine half ihr nicht aus ihrer Misere.
Mit jedem Tag, der verging war sie sich mehr bewusst geworden, dass sie sich auf einem gefährlichen Scheideweg befand, denn nun sollte es ihr allein obliegen, darüber zu entscheiden, wer aus ihrer Gemeinde schädlich war für ihr Sache und wer nicht. Wenn sie mit dem Optio nicht kooperierte, dann drohte ihnen alle die Verfolgung und letztlich Folter und Tod. Ganz gleich, mit welchen Anschuldigungen die Urbaner kommen würden, sie würden einen Weg finden, um der christlichen Gemeinde endgültig den Todesstoß zu versetzen, wenn das ihr Ziel war. Doch mit ihrer Vereinbarung konnte sie das Schlimmste verhindern. Blieb nur die Frage, wer geopfert werden sollte…
Sarah versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, wenn sie unter ihren Freundinnen war oder mit ihrem Bruder auf ihre Versammlungen ging. Sie hatte ein wachsames Auge auf all jene, die es wagten, Elias zu kritisieren. All jene, die behaupteten, er sei nicht stark genug und zu nachgiebig gegenüber der Staatsgewalt, machten sich dadurch verdächtig. Sie beobachtete solche „verirrten“ Geschwister, die versuchten, andere durch ihre Hassreden aufzuwiegeln. Bald schon hatte Sarah erkennen müssen, dass es unterschwellig in ihrer Gemeinde gehrte. Einige wenige waren es nur. Doch wenn man sie gewähren ließ, dann würden es immer mehr werden, die eine offene Auseinandersetzung, der friedlichen Koexistenz vorzogen.
Ein besonders waches Ohr hatte sie, wenn in diesem Zusammenhang der Name Narseh fiel. Seit dem letzten „Besuch“ der Stadtkohorte war aus dem einst so friedlichen Perser ein leidenschaftlicher Gegner der römischen Staatsgewalt geworden. Nun hatte sie Gerüchte aufgeschnappt, eben jener Narseh schare andere Brüder um sich, die für seine Reden empfänglich waren.
Zufällig hatte Sarah von Anat, eine ihrer Freundinnen erfahren, dass der Perser sich an ihren Bruder gewandt hatte. Auch Anats Bruder Arash hatte sich nach der großen Razzia, bei der einige seiner Freunde spurlos verschwunden waren, einmal während ihrer Versammlung abfällig gegen das Handeln der Urbaner empört. Es sei an der Zeit, sich nicht länger wie die Lämmer zur Schlachtbank führen zu lassen, hatte er gemeint. Doch was er dagegen tun wollte, hatte er offen gelassen.
Nun hatte Sarah sich an seine Spuren geheftet und folgte ihm unauffällig. Er traf sich mit drei anderen Männern aus ihrer Gemeinde. Zusammen machten sie sich auf den Weg. Sarah folgte ihnen und blieb immer in gebührendem Abstand hinter ihnen, so dass man sie nicht entdeckte. Bald wurde ihr klar, wohin die Vier wollten: Zu Narsehs Werkstatt.
Der Perser hatte ihnen Einlass gewährt, nachdem sie an seiner Tür geklopft hatten. Dann verriegelte er die Tür hinter sich. Nun näherte sich auch Sarah der Werkstatt und versuchte, etwas von dem, was die Männer dort drinnen besprachen, aufzufassen. Aber die Männer mussten sich wohl ins Hinterzimmer begeben haben, denn in der Werkstatt war alles ruhig. Die junge Frau überlegte kurz, was sie tun sollte. Dann erinnerte sie sich an die Hintertür, die zu diesem Hinterzimmer führte.
Dass sie mit ihren Überlegungen richtig gelegen hatte, konnte sie kurze Zeit später feststellen. Gerade noch rechtzeitig hatte sie sich in einer Häusernische verbergen können, als Narseh die Tür aufgerissen hatte, um nachzusehen, dass niemand sie belauschte. Sarahs Herz klopfte heftig. Beinahe hätte er sie entdeckt. Dennoch durfte sie nun nicht schwächeln. Spätestens jetzt wusste sie, dass sie auf der richtigen Spur war. Sie trat näher und versuchte, die Männer zu belauschen. Und dies sollte ihr auch gelingen, mehr als ihr lieb war…