Die Situation spitzte sich zu. Corvinus ging auf Marcellus los. Zunächst nur verbal, indem er ihn zurecht darauf hinwies, dass es seine Aufgabe war, für die Verhaftung des Übeltäters zu sorgen. Sie wusste, dass er sich nur mühsam beherrschte dem Mann, der sich als Helvetier ausgab, diesem Ausbund an Grausamkeit, für immer die Augen zu schließen. Die Vorstellung, dass so ein Kerl ein Helvetier war, musste an ihm nagen, wo er und Curio doch immer so stolz auf ihre Gens und deren Wahrung der klassischen Tugenden waren.
Doch als sich Marcellus direkt an sie wandte, mit seiner sehr blumigen Ausdrucksweise von Alpina sprach und sich im nachfolgenden Satz dann Gedanken um "seine Braut" machte, platze Corvinus der Kragen. Sie wusste warum. Zum einen sicher, weil er Alpinas Gefährdung weit höher einschätze als die der jungen Frau und zum anderen, weil er Alpinas Geheimnis kannte. Er wusste, dass Marcellus sie schwanger sitzen gelassen hatte. Er hatte sie gerächt indem er Marcellus zusammengeschlagen hatte. Aber das durfte nun auf keinen Fall herauskommen. Dass sich die beiden in dieser Situation gemeinsam mit ihr wiederfanden, war schon schlimm genug. Marcellus könnte sehr wohl seine Schlüsse ziehen, jetzt wo Curio auch noch ausgesprochen hatte, dass Corvinus von der Secunda und Alpia seine Frau war und sein Kind trug. Der Aedil war nicht dumm, im Gegenteil, er würde womöglich 1+1 zusammenzählen und ihn mit dem nächtlichen Überfall in Verbindung bringen.
Alpina schoss also vor, legte Corvinus besänftigend die Hand auf den Unterarm und meldete sich zu Wort.
"Danke Curio für deine Vermittlung. Es macht mir nichts aus, Petronius Marcellus Rede und Antwort zu stehen. Schließlich wird er für seine Ermittlungen diese Informationen benötigen."
Sie sah zu Corvinus hoch und warf ihm einen dankbaren Blick zu, der ihm sagen sollte, dass sie seinen Einsatz für sie zu schätzen wusste, ihr aber wichtiger war, dass er sich nicht in Schwierigkeiten brachte. Ein Angriff auf Marcellus vor Zeugen würde seinen Untergang bedeuten und jetzt wo sie endlich so etwas wie eine Beziehung zueinander entwickelten, wollte sie alles vermeiden, was ihr zukünftiges Glück beeinträchtigen konnte. Alpina trat also noch einen Schritt auf Marcellus zu.
"Dieser Mann hat mir seinen Namen nicht genannt. Wie du sicher noch weißt, Aedil, war ich erst unlängst bei dir im Officium, weil ich einige sehr wichtige Heilkräuter auf den Märkten und bei den Fernhändlern nicht erhalten konnte. Er hat mir jetzt genau diese Heilmittel zum überhöhten Preis angeboten. Nun, Erpressung ist das vielleicht nicht, aber unlauter in jedem Fall. Denn er wusste, dass ich diese Heilmittel für meine Patienten und Kunden brauche. Über sein Rabattangebot möchte ich lieber schweigen. Du kannst dir vorstellen worin es bestand, wenn du siehst was er versucht hat. Helvetius Corvinus wird dir bestätigen können, bei welch schändlichem Verbrechen er diesen Mistkerl angetroffen hat."
Alpina holte noch einmal Luft. "Er hat gesagt, dass der Markt kontrolliert werde und er hat geäußert "wir schreiben die Preise vor". Auf wen dieses "wir" sich bezieht, wirst du herausfinden müssen, Aedil. Das hat er mir nicht verraten."