Beiträge von Apolonia

    Babila war angjommen und trippelte wieder einmal nervös von einem Fuß auf den anderen, bevor er endlich seine hand hob und an die Eingangstüre klopfte.
    Schnell trat er danach drei Schritte zurück. Sicher war sicher für ihn.

    Apolonia ging nachdenklich in ihrem Zimmer hin und her. Ihr Entschluss war gefasst, nur der winzige letzte Schritt fehlte, um diesen Entschluss in die Tat um zu setzen. Die Treue und Dankbarkeit Morrigan gegenüber, obwohl sie bestimmt die letzte wäre, welche sie nicht verstehen würde, war noch zu überbrücken. Sie nickte, wie um sich selber zu zustimmen, ging zur Truhe und holte ihr letztes Stück Papyrus hervor und machte die Tinte bereit zum Schreiben.
    Wieder war es soweit und für sie würde abermals, wie schon sooft, ein neuer Lebensabschnitt beginnen.
    Nachdenklich schaute sie auf den leeren Bogen, ging in Gedanken alles durch, seufzte und finge an.



    Salve Tiberius Helvetius Varus.


    Die ungewöhnliche Situation veranlasst mich diesen Brief zu schreiben. Zuerst möchte ich mich bei dir bedanken, dass du es uns ermöglichst hast bei uns zu arbeiten.Besonders aber bedanke ich mich für den Einsatz für Morrigans, mögen die Götter dich dabei unterstützen.Da ich nicht zu deinem Eigentum gehöre bin ich dir auch nicht verpflichte und somit entlasse ich mich aus deinem Dienst. Somit kann dir auch keiner mehr einen Vorwurf machen. Ich, die ich jetzt einmal das Gefühl der Freiheit kennen lernte, möchte dieses behalten. Suche mich nicht es wäre zwecklos, denke daran, ich bin ein Kind Roms und kenne Löcher die du niemals sehen möchtest.


    Hab Dank und Vale
    Apolonia




    Aufmerksam las Apolonia alles durch. Ja es war gut so, Varus wusste was damit gemeint war und dennoch sagte es für einen fremden nicht zu viel aus.
    Nun musste Babila wieder einmal eine für ihn bestimmt schwierige Aufgabe erfüllen. Er musste den Brief zu der Casa Helvetia bringen.

    Wie zu einer Salzsäule erstarrt, aufrecht, gerade und blass saß Apolonia in der Sänfte. Der Schein trog, innerlich tobte es in ihr, einmal ließ sie das eben noch erlebte nachklingen und zum anderen versuchte sie eine Lösung, einen Weg für die Zukunft zu finden.
    Ein wunderbares Gefühl war es gewesen, so nahe bei ihrem Geliebten zu sein und mit ihm in Richtung Porta zu gehen, nachdem vorher zu kurz durchlebten Liebesakt. Ihr Antias gab ihr Kraft und Sicherheit.
    Wie aber sollte sie die Zukunft, die Einsamkeit in ihrer kleinen Wohnung überstehen? Diese Frage quälte sie während sie ihn noch schmeckte.
    Sein „Ach, Dorcas.", hallte in ihr nach, machten sie traurig. Wann würde sie es wieder hören?
    Jäh ergriff sie im nachhinein das schlechte Gewissen. Was hatte sie nur gemacht? Wie konnte sie ihn nur in eine solche Gefahr bringen? Sie hätte doch wissen müssen was passieren würde wenn sie etwas länger zusammen waren. Wenn man sie nun erwischt hätte?
    [SIZE=7]„Te amo!“[/SIZE] Klang es leise, fast unhörbar an ihr Ohr um dann langsam mit dem Rhythmus ihres Herzschlages zu verschmelzen und sich lauter und lauter in den Vordergrund zu schieben und zu einem Crescendo auszuwachsen. Unmerklich verzogen sich Apolonias Lippen zu einem träumerischen Lächeln.
    Wenn er doch nur bei ihr sein könnte. Welche Gipfel könnten sie noch gemeinsam erstürmen.
    Plötzlich löste sich ihre Starre, fast hektisch strich sie die Haarsträhne aus ihrer Stirn. Was hatte er gesagt? „Wir sehen uns wieder, Apolonia ... bald schon.“ Was sollte das heißen? Warum hörte sie das jetzt erst? Seufzend ließ sie sich zurückfallen. Er würde wie immer eine Weg finden. Heute brauchte sie keinen Besuch auf den Märkten.

    Zwei Dinge gab es, die derzeit festen Bestand in Apolonias Leben hatten. Da war zum einen, ihre Liebe zueinander und zum zweiten, was dazu gehörte, die Lust aufeinander. Letzteres hatten sie gerade so gut es an diesem Ort und bei diesem seltsamen Zusammentreffen ging, voll und ganz ausgekostet. Sie waren beide auf ihre Kosten gekommen. Ja Antias war ein wahrer Könner was das betraf. Sie musste es ja schließlich wissen, sie kannte sich aus, auch wenn das hier etwas ganz anderes war. Das hier war Apolonia selbst und nicht die Lupa.
    Träumerisch ihren Kopf nach hinten gelegt blickte sie zum Himmel, ließ alles für einige Augenblicke Nachwirken, hörte ihrer beiden raschen Atem. Was wäre das für ein Leben, wenn sie sich täglich sehen könnten. Wie um die im Hintergrund lauernde Traurigkeit, ob ihrer baldigen Trennung weg zu drücken, suchten ihrer Lippen die seinen, schmeckten sie und schon forderte ihre Zunge mehr. Ihr Verstand versuchte einen leisen Einwand, nicht dass er Schwierigkeiten bekommt, sei ruhig, vernünftig treib es nicht auf die Spitze, doch Herz und Körper wollten etwas ganz anderes. Enger, fester drückte sie sich wieder an Antias heran. Ein lautes Husten ganz in ihrer Nähe ließ erschrocken zurückweichen und erstarren. Ein Brett polterte zu Boden und gleich darauf war ein Fluchen zu hören. Reflexartig hielt sie den Atem an, lauschte, wartet darauf dass es leiser hinter diesem Bretterstapel würde. Nein es musste für heute genug sein, schließlich liebte sie ihn und er sollte keine Schwierigkeiten bekommen. Sie hatte schon mehr bekommen als sie sich vor ihrem Kommen erhofft hatte.[SIZE=7] „Ich muss gehen, es ist besser für dich“, [/SIZE]flüsterte sie und trennte sich ganz von ihrem geliebten Antias. Fahrig strich sie ihre Kleidung zurecht und schaute sich suchend nach ihrer Palla um.

    In Lage in der sich Apolonia gerade befand, dieses seltsame hängen auf Antias Armen, verwehrte ihr die Sicht. Das was sie sah war Himmel und mit etwas Glück immer wieder für einen Bruchteil eines Augenblickes sein Gesicht. Deshalb war ihre Verblüffung auch nicht weiter verwunderlich als sie, kaum dass ihre Füße auf dem Boden waren, sich in diesem kleinen Winkel sah. Bestimmt bin ich ihm zu schwer geworden auf dem Weg zum Valetudinarium dachte sie, doch dann wusste sie es besser, nach dem ersten Kuss, nach dem zweiten erst recht. Dafür sind wir also hier gestrandet, nicht schlecht jetzt zuerst ein Zwischenspiel einlegen und dann weiter.*“ „Das wird jetzt bitter, Dorcas.“ * Dieser Satz drängte sich langsam in ihr Bewusstsein vor. „Wie jetzt? Er konnte doch nicht einfach so abrupt abbrechen. Doch er konnte es, Antias konnte das, wie er so vieles konnte. Immer noch total verwirrt, wie nach einem eiskalten plötzlichen Wasserguss stand sie da, wie so ein begossener Hund. Jetzt musste sie sich nur noch schütteln, damit sie ihre Gedanken zusammen hielt. Das „bitter werden“ bezog sich jetzt also doch nicht auf seinen Entzug. Dann könnten sie jetzt doch mal eben auf die Schnelle? Gut das wäre nicht die Wunschvorstellung, doch in ihrer Lage mehr wie gar nichts. Wie jetzt? Sie sollte zurück langsam kam Apolonia dann zum ursprünglichen Thema zurück. Ja das glaubte sie schon, dass sie in ihrer Wohnung sicher war und um nichts in der Welt wollte sie ihren Geliebten in Gefahr bringen. Darum war sie schließlich hier, nicht nur um alles zu gestehen, nein auch um ihn zu warnen und ihm klar zu machen, dass es für ihn besser war sie einfach zu vergessen. Selbstbezogen fand sie es von ihm wirklich nicht, nur eine winzige Gefahr gab es bei diesem Weg, schließlich kannte sie sich. Wenn sie sich jetzt also wochen-, monatelang alleine in der Wohnung versteckt halten musste, dann käme Langeweile auf, genau wie damals bei den Claudiern. Schwer genug war es für sie gewesen, diesen Weg zu verlassen.
    Seufzend nickt sie, „Ja du hast recht, dies ist bestimmt die beste Lösung. Aber sag einmal gibt es keine Möglichkeit für euch hier am Abend, heimlich, durch ein Schlupfloch Gäste zu empfangen? Das Gelände ist groß, da hat doch bestimmt der ein oder andere schon einmal versucht eure Probleme zu lösen?“ Nicht nur um Antias zu verdeutlichen was sie meinte, sondern auch um ihn zu animieren doch noch, bevor sie hier weg mussten, zu dem zu bringen, dass zu machen was ihnen ein so großes Bedürfnis war, griffen ihre Hände nach vorne um sich suchend unter seine Tuniken vor zu arbeiten, während ihre Augen ihn entgegen leuchteten. Schließlich wusste sie um die Wirkung ihrer Augen. Eine schnelle Nummer musste einfach noch möglich sein, so als Trostpflaster, für die lange Wartezeit oder als Anreiz, doch noch eine Lösung für die nächste Zeit zu finden. Die könnte er ja suchen, wenn sie wieder weg war.

    Langsam wurde es unbequem, nicht das es nicht schön gewesen wäre von Antias durch die Gegend getragen zu werden. Aber doch nicht soc, wenn hätte Apolonia sich das anders vorgestellt, nicht als Ohnmächtige, eben anders, so mit Armen um seinen Hals, den Kopf auf seiner Schulter ruhend. Er hatte aber auch einen festen Griff. „Ich liebe dich“, es kam einfach so aus ihr heraus, wie das selbstverständlichste auf der Welt. So wie ein Nieser plötzlich aufsteigt und raus muss. Sie wusste auch, dass dies jetzt nicht die Antwort war die gepasst hätte und ihm die nötige Auskunft gab, doch es war nun mal so. Wichtig war es auch dies noch einmal ausdrücklich zu betonen. Es war ja auch kein ausweichen auf seine Fragen, schließlich war sie hierher gekommen um ihm alles zu gestehen. Nur, dass dies eben in ihrer Vorstellung anders aussah. Da hing sie nicht als Ohnmächtige getarnt auf seinen Armen. Wie sollte sie in dieser Stellung einen klaren Gedanken fassen ohne nicht abgelenkt zu werden. Sie spürte, hörte, roch ihn. Sie wollte ihn mit jeder Faser ihres Körpers. Dabei störten seine drängenden, wichtige Fragen wirklich.
    Apolonia zuckte zusammen, ein Geräusch hatte sie in die Wirklichkeit zurückgebracht. Ein fremdes Geräusch, was für sie beide besonders aber für Antias gefährlich werden könnte.
    Was hatte er noch mal gefragt? Oh ihr Götter es war doch viel komplizierter als er dachte. “In meiner Wohnung bin ich, von der kaum einer etwas weiß und die fast keiner kennt. Wenn Morrigan nicht auf irgend eine Art gezwungen wird, alles zu gestehen, doch da mache ich mir fast keine Sorgen, sie ist stark und Dracon, der versteht es durch zukommen.“ So dass war nun auch raus, sie waren drei, Der Rest musste auch noch raus. “Soviel uns bekannt ist suchte nur Felix, also Quintus Claudius Felix nach seiner Sklavin, ob Herius Claudius Menecrates nach mir suchen lässt weiß ich nicht, glaube ich aber nicht.“ Letzteres fügte ich schnell hinzu, So als Beruhigung, als ob irgend etwas in so einer Situation beruhigen hätte können. Jetzt musste sie ein in ihr aufkommen Lachen gewaltsam unterdrücken. Apolonia wusste es wäre verräterisch hysterisch laut geworden. Was wäre das für ein Bild, sie als Ohnmächtige auf dem Arm eines Urbaneres, laut hysterisch lachend.
    Meine Zunge, dachte sie, während sie Blut schmeckte.

    Nicht doch was machst du denn, wollte Apolonia sagen, doch sie kam nicht mehr dazu schon hatte ihr Antias sie hochgehoben. Sie hörte was er sagte, verstand zunächst nicht, gehorchte aber. Wie hätte sie ihm auch nicht vertrauen können, schließlich war er die Liebe ihres Lebens und der einigste dem sie vertraute. Nur was er vorhatte war ihr im Augenblick ein Rätsel. Die Augen geschlossen, zu ängstlich auch nur mit dem kleinen Zeh zu wackeln, hing sie jetzt irgendwie auf seinen Armen. Nur wohin ging er jetzt mit ihr? Stimmen, Gemurmel hörte sie dann endlich kam die Erklärung. Was ins Valetudinarium? Was sollte sie da, gerade wollte sie aufbegehren da hörte sie den Klang seiner Stimme, oh wie hatte sie den vermisst. Ja und ob sie viel zu sagen hatte. Es brannte förmlich in ihr, es musste raus und dennoch fürchtete sie sich davor. Es könnte das Ende ihre Liebe, ihres Lebens, sein Untergang werden. Was hatte sie nur getan? Warum diese Liebe zugelassen? Dann flammte wieder Hoffnung auf, wenn einer einen Ausweg finden würde dann er. Hatte er das nicht gerade eben wieder bewiesen. Womit und wie jetzt aber anfangen, ohne, dass er sie vor entsetzen von sich warf, hier mitten auf einem Weg in der Castra. Leise, zögernd fing sie an. „Glaub mir mein Liebster ich liebe dich, mehr als mein Leben, deshalb muss du mich vergessen. Zu deinem Schutz, du darfst mich nicht kennen und lieben schon gar nicht. Nicht weil ich eine Lupa bin, nein weil ich… ja weil ich eine … eine entlaufenen Sklavin bin“.
    Es war raus, endlich war es raus, hoffentlich lässt er mich jetzt nicht vor Schreck fallen oder brüllt los. Doch obwohl wenn es zu seinem Besten ist, so soll es geschehen, dachte sie sich in ihr Schicksal ergebend.

    Welch ein Gefühlschaos stürzte auf Apolonia ein, als sie Antias den Vorhang zur Seite schob und sein Gesicht vor ihr auftauchte. Sie seinen ihm eigenen Geruch wahr nahm. Kaum, dass sie seine Berührung spürte, seine Lieb und Zärtlichkeit.
    Liebe, Glück, Geborgenheit, Sorge, Enttäuschung, Furcht, Zorn und Angst. Angst vor allen Dingen, Angst ihn zu verlieren, Angst ihm zu schaden, Angst das erhoffte nie erreichen zu können, Angst verstoßen zu werden.
    Mühsam unterdrückte sie die in ihr aufsteigenden Tränen. Panik machte sich in ihr breit. Wie sorgfältig hatte sie ihr Geständnis geprobt und nun stellte sie mit entsetzen fest, alles war weg. „Ich muss dringend mit dir alleine und ungestört sprechen“, fing sie an. „Ich habe dir vieles zu beichten. Am besten du vergisst mich, ich schade dir nur. Ja ich liebe dich und möchte für immer bei dir sein, doch ich bin dein Untergang. Sperr mich ein und wirf den Schlüssel weg oder noch besser erlöse die Welt von meinem Dasein.“ Schmerzhaft war der Biss auf der Unterlippe. „Bitte, wo können wir ungestört reden?“ Noch bevor sie die letzte Frage stellte, hielt sie Antias an den Schultern und schaute ihn fest an.

    Die eine Hand am Mund, Fingernägel anknabbernd, die andere, den Vorhang der Sänfte immer wieder einen Spalt öffnend, saß Apolonia da, wartend und beobachtend.
    Soviel sie erkennen konnte tat sich nichts und Babila kam auch nicht zurück.
    Wie lange war er jetzt schon weg? Stunden? Blödsinn schalt sich Apolonia selber, auch wenn es noch früh ist so hat sich doch schon einiges an der Porta angesammelt. Er muss warten bis er dran ist.


    Völlig überrumpelt mit solch einer Freude begrüßt zu werden, erstarrte Babila zunächst. Diese Erstarrung löste sich für Babilas Verhältnisse aber sehr, sehr schnell und als erste Antwort kam ein heftiges nicken. Sicher hatte er Nachricht on Apolonia. Oder doch nicht. Nein in dem Sinne, so wenigstens fand er, keine Nachricht. Er hatte ja keine Tabula oder gar eine Schriftrolle bei sich. Er sollte lediglich sagen, dass Apolonia in der Sänfte dort drüben wartete und den Tiro zu dieser bringen.
    Erschrocken hielt er inne, denn jetzt erst merkte er, dass er immer noch nickte und errötete bis in die Haarspitzen. Sein berühmter Ausspruch: „Äh“ , kam dann doch relativ zeitgleich, um dann entgegen aller Erwartungen, bestimmt auf Grund seines Schreckens ein: „Da“, um einen Fingerzeig hinterher zu schieben. Sofort wurde Babila sein Fehler bewusst und rannte los in Richtung Sänfte und an ihr vorbei. Unauffällig hatte sie gesagt, du bringst den Tiro dann unauffällig zu meiner Sänfte. Sich hin zu stellen und mit dem Finger zur Sänfte zu zeigen war ja nun nicht gerade unauffällig. Zitternd hielt er dann an und stellte sich, in einem gewissen Abstand, hinter die Sänfte.


    Fast hätte Apolonia den Vorhang zur Seite gerissen und wäre aus der Sänfte gesprungen, als sie entdeckte, dass Babila an ihr vorbei rannte. Entsetzt klammerte sie sich an die Sitzbank. Was war geschehen? Kamen sie schon um sie zu hohlen? Sie hatte gespürt wie ihr die Farbe aus dem Gesicht gewischen war und hörte ihr Herz wie wild hämmern, dieses mal nicht vor Freude.

    Natürlich, war es nichts mit dem erholsamen Schlaf. Die Vorfreude auf ein eventuelles Zusammentreffen mit Antias war allem Anschien nach zu groß und so kam es, dass Apolonia schon im Morgengrauen durch ihre Wohnung rannte, sich fertig machte und kaum abwarten konnte in die Sänfte zu steigen.
    Da sie früh dran waren, kamen sie für römische Verhältnisse recht zügig voran und waren dann relativ schnell an dem Haupttor angekommen.
    Die Sänfte hielt ein wenig abseits, Babila der schon seine Anweisungen hatte, trottet den ihm nicht unbekannten Weg in Richtung Wache.

    Den ganzen Tag hatte Apolonia gegrübelt und wieder einmal gewartet. Sie hatte weder etwas von Varus noch von Morrigan gehört. Sie war es einfach Leid eingesperrt, abgeschnitten von der Außenwelt zu verbringen. Sie war so leise, dass selbst, wie sie glaubte, der nervige Nachbar nichts von ihrer Anwesenheit mitbekommen hatte. Irgendwann war einfach genug.
    Am nächsten Morgen würde sie sich in aller Frühe auf den Weg machen und ihren Antias aufsuchen. Ihre Hoffnung war, dass er, wie beim letzten Besuch wieder Dienst am Thor hatte. Babila müsste dann wieder eine Sänfte besorgen und sie begleiten.
    Jetzt wo sie diese Entscheidung gefällt hatte, ging es ihr schon viel besser und sie hoffte endlich auf eine ruhige Nacht mit stärkendem Schlaf.

    Der Morgen war noch nicht wirklich angebrochen, als Apolonia von ihrem eigenen Schluchzen wach wurde. Verwirrt schaute sie sich um, es war dunkel und sie lag in ihrem Bett. Dann war das eben also nur ein böser Traum gewesen. Eigentlich hätte sie jetzt erleichtert sein müssen. Man hatte sie nicht wirklich gewaltsam von Antias weggerissen, ihn nach Germanien geschickt und sie in den Carcer geworfen. Da sie aber wusste wo der Ursprung dieses Traumes lag, waren die alten Sorgen wieder da. Wie auf den leib geflogen. Was würde Antias sagen und machen wenn er erfuhr, was sie in Wirklichkeit war. Das sie eine Lupa war störte ihn nicht und dafür liebte sie ihn noch mehr. So aber wenn er alles wusste musste er an den Eid an dem er gebunden war handeln oder er war selber in Gefahr. Sie hielt es aber fast nicht aus, im nichts zu sagen, denn keine Lüge sollte zwischen ihnen stehen.
    Noch immer lag Apolonia wie festgeklebt in ihrem Bett, starrte an die Decke und bewegte sich nicht, während sie weiter grübelte. Und wenn sie Rom einfach verlassen würde, sich ihn aus dem Kopf schlagen, aus dem Herz reißen würde?
    Sie könnte aber auch zu den Claudiern zurückkehren oder sich einfach der Stadtwache stelle. Diese beiden Varianten waren die schlechtesten wie sie nach abermaligen nachdenken fand. Außerdem hatte Varus sie angewiesen ihre Wohnung nicht zu verlassen, doch eigentlich hatte der nicht über sie zu bestimmen aber helfen wollte er ihnen.
    Es war einfach zum Haare ausraufen, wie sie es drehte und wendete langsam kam sie zu dem Ergebnis die Götter hatten etwas gegen ihre Liebe. Dieser Gedanke erlöste sie schmerzlich aus ihrer Starre. Sie drehte sich um weinte in ihr Kissen.

    Apolonia erschrak bei Dracons Reaktion. Was dachte der sich nur? Er war ein Sklave und Varus konnte ihn ohne weiteres ausliefern. Wenn er jetzt noch den Helvetier angriff war Das ganz bestimmt sein Tod. Gleichzeitig sah sie was die Aufgabe der Fremde war. Sie war also seine Custos Corporis. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Ob der Helvetier sich mit ihr wirklich sicher fühlen konnte, bezweifelte sie doch sehr. Noch ein wenig abgelenkt von dem was eben geschehen war wurde sie durch Varus schneidendem Ton wieder Aufmerksam. Sie nickte zur Bestätigung. „Ja also so wirklich hatte ich noch keine Aufgabe, ich war ja noch neu im Claudischen Haushalt“.
    Bei ihrer Antwort hätte Apolonia fast gegrinst wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre. Ihr fiel ein wie Morrigan immer wieder Versucht hatte ihr irgend eine Aufgabe aufs Auge zu drücken und sie sich meist erfolgreich gedrückt hatte und lieber auf ihre Beutezüge gegangen war.

    Apolonia nickte zuerst nur, dass was sie so eben gehört hatte musste sie zuerst verarbeiten. Sie glaubte es es fast nicht da war also eine vierte entlaufene bei ihnen und sie wussten es nicht. Oder ob Morrigan es doch wusste? Was jetzt aber unwichtig war. Lächelnd blickte Apolonia dann zu Beroe, „danke auch für dein Vertrauen zu uns“
    Nun informierte sie Beroe über die Geschehnisse der letzten Tage und darüber wie es im Lupanar weiter gehen sollte.
    Nochmals an alle, betonte Apolonia dass sie vorerst hier, für sie erreichbar wäre, es sei denn, dass der Besitzer Tiberius Helvetius Varus etwas anderes entscheiden würde.

    „Weil ich vorher auch nicht wusste was geschehen war. Wie du sicher weißt sind wir auch öfter nicht im Haus beschäftigt. Ab und an auch über Nacht weg.“ Apolonia wollte Varus beruhigen, gleichzeitig auch Dracon beschützen. „Morrigan und Dracon waren soviel mir bekannt ist zusammen unterwegs, als die Sklavenfänger aufkreuzten. Sie flüchteten erst gemeinsam. Als die Lage ernst wurde trennten sie sich, damit jeder eine Chance hatte, auf Wunsch von Morrigan. Dracon glückte Flucht aber bestimmt auch nur weil die Fänger, wie ich denke es zuerst einmal nur auf sie abgesehen hatte. Tagelang hat sich Dracon versteckt und im Freien übernachtet. Durch Zufall sind Borkan und er zusammengetroffen. So das wir jetzt erst erfuhren was wirklich geschehen ist.“
    Apolonia merkte wie sie immer nervöser wurde, hastig griff zu ihrem Weinbecher, nur um was in der Hand zu halten. Etwas um sich daran fest zu halten. Eigentlich wollte sie die Namen ihrer Besitzer nicht nenne, jetzt beugte die sich aber dem Willen des Helvetiers. „Mein Herr ist Herius Claudius Menecrates und Marcus Claudius Centho ist der Besitzer von Dracon.“

    Je länger der Blick des Helvetiers an Apolonia haftete um so unbehaglicher wurde ihr. Das war nicht mehr Varus der Mann, das war Varus der Helvetier. Es war Tiberius Helvetius Varus, der Römer, der Besitzer des Lupanar.
    Jetzt konnte sich mit einem einzigen Fingerschnippser von ihm. ihr und Dracons leben schlagartig verändern oder sogar beendet werden. Als sie den Entschluss gefasst hatten aus der Villa Claudia zu fliehen war ihnen durchaus bewusst gewesen, dass dies geschehen konnte aber es ist ein Unterschied ob man etwas weiß oder etwas wirklich erfährt und spürt.
    Apolonia merkte wie sich Herzschlag beschleunigte, sie blickte zu jedem der anwesenden, blieb kurz bei der Frau hängen. Wäre jetzt aufspringen und weg laufen eine Lösung? Doch wohin? Ihre Wohnung kannten jetzt einige. Zu Antias? Ja das war die Lösung. Und wenn der nicht da war? Wenn er eisern zu seinem Eid stand?
    Fast gleichzeitig mit Varus atmete sie durch, nein da musste sie jetzt durch.
    Der Vorwurf von Varus traf sie hart, nein sie waren nicht dumm gewesen, sie hatten damals lange und reiflich überlegt. Alle Für und Wider immer wieder durchgesprochen, über die Konsequenzen ihres Handelns waren sie sich durch aus im klaren gewesen.
    „Nun,“ begann Apolonia vorsichtig, „Wir hatten uns alles reiflich überlegt. Das Risiko war uns bewusst. Wir hatten auch vor Rom zu verlassen, Nachdem aber Monate vergangen waren und wir noch nicht genug Geld, für einen Neuanfang zusammen hatten, wir auch nichts von Sklavenjägern hörten, entschieden wir uns zu bleiben.“
    Ehe Apolonia die weiteren Fragen beantwortet, strich sie sich fahrig eine Haarsträhne aus der Stirn, ergriff ihren Becher und trank einen Schluck, denn ihre Kehle war ganz trocken geworden.
    „Wir sind Sklaven der Claudier. Morrigans Besitzer ist Quintus Claudius Felix. Er hat sie auch suchen lassen und Dracon hat erfahren, dass sie zur Villa Claudia gebracht wurde, wo sie sich seit einer Woche, nach ihrem verschwinden, befindet.“
    Bevor Apolonia den Helvetier fest anschaute, überdachte sie kurz ihre Worte, überlegte ob sie in der Aufregung etwas vergessen hatte, denn schließlich wollte sie Varus nicht noch weiter verärgern. Ja sie glaubte alles gesagt zu haben.

    Nicht unfreundlich aber dennoch nachdenklich schaute Apolonia Beroe an. Jetzt liegt unsere Zukunft in ihrer Hand, dachte sie dabei. Doch ich sollte ihr vertrauen, wenn Morrigan es tat so sollte ich es auch. „Salvete, nimm doch Platzt und bediene dich.“ Nach einer kurzen Pause fuhr Apolonia fort. „Du wunderst dich sicher über unser Treffen hier. Nun, das hat einen besonderen Grund. Wir drei, Morrigan, Dracon und ich sind entlaufene Sklavinnen. Ihr ehemaliger Besitzer, Quintus Claudius Felix, hat sie suchen lassen und nun leider doch gefunden. Soviel uns bekannt ist soll sie sich in der Villa Claudia befinden. Morrigan ist stark, doch wir wissen alle wozu ein gekränkter Römer und erst recht Patrizier fähig ist. Daher müssen wir damit rechnen, das Dracon und auch ich selber, in Gefahr sind. Bisher wissen nur ganz wenig von unserem Geheimnis und so soll es auch nach Möglichkeit bleiben.“ Hier machte Apolonia eine Pause, griff nach ihrem Becher mit dem verdünnten Wein und schaute Beroe fest an. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, schaute sie kurz in die Runde und schließlich wieder zu Beroe. „Wir ziehen dich ins Vertrauen, weil du nun eine von uns bist. Du kannst dir sicher denken, dass wir mit deiner Verschwiegenheit rechnen.“ Hier nun wartet Apolonia zuerst einmal ab, sie wollte ihr Zeit geben das gehörte zu verarbeiten und sich dazu zu äußern. Alles hatte sie nicht gesagt, nicht welchen Besitzer sie gehörten und nicht, dass der Besitzer des Lupanar jetzt auch informiert war. Sie fand gut wenn andere nicht alles wussten.

    Varus war angekommen, bei ihm noch eine Fremde. Sofort bemerkte Apolonias seine Angespanntheit. Fremd wirkte er heute auf sie ganz anders als bei seinem besuchen im Lupanar.
    „Salve Tiberius Helvetius Varus“, begrüßte sie ihn, “nimm doch bitte Platz. Können wir dir und deiner Begleitung etwas anbieten?“ Ob Varus ihnen eine neue Geschäftsführerin mit gebracht hatte? Würde er alles mit Morrigan vereinbarte hinfällig machen wollen und sie, sowie Dracon, ausliefern wollen? Je mehr Apolonia ihn betrachtete um so unbehaglicher wurde ihr. Zu Morrigan hatte er doch ein gutes Verhältnis, hoffentlich würde er ihr wenigstens helfen.
    Schnell überlegte sie, vielleicht sollte ich schon einmal beginnen. "Bitte ich möchte ehrlich zu dir sein, stelle Fragen, ich werde dir alles wahrheitsgemäß beantworten, denn um nichts in der Welt möchte ich unser, wie ich bisher glaubte, gutes Verhältnis betrüben.“ Hoffnungsvoll schaute sie den Helvetier an.

    Fröstelnd und schweigend saß Apolonia mit Ines und Dracon an diesem unfreundlichen Tag da und hing wohl wie die Beiden auch, ihren eigenen Gedanken nach. Ines hatte sie sicher und unauffällig hierhin gebracht
    Von Zeit zu Zeit hob sie lauschend den Kopf und erhoffte die Ankunft des Helvetius. Um ihre Sicherheit machte sie sich hier keine Sorgen, Sorgen bereitete ihr Morrigan und wie sie Antias beibringen sollte wer sie war. Was der Helvetier genau von ihnen wollte wusste sie auch nicht. Das Lupanar war bei Greta in guten Händen und das sollte doch für ihn das wichtigste sein.

    Kaum hatte Apolonia den Großen gesehen war sie auch schon bei ihm und drückte den nicht gerade nach Veilchen duftenden Dracon. Den Göttern dankte sie, ihm war nichts geschehen und er war noch auf freien Fuß.
    Sie bat alle auf den Klinen Platz zu nehmen und sich mit Wein zu versorgen. Erleichtert schaute sie in die Runde, nachdem jeder einen Sitzplatz gefunden hatte. Wie froh wäre sie, wenn jetzt Morrigan bei ihnen wäre. Wenigstens war Dracon wieder aufgetaucht, ihn hatte man also nicht gefangen. Nach dem sie einen Schluck getrunken hatte begann sie:
    „Alle die hier sind wissen um unsere Situation und ich brauche nicht näher zu erklären warum ich in nächster Zeit nicht mehr zum Lupanar kommen werde. Greta wird geschäftliche Leitung übernehmen. Selbstverständlich bleiben wir mit einander in Kontakt bleiben, dafür wird Borkan sorgen. Zur Not wir Babila einspringen, der bei mir bleibt. Ich glaube hier ist er besser aufgehoben.“ Nach einem kleinen Schluck Wein, fuhr sie fort.
    „Morrigan hat vorgesorgt für den Fall, der jetzt eingetreten ist. Zum Einen hat sie einen Brief an Varus geschrieben, um ihm alles was nötig ist zu erklären und zum Anderen hat sie ihre persischen Freunde, in der Subura, gebeten ein wachsames Auge auf uns zu haben, falls ihr etwas zustoßen würde. Selbstverständlich kann Dracon auch bei mir bleiben, wenn er das möchte.“ Nach einem sorgenvollen Blick in die Runde fragte sie: „Habt ihr irgendwelche Neuigkeiten oder sogar eine Idee wie wir Morrigan dort herausholen können?“