Beiträge von Susina Alpina

    Er wollte ihr ein Cubiculum einrichten? Ging ihr das nicht ein wenig schnell? Doch was sie beruhigte war die Tatsache, dass er ihr überlassen wollte wie sie es hielt.
    "Nun, ich werde wohl berufsbedingt eher ein Gast in deinem Hause sein als eine ständige Institution. Der Vorteil ist, dass die Castra nicht weit von der Casa Helvetia entfernt liegt. So kann man mich holen lassen, wenn eine Entbindung ansteht."


    Alpina genoss die Nähe, die wundervollen Komplimente, die ihr die Röte ins Gesicht trieben und dann auch den Kuss. Wann hatte sie dieses Gefühl zuletzt genießen dürfen? Es war lange her. Der schwere Duft des Weihrauches benebelte auch ihre Sinne, der Gewürzwein tat sein übriges. Sie wusste, wenn sie noch einen Becher Wein tränke, würde sie nicht mehr in die Casa Helvetia zurückkehren. War das richtig? Ursi war versorgt. Neman kümmerte sich um sie. Aber sollte sie wirklich?
    "Ähm, ich..." Alpina wusste nicht wie sie es sagen sollte. Er tat so viel für sie, überschüttete sie mit Geschenken und Komplimenten. Doch sie kannten sich eigentlich noch nicht wirklich gut. "Ich glaube es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Ich habe nicht gesagt dass ich so lang ausbleiben werde."
    Entschuldigend schenkte sie Massa einen weiteren Kuss. "Bist du böse, wenn ich dich jetzt verlasse mit dem Versprechen, dass wir genau an der Stelle weitermachen..."
    Sie zwinkerte ihm verheißungsvoll zu.

    Es war schön zu spüren, dass die Zeit alleine ein Ende hatte. Auch wenn sie noch immer oft alleine sein würde, so fühlte es sich doch plötzlich ganz anders an.
    Alpina schmunzelte als Massa vorschlug einen Tribun eher zum Medicus zu schicken. "Das ist eine gute Idee. Das nächste Mal schicke ich einen Tribun, der mit einer vereiterten Wunde zu mir kommt lieber ins Valetudinarium."


    Nun ging es um ihre Berufe. "Ursi und ich kennen es nicht anders. Wir kommen zurecht."


    Alpina genoss die Umarmung und die Hände, die sie streichelten. Es war so lange her. Sie lehnte sich an ihn und schmiegte ihr Gesicht an seines. Der Gewürzwein schmeckte hervorragend. Die Raeterin spürte langsam, wie er ihre Anspannung auflöste. Alles entwickelte sich prächtig.
    Massa fragte nach Ursis Meinung von den Veränderungen, die mit ihm in die Kleinstfamilie traten.
    "Ursi ist noch klein. Gerade mal 3 Jahre alt. Sie kann sich an ihren leiblichen Vater nicht erinnern. Der einzige Mann in ihrem Leben ist ihr Onkel Curio. Sie wird sich freuen wenn noch jemand da ist, der sich für sie interessiert und du hast bereits einen dicken Stein im Brett bei ihr. Der Ritt auf deiner Stute Cara hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dennoch musst du dich darauf gefasst machen, dass sie nach ihrem Vater fragen wird, wenn sie größer ist. Und es kann sein, dass sie nicht immer rücksichtsvoll und zurückhaltend sein wird, vor allem wenn du ihr sagst was sie tun und lassen soll. Das wird vorkommen und vermutlich wird sie dann auch mal harte Worte für dich finden. Kannst du damit leben?"

    Als Massa ihre Hände ergriff, schlug ihr Herz bis zum Hals. Hörte er das nicht?
    Seine Komplimente waren wunderschön und das Geständnis, dass er sie noch näher kennenlernen wollte, entlockte ihr ein strahlendes Lächeln. Ihre Augen funkelten nun wirklich wie Smaragde. Erst recht als er ihr einen Kuss auf die Wange hauchte.
    "Oh Massa, das hast du so schön gesagt. Ich möchte dir gerne helfen, diese Frau kennenzulernen. Aber glaube mir, das meiste von ihr kennst du schon. Sie ist nicht so geheimnisvoll. Mein Beruf ist meine Berufung. Wenn ich nicht für meine Tochter alles gebe, dann für meine Patienten. Es könnte sein, dass du es vielleicht mal zu spüren bekommst, wenn wir verabredet sind und ich nicht erscheine, weil ich gerade einem Kind in die Welt helfe oder einem Tribun den Arm aufschneide."


    Sie lächelte zwinkernd. Dann aber wurde sie sehr ernst. "Ich weiß jedoch auch, dass es umgekehrt genauso sein wird. Mein Vater war Legionär und Ursicinas Vater auch. Ich gebe mich keiner Illusion hin, dass du viel Zeit für mich haben wirst und mir ist bewusst, dass deine Lebensaufgabe das Exercitus ist und damit auch deine Priorität. Doch ich hoffe noch immer, dass es auch unter den Dienern des Adlers treue Seelen gibt, die eine Frau nicht mit ihrem Kind sitzen lassen."

    Sie hörte die Beschreibung seiner Traumfrau. Nun, das ein oder andere mochte auf sie zutreffen. Dann kamen seine Vorstellungen zum Aussehen. Ihr Herz rutschte tief und tiefer. Er fragte ob er überhaupt jemanden finden würde, der so aussah wie er es sich wünschte. Tatsächlich schien Massa sehr wählerisch zu sein. Augen wie Smaragde. Wer hatte das schon? Mit roten Haaren konnte sie dienen, oder rotbraun, je nach Lichteinfall...


    Verzweifelt rang sie die Hände. Ob sie ihm helfen könnte, bei der Suche? Er fragte sie ob sie ihm eine Frau suchen könne, wo doch sie diejenige sein wollte, in die er sich verliebte. Oje, oje...
    Leise, sehr leise sagte sie, während ihr Blick auf ihre sich verwindenden Hände geheftet blieb: "Ich könnte dir vielleicht helfen. Aber es wäre mir viel lieber, wenn du nicht weiter suchst..."


    Hatte sie zu viel gesagt? Was das zu frech? Einem Tribun aus Achaia Vorschläge zu machen, wie er seine Traumfrau finden könne?

    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa: Der erste Becher Wein war beinahe leer. Massa war gespannt wie Alpina sein Geschenk aufnahm. Eigentlich ahnte er was passieren würde. „ Du kannst das Geschenk ganz beruhigt annehmen. Es sind Saturnalien. Du sollst dich wenigstens einmal wie eine der begüterten Frauen fühlen dürfen, denen du sonst hilfst, ihre Kinder auf die Welt zu bringen.“ Wobei Massa egal war wohin Alpina gehörte. „ Übrigens ist das kein schnödes Honigglas. Ich freue mich sehr darüber.“ Das meinte er ernst. Sie hatte schließlich einiges an Zeit und Arbeit investiert, um ihm und den anderen dieses Geschenk machen zu können. „ Aber wenn dir das zu wenig vorkommt habe ich dann einen Wunsch frei ?“ Ein schelmisches Lächeln zeigte sich auf Massa‘s Gesicht. Was er sich wünschen würde, falls Alpina darauf einging, das wusste er noch nicht. Die Saturnalien hatte erst begonnen, also war ja ein bisschen Zeit sich gegebenenfalls darüber Gedanken zu machen. „ Leg den Armreif an und lass uns einen Met trinken. Ich hatte bisher nicht die Gelegenheit, ihn zu probieren. Etwas zu Essen wäre nicht verkehrt, dann schlagen die berauschenden Getränke nicht gleich so derb zu.“ Alpina bekam keine Zeit darüber nach zudenken. Massa besorgte zwei Becher Met und einen Happen zu Essen. Gleichzeitig suchte er im Gewühl den Iulier und Aulus, Seiana und die junge Frau, die mit Alpina gekommen war. Heute sollte ein Rex gekürt werden und dazu brauchte man viel Volk.


    Verschämt legte sich Alpina den Armreif um. Er war schwer. Noch nie hatte sie so ein wertvolles Schmuckstück am eigenen Körper getragen. Bewundernd drehte sie ihn und betrachtete ihn von allen Seiten ganz genau. Fast als fürchtete sie, er würde sich sofort in Luft auflösen.
    Charmant lobte Massa ihr Geschenk, doch Alpina konnte nicht umhin es schäbig zu finden. Verglichen mit dieser Präziose. Dann fragte er ob er einen Wunsch frei habe. Die Raeterin sah ihn überrascht an. Einen Wunsch? Was für einen Wunsch hatte Massa? Doch er sprach ihn nicht aus oder war das Anlegen des Armreifen schon der Wunsch? Alpina war verwirrt. Tatsächlich aber schien er sich um ihr Wohlergehen zu sorgen. Holte Met und etwas zum Essen. Sie mischten sich unter die Gäste.


    Alpina entdeckte Licinus und winkte ihm lachend zu. Die heitere Stimmung war ansteckend. Sie lachte und scherzte ausgelassen. Ganz ungewohnt für die sonst so zurückhaltende Alpina. War es weil sie so glücklich war, weil das Geschenk ihr sugerierte dass sie für Massa eine Bedeutung hatte oder wegen des Mets?

    Sie hörte die beruhigenden Informationen aus erster Hand und atmete erleichtert auf. Selbstverständlich glaubte sie Licinus.
    "Ja, ich mache mir Sorgen. Hauptsächlich wegen Ursi aber auch weil ich in Germania libra selbst erlebt habe wie barbarisch die Sitten sind. Manche der Sippenführer führen ein unerbittliches Regiment. Wenn die sich zusammentun und den Limes überqueren wäre es furchtbar. Weißt du, manchal traue ich dem Frieden hier nicht. Ich wünsche mir dass alles so bleibt und dass Ursi ein beschauliches, beschütztes Leben in Mogo führen wird, wenn sie groß ist. Aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass eine römische Siedlung in Flammen aufgeht. Ein Aufstand, eine Revolte oder eben ein Überfall aus dem freien Germanien.... sehr schnell ist alles fort was wir besitzten. Wenn man uns dann noch das Leben lässt... muss man schon froh sein."


    Alpina erinnerte sich an ihre Reise zu der weisen Germanin. Sie sah wieder vor sich wie sie nur sehr knapp einer Vergewaltigung entgangen war. Das wünschte sie niemandem. Ursi am allerwenigsten.


    Licinus Blick wurde wieder klar. Wasser lief aus dem Ohr. Nun schien alles raus zu sein.
    "Ich werde mich wohl daran gewöhnen müssen, dass nichts im Leben sicher ist - außer dem Tod. Geht es dir besser jetzt?"

    Sie nickte. Es war klar, dass er als Tribun seine Zeit mehr am Schreibtisch verbrachte als mit Wachdiensten. Dass er sich für sie und Ursi Zeit nehmen wollte, klang herrlich. Entsprechend strahlte Alpina.


    Massa beruhigte sie auch, dass Onasses seinen Teil abbekam. In der Casa Helvetia pflegten sie einen recht familiären Umgang mit den Sklaven und Bediensteten. Sie gehörten alle zur Familia und aßen deshalb an normalen Tagen mit ihnen gemeinsam oder zumindest dieselben Speisen. Alpina wusste aber auch, dass das nicht unbedingt üblich war. Ihr Schwager Curio war dankenswerterweise recht unkompliziert.


    Dann kamen ein paar Sätze, die Alpina ein Stirnrunzeln entlockten. Falls sich vielleicht mal eine Frau in meinen Haushalt verirren sollte, braucht sie nicht zu kochen. Und wenig später: Wenn ich hier die passende Frau kennen lerne, werde ich ncht nach Alexandria zurückkehren.
    Alpina wunderte sich. Erstens hatte sich gerade eine Frau in seinen Haushalt verirrt. Zumindest als Gast. Zweitens kochte sie gerne, auch wenn sie es in der Casa Helvetia auch nur selten selbst machen musste. Früher als sie noch alleine gelebt hatte, war das anders gewesen und sie hatte gerne gekocht.


    Die zweite Aussage verunsicherte sie. Er schien durchaus eine Frau zu suchen. Es klang aber nicht so als käme sie potentiell in Frage, so vage wie er es formulierte. Ein wenig enttäuscht sah sie Massa lange an.
    "Das ist interessant. Ich träume schon mein ganzes Leben davon einmal mehr von der Welt zu sehen als Mogontiacum und das nasse und kalte Germanien. Auch wenn Mogo meine Heimat geworden ist, hätte ich doch große Lust, die Länder zu sehen von denen die vielen Fremden hier immer erzählen. Wie gerne würde ich den Duft dieser Kräuter und Gewürze in den Gassen Alexandrias riechen."
    Sie machte eine Pause. "Allerdings darf ich vielleicht auch sagen, dass ich mich sehr freuen würde, wenn du hier bleibst." Und ganz leise sagte sie dazu. "Aber nur wenn ich dich ab und an sehen darf."

    Da passierte es. Massa umarmte sie. Sanft und ohne Druck auszuüben. Er streichelte sie und sie genoss sich an ihn schmiegen zu dürfen. Es war sehr schön, sich nach so langer Zeit mal wieder anlehnen zu können. Einen Moment nur, aber ein wunderschöner Moment. Alpina hielt vor Aufregung den Atem an. Er musste ihren Herzschlag hören. Laut pochte es bis in ihren Hals hinauf.


    Er bot ihr einen Gewürzwein an. Alpina nickte. Sie trank mit ihm. Dann machte er ihr großartige Komplimente. Sie wurde krebsrot im Gesicht.
    "Ich bin so froh, dass du dir die Zeit nimmst, mit mir zusammenzusein, wo du doch sicherlich sehr viel zu tun hast."


    Sie begannen zu essen. Alpina genoss den herrlichen Hecht. Nach den ersten Bissen, die sich Alpina förmlich auf der Zunge zergehen ließ, fragte sie.
    "Bekommt Onasses auch etwas von dieser herrlichen Cena? Ich hoffe er darf auch von seinen hervorragenden Kochkünsten profitieren."

    Der arme Licinus musste nicht nur die schlechte Nachricht verdauen, dass er auf seinem linken Ohr vermutlich zunehmend schlechter hörte, sondern die Ohrspülung setzte ihm ebenfalls gewaltig zu. Er musste sich wieder hinlegen.
    "Bleib nur liegen. Solange die Glocke über der Tür nicht leutet kann ich gerne bei dir bleiben. Wenn ein Kunde oder ein Kunde in die Taberna Medica kommt, kann ich ja schnell hinübergehen."


    Alpina beschloss Licinus etwas zu fragen, das sie brennend interessierte und insgeheim befürchtete. "Wir leben ja nicht wirklich weit der Germania Libra. Solange man hier in Mogontiacum wohnt, lebt man in Ruhe und Frieden. Wir haben hier nahezu alles was man braucht. Kannst du dir vorstellen, dass es eines Tages wieder anders ist? Dass wir Überfälle der Germanen fürchten müssen? Plünderungen und Brandschatzungen?"

    Gerne nahm Alpina das Angebot nach einem Getränk an. Sie ließ sich von Seneca einen Met reichen. Dann kam Massa auf sie zu. Er überreichte ihr ein Geschenk. Alpina sah ihn mit großen Augen an. Ein weiteres Geschenk? Er hatte ihr doch unlängst erst die vielen teuren Kräuter und Gewürze aus Alexandria geschenkt. Was war denn dieses Geschenk. Mit hochroten Wangen hauchte sie ein "Danke".


    Alpina hatte als Geschenke einen Korb mit in Honig eingelegten Nüssen mitgebracht. Sie überreichte Seneca, Licinus und Massa je ein Glas. Im Korb waren noch mehr Gläser, denn es würden sicher noch mehr Gäste kommen.


    Mit ihrem Becher in der Hand, zog sich Alpina an einen kleinen Tisch zurück um ihr Geschenk auszupacken. Als sie den glänzenden Armreif erkannte, hielt die Raeterin die Luft an. Ihr Blick suchte die Augen des Achaiers. "Massa, das kann ich nicht annehmen! Das ist viel zu wertvoll. Noch nie im Leben habe ich ein so wertvolles Geschenk erhalten! Es ist mir echt peinlich, dass ich da nur mit so einem schnöden Honigglas daherkomme."

    Man konnte erkennen wie tapfer Licinus mit gegen den Schwindel kämpfte. Seine Augen rollten mit der Drehrichtung. Alpina hatte großes Mitleid.
    Als Licinus ihr dann beruhigend die Hand auf den Unterarm legte und sie trösten wollte, obwohl doch er derjenige war, der eine schlechte Nachricht zu verdauen hatte, war sie sehr berührt. Sie betrachtete ihn liebevoll als er davon sprach, dass auch er mal ein Jungspund gewesen war und nicht immer ein alter, verknöcherter Präfekt. Ja, sie konnte es sich vorstellen. Ab und an blitzte dieser Tiro noch durch und den Humor hatte ihm der langjährige Dienst zum Glück auch nicht genommen. Alpina hätte ihn gerne als Tiro kennengelernt. Jung und voller Unsinn im Kopf. Doch mindestens ebenso gern hatte sie den erfahrenen und besonnenen Praefekten, als den sie ihn kennengelernt hatte und mit dem sie die Nächte an Esquilinas Bett verbracht hatte.


    Dann aber übermannte der Schwindel Licinus erneut. Er ließ sich zurückfallen und sie konnte nur ahnen, was er gerade durchmachte. Sie hielt seine Hand und steichelte sie sanft.
    "Bleib noch eine Weile liegen. Am besten auf der linken Seite. Vermutlich ist noch Flüssigkeit im Ohr. Wenn sie ganz draußen ist, wird es hoffentlich besser sein. Es ist mir arg, dass ich dir nicht besser helfen kann. Das Schlimmste für mich ist, wenn ich feststellen muss dass ich machtlos bin und einem lieben Menschen mit meinen Mitteln keine Hilfe bin. Glaub mir, es ist für mich immer eine Qual, wenn eine Entbindung mit dem Tod eines oder gar beider Menschen endet. Ich liebe meinen Beruf aber in manchen Momenten ist es einfach nur unendlich traurig. Und dann empfinde ich es immer als ein persönliches Versagen. Ich weiß, dass die Götter letztendlich entscheiden wer geheilt wird und wer lebt oder stirbt. Doch kann ich bis heute meine Verantwortung nicht ganz abschütteln. Immer wieder sehe ich es auch als meine Schuld an, wenn ich nicht helfen kann."

    Als Massa eine Tabula zückte, befürchtete sie eine astronomische Summe. Was dann jedoch kam, trieb ihr die Tränen in die Augen. Er addierte tatsächlich die Kosten für die seltenen und kostbaren Gewürze und Kräuter. Dann aber rechnete er diese Kosten mit seinem Leben auf.


    Alpinas Mund blieb offen stehen. Sie suchte nach einer Antwort, sah ihm zu wie er den Gewürzwein eingoss und eine Dattel aß. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Sein Wunsch Minerva möge sie schützen und der Weihrauch der die Luft mit einem schweren melancholischen Duft schwängerte, machten sie sentimental.


    Es war gut, dass er zunächst den Raum verließ. Alpina wäre ihm sonst sofort in die Arme gesunken. Sie kannte viele nette Menschen aber diese Demonstration ließ sie schwach werden. Schon zuvor war sie ihm zugetan, doch nun hatte er sie um den kleinen Finger gewickelt. Sie war dahingeschmolzen.


    Als Massa und Onasses zurückkamen, hatte sich die Raeterin ein wenig gefangen, doch noch immer glitzerten ihre Wimpern tränenfeucht und sie wischte sich verschämt über die Nase.


    Der Tribun filetierte den Fisch, der hervorragend duftete. Sie beobachtete jede seiner Bewegungen. Schließlich gab sie sich einen Schubs und legte ihre Hand auf die Massas.
    "Danke", hauchte sie. "Es beschämit mich, dass du meine Arbeit so hoch einschätzt. Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh bin, dich aufgeschnitten zu haben. Zumindest jetzt, wo ich weiß, dass du es überlebt hast und es zu schätzen weißt."
    Ein schelmisches Grinsen zeigte sich in ihren Mundwinkeln. Es musste ein seltsamer Anblick sein. Tränen in den Wimpern und ein entrücktes, verschmitztes Lächeln auf den Lippen.


    So sehr sie Fisch liebte und dieser hier besonders verführerisch roch, versank sie nun viel lieber in Massas braunen Augen.

    Nun musste Alpina ehrlich sein.
    "Du wirst selbst am Besten feststellen können, ob du jetzt besser hörst. Allerdings muss ich zugeben, dass sich nicht wirklich viel Ohrenschmalz gelöst hat. Es besteht noch immer die Möglichkeit, dass das Cerumen sehr tief sitzt, aber ganz ehrlich glaube ich nicht, dass das die Ursache deines schlechten Hörens auf dem linken Ohr war."


    Sie sah Licinus traurig an. "Ich hätte lieber eine andere Nachricht für dich."

    Alpina erschien mit Runa zur Saturnalienfeier. Curio war noch immer unpässlich.
    Mit "IO SATURNALIA" begrüßte sie erst den Hausherrn und seine Familie, dann Decimus Massa. Es freute Alpina außerordentlich, dass sie dieses Fest mit ihm gemeinsam feiern konnte. Auf ihren Wangen zeigte sich ein zartes Rot.


    Sie sah sich um. Alles war auf das Hübscheste hergerichtet. "Danke für die Einladung, Iunius Seneca. Es hat mich sehr gefreut, dass du erneut in dein schönes Landhaus zur Saturnalienfeier geladen hast. Es ist wunderschön hier."

    Alpina nickte schweigend als Licinus von der Härte des Winters und vor allem den zusätzlichen Problemen der Lagerhaltung sprach. Ratten und Getreidefäule... ein Wunder, dass es noch nicht zu echten Versorgungsproblemen gekommen war.
    Auch in der Casa Helvetia war es notwendig sich Gedanken über die Bevorratung zu machen. Mäuse und Ratten waren aber Dank Alpinas Kater Nero weniger ein Problem. Wobei der inzwischen auch lieber die Leckereien aus der Küche stibitzte als sich eine Maus einzuverleiben. Aber immerhin tötete er sie.


    An Licinus wandernden Augen konnte Alpina erkennen, dass der Schwindel eingesetzt hatte. Ein paar kleine Bröckchen Ohrenschmalz kamen mit dem Kräutersud nach draußen. Jetzt musste sie erst einmal dafür Sorgen, dass er den Rest der Flüssigkeit los wurde.
    "Dreh dich bitte auf die Seite, damit das überschüssige Wasser ablaufen kann. Ich werde es dann noch mit dem Ohrlöffelchen versuchen, wenn das Ohr wieder leer ist. Ist dir noch schwindlig?"

    Oh was für eine Überraschung. Massa versprach sie zu entführen! Es kribbelte ganz heftig in Alpinas Bauch. Sie versuchte ihre Nerven zu beruhigen und setzte sich brav abwartend hin.


    Er fing an ihr Alexandria zu beschreiben - und siehe da! Da war sie auch schon in dem Gewirr aus Gassen verschwunden. Sie hörte die fremdartigen Geräusche, roch die Dürfte unbekannter Substanzen und genoss diesen Zustand der Aufregung. Mit neugierigem Blick verfolgte sie den Mann im wehenden Gewand mit dem Tuch über dem Kopf und auch die Frau mit dunklem Teint. Sie roch das frische Brot und fühlte sich mitten drin in Alexandria.
    Die Straße der Gewürzhändler! Wie gerne wäre sie wirklich dort. Pfeffer! Schwarzer Pfeffer. Er reizte die Nase obwohl der nicht gemahlen war. Man konnte seine Schärfe riechen. Wieder schnupperte Alpina. Da, Lorbeer! Wie von Onasses Brot! Dann die Muskatnuss - ihre warme, sanfte Note umschmeichelte Alpinas Nase. "Oh wie wundervoll!"


    Nun hieß Massa sie den Mund öffnen. Alpina tat wie geheißen. Neugierig was jetzt käme. Da war sie, die Süße der Dattel. Alpina hatte sie schon gesehen aber nie probiert. Unglaublich süß und pappig. Wie fest gewordener Honig. Herrlich!
    "Hmm, was für ein Genuss!!"


    Was kam nun? Oh, sie erkannte den Duft des Weihrauchs. Das also waren die kleinen Steine in der Schale. Alpina liebte den süßlich-schweren Duft des Harzes. Ein teures Vergnügen. Sie spürte wie auch ihre Sinne vernebelt wurden. Der sinnliche Duft des Weihrauchs, die Süße der Dattel, der aphrodisische Geruch der Muskatnuss... Alpina genoss mit allen Sinnen.


    Sie öffnete die Augen als Massa sie darum bat. Ohh, wie schön es war. Schöner als die Saturnalien. In den Schälchen vor ihr sah sie die seltenen und teuren Gewürze und Kräuter, dazu Mohn, Salz und Safran. Safran! Er wurde mit Gold aufgewogen! Alpinas Augen wurden groß und rund. Das Harz der Myrrhe und Myrtenöl, der Saft des Schlafmohns und ein Säckchen mit Diptam. Dazu die Datteln und Feigen. Ein Traum von Nordafrika. Aber es war kein Traum. Massa hatte all das aus Alexandria kommen lassen.


    Plötzlich kam Alpina ihr Wunsch nach all den tollen Dingen vermessen vor. Das war ein Vermögen wert. Sie würde lange arbeiten müssen um es bezahlen zu können. Würde ihr Massa einen Teil stunden bis sie genug Geld beisammen hatte? Leise, beinahe stotternd flüsterte sie.
    "Decimus Massa, ich danke dir von Herzen für diesen schönen Spaziergang durch Alexandria. Es war Herrlich! Aber jetzt kommen mir Zweifel. ich kann das alles nicht bezahlen. Ist es in Ordnung wenn ich nur den Schlafmohn und den Diptam und vielleicht noch den Weihrauch bezahle und den Rest erst später? Machst du mir eine Aufstellung der Kosten, damit ich weiß wie viel ich dir schulde?"

    Alpina war Onasses gefolgt. Es fühlte sich schon ein klein wenig vertrauter an als beim ersten Besuch. Im Atrium des Hauses begrüßten sie einander. Die Raeterin fürchtete, dass ihr strahlendes Lächeln schon viel zu viel über ihre Gefühlswelt erzählte.
    "Salve, Decimus Massa. Ich freue mich sehr, dass ich wiederkommen durfte."


    Massa bat sie gleich ins Cubiculum. Dort stand heute ein Tisch auf den Teppichen. Onasses brachte Gewürzwein und ein Tablett mit kleinen Schälchen, die Alpina neugierig betrachtete. Sie nahm den Platz, der ihr angeboten wurde. Fast platzte sie vor Neugierde.
    "Magst du mir zeigen, was dir alles aus dem fernen Alexandria geschickt wurde? Ich bin sehr gespannt!"

    Interessiert hörte Alpina zu wie der Praefectus castrorum von der Arbeit der Legionäre und vor allem der Offiziere während des langen Winters erzählte. Sie hatte nie darüber nachgedacht wie wichtig die Planung der Versorgung einer solch großen Mannschaft war. Und dazu kam, dass das Imperium bürokratisch bis dorthinaus war. Listen in doppelter und dreifacher Ausfertigung. Dazu kam die unkalkulierbare Größe der Länge und Intentsität des Winters.
    "Wie schafft ihr es genug Vorräte in den Horrea zu haben, wenn ihr doch gar nicht wisst wie lang der Winter dauert? Manchmal haben wir ja noch im März oder April einen Wintereinbruch mit Schnee bis zu den Knien."


    Dann sprach Licinus von den Saturnalien und dem Erfindungsreichtum seiner Legionäre wenn es um Streiche ging. Alpina lachte unwillkürlich als sie hörte, dass die Soldaten ihm das Zimmer auf den Kopf gestellt hatten. Sehr lustig!
    "Entschuldige, dass ich lache, aber das ist eine verflucht gute Idee und eine Menge Arbeit noch dazu! Deine Legionäre sind sehr gewitzt!"


    Nun hatte das Öl lang genug eingewirkt. Es war an der Zeit das Ohr auszuspülen. Sie warnte den Praefectus vor.
    "Ich werde dir jetzt das Ohr ausspülen und hoffe, dass sich gleich zeigt warum du so schlecht auf dem linken Ohr hören kannst. Aber es kann sein, dass es dir schwindelig wird. Das passiert dann wenn die Flüssigkeit nicht genau deiner Körpertemperatur entspricht. Ich habe versucht, den Kräutersud auf die passende Temperatur abkühlen zu lassen, aber das ist immer schwer zu sagen. Mach dich darauf gefasst, dass es unangenehm werden kann. Vermutlich hast du gleich das Gefühl, dass es dich dreht."


    Sie füllte die Schweineblase mit dem Kräutersud, band das Röhrchen hinein und begann die Spülung.

    In letzter Zeit war Alpina häufig in der Casa Acilia. Die Wöchnerin musste betreut werden. Die kundige Hebamme sah täglich nach ihr und dem kleinen Jungen. Er entwickelte sich prächtig. Phrynes Dammnaht war noch nicht perfekt verheilt, doch am Tag vor dem "dies lustricus" hatte Alpina die Fäden ziehen können. MIt der richtigen Pflege, würde Phrynes Pforte wohl bald wieder empfangsbereit sein. Noch immer behagte der Raeterin die Vorstellung überhaupt nicht, dass Kaeso sein Herz an diese Schlange gehängt hatte. Dieses berechnenede Weibsstück, das mit den Männern nur spielte, würde sein empfindliches Herz brechen, da war sich Alpina sicher.


    Sie erschien zur Namensfeier mit einem Geschenk für den kleinen Jungen, der zukünftig den Namen des phygischen Heros tragen würde: Attis.
    Alpina fand die Namensfindung mehr als unpassend, hielt sich mit Kommentaren aber zurück. Es war nicht ihr Kind und sie hatte schon oft zusammengezuckt wenn Eltern ihren Kindern eigenartige Namen gegeben hatten.


    In dem Stoffpacket, das praktischerweise aus einem leinenen Windeltuch bestand, lag eine kleine Rassel in Form eines Sistrums. Das Musikinstrument, das im ägyptischen Isiskult verwendet wurde, war Phryne durch die Gemeinschaft der Tempel der Isis und der Kybele sicher vertraut und sie hoffte es würde sie freuen. Dass es Attis gefallen würde, daran hatte Alpina keinen Zweifel.

    Die Kräuterfrau war froh Onasses eine Freude machen zu können und übergab ihm ein Döschen mit einem Balsam für die Rasur. Auf die Frage, ob sie alles selbst mache, nickte Alpina.
    "Ja ich mache alles selbst. Nur die Heilkräuter, die aus fernen Ländern kommen oder die meine bescheidene Produktion im Kräutergarten überfordern, kaufe ich zu. Ich zeige dir gerne mal wie es geht, wenn du mal etwas mehr Zeit hast."
    Sie lachte bei dem Gedanken, dass Massa das Paket aus Alexandria gleich auspacken wollte. Wie ein kleiner Junge... stimmte es nicht? Männer wurden angeblich nie erwachsen.... da war doch was dran.


    Also hängte Alpina ein Schild an die Tür, dass die Taberna Medica geschlossen war und schickte sich an mit Onasses zur Castra zu laufen.