Beiträge von Apolonia

    Babila stand lauschend vor der Tür und zögerte noch diese nach dem Klopfen zu öffnen. Er würde alles für seine Frauen tun, wenn er nur mehr Mut hätte. Jetzt gerade drohte wieder das letzte Fünkchen zu verschwinden. Während er zauderte, sah er die Urbaner aber auch den wütenden Nachbarn im Geiste vor sich. Zitternd ging seine Hand langsam nach vorne und wie wenn wer anders Besitz davon übernommen hätte, riss er plötzlich, für sich selber auch völlig überraschen, die Türe auf. Von seinem Tun selber überwältig starrte er Dracon und Borkan an. Jeder andere hätte jetzt gesagt, kommt rein oder ähnliches, von ihm kam aber wieder ein Hilfloses: „Ähm“.

    Apolonia saß alleine in ihrem Zimmer und knabberte ganz in Gedanken an ihren Fingernägel rum. Etwas was sie schon seit Kindertagen nicht mehr gemacht hatte. Welche Frau wollte schon mit angenagten Fingernägeln herum rennen. Dies war jetzt jedoch zweitrangig für sie. Zu viel war in den letzten Tagen geschehen. Morrigan war verschwunden und Borkan war unterwegs gewesen um die Stadt nach ihr zu durchforsten.
    Wie er erfahren hatte war sie eingefangen worden. Apolonia wusste wie zäh und ausdauernd sie sein konnte, doch sie kannte auch die vielseitigen Möglichkeiten der Römer verstockte Sklaven zum reden zu bringen. Was wenn Morrigan ohne, dass Sies wollte verriet wo sie waren, Dracon und sie.
    Hinzu kam, Borkan hatte erfahren das die Urbaner in der Taberna `Rufo's Elysium' waren. Sie war nie dort gewesen, doch was war wenn das erst der Anfang nach der Suche war. Sie würde jedenfalls zunächst ihre Wohnung hier in der Insula XXI nicht verlassen. Babila würde sie mit allem nötigen versorgen. Es war wieso besser wenn er auch dem Lupanar fern blieb. Und Borkan würde die Verbindung zum Lupanar, der Außenwelt und hoffentlich Dracon aufrecht erhalten. Apolonia machte sich auch Sorgen um ihn. Warum wusste keiner wo der steckte?
    Lauschend hob Apolonia den Kopf, kamen sie da? Sie hatte alle die im Lupanar arbeiteten zu sich bestellt. Es musste abgesprochen werden wie es weiter ging. Welche Schritte sie nun übernehmen mussten.

    In den frühen Morgenstunden kam Borkan endlich nach Hause. Voller Sorge schauten Apolonia und Ines ihn an, denn sie erwarteten einen Bericht über den Verbleib von Morrigan. Leider hatte er noch keine wirkliche Spur von ihr gefunden, dafür wartete er aber mit einer anderen Nachricht auf.
    Er hatte in der Nacht im Park am Tiber ein Pärchen entdeckt und beobachtet.


    Ines
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    „Wir brauchten noch Oliven und Trauben“, meinte Ines zu Greta auf dem Markt, da die beiden seit Morrigans Abwesenheit den Einkauf übernommen hatten. „Ach ich habe dir noch gar nicht erzählt was Borkan in der Nacht beobachtet hat“, fing Ines an Greta zu erzählen.
    „Stell die vor, er hat doch die Tochter von jenem scharfen Hund, der bei uns im Lupanar war, wegen der Überprüfung, dem Tribun, wie war doch gleich sein Name, ach ja richtig Markus Iulia Dives, mit einem Kerl da rummachen sehen. Stell dir das vor. …Eine Frau alleine im nächtlichen Rom, wann hat es so was schon gegeben? Dazu noch aus dem Hause, sie ruiniert ja nicht nur ihren eigenen Ruf, sondern auch den der ganzen Familie. ….Weißt du ich frage mich ob er das überhaupt weiß? Irgendwer sollte ihm das stecken. … Da macht er bei uns so auf Sittsam um Tugendhaft und hat selber ein Flittchen in der Familie. Aber über uns die Nase rümpfen.“ Ines spürte selber wie sie sich langsam in Rage redete und immer mehr Marktbesucher stehen blieben, zuhörten und sie anschauten. „Ist doch wahr, ich hab doch recht oder?“ wandte sie sich an die Zuhörer.
    Von dem ein oder anderen kam ein zustimmendes Kopfnicken und ein allgemeines Gerede fing zu dem Thema an.

    Zitat

    Original von Titus Germanicus Antias
    Ja, er hörte sie. Selbst als Apolonias Stimme längst hinter der geschlossenen Tür verhallt und er durch das dunkle Treppenhaus hinunter zu der Pforte gelangt war, hörte er sie. Er hörte sie auf seinem Weg hinaus in die Nacht, hörte sie deutlicher je weiter er sich von ihr entfernte. Er nahm sie mit sich fort. Ihre Stimme, ihren Duft, ihre meergrünen Blicke. „Und ich dich, Dorcas ..“ sagte er leise vor sich hin während er auf den Tiberis zu stapfte. „..du weißt nicht, wie sehr.“ Er musste sie jetzt in ein stilles warmes Zimmer in seinem Herzen ziehen lassen, um sich auf die Dinge zu konzentrieren, die vor ihm lagen. Und das war nicht nur der Rückweg durch die Stadt in die Castra. Er würde für sie da sein, aber das konnte er weder aus dem Carcer heraus noch als halbherziger Tiro. Wenn sein Weg wieder zu ihr führen sollte, durfte er ihn nicht aus den Augen verlieren.


    Kurz vor der Tiberisbrücke am nordöstlichen Rand des Trans Tiberim drückte er sich in einen dunklen Torbogen und wechselte erneut seine Kleidung. Die Ziviltunica verschwand im Sack und der Sack schließlich im Fluss. Dann überquerte er zügig die Brücke, wurde schneller und schneller und rannte schließlich als ginge es um sein Leben. Was so nicht ganz zutraf, denn es ging um ihrer beider Leben.



    Lauschend lag Apolonia im Bett, nichts außer den leisen Atemzüge von Babila und den nächtlichen Geräuschen des Hauses war zu hören. Unwiderruflich war Antias weg.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie erfahren, dass ein Mensch sie meinte, nicht ihren Körper oder ihre Dienste die sie anbot. Er begehrte sie die Frau. Ausgerechnet er konnte so wenig über seine Zeit verfügen.
    Jetzt wo er weg war, fielen ihr die tausend Fragen ein, die sie ihm hatte stellen wollen, nichts davon war ihr beantwortet worden, da die Zeit so eng bemessen war.
    Plötzlich mit einem Ruck saß sie da und wenn sie zu ihm ging, wenn er nicht raus konnte. Schließlich war er ja nicht einkerkert. Wen aber sollte sie fragen, ob diese Möglichkeit bestehen würde? Sollte sie Babila wieder losschicken, der arme Kerl war aber eh schon mit den Nerven fertig.
    Es gäbe allerdings die Möglichkeit den ein oder anderen Kunden im Lupanar danach zu fragen.
    Jetzt konnte sie kaum noch die Morgenstunden abwarten um zu ihrem Arbeitsplatz zurück zu kehren. Sie stand auf und weckte die beiden Sklaven, damit die Wohnung aufgeräumt würde und sie sich anziehen konnte. Zwischendurch aß sie ein paar Häppchen und trank ein paar Schlucke sehr verdünnten Wein.
    Die Sklavin packte die restlichen Essensachen in einen Korb, Babila löschte alle Kerzen und sie verließen gemeinsam die Wohnung. Lauter wie nötig schloss Apolonia die Türe, schließlich sollte der Nachbar wissen, dass sie weg war.

    Apolonias war sichtlich beunruhigt. Zu lange war Morrigan schon weg. Normalerweise war sie es die auf einhalten der Zeiten allergrößten Wert legte, vorhin jedoch hatte Greta einen Stammkunden von Morrigan weggeschickt weil diese noch nicht zurückgekehrt war. Es unverständlich für sie alle.
    Aus diesem Grund hatte Apolonia eben Borka losgeschickt, um sie zu suchen. Das dies nicht die beste Wahl wusste sie selber, doch Dracon war auch nicht da. Wer also sollte gehen? Nun ging ihr Weg ständig von ihrem Zimmer ins Atrium, von dort in die Küche und dann wieder zurück.
    Je später es wurde um so mehr steigerte sich ihre Unruhe. Sie selber machte sich auf zu ihrer Wohnung dort konnte Borkan sie dann finden.

    Der letzte Kuss und sein Lösen von ihr brachte die Veränderung. Apolonia lag da stocksteif wie eine Puppe, nur ihre Augen folgten jeder seiner Bewegungen im Halbdunkel des Zimmers. Was sie jetzt erlebte kannte sie schon aus ihren Träumen. Jenen nervenzerfetzenden Träumen, von denen man gequält aufwacht, sich wünscht, dass er wiederkehren würde um alles ändern zu können. Sie nahm an, dass jeder dies schon erlebte. Man spricht, redet, schreit in den Träumen, ohne das man gehört wird. Man rennt und kommt nicht von der Stelle. Einholen kann man niemanden, weglaufen vor keinem und nichts. Die Bedrohung nimmt genau wie das Herzklopfen zu. Man sieht sich selber und kann doch nichts ändern. Oder man erlebte Träume in den alles wunderbar lief, bis das Bild plötzlich verschwunden war und man sich an einem anderen Ort und in einer anderen Zeit befand.
    Langsam zäh verrann die Zeit und dennoch wünschte Apolonia sich, sie möge nicht verrinnen, einfach stehen bleiben.
    Sie sah wie Babila ihm half und hätte ihn verwünschen können.
    Ja sie würden die Scherben stück für Stück zusammentragen und fügen. Mit großer Mühe nickte sie nur zu seinen Worten. Sie wollte sich etwas aufrichten um wenigstens seinen Weg bis zur Türe bis zum letzten Augenblick verfolgen zu können. Es gelang nicht. Wie teilnahmslos lag sie da. Reden wollte sie ihn zur Türe begleiten oder wenigstens winken.
    Etwas geschah dann doch, ihre Mundwinkel zuckten, Tränen bahnten sich ihren Weg nach draußen. Damit löste sich die Erstarrung und zuerst leise, wie für eine Probe kamen ihre Worte. „Ich liebe dich.“ Dann lauter, fester, selbstbewusster. „Hörtst du? Ich liebe dich.“

    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa
    „Das ist ein sehr wichtiger Grund morgen frei zu bekommen. Erlaubnis erteilt.“ Ohne Zögern gab ich mein Einverständnis. Es war ein durchaus großes und wichtiges Ereignis für Coriolanus. Durch Rom, drei Straßen links, w Straßen queren und rechts abbiegen. Die Gegend wurde zusehends schlechter. Die Häuser waren nicht mehr mit Marmor verkleidet. Der Putz begann zu bröckeln. Eine Gasse entlang bis zu einem unscheinbaren Häuserdurchgang, an dem stand aus roten Mosaiksteinen „Aedes iste Laetitia“. Hier hatte ich alles abgesprochen. Speisen und Getränke sollten hierher geliefert werden. Alles Weitere hatte ich der Frau überlassen, die hier das Regime führte. Heute war ausgemacht. Man wartete bereits auf uns. Das Schild „ Geschlossene Gesellschaft“ war eindeutig. „ Hier sind wir richtig. Na dann, lasst uns sehen was sich alles hinter dieser Tür verbirgt. Ich denke, jeder wird heute auf seine Kosten kommen.“ Ich klopfte an die Tür.


    Alles war vorbereitet. Morrigan hatte wie üblich alles bis ins kleinste Detail kontrolliert. Sie waren inzwischen ein eingespieltes Team, trotzdem handelte sie nach dem Motto, Vertrauen ist gut, Kontrolle aber besser. Keiner der hier beschäftigte fühlte sich deshalb aber gekränkt, im Gegenteil, dankbar waren sie ihr, dass sie alles im Blick hatte, denn das war zu ihrer aller Vorteil.
    Nun konnte sich die angesagte Gesellschaft einfinden. Alle Anwesenden, hatten noch mehr Sorgfalt als üblich auf ihr äußeres Erscheinungsbild gelegt.
    Schon klopfte es an der Türe alle Augenpaare schaute zum Eingang. Konkurrenz zueinander kannten sie nicht, trotzdem war jeder von ihnen gespannt, wer jetzt eintreten würde und wem sein Interesse galt.

    Nein Apolonia schlief bestimmt nicht. Sie wollte nur nicht hören was jetzt kam. Schon waren sie da die Worte, die heimlich die ganze Zeit gelauert hatten um sie nun anzufallen.
    Abschied nehmen hatte sie sich einmal geschworen wollte sie nie mehr. Deshalb hatte sie alles auf Distanz zu sich gehalten. Hätte sie denn auch damals, als sie noch ein Kind war, ahnen können, dass sie einmal der Erfüllung ihres Lebensinhaltes begegnen würde.
    Sie hatte genau das Gespräch, welches an der Türe statt fand verfolgt und gehofft Antias würde schnell zu ihr zurückkommen und wieder neben ihr den Platz einnehmen.
    Schon kam er zurück, mit geschlossenen Augen wartet sie darauf das er neben ihr zu liegen kam, doch was sie dann hörte gefiel ihr nicht. Nicht jetzt schon, warum zog er sich schon an? Vergessen war in dem Augenblick die Sorge um ihn, sie wurde egoistisch. Er sollte bleiben, er durfte nicht gehen.
    Sie spürte seinen Atem, als er sich zu ihr hinabbeugte schon schlangen sich ihre schlanken Arme um seinen Hals, zogen ihn weiter abwärts zu sich hinunter. Ihr Herz hämmerte plötzlich wie wahnsinnig, Tränen schossen ihr in die Augen, deren Austritt sie mühsam unterdrückte. Ein Kloß steckte in ihrem Hals. Stoßweise stieß sie hervor: „Bleib, bitte bleib bei mir, geh nicht.“ Sein Dienst würde ihn hindern wieder zu ihr u kommen. Es gab doch noch so unendlich viel zu sagen.

    Mich verliert man nicht, ich mach Krach, klang es noch in Apolonias Ohren, als sie diesen erwähnten Krach meinte zu hören. Kein Irrtum, den Krach gab es wirklich, Antias hörte ihn auch. Nein, Babila würde nie solchen Lärm veranstalten. Sie erkannte sofort die Stimmen von ihrem unbefriedigten Nachbarn. Lustig fand sie es ganz und gar nicht: War er wieder auf seinem Trip, der ganzen Welt zu erzählen welchem Beruf sie nachging. Offensichtlich wollte er sie auf diese Art aus dem Haus vertreiben. Das eine Lupa auch ein Privatleben hatte, darauf kam sein verklemmtes Hirn wohl nicht. Sie war hin und her gerissen zwischen Kampfeinstellung und gelassenem zurücklehnen, denn Antias war inzwischen auf dem Weg zur Türe. Der Krawallmacher würde ihr Glück nicht zerstören, nicht der. Er konnte ihretwegen im Lupanar mit ihr veranstalten was er wollte, hier aber nicht. Hatte Antias eben gefragt ein Freund? Nein der ganz bestimmt nicht. Nicht der von der Fraktion Sittenstreng und dann nur einen hochbekommen wenn er die Frauen erniedrigte und misshandelte. Ein wenig Furcht überkam sie dann plötzlich doch. Hoffentlich ging alles gut, es sollte doch nicht zum Schaden für Antias sein. Jetzt saß Apolonia aufrecht im Bett uns lauschte in Richtung Türe.

    Zitat

    Original von Titus Germanicus Antias
    Antias war wach und lebte, nichts geringeres. Das erste mal war er wirklich wach und am Leben. Mit geschlossenen Lidern lauschte er den leisen Atemzügen neben sich, ließ die Hand langsam über Apolonias noch schweißfeuchten Rücken streichen und lebte. Er hatte an etwas gerührt, das hinter allem war. Zuhören hatte er gewollt, sie fragen, ihr erzählen, einfach nur bei ihr sein. Aber der Fluss der verrinnenden Augenblicke hatte sie beide einfach fortgerissen in ein uferloses Meer aus unerfüllten Träumen auf dem Fragen und Antworten keine Rolle mehr spielten. Lachend hatten sie sich umbrandet wie aufgepeitschte Wellen, waren auf schäumenden Wogen in den sturmschwarzen Nachthimmel gehoben und von brodelnden Tälern wieder verschlungen worden. Das rauschenden Blut in ihren Adern hatte sie in einem Strudel aus blauem endlosen Nichts gezogen und wieder emporgetrieben in die flirrenden Strahlen des Spätsommermondes. Nun war der ewige Ozean unter ihnen dunkel und friedvoll geworden und wiegte sie sanft durch die Nacht. Lächelnd fühlte er ihren Blick auf sich ruhen und sah zu ihr auf.


    Leuchtend meergrün funkelte ihr Blick durch das Dunkel, weit und offen und endlos tief. Sie sah ihn schweigend an. Aber was sah sie? Sah sie was er sah? Sah sie auch etwas hinter allem? War sie auch so endgültig wach und so unumkehrbar am Leben wie er? Was wünschte sie sich? Wovon träumte sie? Was konnte er tun, um sie so glücklich zu machen, dass sie es bleiben würde? Sollte er ihr sagen, was er fühlte? Wusste sie das nicht bereits? Behutsam zog er sie an sich, küsste ihre Stirn und schlang seine Arme um sie. Den Blick haltlos in die Nacht gerichtet suchte er nach Worten. „Was auch immer aus uns werden wird .. du bist das Wasser auf meinen Wurzeln.“ Ein leichtes Schaudern lief über ihre Haut. Antias griff unter sich, bekam die zerwühlte Decke zu fassen und zog sie Apolonia vorsichtig über die Schultern.
    „Du frierst ja. Was kann so kalt sein, dass es dich an meiner Seite frieren lässt?“



    Zufrieden, gesättigt, glücklich und geborgen in Antias Armen, wie noch nie in ihrem Leben, kostete Apolonia den süßen Nachgeschmack der vergangenen Stunden. Die Stunden der Erfüllung all ihrer Träume ihres Lebens. Sie hatte das gefunden, was sie sich nie zu erhoffen wagte. Sie spürte und wusste es, sie waren die Menschen die füreinander bestimmt waren. Er wusste es genau wie sie. Ihre Liebe zu ihm wurde erwidert. Glück was nicht vollkommener sein konnte.
    Worte drangen zu ihr vor, Worte deren Bedeutung sich langsam zu einer riesigen, dunklen, undurchdringbaren Wand von Angst vor ihr aufbauten. Das Gefühl des drohenden Unheils, was daraus erwuchs ließ sie erschauern. War es ihre Schuld, weil sie sich in sein Leben gedrängt hatte? Brachte sie Unheil, Gefahr über ihn? Musste sie ihn los lassen, sich von ihm trennen? Konnte sie ihn nur so schützen?
    Furcht gemischt mit Traurigkeit machten sich breit und trieb sie noch enger an ihn. „Angst dich für immer zu verlieren“, kam furchtsam aus ihrem Mund und es ist meine Schuld, fügte sie in Gedanken hinzu.
    Apolonia war sich sicher, sie würde alles tun um ihn zu beschützen. Sie die sich bisher immer, egal auf welche Art und Weise, genommen hatte was sie wollte, würde, wenn es sein musste, ihr Leben für Antias hergeben.
    Zum zweiten Mal überlegte sie, ob sie sich ihm anvertrauen sollte und ihm ihr Geheimnis beichten könne. Nein heute nicht, entschied sie. Sie wollte die Stimmung die gerade sowieso zu kippen drohte, nicht vollends zerstören.



    Es klopfte? Babila's Nerven hatte sich gerade etwas entspannt und schon waren sie wieder in Alarmbereitschaft. Wer wie was? Apolonia wäre über eine Störung jetzt sicher alles andere als... Also ging das Nervenbündel an die Tür öffnete dieses genau so weit, das er hinaussehen, man aber nicht ins Zimmer blicken konnte.
    Babila erkannte den Nachbarn was kam war sein fast schon obligatorisches „Ähm?“

    Lauschend stand Apolonia mitten im Raum. Da waren doch Stimmen zu hören, ja und jetzt waren da nicht Schritte die sich näherten? Wie erstarrt stand sie da, die Hände ineinander verschlungen. Wie wenn alles nicht wahr war? Ein Trugbild was ihr vorgegaukelt wurde, nur um sie danach mit aller Wucht zu zerschmettern. Das brausen in den Ohren nahm zu, sie war nicht mehr sich ob sie wirklich etwas gehört hatte. In diesem Augenblick stand er in der Türe, groß, mächtig, stark.


    Sie schwebte, sie schwebte über Blumen bewachsenen, sonnenüberfluteten Wiesen. Der sanfte Wind wehte süßen Blütenduft zu ihr. Sie begehrte den Nektar der Liebe. Jene Liebe die sie bisher so schmählich in ihrem Leben vermisst hatte. Eben diese Liebe die gerade erst zu erblühen angefangen hatte. Sie wollte genährt, gepflegt werden, dazu war nur einer fähig ihr Antias.


    Sie wusste nicht wirklich wie sie auf ihr Bett gekommen war. Alles was geschehen war kam ihr wie ein Traum vor, nur schemenhafte Bilder zuckte vor ihr auf. Nun lag sie neben ihm, den Ellenbogen aufgestützt, den Kopf auf der Hand ruhend, versonnen lächelnd sein Gesicht anschauend.
    Es war kein Traum gewesen, es war Wirklichkeit, denn sie spürte ihn neben sich und sah seine zufrieden Gesichtszüge.
    Das Gefühl als ob ihr Herz zerspringen würde nahm zu und dennoch wollte sie es nicht missen.

    Unzählige Küsse hatte sie in ihrem bisherigen Leben, gewollt und mehr noch, ungewollt empfangen. Was sie jetzt aber erlebte war neu für sie. Von dem Augenblick an, da seine hand sie berührte, seine Lippen die ihren berührten bis sie sich wieder lösten erkannte sie ihren eigenen Körper nicht wieder. Es fing an mit einem sanften freudigen Herzklopfen, welches sich rasend schnell verstärkte um bei einem wilden hämmern stehen zu bleiben. Ja nach einem beengendem Gefühl, blieb es, schlicht weg, einfach stehen, sein Schlagen setze aus, um dann mit einem zerreißenden Schmerz wieder ein zu setzen. Ihre Vernunft hatte sich eingeschaltet und gab ihr, in dem lärmenden rauschen in ihren Ohren hinein, immer wieder ein, dem Verlangen des restlichen Körpers könne sie hier und jetzt nicht nachgeben, was den Herzrhythmus bestimmt noch mehr durcheinander brachte.
    So sehr sie ich wünschte, der Kuss möge sich wiederholen, so sehr musste sie schmerzlich zugeben, dass es gut war nicht weiter zu küssen.
    Es dauerte etwas bis seine Worte zu ihr vordrangen. Heftig schüttelte sie ihren Kopf. „Bei allen Göttern nein“, kam es fast schon zu laut von ihr. „Entschuldige wenn ich dich jetzt in Sorge versetzte, doch ich hielt es nicht mehr aus. Ich musste dich einfach sehen, um die Wartezeit zu überstehen.“ Ihre Augen bettelten um Entschuldigung, denn ihn kompromittieren wollte sie nicht, doch ihr Lippen bettelten bald um einen Kuss.
    Als sie dies merkte riss sie ihre Augen von ihm, wandte den Kopf kurz ab und sprach ins leere, mit Tränen in den Augen. „Jetzt sah ich dich, jetzt überstehe ich die restliche Zeit.“ Es war genug, jetzt musste sie zu ihrer beiden Schutz weg.

    Apolonias Nachbar, jener merkwürdige Lucius Petronius Crispus war wohl doch nicht zu Hause, stellte Apolonia fast schon enttäuscht fest. Babila, dessen zittern bei der Bemühung die Türe zu öffnen, wegen Apolonias anmeckern, sich verstärkte, hatte es schließlich doch geschafft.
    Nun galt es an die Arbeit zu gehen. Alles sollte perfekt sein, so wie sie es bei ihren früheren Herrschaften erlebt hatte und selber oft genug herrichten musste. Bilder tauchten vor ihren Augen auf, welche sie aber schnell verdrängte. Jetzt wollte sie ihr eigenes kleines Glück erschaffen.


    Es war alles nach Apolonias Vorstellungen hergerichtet, in ihren Augen einfach perfekt. Die letzten Stunden bis zum eintreffen Antias zogen sich zäh dahin. Mehrmals hatte sie Babila schon auf die Straße geschickt um Ausschau zu halten. Dieser hatte natürlich bei dem Anblick der feiernden Menschmasse sofort die Flucht ins Haus zurück ergriffen und auf ihre Frage, ob er etwas gesehen hätte, den Kopf geschüttelt. Was bei der Menschenmenge die er gesehen hatte und wegen der geflohen war, s ja nicht stimmte. Sie selber hatte schlichtweg ihre Erinnerungen, von dem was an diesem Tag auf den Straßen Rom immer los war, verdrängt.
    Sie wurde immer nervöser, quälte sich mit Selbstkritik, was es bisher noch nie bei gegeben hatte. Rannte nervös hin und her, schmiss sich auf die Kline um gleich wieder auf zu springen um an irgendeinem Teil herum zu rücken oder zupfen. Strich prüfend über ihr Haar, rannte in die kleine Culina um einen prüfenden Blick über alles hergerichtete zu werfen. Einen tadelnden Blick auf die verängstigte Sklavin, die sich in eine Ecke verkrochen hatte und wieder zurück.
    Abermals wurde Babila nach unten gescheucht, der nun mit dem Gedanken spielte, nicht bis zum Eingang zu gehen, langsam die Treppe hinab stieg und fast mit Antias zusammen gestoßen wäre. Natürlich kam nun als erstes sein übliches „Ähm.“

    Ja jetzt gleich musste es kommen, sein Gesicht hier vor ihr auftauchen. Seine Augen, die strahlen würden, wie Sternen am nächtlichen Himmel.
    Apolonia schloss ihre Augen mit dem Hoffen, nein mit dem Wissen, dass wenn sie diese öffnete, er sie anschauen würde um sie anschließend zu küssen.
    Wie oft hatte sie es sich in den letzten Tagen und Nächten vorgestellt, seine Lippen auf den ihren zu spüren. Den ersten Kuss von ihm zu empfangen.
    An einer anderen, unbeobachteten Stelle wäre es ein leichtes gewesen, einfach ihre Arme um seine Hals zu schlingen um diesen Kuss einzufordern. Doch hier und jetzt, legte sie sich selber Zügel an, wie einer feurigen Stute die durchzugehen drohte.
    Die Augen noch immer geschlossen flüsterte sie. „Nein, darum küss mich doch endlich“.
    Mehr konnte sie zu dieser Zeit und an diesem Ort wohl kaum erwarten.

    Aufgeregt aus Vorfreude über den Festtages des Iuppiter Liber, Babila und eine Sklavin immer wieder zurechtweisend, obwohl kein Grund vorhanden war, kam Apolonia und ihr Gefolge an ihrer Wohnungstür in der Insula XXI an.
    Ihre Aufregung bezog sich nicht auf den Festtag sondern auf den gast den sie an diesem Abend erwarten würde.
    Natürlich ging die Wartezeit während es Türe aufschließen und Türe öffnen nicht leise vor sich. Natürlich geschah dies mit voller Absicht. Ihr Nachbar sollte ihre Ankunft schließlich mitbekommen. Ferner war es ihr wichtig, das er erfuhr, dass sie Besuch erwartete. Und welch ein Besuch, sie durfte nicht daran denken, sofort wurde sie ganz fickerig. „Babila wird das den heute nch etwas? Wie lange soll ich denn noch warten“, ertönte es lauthals von ihrer Seite.
    Jetzt hieß es die Wohnung gründlich zu säubern und alles für vorzubereiten. Die Sklavin würde am Nachmittgag kommen Blumen mitbringen. Sie würden gemeinsam diese arrangieren und dann hatte die Sklavin für das leibliche Wohl zu sorgen. Obwohl Apolonia nicht wusste ob dafür die Zeit reichte und sie sich lieber nur angenehmeren Dingen zuwenden würden.

    Apolonia hätte ihre Antwort fast geschrien, noch rechtzeitig hielt sich den Mund zu, ehe sich langsam ihre Hände dort wieder lösten und sie Fast unhörbar hauchte:[SIZE=7] „Ja ich bin es.“ [/SIZE]Fieberhaft überlegte sie, wie es nun weitergehen sollte ohne ihn in Gefahr zu bringen. Sollte sie die wahnwitzige Idee, welche gerade in ihr aufkam, ihm mitteilen? Vor Aufregung und um sich zu beruhigen biss sich auf den Fingerknöchel ihres rechten Zeigefingers. Ja sie würde den Vorschlag machen, sie wollte seine Augen sehen ihn spüren, sonst würde sie die Tage nicht durchhalten. Den Vorhang einen winzigen Spalt zur Seite ziehend fragte sie: “Muss du dir die Sänfte nicht genauer ansehen und kontrollieren?"Jetzt hoffte sie, dass er sie verstand und zu ihr in die Sänfte kommen konnte. Abermals ganz leise fügte sie noch hinzu.[SIZE=7] „Du musst doch nachschauen ob es mir gut geht.“ [/SIZE]Nun folgte ein innerliches Stoßgebet zu den Göttern. Sie sollten helfen, damit alles so lief wie sie es sich vorstellte.

    Babila schaute Antias verzweifelt an. Öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. Er verstand einfach nicht warum er gefragt wurde. Warum Antias nicht gleich seine Fragen an Apolonia stellte. „Ähm* kam wieder von ihm, dieses Mal eher um sich eine kleine Pause zu verschaffen und seine Gedanken zu ordnen. Er verstand auch nicht wo sein eigenes Problem lag, warum er Antias nicht einfach sagte Apolonia wäre in der Kutsche. Hatte sie es ihm verboten? Nein, also. Sie könnte sich ja auch selber melden. Immer musste er die Suppe auslöffeln. Sie hätte ihm doch einfach ein oder zwei kleine Anweisungen geben können. Jeder der Babila anschaute konnte sofort sehen wie gewaltig es in seinem Gehirn arbeitete.


    Indessen überlegte Apolonia wie und ob sie sich melden sollte. Sie wollte ihn aber keinesfalls kompromittierten oder sonst schaden. Bestimmt würde er gerade gegen irgendwelche Vorschriften verstoßen. Dann war da noch ihr eigenes Problem.
    Verzweifelt kaute sie auf ihre Unterlippe. Als sie jedoch hörte, dass Babila nun ganz schwieg, rang sie sich doch dazu durch sich leise zu melden. Sie bewegte ein wenig den Vorhang und flüsterte leise. „Pst, hier Antias.“
    „fast gleichzeitig war auch Babila zu einem Entschluss gekommen. So kam von ihm „Ähm, sie ist“, dabei wies er mit dem Daumen zur Sänfte.

    Babila hatte befürchte, dass das passieren würde. Er wollte doch keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen und nun hatte er ihn dach entdeckt. Mehr noch, er kam zu ihm rüber. Warum gab es kein Loch hier, worin er einfach verschwinden konnte.
    „Ähm“, was sollte er auch sonst sagen. Man hatte ihm nicht gesagt was er sagen sollte. Er wusste doch auch nicht warum sie hier waren, das musste Apolonia ihm selber sagen. Was hatte er noch gefragt? „Nein“, antwortete er kopfschüttelnd. Passiert war nichts, nicht das er es wusste.
    Die Schultern hochgezogen die arme leicht abgespreizt, schluckend stand der arme Tropf vor Antias und schaute diesen verzweifelt an.

    Irgendwann war Apolonia dann doch eingeschlafen. Der Erfolg war, am nächsten Morgen lief sie mit total verquollenen Augen durch das Lupanar. Sie merkte selber so wie sie von allen angeschaut wurde, dies war nicht tragbar, was also tun?
    Zuerst ging sie zurück auf ihr Zimmer und machte sich ausgehfertig. Wie sie es immer machte ganz Römerin. Heute wollte sie keine Stola tragen, sondernde Palla. Wo sie aber hin wollte wusste sie selber nicht recht. Oder doch? Da war etwas was ihr unhörbar etwas einriet. Zunächst wehre sie den Gedanken ab, doch er war hartnäckig, äußerst hartnäckig.


    Einige Zeit später hielt in einem gewissen Abstand eine Sänfte vor dem dem Haupttor der Castra Praetoria. Neben der Sänfte stand Babila. Der Vorhang wurde ein Spalt zur Seite geschoben und die Wache aufmerksam gemustert.
    Apolonia wollte nur einen Blick erhaschen. Sie wollte sehen ob es ihm gut ging. Außerdem war ihr die Wartezeit bis zum Festtag des Iuppiter Liber doch zu lang.

    Die nächsten Tage rannte Apolonia kopflos, man könnte auch sagen, wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend. Immer wieder überlegte sie, plante und verwarf sie wieder alles. Bis sie eines Nachts aufschreckte und schreiend hochfuhr. Sie hatte im Traum gesehen, wie Antias, bei einem Kontrollgang, durch die Straßen Roms, von einer Räuberbande erschlagen wurde. Aufgeregt nahm sie ein Kissen in die Arme und wiegte sich damit. Sie wusste es war nur ein Traum, doch sie hatte auch gehört, das es Menschen gab, die von der Zukunft träumten.
    Wie wenn sie solch ein Mensch war? Das Kissen flog in eine Ecke, sie sprang auf und rannte aufgeregt hin und her. Nein das durfte nicht sein. Sie hatte ihn gerade kennengelernt. Endlich hatte Fortuna an sie gedacht und nun sollte alles schon zu Ende sein, ehe es noch angefangen hatte. Nein das durfte nicht sein. Nicht er, dann lieber sie selber.
    Inzwischen hatte sie sich zusammengerollt auf ihr Bett gelegt und weinte leise vor sich hin.