Beiträge von Susina Alpina


    Die Frau wollte zu Alpina. Der Ianitor trat aus der Tür.
    "Da, Thula, nebenan ist der Eingang zur Taberna Medica Alpina. Dort wirst du sie finden."


    Er vergewisserte sich noch, dass Thula den Eingang fand, dann schloss er die Tür hinter sich.
    >>>

    Da war es wieder dieses unbeschreibliche Gefühl, wenn man sich geliebt fühlte. Alpina genoss es. Es fühlte sich so herrlich an. Alpina genoss es gestreichelt und geküsst zu werden. Sie schmiegte sich in die Arme Massas.


    Doch dann mache er einen Vorschlag, der sie aufhorchen ließ. Sie entwand sich der Umarmung und sah ihn fest an.
    "Das geht mir ein wenig zu schnell, Massa. Ich habe hier meine Taberna medica. Die Schwangeren wissen, dass sie mich jederzeit hier finden können, Tag und Nacht. Auch die Kranken und Verletzten wissen es. Ich kann nicht mit dir ins Legionslager ziehen, denn dort kann man mich nicht so einfach finden und holen. Tut mir leid, ich schätze das Angebot, aber ich werde hier bleiben, solange ich nicht rausgeworfen werde."

    Alpina sah ihn lange an. Sie liebte seine Augen. Überhaupt flatterten die Schmetterlinge auf, wenn sie ihn so ansah. Was sie so dahingesagt hatte, war natürlich alles graue Theorie.
    "Massa, es geht gar nicht darum wen ich in Betracht ziehen würde. Wenn ich mich verliebe, dann ist es meinem Herzen doch egal was der Mann meines Herzens für einen Beruf hat. Doch ich bin gebranntes Kind, verstehe mich. Ich erwarte einfach nichts weiter als ein paar schöne Stunden und das Gefühl, geliebt zu werden. Zumindest für den Augenblick. Ich mache keine Pläne mehr für die Zukunft und ich erwarte nichts von ihr. Und auch nicht von demjenigen, dem mein Herz zufliegt."


    Sie stand auf und setzte sich zu ihm auf die Kline. Ihre Hand strich über seinen Unterarm. Dabei sah sie ihn zärtlich an.
    "Ich meine damit, dass du mir nichts versprechen brauchst. Du brauchst mir nicht versprechen, mich zu ernähren oder gar mich zu heiraten. Ich weiß, dass das nicht geht. Ich möchte nur, dass du mich ab und zu in den Arm nimmst und mir für den Moment das Gefühl der Geborgenheit gibst."


    Nun beugte sie sich hinunter zu ihm und küsste ihn.

    Der Gewürzwein schien Massa ins Philosophieren zu bringen. Alpina griff auch zu und lobte den Käse und den Schinken, die tatsächlich hervorragend schmeckten. Ursi blieb nicht still sitzen. Sie merkte, dass die Erwachsenen über Themen sprachen von denen sie keine Ahnung hatte. Also griff sie sich Käse und Brot und rannte davon. Vermutlich besuchte sie Neman in der Culina.
    Alpina hörte aufmerksam zu. Mit was für Fragen jedoch bestürmte er sie? Sie hatte sich nur selten diese Fragen gestellt. Der Alltag und der tägliche Überlebenskampf ließen keinen Raum für Träume und Hirngespinste.
    "Was ich tun würde, wenn ich nicht auf jede Sesterze achten müsste? Was für eine Frage? Das wird nicht passieren! Und selbst wenn... ich würde nichts anderes tun. Kinder werden doch trotzdem geboren, Frauen brauchen trotzdem eine Hebamme und Kranke jemanden, der ihnen einen Kräutersud gibt oder ihre Wunden verbindet."


    Ihr Blick war ein wenig verständnislos. Sie stellte sich solche Fragen nicht. Ihr Beruf war doch kein Zeitvertreib, er war eine Notwendigkeit. Für sie und für die Hilfesuchenden.
    "Ja ich bin Raeterin, also Peregrina. Ich bin keine Bürgerin Roms. Mit allen Konsequenzen. Und das gilt auch für Ursicina. In diesem Haus bin ich nur Gast. Ich bin geduldet, weil ich die Mutter des unehelichen Kindes eines der Hausbesitzer bin. Wenn Corvinus tot ist oder für tot erklärt wird, ist meine Zukunft hier ungewiss. Ich kann von heute auf morgen auf der Straße stehen. Ansprüche kann ich keine stellen."


    Dann kam er auf ein Thema zu sprechen, das sie bewusst ausgeklammert hatte bisher. Natürlich träumte auch sie manchmal davon, dass von irgendwo der Traumprinz daherkäme und sagte "Ich heirate dich und du hast ausgesorgt für den Rest deines Lebens." Doch wie töricht solche Träume waren, das wusste sie nur zur Genüge. Schon mehrere Träume waren jäh zerplatzt im Laufe der vergagenen Jahre. Marcellus hatte ihr das Blaue vom Himmel versprochen, Alpina geschwängert und sie dann alleine gelassen. Sie hatte das Kind in ihrer Verzweiflung abgetrieben. Corvinus hatte sie sich genommen. Ursi war geboren worden und dann hatte er sie verlassen. Welche Hoffnungen und Träume sollte sie noch haben?
    "Nun, ich habe natürlich darüber nachgedacht nicht alleine bleiben zu müssen mein weiteres Leben, aber es ist ja nun nicht so, dass man sich das aussucht. Ich habe mich auf einen Soldaten eingelassen damals. Ursi ist mein Kind. Sie hat meinen Status als Peregrina. Wer nimmt denn eine Peregrina mit Kind? Ich bin beschädigte Ware. Wenn ich Glück habe, findet sich irgendwann wieder ein Mann, dem es nichts ausmacht, dass ich bereits Mutter bin und der zumindest ab und an seine Zeit mit mir teilt. Mehr erwarte ich nicht. Ich habe einen Beruf und damit eine Auskommen für Ursi und mich. Aber eines sage ich dir, Massa. Ich werde alles daran setzen, dass Ursi sich nicht in einen Legionär verliebt. Sie soll nicht durchmachen müssen, was meine Mutter und ich durchgemacht haben. Sie soll glücklich werden!"

    Alpina öffnete die Flügeltür zum Triclinum. Der Raum war sehr warm - zu warm eigentlich. Mit dem Hypocaustum war es schwierig zu regulieren. Heizte man ein war es schnell zu heiß, heizte man nicht und nahm nur Feuerschalen fror man an den Füßen.
    Die Raeterin öffnete also die Flügeltüren und ließ zunächst einen Schwall Hizte entweichen. Neman kam und brachte gewürzten Wein. Sie bereitete die gemeinsame Mahlzeit vor. Ursi kam angelaufen und präsentierte Massa stolz ein Holzpferdchen, dass sie Cara genannt hatte.
    "Wie geht es denn der großen Cara?", fragte sie neugierig und versuchte das Holzperd mit einem Honigtaler zu füttern, den sie Neman in der Culina stibitzt hatte.


    Alpina grinste. Sie überließ Massa die mittlere Kline und nahm mit Ursi rechts von ihm Platz. Ihre kalten Finger wärmte sie an dem Tonbecher in dem der Gewürzwein dampfte.
    Bald brachte Neman Platten mit dem Schinken und dem Käse, dazu Brot, Zwiebeln und Oliven.
    Es war schön, dass sie sich endlich für Massas und Onasses Gastfreunschaft revanchieren konnte.
    "Früher war es nicht so ruhig hier. Helvetius Curio und seine Frau Runa äh Silvana Duccia waren oft hier. Beide hatten ihre Aufgabenin Mogontiacum. Er im Tempel oder im Magistrat, sie im Tempel oder der Schola. Dann kamen die Kinder. Sie haben zwei Söhne. Und Curio erbte ein Landgut. Dort verbringen sie inzwischen mehr Zeit als in der Stadt. Damals waren auch viel mehr Bedienstete im Haus. Neben Liam, dem Ianator, noch Curios Leibsklave und Sekretär dazu ein bis zwei Custodes, die für die Sicherheit der Hausbewohner zu sorgen. Jetzt ist es still. Ich bin mit Liam und Neman zumeist alleine."

    Der Tag des Abschieds war da. Marcus Iulius Licinus und sein kleines Sonnenscheinchen Esquilina würden Mogontiacum und Germania superior verlassen in Richtung Rom. Alpinas Herz war schwer. Wieder würde sie Abschied nehmen müssen von einem Mann, der ihr sehr ans Herz gewachsen war. Sie mochte seine ruhige und bescheidene Art. Er würde ihr sehr fehlen. Die Freundschaft mit ihm und die Beschäftigung mit Esquilina hatten ihr durch eine schwere Zeit geholfen, hatten sie zumindest kurz vergessen lassen, wie einsam sie war.
    Sie merkte wie sich die Tränen in ihren Augen sammelten.


    Ursi weinte schon. Sie hatte sich an Esquilina geklammert so lange es möglich gewesen war. Jetzt war der Zeitpunkt loszulassen.


    Alpina kniete sich noch einmal hin um Esquilina zu umarmen. Ihre Hände kraulten den blonden Lockenschopf des Mädchens.
    "Du wirst mir fehlen, Kleines! Aber wir schreiben uns und wer weiß, vielleicht kann ich dich ja auch irgendwann mal besuchen kommen." Sie wusste selbst wie unwahrscheinlich das war.
    "Du hast eine Menge Dinge hier gelernt, mit denen du in Rom sicher Eindruck schinden kannst! Du wirst es schon sehen. Und vor allem noch eines: pass gut auf deinen Vater auf! Er neigt dazu das nicht selbst zu tun."


    Der Blick der Raeterin ging zu Licinus. Sie dachte an seine Verletzungen, die Gehirnerschütterung und seinen unermüdlichen Einsatz am Krankenbett der Kleinen. Ein letztes Mal drückte sie Esquilina, dann stand sie auf und ging zu Licinus. Sie hatte sich nie getraut, den Mann, der ihr so viel Respekt abnötigte, zu umarmen. Nun aber konnte sie nicht anders. Es mochte das letzte Mal sein, dass sie einander sahen. Sie ging auf die Zehenspitzen und umarmte den Präfekten.
    "Alles Gute, Licinus! Pass gut auf Esquililna auf und schreib mir bitte! Nicht vergessen, hörst du?"


    Nun tropften doch ein paar Tränen auf die schicke Kleidung des Präfekten.

    Alpina und Ursi begleiteten Runa und den Praefectus auf dem Waldausflug. Wie immer kannte Runa einen besonderen Platz. Die Magie des Ortes war beeindruckend. Sie bewunderte ihre Freundin für deren Gabe zwischen den Welten zu wandern und in direkten Kontakt mit den Göttern treten zu können. Atemlos hörte sie zu wie Runa die Götter ihrer Vorfahren anrief und hoffte, dass der waschechte Römer Licinus damit umgehen konnte in ein germanisches Ritual involviert zu werden.

    Das Amulett schien große Bedeutung für Massa zu haben und dennoch wollte er diese nicht mit Alpina teilen, so viel stand fest. Sie ließ ihm sein Geheimnis auch wenn in diesem Augenblick die Gedanken in ihrem Kopf zu rotieren begannen. War dort in der ägyptischen Wüste eine Frau, die auf ihn wartete? Die ihm das Amulett gegeben hatte um ihn an sein Versprechen zu erinnern? War dort eine Frau, die ebenso verzweifelt auf die Rückkehr ihres Geliebten wartete, wie sie jahrelang auf Corvinus gewartet hatte und ihre Mutter vor mehr als einer Dekade auf ihren Vater? Musste das so sein? Würde es immer wieder so sein, dass sich Frauen in Soldaten verliebten, etwas mit ihnen anfingen und dann, wenn sie irgendwohin abkommandiert wurden, warteten und sich verzehrten nach dem verschollenen Geliebten während der sich womöglich längst mit einer anderen vergnügte? Wie viele Kinder hatten wie Ursicina Väter, die sich nicht um sie kümmerten, offenbar nichtmal einen Gedanken daran verschwendeten, dass weit weg von ihrem Einsatzort ein kleines Mädchen wieder und wieder nach dem Vater fragte und wissen wollte, wann er denn wiederkäme?


    Massa war fertig angezogen. Die Tunika passte nicht wirklich gut, aber war trocken und wärmte ihn hoffentlich. Ja, Wärme, er sprach sie an.
    "Ja, komm mit! Wir gehen ins Triclinium und wärmen uns auf. Neman kann uns gewärmten Gewürzwein machen und dann essen wir drei gemeinsam: Ursi, du und ich."


    Curio und Runa waren mit den Kindern im Landhaus ihres Schwagers. Sie hatten Gwyn und Liam mitgenommen. Es war still im Haus.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus: "Hast du mit der Ala eigentlich im Frühjahr noch was vor?" wandte sich Licinus an Seneca während Esquilina sich an die beiden Damen zu ihren Seiten wandte: "Meint ihr, wir kriegen den Waldausflug noch hin, bevor ich gehen muss? Weil es ist ja noch immer so kalt?" Aber sie wäre so gerne mitgegangen.


    Alpina musste lächeln. Der Waldspaziergang. Klar, dass Esquilina das nicht vergessen hatte.
    "Nun, wenn du nicht sofort abreisen musst, Licinus, dann kann es durchaus noch was werden mit dem Frühlingsspaziergang. Es ist ja nun langsam genug mit dem Winter. Die Tage werden länger und sobald die ersten Kräuter sprießen, können wir aufbrechen. Es gibt nichts schöneres als an einem sonnigen Frühlingstag die ersten frischen Kräuter zu pflücken."


    Sie sah zu Licinus hin, inständig hoffend, dass er noch nicht so bald nach Rom aufbrechen musste.

    Alpina sah Massa mit einem sanften Lächeln an.
    "Ich glaube nicht, dass er die Tuiken noch braucht, zumindestens wohl nicht in den nächsten Stunden."


    Massa war kurzentschlossen. Er zog die nasse Tunika aus. Mit neugierigem Blick betrachtete sie seinen Körper. Zwei Amulette baumelten auf seiner Brust. Eine bronzene Fortuna und ein hölzernes Amulett mit schönen Verzierungen. Alpina trat auf ihn zu.
    "Oh, wie hübsch! Was ist das für ein Amulett?"


    Sie berührte das hölzerne Amulett. Es war leicht und wirkte fremdländisch. Ob es wohl aus Alexandria stammte?

    Oh, es entwickelte sich eine kurze Treibjagd im verschneiten Kräutergarten. Und tatsächlich kam es wie es kommen musste. Massa holte sie ein und brachte sie beide zu Fall. Lachend rollten sie im Schnee. Alpina kam auf Massa zum liegen.
    Der Kuss, den er sich stahl ließ die Raeterin schwärmerisch lächeln. Es war schön, wieder dieses Gefühl von Zuneigung zu verspüren und sich wieder an solchen schönen Kleinigkeiten zu erfreuen.


    So lachte sie auch auf, als er zugab, dass es kalt und ungemütlich im Schnee war. Kein Wunder, trug er doch nur eine Tunika. Als sie wieder zurück ins Haus ginge konnte Alpina den nassen Rücken Massas deutlich sehen. Das war bei diesen Temperaturen mehr als gefährlich. Sie machte einen Vorschlag.
    "Möchtest du eine von Corvinus Tuniken? Es sind noch zwei oder so da. Sie sind frisch gewaschen. Er war zwar wohl ein wenig größer als du, aber ich denke, das könnte trotzdem gut passen. Dann legen wir deine nasse Tunika auf dem Boden im Triclinium aus. Der ist beheizt. Wenn du nach Hause gehst, ist sie bestimmt schon wieder trocken."

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus: "Um es kurz zu machen: Ich wurde abberufen. Ich habe Befehl, mich auf den Marsch nach Rom zu machen. Als Verwaltungschef der Prätorianer. Familie habe ich nur Esquilina -- sie kommt natürlich mit"


    Da war es raus! Der Grund warum die Stimmung so gedrückt war und warum Esquilina weinte. Oh bei Iuno, was für ein Schlag! Wie sehr hatte sie Licinus und seinen kleinen, quirligen Sonnenschein Esquilina ins Herz geschlossen. Schwere Zeiten hatten sie zusammengeschweißt und eine tiefe Freundschaft war entstanden.
    Entsprechend entgleisten der Raeterin die Gesichtszüge.
    "Oh bei allen Göttern, das ist aber jammerschade!" Ihre Hand streichelte unablässig den Blondschopf während ihr verzweifelter Blick an dem Praefectus castrorum hing.


    Eine Stelle bei den Prätorianern. Das konnte er nicht ausschlagen. Natürlich nicht! Was für eine Ehre! Auch Seneca, der inzwischen dazu gekommen war, unterstrich die Wertschätzung des Praefectus. Alpina pflichtete ihm bei mehr noch als das.
    "Und ob du das verdient hast, Licinus! Und ich, bei Minerva, dass die Prätorianer dich verdient haben! Dass sie wissen, was sie an dir haben!?"
    Runa stellte in Aussicht, Licinus in Rom zu besuchen. So schön Alpina den Gedanken fand, so abwegig war er doch.
    Dennoch lächelte sie. "Oh ja, wir schreiben uns! Wann musst du aufbrechen?"

    Irgendwie war Alpina irgendwann als höre ihr Massa gar nicht mehr zu. In dem Moment wo sie sich umdrehen wollte, um nachzusehen, was er gerade tat, hörte sie seine Frage, ob ihr kalt sei. Wie lieb! Er machte sich Gedanken ob sie nicht zu leicht angezogen war. Sie lächelte glücklich.


    In diesem Moment spürte sie den Eiszapfen auf der Haut. Das Lächeln gefror augenblicklich. Alpina quikte. Sie fuhr herum.
    "Duuuu!!!" Alpina funkelte Massa an. In ihrer gespielten Wut glomm ein Funke Belustigung.


    Alpina tauchte ab und formte einen Schneeball. In Sekundenschnelle zog sie Massas Halsausschnitt auf und schob den Schneeball hinein.


    "Das hast du jetzt davon!". Sie lachte hell auf und versuchte schnell Land zu gewinnen. Massa würde bestimmt versuchen sich zu rächen.

    Der Kräutergarten lag tief verschneit. Man konnte nur die Umrisse erkennen. Alpina zeigte mit dem Finger auf die Konturen.
    "Hier im Vordergrund ist eine kleine Wiese auf der im Frühjahr und Sommer vereinzelte Blumen blühen. Ab dort..." sie zeigte auf die hinteren zwei Drittel des Gartens, die von der Wiese davor mit einer kleinen Buchbaumhecke abgetrennt war. "... ist der Kräutergarten. Er ist sternförmig angelegt. Also da... siehst du die Wege?" Sie waren mit Natursteinen sternförmig angelegt. In der Mitte war eine kleine Bank, auf der man sitzen konnte.


    "In jedem Teil des Sterns sind andere Pflanzen. Da wo mehr Sonne hinkommt habe ich trockenere eher sandige Erde verwendet. Das ist für die mediterranen Pflanzen. Und dort wo es schattiger ist, sind eher einheimische Waldrandpflanzen, die wenig Sonne vertragen und feuchteren Boden brauchen. Zwischen den Heilpflanzen wachsen immer auch Blumen. Das sieht schön aus und die Blütenblätter machen ein Teerezept attraktiver. Ganz abgesehen davon dass viele auch ihre Wirkung haben."


    Alpinas Finger zeigte nun auf den Rand der Beetbepflanzung und die Grenze des Grunstücks. Dort waren hörere Heckenpflanzen zu sehen.
    "Das sind auch medizinisch wirksame Sträucher dort, die den Garten begrenzen. Hollunder, Wacholder, Sandorn, Schlehe, Weißdorn..." Sie zählte noch einige andere auf.

    Alpina war mit Runa erschienen. Sie hatte dem Gastgeber in Olivenöl eingelegte kleingeschnittene Kräuter angereichert mit Knoblauch und kleinen Bröckchen Ziegenkäse mitgebracht als Gastgeschenk mitgebracht.


    Die eigenartige Stimmung fiel ihr jedoch sogleich auf. Esquilina war wunderhübsch anzusehen in ihrem Kleidchen und mit der Schleife im Haar, jedoch passte ihr Gesichtsausdruck überhaupt nicht dazu. Sie sah verheult aus und auf ihrer Stirn hatten sich tiefe Falten gebildet. Ein Flunsch zierte ihren kleinen Mund. Es war offensichtlich, dass etwas vorgefallen war.


    Auch Licinus wirkte ungewohnt nervös. Alpina beobachtete ihn aufmerksam. Vorboten einer schlechten Nachricht?


    "Salve, Marcus Iulius Licinus und danke für die Einladung!", begrüßte Alpina den Hausherren und übergab ihm das Geschenk mit einer kurzen Erklärung was es enthielt.
    Dann ging sie zu Esquilina und streichelte das zusammengekauerte Kind.
    "Salve, meine Süße! Was machst du denn für ein Gesicht? An so einem schönen Abend. Ich habe mich doch schon so auf dich gefreut! Und Duccia Silvana auch. Was ist nur los, Esquilina?"

    Sie lächelte. Es war schön zu merken, dass er sich für ihr Leben interessierte. Also schritt Alpina voran. Sie öffente die Tür zum Cubiculum, das Corvinus uns sie geteilt hatten.


    Das Cubiculum von Corvinus und Alpina wurde durch ein hochgelegenes Fenster, das zum Kräutergarten hinausblickte mit Tageslicht versorgt.
    Die Wände waren in einem sanften Cremeton gehalten, am Sockel und auf Kopfhöhe zog sich ein dunkelrotes Band um den ganzen Raum.


    Der Blickfang des Raumes war das große Bett aus dunklem Holz, das die Schreinerei des Eckwin gefertigt hatte. Das Kopfteil zierte eine hübsche Schnitzerei, die eine Bärenfamiile zeigte. Kissen und Decken ließen es gemütlich aussehen. Schaffelle sorgten für zusätzliche Wärme in dem kalten germanischen Winter.


    Alpina sah Massa ein wenig verlegen an. Auch wenn Corvinus schon seit mehr als 3 Jahren nicht mehr in dem Bett geschlafen hatte, war es doch das Bett, in dem sie als Paar zusammen gelegen hatten. Inzwischen teilte sich Ursicina mit ihrer Mutter den Platz in der geräumigen Liegestatt.


    "Das ist das Cubiculum des Hausherren, der seit mehr als drei Jahren verschollen ist. Ursi und ich teilen uns das Bett", erklärte sie.


    Um die unangenehme Situation so kurz wie möglich zu gestalten, drehte sich Alpina schnell um.
    "Für den Kräutergarten müssen wir durch den Gemeinschaftstrakt. Komm mit!"


    ***


    Sie ging zurück zum Atrium und öffnete dann die Tür zum Gemeinschaftstrakt. Dort befand sich das große gemeinsame Atrium. Es war wirklich sehr ansehnlich für ein Haus in Mogontiacum. Das Impluvium war von Säulen umstanden, die im unteren Drittel in Rot in den oberen zwei Dritteln in Weiß gehalten war. Ein tanzender Bronzeamor schmückte das Compluvium. Die Wände waren unterteilt in dekorative Flächen mit floralen Gemälden, der Boden mit kleinen weißen Mosaiksteinchen belegt, ein paar geometrische Muster eingestreut.


    Ursi schien ihre Mutter gehört zu haben. Mit Neman, der Kinderfrau im Schlepptau, kam sie aus der Culina angestürmt. "Mama! Mama!" rief sie. Dann bremste sie ab, als sie Massa erkannte. "Oh! Massa! Wo ist dein Pferd?" Sie sah sich suchend um.


    "Ursi, begrüßt man so einen Gast?", fragte Alpina streng. "Und glaubst du, er bringt seine Stute mit ins Haus?"


    Die Kleine kicherte und versteckte sich hinter dem Rocksaum der Sklavin. "Salve, Tribun Decimus Massa!" piepste sie, während Neman sich verbeugte. "Salve, Tribun!"


    Alpina zauberte den Honigkeks aus der Rocktasche. "Sieh mal, er hat zwar sein Pferd nicht mit ins Haus gebracht, dafür aber etwas anderes...."


    Jubelnd kam Ursi wieder hinter dem Rock hervor und stürzte auf den Honigkeks zu, den Alpina sehr schnell in die Höhe hielt, um die Kleine zu foppen. Sofort sprang die Dreijährige an ihrer Mutter hoch und heute wütend auf. Frust und Wut äußerten sich in einem weinerlichen Heulen und Betteln.
    Eine Weile lang spannte Alpina ihre Tochter auf die Folter, dann gab sie der kleinen den ersehnten Leckerbissen. "Hier, du Racker! Und jetzt lass Massa und mich mal noch ein wenig alleine. Ich möchte ihm die Casa Helvetia zeigen. Nachher essen wir alle gemeinsam."


    Ursi jubelte wieder. Schnell war der Frust von zuvor vergessen.
    Alpina ging voraus auf die Öffnung am Ende des Atrium zu. "Dort ist das Triclinium und der Ausgang zum Kräutergarten."

    Alpina öffnete die Tür zur Casa. Gleich rechts gab es zwei kleine Türöffnungen.
    "Die eine Kammer kennst du ja schon, die zweite Tür. Die erste Kammer hier hat eine Zeit lang mein Gehilfe Kaeso bewohnt. Im Moment gewohnt sie niemand. Manchmal überlasse ich sie schwer kranken Patienten, wenn sie unter meiner Obhut bleiben müssen. Daneben, das kennst du ja, ist der Vorratsraum in dem ich auch die Heilmittel an der kleinen Feuerstelle zubereiten kann. Dahinter ist ein Untersuchungs- und Behandlungsraum."


    Die Kräuterfrau schritt voran. Sie betraten das kleine Atrium der Häuserhälfte, die Alpina mit Corvinus bewohnt hatte. Der schwarz-weiße Mosaikboden mit geometrischem Muster enthielt in der Mitte ein Impluvium. Die Wände waren mit Sockelleisten und farbigen Wandflächen bemalt. Eine Sitzgruppe aus Kline zwei Korbstühlen und einem niedrigen Tisch stand an der Wand zum gemeinsamen Atrium beider Häuser. Alpina zeigte auf die Tür zu dem Gemeinschaftsbereich.
    "Dort ist der verbindende Trakt beider Häuser. Jeder der beiden Helvetierbrüder besitzt ein Haus. Der Trakt dazwischen wird von beiden Familien genutzt und die Sklaven und Angestellten wohnen dort. Außerdem ist dort die Culina. In dem Raum hier..." Sie zeigte auf die kleine Kammer gegenüber des Durchgangs zum Gemeinschaftstrakt. "... bewohnt unsere Kinderfrau Neman. Möchtest du das Cubiculum und den Kräutergarten sehen?"