Beiträge von Susina Alpina

    Mit einem demütigen Nicken bestätigte Alpina Timarchas Entscheidung, dass sie die Spindel tragen sollte. Insgeheim jubelte sie. Seit ihrer Zeit bei Osrun hatte die Spindel eine nahezu magische Bedeutung für Alpina.


    "Sehr gern, Timarcha. Ich werde die Spindel tragen."


    Deutlich war die Abneigung der römischen Matrone gegenüber dem germanischen Brauch der öffentlichen Entjungferung zu spüren. Der Begriff "Fleischbeschau" zeigte dies. Corvinus würde also mit seiner Mutter der Vereinigung des Hochzeitspaares beiwohnen, während sie sich um die Gäste kümmern sollte.


    "Es wird außer Getränken also nicht mehr viel angeboten werden. Wie wäre es mit verschiedenen Häppchen, Süßspeisen, Nüsse und Gebäck? Ach ja, gehören Nüsse nicht auch zum Brautlauf?"


    Alpina hatte so etwas in Erinnerung. Dann fiel ihr noch etwas ein.


    "So viel ich weiß brauchen wir noch Wolle und Fett für den Türpfosten, als Geschenk für die Göttin Cardea, nicht wahr? Zumindestens wenn die Ankunft nach dem römischen Brauch zelebriert wird."


    Interessiert beobachtete Alpina inwieweit Timarcha und Curvus die römsichen Tradtionen bei den Ducciern durchgesetzt hatten.

    Natürlich entging Alpina das Zucken in Timarchas Mundwinkel nicht, als sie von sich als Hausherrin sprach. Doch Curio hatte es Alpina gerade erst noch einmal klar gemacht. Sie war nicht wirklich heiß auf die viele Arbeit und Anstrengung - jetzt so direkt auf der Zielgeraden - wenn man so wollte. Aber es gehörte dazu und für Curio und Runa wollte sie es dann doch gerne auf sich nehmen.
    Wie auch immer, interessiert hörte sie zu, was Timarcha über die Hochzeit zu sagen hatte.


    "Ja, Curio hat mir gesagt, dass Coriolana und ich hinter Runa... äh Duccia Silvana gehen sollen. Eine von uns den Rocken eine die Spindel in der Hand. Er hat aber noch keine Rollen verteilt. Hast du schon eines von beidem für deine Tochter vorgesehen? Ich werde dann selbstverständlich das andere übernehmen."


    Alpina legte den Kopf schief und wartete auf die Antwort.

    Nachdem Alpina eine Weile auf dem Vorplatz vor dem Capitulinum gestanden hatte, kam schließlich ein Priester auf sie zu. Er fragte, wie er helfen könne.


    "Salve. Mein Name ist Susina Alpina. Wie du sehen kannst bin ich in guter Hoffnung und werde, so Iuno Lucina gnädig ist, bald entbinden. Aus diesem Grund habe ich einen Kranz als Opfergabe für die Geburtsgöttin mitgebracht, sowie eine Körperbinde und eine Kerze, die ich gerne weihen lassen möchte, so wie es für eine glückliche Geburt Usus ist. Könntest du das für mich übernehmen?"


    Sie sah den Priester hoffnungsvoll an.

    Das neu eingerichtete Cubiculum von Corvinus und Alpina wurde durch ein hochgelegenes Fenster, das zum Kräutergarten hinausblickte mit Tageslicht versorgt.
    Die Wände waren in einem sanften Cremeton gehalten, am Sockel und auf Kopfhöhe zog sich ein dunkelrotes Band um den ganzen Raum.


    Der Blickfang des Raumes war das große Bett aus dunklem Holz, das die Schreinerei des Eckwin gefertigt hatte. Das Kopfteil zierte eine hübsche Schnitzerei, die eine Bärenfamiile zeigte. Das Bett bot Platz für das Paar aber sicher auch für das ein oder andere zu erwartende Bärchen. Kissen und Decken ließen es gemütlich aussehen. Im Winter würden Schaffelle für zusätzliche Wärme sorgen.


    Am Fußende des Bettes hing, von einem Deckenbalken baumelnd, ein Weidenkörbchen, das mit bunten, weichen Decken ausgelegt war. Hier würde zukünftig der Sproß des Paares schlafen bis er oder sie groß genug war, ins eigene Zimmer zu ziehen.


    Neben dem Bett fanden zwei Kleidertruhen Platz, eine für Corvinus, der zudem über einen Ständer für seine Lorica verfügte und auf der anderen Seite eine für Alpina.
    Die Wickelutensilien und Kinderkleidung befand sich in einem Weidenkorb mit Deckel, nicht weit von der schaukelnden Wiege entfernt.


    Ein einfaches Tischchen, ebenfalls in dunklem Holz gehalten, diente als Waschtisch. Neben Waschschüssel und Krug befanden sich darauf die Utensilien die zum Rasieren und Kämmen notwendig waren, dazu ein verschlossenes Kästchen, das Alpinas Schmuck enthielt. Ein Handtuch lag auf dem kleinen Hocker, den man unter das Tischchen schieben konnte, um Platz zu sparen.


    Gleich neben der Tür stand ein weiterer Tisch mit zwei Stühlen, der als Schreibtisch dienen konnte. Auf ihm standen Wasserkrug und zwei Becher dazu die Schreibutensilien.


    Noch war der Raum zweckmäßig und bescheiden eingerichtet. Die Cremetöne und das dunkle Holz schufen eine angenehme Atmosphäre. Man hatte sich auf das Notwendigste beschränkt. Das konnte und sollte sich im Laufe der Zeit sicherlich noch ändern. Wenn sich das Haus erst mit Leben füllte.



    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



    So saß Alpina nun also im Cubiculum vor dem leeren Papyrus und versuchte zu formulieren, was sie schon so lange vor sich herschob. Der Brief an ihre Mutter musste geschrieben werden. Jetzt, wo es nur noch wenige Wochen bis zur Geburt ihres ersten Kindes waren. Sie tauchte die Feder in das Tintenfass und begann zu schreiben.


    Ad Susina Elvas
    Obsterix in der Casa Susina
    Augusta Vindelicum


    Meine liebe, gute Mama,


    lange hast du nichts mehr von mir gehört. Ich bin um einiges gereifter von meiner Reise nach Germania magna zurückgekehrt. Die weise Seherin Osrun hat mir Antworten auf meine Fragen geben können. Dazu hat sie mir eine Aufgabe übertragen, die mich mein kommendes Leben prägen wird. In wenigen Wochen werde ich zum ersten Mal Mutter.
    Der Vater des Kindes ist Decurio in der Legio II Germanica und heißt Lucius Helvetius Corvinus. Ja, er ist Soldat, genau wie Vater und natürlich kann er mich deshalb auch noch nicht zur Frau nehmen. Du weißt ja wie die Regeln sind. Aber er hat mich gebeten zu ihm und seinem Bruder in die neu geschafffene Casa Helvetia in den Cabanae Mogontiacums zu ziehen. Dort werden das Kind und ich leben und dort werde ich auch weiterhin meine Taberna Medica betreiben.


    Du musst dir keine Sorgen machen. Die Schwangerschaft lief hervorragend und es geht mir gut. So wie es aussieht wirst du in spätestens einem Mond erneut Großmutter sein. Diesmal ist es nicht Ilara, die dir einen Enkel schenkt, sondern ich bin es. Die Mutter meines Lebensgefährten ist sehr nett. Sie hat selbst vier Kinder zur Welt gebracht und wird mich bei der Geburt unterstützen. Natürlich hätte ich gerne auf deine Fähigkeiten zurückgegriffen, doch bist du einfach zu weit weg, um mir noch rechtzeitig zur Seite stehen zu können.


    Sobald das Kind auf der Welt ist, werde ich dir erneut einen Brief schicken. Ich verspreche es und vielleicht können wir uns ja dann auch bald wiedersehen. Jetzt wo ich diese Zeilen schreibe, wird mir erst bewusst, wie sehr ich dich und Ilara vermisse. Bitte grüße meine liebe Schwester und ihre Familie von mir.


    Die Götter mögen euch beschützen.


    Vale, Alpina

    Unter Timarchas tadelndem Blick sackte Alpina in sich zusammen. Nun, sie würde wohl noch heute den Brief an ihre Mutter schreiben müssen.


    "Nein, die Reaktion meiner Mutter wird sicherlich dieselbe sein, egal wie lange ich warte..." gab sie kleinlaut zu.


    Jede der Fragen, die ihr Timarcha nun vor den Latz knallte, konnte sie mit "nein" beantworten. Sie wurde immer zerknirschter.


    "Du hast ja Recht, Timarcha. Ich setzte mich sofort nach unserem Gespräch hin und schreibe ihr."


    Nach einer kurzen Pause versuchte Alpina die Stimmung zu retten, indem sie das Thema wechselte.


    "Was müssen wir denn für die Hochzeitsfeierlichkeiten hier im Haus noch vorbereiten. Soll es eine große Tafel geben oder eher Häppchen, die herumgereicht werden? Werden wir Musiker oder Tänzer einladen? Ich werde ja wohl als Hausherrin auftreten müssen und gemeinsam mit deinen Söhnen wohl diesen Teil des Festes organisieren, nicht wahr?"

    Also würde sie sich in die Vorbereitungen einklinken. Sie nickte. Auf ihren Wunsch bezüglich der Geburtsgöttin schüttelte er wie erwartet den Kopf. Alpina hatte es nicht anders erwartet.


    "Du musst nicht mitkommen, Curio. Ich gehe selbst zum Tempel und dann werden wir sehen, wer sich meiner annimmt. Im Zweifelsfall Iuno Lucina selbst."


    Alpina lächelte. "Kann ich noch irgendetwas für dich tun? Hast du noch etwas, das du mit mir besprechen willst? Sonst werde ich mal deine Mutter aufsuchen. Wir haben so denke ich einiges zu besprechen. Vielen Dank für deine Zuwendung. Langsam werde ich unbeweglich und ehrlich gesagt, ich kann es gar nicht erwarten, wann diese Schwangerschaft endlich zuende ist. So schnell werde ich sicherlich nicht wieder schwanger", bekräftigte sie.

    Als Timarcha zustimmte, Lana zur Geburt hinzuzuhiehen, freute sich Alpina. Auf ihre Frage nach Alpinas Mutter schüttelte sie jedoch energisch den Kopf.


    "Nein, meine Mutter wäre niemals rechtzeitig hier. Die Anreise dauert zu lang. Und dazu kommt noch..." Alpina stockte. "... dass ich ihr noch nichts von der Schwangerschaft gesagt habe... ich weiß, ich hätte es längst tun sollen, doch ich war nicht sicher, was sie dazu sagen würde. Meine Schwester und ich sind doch auch Kinder eines Soldaten. Mein Vater hatte meiner Mutter immer versprochen, sie zu heiraten sobald er aus dem Dienst austreten würde und uns damit zu römischen Bürgerinnen zu machen..." Sie biss sich auf die Lippen. "Aber er hat sein Versprechen nicht gehalten und meine Mutter verlassen. Ich glaube sie wird nicht allzu begeistert sein, zu hören, dass ich mein Herz auch an einen Legionär verloren habe..."


    Verschämt sah Alpina zu Boden. Es war ihr peinlich, dass sie ihrer Mutter noch immer nicht die Wahrheit gesagt hatte.

    Alpina lächelte. Curio wollte ihr die Rolle der Hausherrin zuweisen. Noch fühlte sich Alpina nicht als Herrin in der Casa Helvetia und nach dem Einzug von Runa würde sie die Rolle auch schnell wieder an die Freundin verlieren, doch sie wollte ihm die Freude machen.


    "Gut, Curio. Soweit es mir mein Zustand und dein Neffe oder deine Nichte erlauben, werde ich selbstverständlich die Rolle der Hausherrin übernehmen. Ich sollte mich dahingehend mit deiner Mutter noch über die Festvorbereitungen unterhalten. Was aber den Zeitpunkt der Geburt angeht, so habe ich da wenig Einfluss. Ich werde aber Iuno Lucina ein Opfer bringen, in der Hoffnung, dass sie mich nicht mehr allzulange warten lässt und die Geburt ohne Komplikationen über die Bühne geht. Kannst du nicht ein gutes Wort bei der Geburtsgöttin einlegen? Du bist doch der Aedituus!"


    Sie zwinkerte Curio zu.

    Timarcha versuchte Alpina zu beruhigen, was ihre Ängste bezüglich Corvinus Vorfreude auf ein gesundes Kind anging. Sie musste lächeln als ihre Schwiegermutter äußerte, ihm die Widderbeine langzuziehen, wenn er enttäuscht von Alpina wäre. Nein, das würde er sicher nicht wollen und eigentlich traute sie es ihm auch gar nicht zu.


    Dann bat Timarcha Alpina noch eine weitere Helferin dazuzunehmen. Männer waren dafür selbstverständlich nicht geeignet. Ganz abgesehen davon, dass Corvinus ohnehin nicht so einfach greifbar war.


    "Ich könnte mir vorstellen, dass Coriolana eine gute Hilfe wäre. Als ich meine Mutter zu den ersten Entbindungen begleitete war ich deutlich jünger. Und sie ist greifbar wenn es plötzlich losgehen solle. Für die äußere Wendung könnte sie auch hilfreich sein. Traust du es ihr zu"

    Curios Dank wäre nicht nötig gewesen. Waren ihr doch Runa und er die besten Freunde, ein Helfen ihrerseits also selbstverständlich und vielleicht sogar ein wenig eigennützig. Alpina winkte also lachend ab. Als der junge Helvetier schließlich Alpina aufforderte die Hausherrin zu spielen und sich von seiner Mutter nicht den Rang ablaufen zu lassen, machte sie eine wegwerfende Handbewegung.


    "Ach Curio! Timarcha ist eine erfahrene Matrone, hat vier Kinder aufgezogen und führt einen großen Haushalt. Wer wenn nicht sie könnte besser ein solches Fest ausrichten und den Ablauf koordinieren. Ich mag deine Mutter sehr gern, Curio. Deshalb habe ich kein Problem damit, wenn sie mir diese Aufgabe zumindest teilweise abnimmt. Womöglich werde ich die Feier ohnehin nicht ausrichten, vielleicht sogar nicht einmal daran teilnehmen können. Ich gelte ja 40 Tage lang als unrein und sollte eigentlich im Wochenbett bleiben..."


    Völlig unvorstellbar für Alpina, sich so lange im Haus zu verkriechen... doch die römischen Sitten sahen es so nunmal vor. Zumal Curio und Runa kultische Aufgaben hatten. Da war ihnen der direkte Kontakt mit einer Wöchnerin eigentlich verboten...

    Dankbar sah Alpina die erfahrene Frau an, die neben ihr saß.


    "Es ist noch zu früh dafür, denn das Manöver birgt ein gewisses Risiko. Aber wenn sich in zwei Wochen noch keine Änderung ergeben hat, möchte ich eine äußere Wendung versuchen. Dabei müsstest du auf meine Anweisungen versuchen, das Kind durch den Bauch hindurch zu drehen. Ich werde kaum helfen können, denn jede Anstrengung von mir würde ein Anspannen der Bauchmuskeln bewirken und damit ein Drehen von außen unmöglich machen. Manchmal führt das Manöver zum Reißen der Fruchtblase, dann bedeutet das, dass wir das Kind in jedem Fall holen müssten. Deshalb möchte ich noch etwas warten. Es ist aber erleichternd für mich zu wissen, dass du mir helfen willst."


    Sie griff nach Timarchas Hand.


    "Ich habe ein wenig Angst, wenn ich ehrlich bin. Ich möchte Corvinus nicht enttäuschen... ich möchte ihm so gerne ein gesundes Kind schenken..."


    Alpina sprach es nicht aus, aber sie wusste wohl, dass es manchmal gute Gründe dafür gab, warum sich ein Kind nicht drehte. Einer der Gründe war, dass sich die Nabelschnur um den Hals gewickelt haben könnte und nun einfach zu kurz war - sich das kleine Wesen also deshalb nicht umdrehen konnte.

    Dass Curio die germanischen Bräuche, allen voran der Vollzug der Ehe vor Zeugen, nicht so ganz schmeckten, war deutlich zu merken. Doch er unterwarf sich all den Vorgaben, die die Duccier gemacht hatten - wahre Liebe eben!
    Alpina hörte interessiert zu wie die Zeremonie ablaufen sollte. Sie hatte bislang erst einmal eine Trauung nach dem römischen Ritus miterlebt, als ihre Schwester Ilara einen römischen Kaufmann geheiratet hatte. Alpina hatte die Feier als äußerst Stimmungsvoll und vor allem den Brautlauf als besonders beeindruckend in Erinnerung. Insgeheim hätte sie auch gerne eine solche Hochzeit gehabt. Nun ja, was grämte sie sich ob solcher Kleinigkeiten, viel wichtiger war jetzt, dass sie die Geburt überlebte und das Kind auch, sonst würde weder sie noch das gemeinsame Kind jemals den klassischen Ehestand erreichen, wenn Corvinus erst aus der Legion entlassen wurde.


    Als Curio sie dann fragte, ob sie Rocken oder Spindel übernehmen würde, nickte Alpina eifrig.
    "Oh ja, gerne. Ich freue mich, wenn ich eine Rolle bei eurer Hochzeit spielen darf, schließlich bin ich auch nicht ganz unschuldig daran, dass es soweit kommt."


    Sie grinste und erinnerte sich daran, wie sie für beide Seiten Kummerkasten gespielt hatte und in der Casa Atia dem Paar überhaupt erst die Möglichkeit geboten hatte, sich ab und an zu sehen.

    Alpina freute sich, dass sie Timarcha nicht störte, sie lächelte und setzte sich wie gewünscht neben ihre "Schwiegermutter".


    "Ich wollte mit dir über meine bevorstehende Entbindung sprechen. Noch habe ich keine Senkwehen und auch ist der Bauch noch nicht nach unten gesunken. Ich gehe also davon aus, dass es noch mehr als zwei Wochen dauern wird, aber da ist etwas, das mir Sorgen macht."


    Sie hielt kurz inne und dachte über die passende Formulierung nach.
    "Nun, das Kind hat sich noch nicht gedreht. Ich habe alle möglichen Mittelchen ausprobiert, aber bislang ohne Erfolg... ich fürchte mit jedem Tag schwinden die Chancen, dass es sich noch richtig herum drehen wird... da wäre nur noch eine Methode, die wir versuchen könnten, aber dazu bräuchte ich deine Hilfe..."


    Alpina sah Timarcha offen an und wartete auf eine Antwort.

    Curio war ein Galan. Er bot ihr nicht nur einen Gartenstuhl an, sondern holte auch noch einen Hocker auf den sie ihre Füße legen konnte. Dankbar ließ sich Alpina nieder und legte die Füße hoch. Gwyn brachte Traubensaft. Dann entfernte sie sich nachdem sie sich versichert hatte, dass nichts weiter vonnöten war.
    Nachdem ihr Schwager den Saft in die Becher gegossen hatte, seufzte er. Was folgte war eine Frage oder doch eher nicht?


    "Ja, ich habe geräuchert. Es ist ein altes Hausmittelchen, das in verschiedenen medizinischen Schriften empfohlen wird. Die Theorie besagt, dass das Kind in der Gebärmutter auf Wohlgerüche reagieren und sich zu dem Duft hinbewegen würde. Ich halte nicht allzuviel davon, es ist wohl ein Aberglaube... aber weißt du, in der Not... ich wusste mir nicht mehr zu helfen, da greift man nach jedem Strohhalm..."


    Alpina wollte das Thema nicht weiter vertiefen. Sie grübelte ohnehin schon zuviel darüber nach was auf sie alles zukommen konnte. Deshalb wechselte sie schnell das Thema.


    "Runa hat mir erzählt, dass ihr nach einem... sagen wir mal so... etwas ungewöhnlich anmutendem Ritus die Hochzeitsnacht verbringen müsst..."
    Sie machte eine Pause und sah Curio forschend an. Nur zu gut erinnerte sie sich an seine hohen Moralvorstellungen. Da konnte sie sich noch nicht recht vorstellen, dass er sich leicht damit tun würde. Sie wollte Curio aber nicht zu sehr in Verlegenheit bringen und gab dem Gespräch deshalb gleich eine neue Richtung.
    "Ich hoffe nicht alle Höhepunkte der Hochzeitsfeier werden so speziell sein, oder? Auf was dürfen wir uns freuen und vor allem wie kann ich zum Gelingen des Ganzen beitragen?"

    Curio zögerte, dann aber versprach er Alpina doch, Corvinus nichts davon zu sagen. Seine Anmerkung, dass sein Bruder viel durchgemacht hatte, ließ sie nachdenklich nicken. Das war genau der Grund, warum sie es ihm nicht sagen wollte. Er hatte seine erste Frau schon verloren. Wie groß musste seine Angst sein, wenn er wusste, dass es ihm nun ein zweites Mal passieren konnte. Noch dazu war die Möglichkeit ja da, dass alles gut ging. Dann würde er gar nichts davon erfahren, dass es gefährlich war. Das war Alpina in jedem Fall lieber.


    Als ihr Curio dann den Arm anbot und sie in den Garten führen wollte, hakte sie sich lächelnd ein.
    "Gerne doch, liebster Schwager. Ich bin schon sehr gespannt. Da steht uns ja einiges ins Haus, nicht wahr?"

    Alpina betrat den Vorplatz vor dem Capitolinum. Sie trug einen Korb mit einem Kranz geburtsfördernder Kräuter, eine Kerze und zudem eine Körperbinde, die sie im Tempel weihen lassen wollte. Diese Binde würde sie zu Beginn der Wehen lösen. Man glaubte, dass das Lösen des Knotens auch die Geburt erleichtern und beschleunigen würde. Dazu würde sie die Kerze anzünden, damit sie ihrem Kind den Weg ins Leben leuchte. Den Kranz wollte Alpina Iuno Lucina opfern mit der Bitte um eine leichte Geburt.


    Ein wenig unsicher sah sich Alpina nach einem Priester um, der für sie die Weihung der Gegenstände vornehmen konnte.

    Curio legte Alpina die Hand auf die Schulter. Seine Anteilnahme tat gut, änderte aber nichts an ihren Problemen. Sie drehte sich um und sah ihn direkt an.


    "Ich habe ja anfangs damit gerechnet, dass es sich schon noch dreht, aber je länger es dauert umso geringer werden die Chancen dafür. Es hat ja kaum noch Platz. Vermutlich habe ich zuwenig Fruchtwasser. Wenn es sich in der kommenden Woche nicht dreht, wird es kaum noch passieren. Dann kann ich nur beten, dass trotzdem alles gut geht. Mit deiner Mutter habe ich noch nicht gesprochen. Aber das werde ich jetzt wohl tun müssen, denn sie wird mir dann bei der Geburt helfen müssen. Ich wollte nur eigentlich möglichst lange warten, bis ich sicher bin..."


    Sein Rat, sich nicht so unter Druck zu setzen, quittierte sie mit einem Nicken. Er meinte es ja gut und wollte ihr helfen, sie beruhigen. Doch was wusste er schon davon, wie es war, wenn man um die Gefahren wusste, selbst Expertin war und schon diverse Male erlebt hatte , dass eine Entbindung in Beckenendlage tödlich für das Kind oder für Mutter und Kind gewesen war?


    Da war aber noch eine Sache, die sie mit ihm besprechen wollte.
    "Curio, bitte versprich mir, Corvinus nichts davon zu sagen. Ich möchte nicht, dass er sich Sorgen macht. Es reicht, wenn ich mir den Kopf darüber zerbreche. Deine Mutter werde ich auch um Stillschweigen bitten. Tust du mir den Gefallen?"
    Ihr Blick war eindringlich, fordernd.

    Als Curio fragte, ob es wichtig sei, dass das Kind sich drehte, merkte sie erst wie unbedarft er in diesen Dingen war.


    "Ja, es ist wichtig. Eine Geburt mit dem Becken oder den Beinen voraus ist viel gefährlicher. Sie dauert nicht nur länger, sondern wenn man Pech hat, verkeilt sich das Kind im Uterus... dann bräuchte man schon eine sehr erfahrene Hebamme um es hervorzuholen. Im schlimmsten Fall..."


    Alpina sprach nicht weiter. Sie drehte sich abrupt weg, um Curio nicht ansehen zu müssen. Er sollte nicht sehen, wie sehr sie die möglichen Komplikationen und deren Folgen beschäftigten.