Beiträge von Angus

    Statt mir eine klare und einfache Antwort auf meine Frage zu geben, überschüttete mich der Thraker mit Worten und einer Frage. Ein redseliges Bürschchen hatte ich da vor mir. Ich dachte schon daran, auf dem Fuß kehrt zu machen und wieder zu verschwinden. Andererseits konnte ein wenig Gesellschaft nicht schaden. Der Thraker war neu und vielleicht hatte man sein Hirn noch nicht mit Schauergeschichten über mich vergiftet.


    „Ja richtig! Ich erinnere mich. Genau, Angus ist mein Name. Und wie nennt man dich?“, erwiderte ich ohne mürrisch zu klingen.Allerdings legte ich auch nicht wirklich Interesse an den Tag. Eigenlich wunderte ich mich selbst über meine Beredsamkeit, denn nach wie vor wollte ich wirklich nur meine Ruhe haben.
    Der Thraker machte noch einen Scherz, über den ich nur müde lächelte, während er im Becken etwas zur Seite rückte, um mir Platz zu machen. Ich machte Anstalten, ebenfalls ins Becken zu steigen, um endlich den Staub auf meiner Haut loszuwerden. Dabei fiel mir auf, wie der Kerl mich von Kopf bis Fuß musterte. Ich sagte nicht dazu, noch nichts. In diesem Irrenhaus musste man ja mit allem rechnen. Auch mit Custodes, die vom anderen Ufer stammten. Und als ob ich noch auf eine Bestätigung meiner Vermutung gehofft hätte, beschwichtigte er mich zunächst, bot mir aber in seinem nächsten Satz an, mir zur Verfügung zu stehen, wenn ich wollte. Ziemlich suspekt musterte ich ihn nun meinerseits. Dabei hob sich eine meiner Augenbrauen. Eine Marotte, die ich mir in Laufe der Jahre von dem einen oder anderen Flavier abgeschaut hatte. „Keine Sorge mein Freund, so verzweifelt bin ich noch nicht!“ , antwortete ich ihm und setzte mich neben ihn und hoffte für ihn, dass er sich im Griff hatte und seine Hand bei sich behielt.
    Das Wasser tat mir gut und entlockte mir einen Seufzer. Mit meinen Händen schaufelte ich etwas Wasser, um mein Gesicht zu waschen. Ja, das tat wirklich gut. Schließlich schielte ich zu ihm hinüber. „Du bist Thraker, nicht wahr?“ Jetzt war ich es selbst, der das Schweigen brach und nach belanglosem Zeug fragte.

    Rastlos war ich in der Stadt umhergeirrt. Ständig kreisten die selben Gedanken in meinem Kopf. SIE wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen! Als ich Morrigan vor kurzem wieder getroffen hatte, Hatte dies etwas in mir ausgelöst, was mir längst über den Kopf gewachsen war. Wie ein Getriebener lief ich scheinbar neben der Spur. Ich hörte bereits Stimmen und fragte mich, ob ich mich bereits am Abgrund des Wahnsinns befand. Wie gerne hätte ich sie einfach wieder vergessen! Doch so einfach war es nicht. Nun, da ich mit ihr gesprochen hatte, konnte ich sie nicht mehr so einfach aus meinen Gedanken verbannen. Sie war da, an einem bestimmten Ort, sichtbar und greifbar für mich. Doch in Wirklichkeit war sie unendlich weit entfernt von mir. So weit wie nie zuvor. Unerreichbar für mich. Damit hätte ich mich abfinden sollen und dann wieder zur Tagesordnung übergehen. Aber über diese Stärke verfügte ich nicht.
    So hoffte ich wenigstens am Abend etwas Ruhe zu finden. Ich suchte keine Gesellschaft und mied die Ansammlung von Sklaven in der Villa. Seit Idunas Bestrafung war ich sowieso als „Jungfrauenbesteiger“ verschrien, woran dieser miese Gallier, Ewen nicht ganz unschuldig gewesen war. Da zu dieser Stunde noch alle mit irgendeiner Aufgabe betraut waren, hoffte ich darauf, im balneum servorum die nötige Stille zu finden. Nur das Plätschern des Wassers und ich – mehr nicht! So schritt ich also voran und begann mich bereits auf dem Weg dorthin von meiner verschwitzten Tunika zu befreien.
    Aber halt! Was war das? Ein Plätschern? Hatte ich da ein Plätschern vernommen? War mir jemand zuvorgekommen. Als ich die Tür hinter mir schloss und ich näher trag musste ich feststellen, dass dieser Neuling mir zuvorgekommen war. Ich hatte längst wieder seinen Namen vergessen. Ich nickte ihm zu und sparte mir eine freundliche Begrüßung. Ich hatte keine Lust auf Small Talk. Schon gar nicht beim Baden. „Brauchst du noch lange?“

    Endlich war sie wieder da, die Stille. Ich hatte den Versuchungen des Irrwischs standgehalten und hielt immer noch meine Augen geschlossen. Plötzlich spürte ich in meinem Gesicht einen Luftzug, der dann in einem brennenden Schmerz in meiner Wange mündete und von einem klatschenden Geräusch sowie einer Schimpftirade begleitet wurde. Erschrocken riss ich die Augen auf und erkannte das wütende Gesicht der Claudia. Dabei riss es mir vor Entsetzen die Füße unter dem Boden weg und ich stürzte nach hinten. Gerade so hatte ich mich auf der Erde mit den Armen abstützen können und blickte erschrocken zu ihr auf. Der verfluchte Irrwisch hatte mich schon wieder zum Narren gehalten!
    „Domina!“ Die Quelle allen Übels stand mir leibhaftig gegenüber! Verdammt noch eins, war man denn nicht mal nachts vor ihr sicher? Ausgerechnet sie! Seitdem sie hier war, war alles nur noch schlimmer geworden. Sie tyrannisierte uns Sklaven und spielte uns gegeneinander aus. Mal ganz zu schweigen von ihrem Gecken, diesem albernen muskelbepackten Gallier, der sie beschützen sollte! Wo war der denn eigentlich? Hatte er Frauchen einfach so gehen gelassen?


    Nach und nach sickerte es in meinem Hirn durch, dass ich splitternackt vor ihr lag. Wenn mich jetzt jemand so in dieser Pose erwischte, dann war ich dran! Scato würde mich ans nächste Kreuz nageln lassen. Oder noch schlimmer, er würde mich an die flavischen Löwen verfüttern lassen. Allerdings wenn die Claudia noch weiter so laut herumschrie, würde binnen weniger Minuten nicht nur Scato, sondern die ganze verdammte Villa auf den Beinen sein! Daher beschloss ich, meine edelsten Teile mit meinen Händen notdürftig zu bedecken und mich schleunigst nach meiner verdammten Tunika umzuschauen. Schließlich entdeckte ich sie – ausgerechnet hinter ihr. „Meine Tunika, sie liegt hinter dir.“ Mit meinem Finger wies ich darauf. Natürlich ohne den Hintergedanken, dass sie mir meine Kleidung reichen sollte. „Ich würde mich gerne wieder bedecken, um dir diesen Anblick zu ersparen.“ Einige Minuten vergingen, bis ich mich weiter auf das Wesentliche konzentrieren konnte. In meinem Kopf spielte sich gerade ein Szenario nach dem anderen ab, eines schlimmer als das andere. Diese Frau war zu allem fähig! Sie hatte mich dazu gebracht, Scatos kleine Sklavin vor ihren Augen, und der von einem Dutzend Sklaven zu entjungfern. Was würde sie also mit mir anstellen, wenn es mir nicht gelang, sie zu besänftigen? „Verzeih Domina! Meine Worte galten nicht dir!“ Besänftigen! Besänftigen? Natürlich hatten meine Worte ihr gegolten – unter anderem. Wenn ich jetzt wieder vor ihr buckelte, konnte sie mich jederzeit wieder zu ihrem willenlosen Werkzeug machen. Die Begegnung aber mit Morrigan hatte mich endlich wieder wachgerüttelt.
    „Ich wollte meinen Kopf freibekommen, von den Schatten der Vergangenheit und der Gegenwart!“, antwortete ich auf ihre Frage. Vielleicht kam sie ja selbst dahinter, was es damit auf sich hatte. Schließlich war sie am Schatten der Gegenwart nicht ganz unschuldig gewesen.

    Zitat

    Original von Morrigan
    ...
    Die beiden Kämpfer schenkten sich nicht. Der Kampf zog sich hin und nun kam es Hiera auch zu gut, dass sie die längste Ruhepause von allen hatte. Angus wurde müde, seine Schläge wurden unpräzise er holte zu einem kräftigen Schlag aus, dem die Amazone aber ausweichen konnte. Sie drehte sich in den Schlag ein, griff die Schlaghand und nutzte die Eigendynamik des Gegners aus. Sie zog mit einer geschickte Bewegung so an Angus Arm, dass dieser in Richtung seiner Bewegung nach vorn geschleudert wurde. Als er nun an ihr vorbei segelte trat sie ihm in den Rücken und beschleunigte ihn damit so, dass er sich nicht mehr abfangen konnte und zu Boden stürzte.



    „DIE SIEGERIN DES KAMPFES IST HIERA!“ Donnerte nun auch schon die Stimme des ansagenden Sklaven durch den Garten.


    Mir war es egal gewesen, ob ich hier als Sieger vom Platz gehen sollte, oder nicht. Dies hier war mein Pflichtprogramm. Ich hatte es Morrigan am Tag zuvor versprochen. Mehr nicht. Das einzige, was ich erreichen wollte, hatte ich erreicht: Diesem Lackaffen Ewen ordentlich den Marsch blasen.
    Meine Geegnerin war zwar eine Frau gewesen. Aber sie war auch eine gute Kämpferin gewesen. Darum konnte ich auch meine Niederlage akzeptieren.
    Ich erhob mich aus dem Staub und sah zu, dass ich Land gewann... ohne mich noch einmal nach Morrigan umzuschauen.

    Die kühle Nacht konnte mir nichts anhaben. Ich war Kälte gewohnt. Schließlich war ich nicht so verweichlicht, wie diese verdammten Römer! So merkte ich wenigstens, dass ich noch am Leben war! Ich zog meine Tunika aus und warf sie achtlos beiseite. Ja, ich spürte, dass ich noch lebte! Der kühle Wind strich sanft über meine Haut, wie die zarten Hände einer Frau. Solange ich wusste, dass ich lebte, konnte mir die Morrigan nichts anhaben.


    Irgendwann blieb ich stehen und ich atmete einige Male tief ein und wieder aus. Dann schloss ich meine Augen, um mich auf die Stille zu konzentrieren. Ja, so war es besser! Endlich konnte ich meine Gedanken ein wenig sortieren. Ich musste diese Bilder aus meinem Schädel bekommen. Diese angsterfüllten Augen meines Rabenmädchens und die von der kleinen rothaarigen Germanin. Ich wollte nicht mehr länger ein gefühlloses dumpfes Werkzeug sein. Weder das von Scato noch von seiner Frau, dieser Claudia! Sie war die Wurzel allen Übels!


    Dann plötzlich drang von hinten diese Stimme an mein Ohr. Sie rief meinen Namen. Mit einem Mal fühlte ich mich wieder in jene Nacht zurückversetzt. Jene Nacht, die nun schon einige Jahre zurücklag. Damals war es noch eine Kinderstimme gewesen, nun war sie, so schien es, erwachsen geworden. Doch der Irrwisch konnte mich nicht noch einmal beirren. Ich machte mir dieses Mal auch nicht mehr die Mühe, mich nach der Stimme umzusehen, da ich genau wusste, dass niemand da sein würde. Meine Augen blieben fest verschlossen.
    „Schweig, Irrwisch! Verschwinde! Lass mich einfach in Ruhe!“ Doch dieser Dämon ließ nicht von mir ab. Diesmal aber würde ich standhaft bleiben! „Das geht dich gar nichts an! Scher dich weg, habe ich gesagt!“ Diese verdammte Stimme würde mich noch ganz in den Wahnsinn treiben!

    >>>


    Ich war nicht zurück zur Villa gegangen. Nein, ich war dorthin geflohen! Ganz genauso wie damals. Vor wie vielen Jahren? Es waren zu viele! Nun war dies wieder der einzige Platz, zu dem ich noch gehen konnte. Hier wurde ich geduldet, solange ich meinen Pflichten nachkam. Meinen verdammten Pflichten!
    Im wahrsten Sinne des Wortes hatte ich heute einen Geist gesehen. Meine Vergangenheit hatte mich auf brutalste Weise wieder eingeholt. Das Schicksal hatte nochmal machgetreten und mich dabei auf übelsten Weise verletzt. Die Morrigan… längst hatte ich geglaubt, ihren gierigen Krallen entronnen zu sein, doch dann war sie wieder da. Sie stand vor mir in Gestalt meines Rabenmädchens, das ich einst so geliebt hatte und für das ich immer noch etwas empfand. Sie hatte uns beiden übel mitgespielt – verdammte Schicksalsverdreherin! Aus der heißblütigen Frau, die vor Selbstvertrauen nur so gestrotzt hatte, hatte sie ein schwaches hilfloses Etwas werden lassen, das nur noch existierte, weil man ihr noch nicht den letzten Todesstoß versetzt hatte, um sie noch länger leiden zu lassen. Und ich selbst hatte heute erleben können, zu was für einem verachtenswerten Subjekt ich geworden war. Ein Mann ohne Selbstachtung und Ehre. Nein, Ehre hatte ich schon lange keine mehr. Spätestens nach der Sache mit Iduna hatte ich das letzte Fünkchen Ehre und Anstand verloren. Ich war zu einem Tier geworden, mehr nicht.
    Für einen wie mich wäre es das Beste gewesen, sich eine Klinge in den Bauch zu rammen oder sich in den Fluten des Tibers zu ertränken. Aber auch diesmal, so schätzte ich, würde mir das wieder nicht gelingen.
    Es war inzwischen draußen dunkel geworden. An einen ruhigen Schlaf war überhaupt nicht zu denken. Aber ich versuchte es auch gar nicht, mich hinzulegen, weil ich wusste, dass ich dann nur sie sah. Also irrte ich ruhelos im Sklaventrakt umher, um schließlich zur Überzeugung zu gelangen, dass ich nur draußen im Hortus, in der kühlen Nacht etwas Ruhe finden konnte. Luft, ich brauchte Luft!


    Sim-Off:

    Reserviert! :)

    „Es tut mir leid.. es tut mir leid!“, flüsterte ich immerzu, als sie meine Wange streichelt. Was hatte ich mir nur dabei gedacht! Was für ein dreckiger mieser Kerl war nur aus mir geworden „Es tut mir so leid!“ Endlich schaffte ich es wieder, sie anzusehen. Mein Rabenmädchen, beinahe hätte ich ihr Gewalt angetan! Wie tief war ich gesunken, dass ich wehrlose Frauen und kleine Mädchen vergewaltigte! „Sie haben aus mir ihr Werkzeug gemacht. Wie einen Hund haben sie mich dressiert, der alles tut, nur für eine kleine nichtige Belohnung.“Das war allerdings keine Entschuldigung für mein Handeln. Nein, das war unentschuldbar Doch Morrigan tat nichts dergleichen. Sie verurteilte mich nicht einmal. Sie zeigte Verständnis und bat ebenso darum, dass ich Verständnis haben sollte, weil sie doch nun wieder einen Herrn hatte. Das alles war so komplett daneben, so unwirklich, dass ich schier ganz den Verstand verlieren wollte. Schließlich hauchte sie mir einen Kuss auf die Stirn „Es gibt keine Götter!“, erwiderte ich ihr mit verzerrtem Gesicht, denn ihr Zynismus gab mir den Rest !„Ich muss hier weg!“, rief ich und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. „Ich muss hier weg!“Endlich gelang es mir und ich floh aus diesem Raum, weg von ihr und rannte hinaus, bis ich endlich wieder auf der Straße war.

    Als ich meinen Namen rufen hörte, sah ich kurz auf. Jetzt war es offenbar soweit! Also schritt ich hinaus in den Garten. Zunächst musste ich blinzeln, bis meine Augen sich wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten. Dann sah ich mich um. Neben dem noblen Gastgeber waren einige Gäste anwesend. Aber die interessierten mich alle nicht wirklich. Ich hatte nur Augen für SIE, doch sobald die sich nur in meine Richtung drehte, wandte ich mein Blick von ihr ab. Ich konnte ihr nicht mehr in die Augen schauen. Stattdessen erblickte ich diesen gallischen Hahn, der seit einigen Tagen in der Villa Flavia residierte. Ich mochte den Kerl nicht. Er war mir einfach zuwider. Wie ich hörte, war er mal ein Gladiator gewesen. Aber wie ich weiter gehörte hatte, dache er mehr mit seinen Lenden, als mit seinem Hirn. Gegen diesen Gecken sollte ich auch noch kämpfen. Na dann, dann war ja alles bestens!

    Wieder gelangte ich in den Raum in dem ich auch gestern schon gewesen war und wieder waren fast dieselben Nasen wie gestern anwesen. Gestern - mir wurde übel, wenn ich daran dachte. Einfach nur übel. Aber nun gut, jetzt war ich wieder hier, weil ich es IHR versprochen hatte. Ich würde mein Pflichtprogramm absolvieren und dann so schnell wie möglich wieder verschwinden. Auf einen Sieg und das Geld war ich nicht mehr scharf. Ich stellte mich in irgendeine Ecke, wo mich hoffentlich niemand ansprach. Ich hatte keine Lust zu reden und so zu tun, als ob ich irgendwelche Ambitionen hatte.

    Ich war mir sicher gewesen, wir hätten noch einmal an unsere beste Zeit anknüpfen können. Als sie wieder in meinen Armen lag, war dies ein so vertrautes Gefühl gewesen. Als sie jedoch zu zittern begann und sich schlussendlich von mir löste, konnte ich die Furcht in ihren Augen erkennen. Nun wurde auch ich wieder zurück katapultiert. Nein, sie konnte nicht. Das sah ich und nie im Leben hätte ich sie dazu gezwungen. Was jedoch dann geschah, konnte ich mir zunächst nicht erklären. Die Angst hatte sie übermannt und noch immer voll im Griff. Fürchtete sie sich vor mir? Ich verstand nicht. „Was? Was sagst du?“ Das was sie nun stammelte waren nicht ihre Worte. Es schien, als sei etwas Fremdes, etwas Gefährliches in sie gefahren, was sie nun vollkommen beherrschte.

    Mit festem Griff packte ich sie an den Armen und zog sie zu Boden, so dass ich mich über sie beugen konnte. Dabei drückte ich sie weiterhin zu Boden, so dass dieser böse Geist, der in sie gefahren war, nicht noch schlimmeres anstellen konnte. „Schweig! Du bist Morrigan! Hörst du? Morrigan! Und du gehörst nur mir! Nur mir! Du bist Morrigan und du gehörst mir!“ Ich weiß nicht, wie oft ich ihr das immer und immer wieder gesagt hatte. Mein Druck auf ihre Arme wurde jedoch immer stärker. Sie konnte mir jetzt nicht mehr entkommen! Um sie endlich zum Schweigen zu bringen, begann ich sie voller Begierde zu küssen. Etwas regte sich in mir. Ich wollte mehr. Jetzt! Sofort! Mit meinem Körper drückte ich sie nun nach unten, damit ich eine freie Hand hatte, um ihr die Tunika nach oben zu schieben. Gleich Angus, gleich! Ich keuchte vor Verlangen und hielt es kaum noch aus. Da lag sie mein… Nein! Das war nicht mein Rabenmädchen! Iduna, die kleine rothaarige Sklavin lag plötzlich vor mir mit angstverzerrtem Gesicht, sie sich meiner Übermacht nicht erwehren konnte. Welcher Dämon spielte so ein böses Spiel mit mir? Wer narrte nur so meine Sinne?
    Abrupt ließ ich von ihr ab, ließ mich nach hinten fallen und war über das, was ich gerade tun wollte nur noch schockiert.

    Ja, es fühlte sich an, wie früher. Sie ließ sich auf meine Küsse ein und schlang ihre Arme um mich. Bei Lug, ich liebte und begehrte diese Frau noch immer! Und sie ermutigte mich dazu, fordernder zu werden.
    „Und ich erst!“, keuchte ich und liebkoste ihren Hals, dann zog ich sie zu mir und hielt sie fest in meinen Armen. Jedoch vermied ich es, sie zu irgendetwas zu zwingen. Sie hatte so viele schreckliche Dinge erlebt. Nur die Götter wussten, was sie noch alles mit ihr angestellt hatten. Mir war es egal, wie man sie zugerichtet hatte, sie hatten ihr ihre Schönheit nicht rauben können. Sie war noch immer für mich die eine, die in die ich mich damals verliebt hatte. Mein Rabenmädchen! Wieder war ich an dem Punkt angelangt, an dem ich alles für sie tun wollte. Alles. Doch zunächst wollte ich ihr wieder Leben einhauchen, vorausgesetzt, sie ließ es zu.

    Relativ früh hatte ich die Villa verlassen. Nun stand ich wieder genau an der Stelle, an der ich gestern wieder mit meiner Vergangenheit konfrontiert worden war. Ich hatte es Morrigan versprochen. Nun war ich hier und klopfte erneut. Nur die Götter wussten wie der heutige Tag enden würde. Mir war es gleich, ich hatte nichts mehr zu verlieren.

    Insgeheim hatte ich mir gewünscht, dass sie das sagte, um mich vom Gehen abzuhalten. Deshalb blieb ich kurz vor der Tür stehen und blickte mich zu ihr um. Jedoch hatte ich sie wie erwartet nicht umstimmen können. Es wäre auch naiv zu glauben gewesen, dass uns eine gemeinsame Flucht geglückt wäre. Sie und ich waren nun schon lange genug in Rom, um dies zu wissen.


    Sie deutete auf einen der Stühle. Ich war mir nicht sicher, ob es klug war, noch länger hier zu verweilen, denn eigentlich war alles bereits gesagt und dennoch war es wohl die Hoffnung, die mich dazu trieb, noch länger zu bleiben. Also setzte ich mich und hörte mir an, was Morrigan mir noch mitzuteilen hatte. Sie reichte mir einen Becher Wasser, während sie mir sagte, dass sie mich immer geliebte habe und es wohl auch noch jetzt tat. Mein Gesicht erhellte sich ein wenig, doch ich hätte wissen müssen, dass das hier definitiv nicht gut ausgehen konnte.


    Ich führte schließlich den Becher zum Mund, um einen Schluck davon zu trinken, als sie weitererzählte. Doch als sie mir dann verriet, weshalb man sie eigentlich beschuldigt hatte, war ich doch dann sehr überrascht. „Beteiligt am Sklavenaufstand?“ echote ich ungläubig. Nun, der Sklavenaufstand war mehr oder weniger an mir und wohl auch an den meisten anderen flavischen Sklaven abgeperlt. Dafür hatte ich mich zu dieser Zeit bereits zu tief in mein Sklavendasein hineingesteigert.


    Sie sprach weiter, über das was dann mit ihr geschah. Offenbar war sie da in etwas hineingeraten, was sie ganz und gar verschlungen hatte und aus dem sie sich selbst nicht befreien konnte. Und wie es schien, konnte das aber auch kein anderer, da „sie“ immer am längeren Hebel saßen.


    Schließlich blickte sie mich mit ihrem sorgenvollen Gesicht an und sprach sehr eindringlich auf mich ein. Dabei ergriff sie meine Hand. Nur ein Idiot hätte in diesem Moment nicht gespürt, wie ernst ihre Worte gemeint waren. Jedoch fürchtete ich mich vor ihnen, wer immer das auch sein sollte. Sie bat mich weiter, zu bleiben und zu kämpfen - der Grund, weswegen ich eigentlich gekommen war. Doch dies sollte ich zu meinem Schutz tun, weil ihr noch immer etwas an mir lag. Ich erhob mich und ging vor ihr in die Hocke. Meine Finger strichen ihr sanft über die Wange. „Ich werde allein für dich kämpfen, mein Rabenmädchen. Nur für dich!“ Dann küsste ich sie, so wie ich es früher immer getan hatte.

    Ich weiß nicht, wie lange wir so dastanden. Wenn es nach mir gegangen wäre, hatte ich sie niemals mehr losgelassen. So wie früher, kam mir in den Sinn. Ja, so wie früher. Wie sie in meinen Armen lag, so zart, so zerbrechlich. Ich liebte sie noch immer und je länger sie mir nah war, wuchs auch mein Verlangen nach ihr. Ich wollte sie nicht mehr hergeben. Sie sagte, es gäbe keine Hoffnung mehr für sie… das konnte ich nicht akzeptieren. Nein, es gab immer Hoffnung, so lange man lebte. Auch wenn unser Leben noch so trostlos war. „Mein Rabenmädchen, ich werde dich nicht mehr loslassen. Komm mit mir mit! Wir fliehen von hier! Lass uns irgendwo leben… zusammen. Dort wo uns niemand suchen oder gar finden wird. Du und ich, meine Rosenlippenmädchen, du und ich! Ich liebe dich so sehr!“
    Ich vergrub mein Gesicht in ihre Schulter, um meine Tränen, die mir in diesem Moment in die Augen sprangen, zu verbergen. Ich wusste, sie würde nicht mit mir mitkommen wollen. Und wir würden auch nicht fliehen. Dafür war alles zu kompliziert.


    Schließlich ließ ich von ihr ab und mein schmerzerfülltes Gesicht sah sie noch einmal an. Mein Rabenmädchen… Es war weg, verschwunden... fort von dieser Welt. "Leb wohl, mein Herz!" , sagte ich zu ihr und küsste sie ein letztes Mal. Dann wandte ich mich um und wollte gehen.

    Was ich nun zu hören bekam, klang wie Hohn! Man hatte sie öffentlich versklavt, gedemütigt und, was wohl am schlimmsten war, man hatte sie wie ein Stück Vieh gebrandmarkt. Nun war sie wieder Sklavin, hier in diesem Haus, mit der Aussicht auf ein Leben als Sklavin bis zu ihrem Ende. Wieder echoten die Erinnerungen in meinem Kopf, von unserem letzten Abend. Jenem Abend als ich so voller Hoffnung gewesen war und zu ihr gegangen war, damit wir für immer zusammenbleiben konnten. Damals hatte sie mich mit der Tatsache konfrontiert, dass sie nun frei sei und sie nicht für die „Flavische Zucht“ zur Verfügung stehen würde. Damals hatte sie mich tief getroffen. Danach wollte ich nur noch sterben. Doch selbst das hatte ich nicht hinbekommen!
    Sollte ich jetzt Mitleid mit ihr haben? Ich hatte keine Ahnung, weswegen ihr ein solches Schicksal zuteil geworden war. Normalerweise musste man schon ziemlich üble Sachen gedreht haben, um auf diese Weise bestraft zu werden. Morrigan, die Libertina war zu hoch geflogen und hatte sich ihre Flügel an der Sonne verbrannt, nun war sie tief, sehr tief gefallen. Langsam begann sich mein schützender Panzer wieder vor mir aufzubauen. Sie würde heute aus mir nicht noch einmal einen Idioten machen! Sollte sie doch als Sklavin verrotten! Doch dann war dieser Blick, der mir mein Herz zuschnürte und mich doch wieder ins Wanken brachte. Schließlich konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, als ausgerechnet sie mich fragte, wo ich denn gewesen sei!„Wo ich war? Du willst wissen, wo ich war, nachdem du mich damals fortgeschickt hattest? Ich bin damals durch den Tartarus gegangen, nachdem du mir den Laufpass… ja, richtig den Laufpass gegeben hast! Ich wollte mein Leben wegwerfen, denn es hatte für mich keinen Wert mehr, weil du… Du warst frei und ich war… ich bin ein Sklave. Als ich dich damals bat, mit mir zu leben, da hast du das verächtlich als flavische Zucht bezeichnet! Ich habe deine Worte nicht vergessen, Morrigan.“
    Verdammt, jetzt wollte mir auch noch die Stimme versagen! Ein Königreich für einen Becher Wein!„Da es mir nicht gelang, mich selbst zu töten, tötete ich alles in mir ab, was einst wichtig für mich war. Ich wurde zu dem, was ich heute bin, ein gehorsamer Sklave der jeden Wunsch seines Herrn umsetzt und dafür sein Wohlwollen erntet. Aus diesem Grund kann ich heute hier sein!“, antwortete ich ihr und ich erschrak fast selbst über meiner Gefühlskälte, die ich ihr gegenüber an den Tag legte. Mein Rabenmädchen, was hast du mir nur angetan! Was haben sie aus mir gemacht? Ein Mostrum, das kleine Sklavenmädchen vergewaltigte, weil man es ihm befohlen hatte! Wie widerlich war das denn?! Und was tat ich jetzt? Meiner großen Liebe von einst das letzte Stück Herz herausschneiden!
    Ihr eindringlicher Blick, in dem ich nur noch Angst sah und dann ihre Tränen, brachten mich endgültig aus der Fasson. Er verzehrte mich. Ich konnte nicht mehr! Mein Schutzpanzer zerbarst in tausend Stücke. Ich ging auf sie zu, legte tröstend meine Arme um sie und küsste sie behutsam auf die Stirn. „Ich bin hier, mein Herz, ganz nah bei dir!“

    Wie in Trance folgte ich ihr, dem lieblichen Geschöpf meiner schlaflosen Nächte von einst. Unser letztes Zusammentreffen, dass nun schon eine Ewigkeit zurückreichen musste, hatte mir damals beinahe das Herz herausgerissen. Unweigerlich kam nun auch alles auf einmal hoch, was mit Aislin, meiner geliebten Frau damals geschehen war. Einmal mehr in meinem Leben befand ich mich wieder direkt am Abgrund. Nur noch ein klitzekleiner Schritt fehlte. Diese Begegnung mit ihr riss wieder verheilt geglaubte Wunden auf. Wieder fühlte ich mich wie damals. Mein starker Panzer aus Selbstaufgabe, Gehorsam und Unterwerfung, der mich zu einem willenlosen Instrument meines Herrn und seiner Frau gemacht hatte und der mich weder Scham noch Reue empfinden ließ, was ich anderen antat, bekam nun allmählich Risse. Hindurch konnte man einen schwachen und hilflosen Angus erkennen, der sich vor Angst und Gram gleich ins Hemd machte.


    Irgendetwas furchtbares musste mit ihr geschehen sein. Als sie mich endlich eines Blickes würdigte, sah ich nicht mehr die Morrigan, die ich einst kannte und geliebt hatte. Dieses tieftraurige Wesen sah nur aus, wie jemand, den ich vor langer Zeit gekannt hatte.
    "Ich... ich bin wegen dieses Aufrufs hier... und weil ich mir etwas Geld verdienen wollte. Ich konnte ja nicht ahnen... Aber... was machst du hier... mein Herz?" Mein Herz, so hatte ich sie immer genannt. Damals, vor tausend Jahren, als wir uns an einem Saturnalienabend kennengelernt hatten. Mein Herz - wie schwer ging mir das nun über die Lippen.

    Ich betrat das Innere der Villa. Man brachte mich und die andren Männer in einen kleinen Raum, der zum Garten führte. Hier war schon ordentlich was los. Ich sah mich um und entdeckte ein paar bekannte Nasen aus dem flavischen Haushalt. Da war einmal dieser Lackaffe Ewen. Der Leibwächter von Scatos Frau und dann dieser Neue. Der Thraker, dessen Namen ih schon wieder vergessen hatte. Dann fiel mein Blick auf die Frau, die anscheinend zum claudischen Haushalt gehörte und gerade ein kleines Kämpfchen veranstaltet hatte. Als ich ganz kurz ihr Gesicht zu sehen bekam, durchfuhr mich ein stechender Schmerz. Dieses Haar, so schwarz, dieses Augen, so dunkel und dieser Mund so rot! Mein Rabenmädchen mit den Rosenlippen! Mir wurde heiß und kalt zur gleichen Zeit und ich dachte schon, ich müsste in die Knie gehen."Mein Herz!", seufzte ich und konnte mich gerade noch an meinen Vordermann klammern, damit ich nicht schon vorzeitig zu Boden ging.

    Das ging aber flott! Die Tür öffnete sich und der Kleiderschrank trat vor. Gerade als ich dem jungen Sklaven mein Anliegen ins Ohr drücken wollte, drängelte sich dieser unverschämte Kerl vor. "He, mal langsam!", moserte ich.


    Salve, mein Name ist Angus. Ich bin wegen derselben Sache hier. Ich möchte mich ebenfalls anmelden."