Beiträge von Angus

    „Ja, das werde ich“, entgegnete ich ihr. Ihre Sanftmut fing mich auf, als ich es am nötigsten hatte, so wie es früher nur meine Frau getan hatte. Jede ihrer Zärtlichkeiten war wie Balsam auf meinen Wunden. Umso mehr freute es mich, als sie mir keinen Korb gab. Als sie mir in Aussicht stellte, sie wieder sehen zu können, jubelte mein Herz.
    „Dann werde ich versuchen, dich dort zu treffen, wann immer es mir möglich sein wird.“ Ich hatte keine Ahnung, wie oft das sein würde. Doch würde ich jede Gelegenheit nutzen, die sich mir bot, um in die Stadt gehen zu können.


    Unterdessen ließ ich mir von ihr meine Tunika überstreifen und als sie mich erneut küsste, erwiderte ich es und schloss sie wieder in meine Arme. Ihre schwarzen Augen waren so wunderschön, dass ich nur allzu gern in ihnen ertrinken wollte. Sanft lächelte ich ihr zu, als sie den Vorschlag machte, zum Tiber zu gehen, um dort, wie sie sagte, den neuen Tag zu begrüßen. Ich wollte sie dann für den Rest der Nacht in meinen Armen halten und sie mit allem was ich hatte, beschützen.
    „Ja, mein Herz, wo immer du hinwillst, ich werde dir folgen.“ Noch einmal küsste ich sie. Dann gingen wir. Doch bevor wir diese Gasse endgültig verließen, sah ich mich noch einmal um… nur um sicher zu gehen…

    In dem Moment, als ich ihren Namen aussprach, bereute ich es auch schon wieder. Beste Voraussetzungen, diesen Abend, der so vielversprechend begonnen hatte, zu beenden. Nun suchten mich die Schatten auch schon außerhalb meiner Träume heim. Warum straften mich die Götter nur so?!
    Morrgian aber hatte es mir nicht übel genommen, als ich in ihrer Gegenwart eine andere Frau erwähnte. Ganz im Gegenteil. Sie schien mich zu verstehen, wie kein anderer in dieser verfluchten Stadt. Ihre Nähe schenkte mir Trost und ich wünschte, sie könne von nun an immer bei mir bleiben. Doch natürlich wusste ich, dass das unmöglich war.
    „Ja,“ antwortet ich nur und schaute ins Nichts, dorthin, wo ich soeben noch geglaubt hatte, meine Frau zu sehen. Doch Morrigan war noch hier, sie hatte sich zwar sanft aus meiner Umarmung befreit, doch sie war noch da. Während sie ihre Kleidung wieder über sich streifte, bleib ich einfach nur stehen. Auch wenn die Tage der Sarturnalien mir vorgegaukelt hatten, ein freier Mann zu sein, wurden mir jetzt in diesem Moment wieder meine unsichtbaren Ketten bewusst, die mich hielten.
    „Sie ist… sie war meine Frau. …Sie ist tot,“ erwiderte ich leise und lenkte dann meinen Blick auf Morrigan. „Ich würde dich gerne wiedersehen, wenn es irgendwie machbar ist.“ In Erwartung stand ich vor ihr, fast wie damals, als ich Aislin bat, meine Frau zu werden. Aber das war lange her… in einer anderen Zeit und in einem anderen Leben.

    Ich schob die Kleine zur Tür hinein. Das balneum servorum war nicht gerade ein Lichtblick römischer Innenausstattung. Die Wände waren in einem einfachen Grau halten und der Boden nicht beheizt. Der Raum wirkte dunkel und es roch muffig. Aufgrund der schlechten Belüftungsmöglichkeiten hatte sich an den Wänden bereits Schimmel gebildet. Eine Öllampe sorgte wenigstens für etwas Licht. Ein großer Bottich stand in der Mitte des Raumes, der erst noch gefüllt werden musste. Wie es schien, würde auch das an mir hängen bleiben.
    „Du! Ausziehen! Jetzt!“, sagte ich streng zu ihr. In meiner Stimme war immer noch ein wenig die Wut über mich selbst zu spüren. Die Kleine konnte dafür sicher am wenigsten.

    Ruckartig fuhr mein Kopf nach oben. Erstaunen stand in meiner Mine und nicht nur das. Ein dümmlich wirkendes „Äh“, folgte auch noch. Ich fühlte mich wie überrollt. Nicht nur Scato fragte sich, was mit mir los war. Mittlerweile zweifelte ich selbst an mir.
    Da stand die Kleine in Dreck und Speck, genauso wie ich sie hergebracht hatte. Dieses kleine Biest, dachte ich zuerst und ärgerte mich dann über mich selbst, weil ich die Sache nicht selbst in die Hand genommen hatte. Nun kam ich mir wie ein Idiot vor und Scato tat sicher gut daran, wenn er meine „Verfehlungen“, wie er sagte, demnächst noch einmal zur Sprache bringen wollte.
    Die Kleine indes griff nach meiner Hand, als wolle sie mich trösten. Irgendwie konnte ich ihr nicht wirklich böse sein. Von nun aber würde ich sie nicht mehr aus den Augen lassen und wenn ich sie selbst schrubben und anziehen musste.
    „Ja, natürlich, Dominus!“, sagte ich nur und wirkte dabei wie ein gescholtener Hund. Ich zog Sehrja mit mir aus dem Zimmer hinaus und schloss die Tür hinter uns beiden.
    Auf dem Gang fand ich endlich meine Sprache wieder und hielt ihr eine Gardinenpredigt. „Was sollte das??? Warum tust du nicht, was man dir sagt? Schau dich nur an, wie du immer noch aussiehst!“ Natürlich wusste ich selbst, wie sinnlos das war, denn sie verstand wahrscheinlich kein Wort, von dem was ich sagte. „Komm jetzt!“ Ich zog sie weiter mit mir. Meine Hand hielt ihre ganz fest. So brachte ich sie in den Teil der Villa, der nicht so schön anzusehen war.

    Mein Rabenmädchen wusste, was sie zu tun hatte. Und sie tat es, nach allen Regeln der Kunst. Kurzzeitig fragte ich mich, ob sie für gewöhnlich auch so ihren Dominus zu erfreuen hatte. Doch der Gedanke ging mir schnell wieder verlustig. Lieber genoss ich in vollen Zügen, was Morrigan da mit mir anstellte.
    Mein Atem ging schneller. Ab einem gewissen Punkt musste ich mich richtig beherrschen. Aber auch der claudischen Sklavin war sehr wohl bewusst, wie weit sie gehen konnte und wann sie sich besser zurückhielt. Nachdem sie wohlweißlich ihr Werk beendet hatte, ließ sie ihre Hüllen vor mir fallen und befreite anschließend auch mich von meiner Tunika.
    Trotz der winterlichen Temperaturen machte es mir wenig aus.Mein Körper, wie auch ihrer glühten bereits vor Leidenschaft und der Hunger nach mehr trieb uns an.
    Ich betrachtete ihren wundervollen Körper. Verführerisch hatte sie bereits ein Bein um meine Hüfte geschwungen. Bevor ich sie mir jedoch nahm, strichen meine Hände zuerst über ihre Brüste, die knackigen Äpfeln glichen. Meine Lippen wollten sie kosten und meine Zunge schmeckte den leicht salzigen Geschmack ihrer Haut. Schließlich trafen sich unserer Lippen wieder. Mit ihrem leidenschaftlichen Kuss forderte sie nun ihren Lohn ein, den ich ihr nur allzu bereitwillg geben wollte. Ich zog sie fest an mich, hob sie etwas, so dass sie die Möglichkeit hatte, auch ihr anderes Bein um mich zu schlingen. So verschmolzen unsere beiden Leiber zu Einem. Vorsichtig begann ich nun, ihr Becken zu bewegen. Erst langsam, dann etwas schneller und fordernder. Mein Atem entwickelte sich zu einem lustvollen Seufzen. Mit jeder Bewegung fiel es mir schwerer, die Beherrschung zu wahren. Auch für mein Rabenmädchen sollte dies der Augenblick der Erfüllung werden. Doch letztendlich erklomm auch ich mit einem Stöhnen den Gipfel der Leidenschaft und ergab mich ihr...


    Ich hielt sie immer noch fest an mich gedrückt und küsste sie sanft auf ihre Stirn. Entspannt lächelte ich sie an. Sie hatte mir tatsächlich alles von sich gegeben und ich hatte es dankend angenommen. In diesem Augenblick war ich so glücklich wie schon lange nicht mehr, denn wir waren noch immer in diesem Moment gefangen, in dem es nichts anderes ausser uns beiden gab. Dieser Herzschlag hätte ewig währen können...


    Doch dann wurde plötzlich meine Aufmerksamkeit abgelenkt. Eine Gestalt, die die Gasse entlang ging, war stehen geblieben. Im Dämmerlicht erkannte ich erst nur die Umrisse. Dabei jedoch beschlich mich schon dieses seltsame Gefühl, als wäre mir diese Gestalt wohlbekannt.
    Lediglich ein raues gehauchtes „Aislin“ entwich meiner Kehle. Dann war der Spuk auch schon vorbei, die Gestalt ging weiter…

    Natürlich hatte ich mir vorher schon etwas zurechtgelegt, was ich dem Flavier erzählen wollte und wie ich mich ihm gegenüber letztlich auch erklären wollte. Nun stand ich vor der Tür. Am liebsten hätte ich wieder kehrt gemacht. Doch das wäre gar nicht gegangen. Dann wäre der Ärger, den ich nun sowieso schon bekam, nur noch größer geworden. Es brachte also nichts, das Unvermeidliche weiter hinauszuzögern. Ich musste nun eintreten, ganz gleich, was nun gleich mit mir geschehen würde.
    Das tat ich dann auch und fokussierte dabei sofort den Flavier, der wie so oft an seinem Schreibtisch saß. „Dominus, es tut mir leid. Das Mädchen… die neue Sklavin,… sie ist mir... entwischt,“ begann ich. Beschämt sah ich dabei an mir herunter. Dass so etwas ausgerechnet mir passieren musste!
    Hätte ich aber nur einmal kurz meine Scheuklappen vorher abgelegt, dann wäre mir vielleicht das kleine dürre Etwas aufgefallen, was sich etwas abseits von mir befand.

    Nach der Rückkehr vom heutigen Ausflug auf den Sklavenmarkt hatte ich die Kleine einer Sklavin übergeben, die eigentlich dafür sorgen sollte, dass sie ordentlich gewaschen und eingekleidet werden sollte. Frisch geputzt und neu eigekleidet, wollte ich sie danach wieder abholen und sie Scato bringen. Aber offensichtlich war es der Kleinen gelungen, sich einfach so aus dem Staub zu machen, ein Umstand der mir verdammt viel Bauchschmerzen bereitete. Der Flavier würde nicht erfreut sein, wenn ich ihm beichten musste, dass sich sein Schnäppchen verdünnisiert hatte…
    Wohl oder übel musste ich den schweren Gang zum Cubiculum des Flaviers antreten, ganz gleich, was mir danach blühen würde. Ich würde ihm frei raus berichten, was vorgefallen war, denn wenn ich erst mal mit Ausreden kam, dann würde er noch weniger erfreut sein.
    Entschlossen klopfte ich an und wartete, bis ich eintreten durfte.

    Offenbar war nicht nur ein Bad und frische Kleidung von Nöten. Das Grummeln in ihrem Bauch konnte man beinahe über den ganzen Platz hören. Dieser verdammte Sklaventreiber hatte wohl auch wirklich an allem gespart! Klar, am Tag des Verkaufs musste man ja seine Sklaven nicht mehr mit Essen versorgen! Das kostete ja alles unnötig viel Geld...


    „Du hast Hunger, mmh?“, fragte ich die Kleine und machte dazu die entsprechende Geste. Nunja, bis zur Villa war es noch ein ganzes Stück… und die Sänfte des Flaviers hatte sich bereits auch schon in Bewegung gesetzt. Ich musste also zusehen, dass wir uns zügig der Sänfte und all ihren Begleitern wieder anschlossen. Zum Glück war ich aber am Morgen noch zu einer extra Portion Brot gekommen. Gute Beziehungen zum Küchenpersonal, insbesondere zu einem der Küchenmädchen, zahlten sich eben aus. Die süße Küchenmagd mit den rotblonden Haaren, die dann zufälligerweise auch noch Boadicca hieß (wenn das mal kein Wink des Schicksals war), hatte mir noch etwas zugesteckt, bevor ich ging. Das sollte nun der Kleinen zugutekommen.
    „Hier, magst du das?“ Ich hatte das Brot, welches in einem Leinentuch eingepackt war, hervorgeholt und reichte es dem Mädchen.

    Ich musste heute Abend tatsächlich ein Glückspilz sein. Sämtliche Götter, die römischen wie auch meine eigenen mussten es heute Abend verdammt gut mit meinen. Eine andere Erklärung hatte ich nicht, denn mein Rabenmädchen ergab sich mir voll und ganz. Sie küsste mich, wie eine Nymphomanin kurz vor der Hinrichtung... als gäbe es keinen Morgen. Ja, mir gefiel das… und wie mir das gefiel. Sie machte mich rasend und brachte mein Blut zum Kochen. Mein Atem ging schneller. Sicher konnte sie mein Verlangen bereits deutlich spüren, als sie ihre Hände unter meiner Tunika verschwinden ließ.


    Meine Augen verfolgten sie, als sie plötzlich vor mir nieder sank. Intuitiv begannen dabei meine Hände, die unteren Regionen meines Körpers von dem lästigen Stoff zu befreien. Dann lehnte ich mich mit meinem Rücken gegen die Hauswand und schloss meine Augen. Ich wollte sie gewähren lassen, was immer sie vor hatte… es würde mir gefallen... da war ich mir sicher.

    Zitat

    Original von Sehrja


    Zwar konnte sie sich (noch) nicht mitteilen, doch clever war sie allemal. „Sehrja also.“ Ich nickte der Kleinen freundlich zu. Sie sollte spüren, dass es ihr von nun an besser gehen würde. Na ja, das hoffte ich zumindest. Natürlich hatte ich keine Ahnung, was der Flavier mit dem Mädchen vor hatte. Doch fraglos würde sie in Zukunft ausreichend zu Essen und ein Dach über dem Kopfhaben, sofern sie sich fügte. Alles andere hing von ihr selbst und dem Wohlwollen Scatos ab.
    „Komm Sehrja, lass uns gehen!“ Ich versuchte, ihr mit Gesten klarzumachen, dass sie nun mitgehen sollte. Sehrja Äußeres konnte eine Runderneuerung gebrauchen. Ein Bad und frische Kleidung, dann würde die Welt bald anders aussehen.

    War ich den jetzt vollkommen übergeschnappt? Wie kam ich nur auf die Idee, ihn um etwas zu bitten? Mein Heimweh musste wohl mit mir durchgegangen sein. Oder wirkte bereits der Wein? Apropos Wein, bevor ich weiter reden konnte, musste ich zuerst noch einen Schluck trinken.
    Ja, also um was wollte ich ihn denn nun bitten? Um einen Ausflug zu Pferd, um dann anschließend jagen zu gehen? Dem würde er wohl kaum zustimmen. Scato war nicht der Typ, der die Stadt verließ, um sich dann auf dem Rücken eines Pferdes durch die Landschaft tragen zu lassen und um dann irgendein Tier zu erlegen, dessen Fleisch anschließend am Lagerfeuer gebraten wurde.
    „Ich habe mir gedacht… es wäre doch gut, wenn… wenn ich etwas mehr Übung bekäme… um dich besser beschützen zu können, meine ich.“ Meine Güte, musste ich jetzt auch noch stottern?

    Endlich hatte man ihr die Ketten abgenommen. Das Eisen hatte ihre zarten Gelenke wund gescheuert. Man konnte es ihr ansehen, wie erfreut sie darüber war, endlich von hier fort zu kommen. Auch mir drehte sich noch immer der Magen um, wenn ich an meine Zeit bei dem Sklavenhändler zurückdachte.
    Allerdings schien sie nicht so richtig zu verstehen, was ich sagte. Große dunkle Augen blickten mich nur verständnislos an. Na bestens, dachte ich, wie sollte ich mich ihr mitteilen, wie ihr klarmachen, dass sie mit mir gehen sollte? Und wie hieß sie eigentlich?
    „Du verstehst mich nicht, oder?“Kurzerhand streckte ich meinen Arm nach ihr aus, ergriff ihre Hand und zog sie leicht mit mir. Als wir uns ein paar Schritt entfernt hatten, blieb ich plötzlich stehen. „Ich Angus,“ dabei deutete ich auf mich. Anschließend sah ich die fragend an und deutete auf sie „Du?“

    Ehrlich gesagt langweilte ich mich etwas. Ich hatte es ja wirklich bedauert, dass sich Scato die Kriegerin hatte entgehen lassen. Doch statt weiter zu gehen, kamen wir nicht weit. Inzwischen hatte der Sklavenhändler ein junges Mädchen auf das Podest führen lassen. Sicher war sie nicht älter als zwölf oder dreizehn Jahre. Die Kleine sah ganz schön schmächtig aus. Dass man ihr an Händen und Füßen Ketten angelegt hatte, war der blanke Hohn.
    Seufzend ließ ich meinen Blick über den Platz gleiten. Die üblichen Verdächtigen hatten sich vor dem Verkaufspodest zusammengefunden. Es dauerte nicht lange, da kam schon das erste Gebot. Und natürlich ließ sich der Flavier auch wieder dazu hinreißen, den Preis in die Höhe zu treiben.
    Was wollte er nur mit der Kleinen? Andererseits würde sie es gut haben in der Villa der Flavia, ganz gle.ich wofür man sie dort einsetzen würde.
    Die Zeit verging. Ich achtete nicht mehr weiter auf den Verlauf des Verkaufes. Erst als Scato den Zuschlag erhalten hatte, richtete ich wieder meine Aufmerksamkeit nach vorne. Der Flavier hatte also tatsächlich das Mädchen gekauft.
    Kaum war das Geschäft abgeschlossen, wurde es zu meiner Aufgabe, die Kleine zur Villa zu bringen. "Ja, mache ich, Dominus." Ich bahnte mir einen Weg nach vorne, um sie in Empfang zu nehmen.
    "Die Ketten könnt ihr ab machen. Die brauchen wir nicht", sagte ich zu einem der Gehilfen des Sklavenhändlers. Die Kleine sah aus der Nähe noch zierlicher und zerbrechlicher aus. Ihr dunkler Teint und die Tätowierungen in ihrem Gesicht hatten etwas Exotisches.
    "Komm mit Kleine, ich bringe dich in dein neues Zuhause." Aufmunternd lächelte ich ihr zu, damit sie sich nicht fürchten musste.

    Nein, die Sehnsucht nach meiner verlorenen Heimat und dem Leben, das ich geführt hatte, würde niemals vergehen. Ich vermisste es, auf die Jagd zu gehen, die Arbeit mit dem Vieh, die Ausritte auf meinem Pferd. Ganz gewiss würde ich mich auch noch in ein paar Jahren dabei erwischen, wenn ich all diesen Dingen nachweinte.


    Natürlich war der Flavier hocherfreut darüber, was da soeben aus meinem Mund gedrungen war. Einen besseren Sklaven konnte man sich wahrscheinlich kaum wünschen. Doch ob meine Loyalität jemals über das hinaus ging,was nötig war, um mein Ziel zu erreichen… Nun ja, das war fraglich. Trotz allem stand Scato auf der anderen Seite. Er mochte sich vielleicht mir gegenüber erkenntlich zeigen, für dass, was ich leistete, ja mir sogar die Freiheit versprechen, doch so etwas wie ein Freund, dem man ewige Treue schwörte, war er bei Leibe nicht.


    „Ich danke dir für deine Versprechen… dass du mir eines Tages die Freiheit in Aussicht stellst.“ Wenn der Tag der Freiheit endlich gekommen war, würde ich endlich Rache nehmen können. Vielleicht würden dann auch meine Träume verschwinden. Ich würde nicht eher ruhen, bis ich den Verräter, der unser Dorf ins Verderben gestürzt hatte. Erst dann, wenn ich ihn von seinem jämmerlichen Leben befreit hatte…
    „Aber ich hätte da noch... eine Bitte…, Dominus.“

    Nur ein paar Türen weiter und schon stand ich vor dem Allerheiligsten der Flavia. Ehrfurchtsvoll klopfte ich an und wartete darauf, bis Candace mir öffnete. Und ich musste gar nicht lange warten, bis die Tür sich einen Spalt weit öffnete und das hübsche Gesicht der blonden Sklavin erschien. Fragend sah sie mich an und wartete darauf, was ich zu sagen hatte.
    „Salve Candace, ich … äh..“ Was sollte das denn jetzt? Die Leibsklavin war doch gar nicht mein Typ! „Scato schickt mich. Ich soll nach seiner Tante, also deiner Domina schicken lassen. Sie möchte bitte in sein cubiculum kommen.“ , brachte ich dann doch noch heraus.

    Eigentlich hatte ich zu tun. Schließlich putzten sich die Schuhe nicht von alleine. Schon schlimm genug, dass ich dazu verdonnert worden war. Aber was tat man nicht alles, wenn am Ende und zwar ganz am Ende, die Freiheit dafür heraussprang. Wenn es also hieß „Angus mach dies“ und „Angus mach jenes“, „Angus komm her“ oder „Angus geh weg“, dann war ich stets zur Stelle.


    Ich ließ also das Tuch sinken, mit dem ich Scatos Stiefel polierte, schaute noch kurz zu dem Flavier herein und machte mich dann sofort auf den Weg zum cubiculum seiner Tante, mit der ich bisher nicht viel zu tun hatte. Außer dass ich ihre Leibsklavin kennengelernt hatte.

    Trotz all des vielen Trubels um uns herum, war sie doch die Einzige, die ich wirklich wahrnahm. Und als sie sich zu mir umdrehte und mich mit ihren tiefen dunklen Augen verschlingen wollte, hatte ich endgültig alles um mich herum ausgeblendet.
    Ich zog sie eng an mich heran und hielt sie mit meinen Armen umschlungen.
    „Den Tod fürchte ich nicht, meine Göttin,“ entgegnete ich, bevor sich unsere Lippen ein weiteres Mal trafen, um miteinander in glühender Leidenschaft zu verschmelzen.
    Als ich mich von ihr trennte geschah dies lediglich, da ich ihrer Verlockungen nicht längerstandhalten konnte. Ich ergriff ihre Hand und zog sie mit mir. Auf der Suche nach einem ruhigen Ort an dem wir ungestört waren, gelangten wir nur ein paar Ecken weiter in eine kleine verwinkelte Gasse, die wie ausgestorben wirkte. Im Schutz einer Häusernische zog ich sie ganz nah zu mir und begann sie zu liebkosen, währen meine Hände sich ihren perfekten Rundungen zuwandten.

    Naja, ich hatte ja bisher wirklich nicht viel am Hut mit der Religion der Römer. Klar, die Namen von ein paar ihrer Götter waren natürlich auch mir geläufig. Zumal in den römischen Siedlungen in Britannia die Tempel und Heiligtümer wie Pilze aus dem Boden sprossen. Aber einen solchen Tempel hatte ich noch nie von innen gesehen. Umso interessanter fand ich es, als Scato mich sozusagen aus erster Hand aufklärte.
    Anfangs wollte ich ihn noch mit dem Einwand unterbrechen, dass die Gräber meiner Verwandten oder die Asche meiner Frau und meines Sohnes unerreichbar für mich waren. Doch das ließ ich schön brav sein. Natürlich war mir schon längst aufgegangen, dass diese nächtliche Begegnung etwas ganz Besonderes war, die sich wahrscheinlich so schnell nicht wiederholen würde. Also tat ich gut daran meinen Dominus nicht zu sehr zu verärgern. Vielleicht stieß ich ja nebenbei auf ein paar gutverwertbare Informationen, die mir mein Leben als Sklave erleichtern konnten.


    Als ich wieder auf der Steinbank Platz genommen hatte, hielt ich den Becher mit dem dampfenden Würzwein in Händen und wärmte mich erst einmal daran, bevor ich zum ersten Schluck ansetzte. Dieser Wein roch nicht nur gut er schmeckte auch einfach fantastisch. Die Römer wussten eben zu leben, das musste man ihnen schon lassen.
    Und ich war auch erstaunt darüber, dass der Flavier meine kritischen Worte nicht unterbunden hatte oder mich gar dafür maßregeln wollte.
    Auch ich musste unwillkürlich Grinsen, als er davon sprach, wie er unser erstes Zusammentreffen erlebt hatte. „Ja, ich muss zugeben, da war ich sehr zornig. Allerdings sollte man aber nicht vergessen, dass ich einige Stunden zuvor auf einem Holzpodest wie ein Stück Vieh zum Kauf angeboten wurde und man mich in Ketten durch halb Rom geschleift hatte.“ Dann erinnerte ich mich plötzlich daran, wie Aislin mich immer als besonders friedfertig beschrieben hatte…
    „Dabei war ich einer der wenigen, der die Männer in meinem Dorf zur Besonnenheit aufgerufen hatte. Doch leider war ich damit nicht besonders erfolgreich, wie man sieht…“ Noch einmal führte ich den Becher zu meinem Mund und nahm diesmal einen besonders kräftigen Schluck, um die dunklen Gedanken, die sich schon wieder auszubreiten versuchten, hinfort zu schwemmen.


    „Dennoch werde ich nie damit aufhören, meinem alten Leben nachzutrauern,“ gab ich nach einer Weile zu bedenken, um ihm ganz schnell klarzumachen, dass ich mich noch lange nicht damit abgefunden hatte, auf immer und ewig unfrei zu sein. Natürlich war das Leben in Rom ein ganz anderes. Alleine schon die Tatsache, dass ich in dieser riesigen Stadt gefangen war, verursachte in mir ein befremdendes Gefüh im Magenl. Mir fehlte das Grün der Wälder und Wiesen, das klare kühle Wasser des Flusses, der sich in der Nähe unseres Dorfes entlang schlängelte, um sich nach einem halben Tagesritt schließlich ins Meer zu ergießen.


    Doch recht schnell richtete ich wieder meinen Fokus auf das, was er über seine Charakterzüge zu sagen hatte. Ich fand es sehr aufschlussreich, auch wenn ich wenig von Politik oder, wie er es nannte, der „hohen Gesellschaft“ verstand. Dass er von Ehrgeiz beseelt war, war unübersehbar. Und auch hier entdeckte ich plötzlich eine Gemeinsamkeit. Allerdings war mein Ehrgeiz von ganz anderer Natur geprägt.
    „Auch ich habe in Ziel vor Augen, welches ich mit jeder Faser meines Körpers vorantreiben werde,“ meinte ich und ließ daran keinen Zweifel, wie ernst es mir damit war. „Du kannst dir meiner Loyalität sicher sein, wenn dies der Weg ist, um eines Tages wieder frei zu sein.“

    Irrte ich mich, oder versuchte der Römer mich gerade zu trösten? Er tat das auf seine ganz typische belehrende Art, wie er es oft zu tun pflegte. Doch dabei erkannte ich, dass unsere Vorstellungen von dem, was nach dem Leben kam, nicht besonders weit auseinandergingen. Natürlich wusste ich, dass Aislin und unser Sohn nun an einem anderen, einem viel besseren Ort waren. Und natürlich warteten sie dort auch auf mich. Genauso wie mein Vater und meine Mutter, die bereits vor einigen Jahren gestorben waren, dort auf mich warteten. Dass man seinen Ahnen opfern konnte, war mir allerdings neu und daher zeigte ich gerade an diesem Punkt besonderes Interesse.
    „Ich weiß, dass sie nun in einer anderen Welt sind und dort auf mich warten. Der Tod ist nicht das Ende. Er ist nur der Beginn von etwas Neuem. Doch wie kann ich ihnen ein Opfer bringen? Was muss ich da tun? Gibt es dafür einen besonderen Ort? Ich weiß, ihr baut euren Göttern Tempel und sperrt sie darin ein. Unsere Götter hingegen sind allgegenwärtig. Sie leben zum Beispiel in Flüssen und Quellen oder in Bäumen.“ antwortet ich und hätte beinahe schon vergessen, dass ich ja eigentlich fror. Doch der Flavier musste bemerkt haben, dass ich vor Kälte wie Espenlaub zitterte. Drum ließ ich es mir nicht zweimal sagen und ging ins Haus.
    Nachdem ich mir eine Tunika, Sandalen und eine wollene Paenula übergestreift hatte, suchte ich mir den Weg in die Küche. Unterwegs fand noch ein Öllämchen und nahm es mit, damit ich unterwegs nicht wieder stolperte.


    Nach einer Weile kehrte ich mit einem Tablett in der Hand in den Hof zurück. Neben dem Lämpchen hatte ich ein Schälchen mit Oliven und zwei Becher mit herrlich duftendem heißem Würzwein auf das Tablett gepackt.
    „Ich dachte mir, etwas Warmes kann nicht schaden,“ kommentierte ich meine Entscheidung, als ich Scato den dampfenden Becher reichte. Die Oliven stellte ich neben ihm ab, genauso wie das Lämpchen. Dann setze ich mich wieder.


    „Du meinst, diese Träume werden eines Tages vergehen? Meinst du wirklich?“ fragte ich, um dort wieder anzuknüpfen, wo wir zuvor stehengeblieben waren.
    „Übrigens“, fügte ich etwas noch später hinzu. „Ich verabscheue dich nicht… nicht wirklich,“ entgegnete ich einen Moment später. „Zugegeben, als ich dich zum ersten Mal sah, hatte ich nur Verachtung für dich übrig. So hatte ich mir früher immer den typischen Römer vorgestellt… arrogant, dekadent und selbstsüchtig.“ Ein bisschen war ich schon selbst über meine Freimütigkeit überrascht. Aber da gerade er dieses Thema angeschnitten hatte, wollte ich ihm auch meine Meinung kundtun und ihm nicht noch mehr Honig ums Maul schmieren. „Aber ich gelange allmählich zu der Überzeugung, dass sich der wahre Scato nur hinter dieser Fassade versteckt. Was ich damit sagen will, ich hätte es weitaus schlimmer treffen können. Und eigentlich bin ich froh, dass ich hier gelandet bin. Ich hoffe, du nimmst mir meine Offenheit nicht zu sehr übel.“ Und wenn doch, dann war es halt eben so…

    Der Römer musste nun wirklich denken, ich sei jetzt völlig übergeschnappt. Mir selbst war ja meine Reaktion auch total peinlich. Aber was gesagt war, war eben gesagt und es war ganz klar, dass Scato nun auch eine Erklärung forderte.
    Dass wir beide grundverschieden waren und so gut wie nichts gemeinsam hatten, hätte ich ihm auf der Stelle unterschreiben können. Interessant dabei fand ich allerdings der Aspekt, dass auch er nicht hatte einschlafen können, warum auch immer.
    Na ja, ich hatte eigentlich gehofft, ihm bereits einen triftigen Grund zu liefern, weshalb ich hier draußen war. Aber mein ganzes Gebaren hatte wohl Anlass dazu geboten, noch einmal genauer nachzuhaken, was mir letztlich sehr unangenehm war. Dieser Mann vor mir war beileibe kein guter Kumpel, dem man irgendwelche persönlichen Vertraulichkeiten zutrug. Drum blockte ich erst einmal mal ab, als er den Carcer erwähnte.


    „Ach nein, der Carcer hat mir wenig ausgemacht, “ log ich und tat so, als hätte ich diese Episode auf die leichte Schulter genommen. Aber verdammt nochmal, es gab es für mich nichts schlimmeres, als eingesperrt zu sein. Mal ganz abgesehen davon, dass ich im Carcer auch noch die Bekanntschaft mit der Peitsche gemacht hatte. Außerdem wollte ich mir nicht noch ganz die Blöße geben und vor ihm herumzujammern, wie furchtbar es mir ging und wie beschissen mein Leben doch war.


    Scato nahm schließlich auf einer der Steinbänke Platz. Ihn zog es anscheinend noch nicht so schnell in sein warmes bequemes Bett zurück, denn nach einer Weile bot er auch mir den Platz auf der benachbarten Bank an. Mindestens genauso zögerlich setzte ich mich. Ich fror bereits jetzt schon und die steinerne Bank machte ganz und gar nicht den Eindruck, als dass sie warm und mollig war. Warum war ich auch halbnackt herausgerannt, ich hiernverbrannter Idiot!? Na ja und außerdem fand ich es nicht gerade prickelnd, direkt neben ihm zu sitzen.


    Eine Weile blieb ich erst stumm dort hocken, biss die Zähne zusammen, damit ich nicht bibbern musste und überlegte nebenbei noch, ob ich ihm wirklich von meinem Traum erzählen sollte. Das kam mir total idiotisch vor, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet Scato sich interessierte, was in mir vorging.
    „Ich sehe immer wieder ihre Gesichter vor mir und den Augenblick, als sie starben,“ begann ich irgendwann ruhig und sachlich zu erzählen. „Aislin... meine Frau hat freiwillig den Tod gewählt und hat unseren Sohn mitgenommen, denn sie wusste, was ihnen bevorsteht.“ Ich wünschte, ich hätte ihr damals auch nachfolgen können. Doch es war alles anders gekommen. Wieder entstand eine Pause, die nicht ganz ungewollt war, denn eigentlich glaubte ich, ihm bereits schon viel zu viel anvertraut zu haben.
    „Und dann taucht da immer wieder diese dunkle Gestalt auf, die alles mit sich reißen will und gegen die ich meistens keine Chance habe.“ Inzwischen hatte ich meine Beine angezogen und hielt sie mit meinen Armen eng umschlungen am Körper. So war ich wenigstens ein bisschen gegen die Kälte geschützt.