Natürlich war es um die von Alpina so wertgeschätze Ruhe geschehen. Ehe sich der Chirurgicus versah, hatte Malleus ihn an der Hand gepackt. Zornig blitze er ihn an. Seine Frage offenbarte, wie schwerwiegend die Verletzung doch gewesen war - Malleus hatte keine Erinnerung an die Behandlung durch den Chirurgicus.
Sanft und beruhigend versicherte die Raeterin, dass alles in Ordnung sei. "Das ist Publius Gavius Balbus, der Chirurgicus, der dich gestern zusammengeflickt hat, Malleus. Du verdankst ihm dein Leben."
Sie ahnte, dass es dem tapferen Leibwächter gar nicht schmeckte, was sie ihm gerade offenbarte. Doch Ehre wem Ehre gebührt.

Publius Gavius Balbus
Gavius Balbus nickte selbstgefällig. "So ist es, Germane. Du darst froh sein, dass ich die Rippe, die deine Lunge durchborte dahin zurückgebracht habe wo sie hingehört und das Loch in deinem Brustkorb vernäht habe. Ohne mich wärst du jetzt faulendes Fleisch oder ein Häufchen Asche, wenn du der jungen Nymphe hier eine Feuerbestattung wert gewesen wärst."
Des Chirurgicus´ beißender Zynismus ließ Alpina zusammenzucken. Wollte sie so einem Verbalgrobian wirklich die zarte Seele ihres Gehilfen Kaeso anvertrauen?
Der Wundarzt sah den Schwerverletzten mit zusammengekniffenen Augen an. "Soll ich jetzt nachsehen, ob du noch davon träumen darfst wieder in die Senkrechte zu kommen oder nicht? Wobei ich mir auch vorstellen kann, dass es sich so nackt wie du bist auch in der Horrizontalen mit einer charmanten Pflegerin aushalten lässt."
Sein anzügliches Grinsen trieb Alpina die Zornesröte ins Gesicht. "Brauchst du mich noch?", fragte sie den Chirurgicus und wollte sich entfernen.
"Aber sicher!" war seine promte Antwort. "Die weitere Pflege werde ich schließlich dir überlassen. Wir wollen den Aedil ja nicht zum armen Mann machen, oder?"
Balbus entfernte die Verbände und drückte an den Wunden herum. Mit einer Sonde aus seinem Instrumentenfuteral untersuchte er die frisch genähte Wunde in der Brust. Zufrieden nickte er. Nun folgte ein Kontrollgriff an den Brustkorb rechts und links, die Pulskontrolle und sein lauschendes Ohr oberhalb der Lunge im Vergleich beider Seiten. Der Chirurgicus richtete sich auf.
"Nun, Homers Ilias musst du ihm vielleicht nicht mehr vorlesen, aber mit etwas Glück wird er zumindest das Krankenlager wieder verlassen und als Ianitor Dienst tun können. Doch dafür muss seine rechte Lunge erstmal wieder ihren Dienst aufnehmen. Du musst atmen üben, Kerl! Auch wenn´s schmerzt! Du bist doch ein ganzer Kerl, was?"
Balbus schob Malleus unvermittelt seine Pranke in den Bauch worauf der German zunächst die Luft anhielt um dann tief einzuatmen. Das schmerzverzerrte Gesicht ließ Alpina zusammenzucken. Der Chirurgicus drehte sich zu der Kräuterfrau um.
"Statt solches Gebräus solltest du lieber Atemübungen mit ihm machen. Wie du es anstellst, dass er tief ein- und ausatmet überlasse ich dir." Wieder grinste er anzüglich und musterte die Figur der Hebamme von oben bis unten. "Es soll ja sehr wirkungsvolle Übungen in der Horrizontalen geben, die zudem nicht allzu unangenehm sind." Schepperndes Lachen begleitete seine Anweisung. "Täglich frische Wundverbände und nur wenn sich die Wunde entzünden sollte, lass nach mir schicken. Kannst du am dies X die Fäden ziehen?"
Alpina nickte. Der Chirurgicus stand auf. "Dann will ich mal nach dem Aedil sehen."
Mit einem weiteren Blick von Alpina zu Malleus fügte er noch hinzu. "Du hast enormes Glück gehabt, Germane, und fast möchte ich mit dir tauschen... "
Mit einem kumpelhaften Schulterklopfen verabschiedete sich der Chirurgicus grußlos von seinem Patienten, packte seine Instrumente und verließ das Cubiculum. Alpina atmete hörbar erleichtert aus. Sie nahm ihren Platz an Malleus Seite wieder ein.
"Hat er dir weh getan?", fragte sie besorgt.