Mit einer langen, herzlichen Umarmung verabschiedete sich Alpina von Bunnhild. Noch einmal wiederholte die Germanin ihr Versprechen aus der Nacht, dass Alpina jederzeit willkommen wäre. Auch Brunnhilds Mann gab sie die Hand. Das Ehepaar hatte die Pelzhändler und ihre seltsame Reisegefährtin mit Provinat für die nächsten Tage versorgt. Dass ihr Othmar sogar mit einem Augenzwinkern ein wenig trockenes Brot für die Esel in die Hand drückte, ließ Alpina schmunzeln. Er schien den Vorteil der Bestechung verstanden zu haben.
Wie immer wechselten sich Hrothgar und Alpina beim Führen der Esel ab. Mit dem Brot war diese Aufgabe deutlich leichter als am Tag zuvor, wo ihnen das Bestechungsgeld ausgegangen war. Als sie auf den flussnahen Pfad am Oberlauf des Visurgis einschwenkten, konnte Alpina einen ersten Blick auf den Fluss erhaschen. Die starken Regenfälle hatten ihn über die Ufer treten lassen und auch der Weg war feucht und matschig, nicht aber überspült, was das Wichtigste war. Auch wenn das Wasser braun vom mitgeschwemmten Erdreich war, faszinierte die Landschaft. Der mäandernde Fluss mit seinen Nebenläufen und Totarmen war atemberaubend schön. Mal durch Wiesen und Auen, dann wieder an sanften Hügeln vorbeiströmend war der Anblick wie Balsam für die Seele.
Alpina genoss die immer wieder wechselnden Ausblicke und merkte so gar nicht wie die Zeit verging. Ihre mittägliche Rast nahmen sie in der Nähe einer kleinen Insel ein, die vom Wasser fast gänzlich überspült war. Ein paar versprengte Rinder eines nahen Gehöfts hatten sich auf den verbliebenen Teil der Insel gerettet. Vom dazugehörigen Bauern war weit und breit nichts zu sehen.
Alpina sah Othmar fragend an. Sollten sie eingreifen und versuchen, die Rinder auf ihrer Seite des Flusses in Sicherheit zu bringen?