Das Haus in das Corvinus sie nach einem kleinen Spaziergang durch die Canabae führte, war sehr merkwürdig. Es schien in einen Hügel gebaut zu sein. Als sie es betraten war es ziemlich düster. Alpina brauchte eine Weile bis sie das Sammelsurium an Amuletten, Talismanen und Votiven überblickte. Da gab es Votivtafeln mit Götterdarstellungen aus Metall oder Ton, Sitzfiguren von Göttern, Laren und Genien für den Hausaltar, Votive mit Darstellungen von Körperteilen, die wohl medizinisch-magischen Zwecken dienen sollten und jede Menge Amulette. Aus Stein, aus Ton aber auch aus Bronze und Silber.
Alpina sah sich neugierig um. Viele Amulette und Talismane zeigten Götterköpfe. Sie erkannte Merkur mit den Flügeln am Hut, Herkules mit dem Fell des nemeischen Löwen, Mars im vollen Ornat und diverse mehr. Aber auch Münzen mit dem Füllhorn der Fortuna und Adler der Legionen waren ausgestellt. Zuletzt fiel ihr Blick auf eine Reihe eigenartig geformter Talismane. Sie musste zweimal hingucken und als sie erkannte, was sie darstellten, schoss ihr die Schamesröte ins Gesicht. Es waren überdimensionierte Darstellungen eines Phallus.
Der Gallier, den Corvinus ihr als Tüdelkramhändler bezeichnet hatte, beobachtete die potentiellen Kunden. Natürlich sprang er sofort auf Alpinas Erröten an.
"Da sehe ich doch gleich den Kennerblick der jungen Dame! Sehr gut. Der Phallus des Priapus, ein Glückssymbol ohne Gleichen! Diese Amulette, man nennt sie Fascinum, sind bei den Soldaten und vor allem bei den Reitersoldaten sehr beliebt", dozierte er in bester Verkäufermanier. "Sie sollen Unglück und den bösen Blick abwenden und ich habe schon viele Rückmeldungen erhalten, nach denen sie zuverlässig ihren Dienst leisten. Man kann sie am Zaumzeug des Pferdes befestigen."
Er nahm einen besonders markant geformten Anhänger aus Silber und zeigte ihr, wie er mithilfe der Öse am oberen Ende befestigt werden konnte. Dann zwinkerte er ihr zu.
"Nun, junge Frau. Du hast da doch ein wirklich ansehnliches Exemplar von Mann bei dir. Da solltest du ihm schon auch einen potenten Glücksbringer aussuchen. Du wirst deinen Entschluss nicht bereuen und er wird sicherlich gesund und wohlbehalten in dein Bett zurückkehren."
Sein anzügliches Grinsen und der passende Spruch dazu führten zu einer unnatürlichen Färbung ihres Gesichts und einer intensiven Hitze, die in ihr hochstieg.
Alpina traute sich nicht, einen Seitenblick auf Corvinus zu werfen. Sie war sich sicher, dass er bis über beide Ohren hinaus grinste. Also griff sie kurzentschlossen zu.
"Also gut. Ich brauche aber zwei davon, denn er hat zwei Pferde. Bitte pack mir die Talismane gut ein... äh also so, dass nicht jeder gleich sieht, was ich gekauft habe, ja?"
Jetzt grinste der Gallier wieder und nickte. Alpina handelte nicht. Sie zahlte schnell den Preis, den er nannte und drehte sich dann erst zu Corvinus um. Ihr Blick in sein Gesicht würde ihm ihre noch immer sehr unnatürlich roten Wangen zeigen.