Beiträge von Gaius Prudentius Primus

    Prudentius Burrus? Nein, denn kannte Gaius nicht. Allerdings hatte sich den Gens im Laufe der Jahrzehnte so im ganzen Reich verstreut, dass es durchaus möglich sein konnte, dass hier ein ihm unbekannter Verwandter wohnte. Gleichzeitig ärgerte er sich über selbst, dass er sich aufgrund seiner Jugendjahre in der Casa Decima wohl mehr im Stammbaum der Decimer auskannte, als in seinem eigenen. Es war wohl auch nicht besonders zielführend diese Ratespiel noch lange aufrecht zu erhalten, sondern es wurde Zeit dem armen Ianitor endlich reinen Wein einzuschenken. "Ich würde ihn sehr gerne Kennen lernen. Wenn du mich bitte anmeldest. Ich bin Gaius Prudentius Primus, der Enkelsohn jenes besagten Senator Prudentius Commodus." Gespannt wartete er auf die Reaktion des Sklaven, der allen Grund gehabt hätte sich über diese Heimlichtuerei zu ärgern. Doch Gaius war es wichtig einmal möglichst viel Informationen heraus zu holen. Nicht das hier irgendjemand Fremder unter dem Namen Prudentius lebte.

    Seit den Tagen des ehrwürdigen Prudentius Commodus? Das war interessant. Eine Casa seines Großvaters hier in Mogontiacum und der junge Gaius wusste nichts davon. Andererseits wenn er sich diesen Iuanitor so ansah, dann diente der hier wohl auch schon seit den Tagen seines ehrwürdigen Opas und war sozusagen ein Zeitzeuge. Doch nun war der junge Prudentier neugierig zu erfahren wer hier zur Zeit wohnte, denn sein Großvater war ja nun schon längere Zeit verstorben. "Ich verstehe. Und wer bewohnt die Casa derzeit, wenn ich fragen darf?"

    Als Türe endlich auf ging stand ein alter Mann vor ihm. Aus dem Bauch heraus ging Gaius einmal nicht davon aus, dass es sich hier um einen Prudentier handeln konnte. Vielleicht ein Sklave? Etwas verunsichert fragte er daher nach "Ähm... Salve. Ich bin der Subpräfekt der Ala und ich habe gehört dies hier soll die Casa Prudentia sein? Ist das wahr?" Gespannt wartete er auf die Antwort auf seine Frage. Seinen eigenen Namen wollte er vorerst noch nicht Preis geben.

    Ah natürlich! Der Brief! Gaius kramte in seiner Tasche und zog ein versiegeltes Pergament hervor, dass er den Iunier auf den Tisch legte.
    "Hier ist der Brief. Und ich werde mich nun zurückziehen und mein Quartier besichtigen. Danke Praefectus." Danach verließ er das Officium seines neuen Vorgesetzten.


    Ad
    Aulus Iunius Seneca
    Castra Alae II Numidiae
    Mogontiacum



    Mein Lieber Neffe,


    zu aller erst möchte ich mich bei dir Entschuldigen, das ich schon so lange kein Lebenszeichen von mehr gegeben habe. Die letzten Monate in Hispania waren mit einer großen Anspannung verbunden. Ich habe hart dafür gekämpft die Ärzte davon zu überzeugen, dass sich meine leidigen Beschwerden wesentlich verbessert haben. Umso erfreulicher ist es nun berichten zu können, dass ich deutliche Fortschritte machen konnte und von meinen Ärzten die bereits langersehnte Bestätigung erhalten habe, dass einer Rückkehr ins öffentliche Leben nichts mehr im Wege steht.


    Ich habe natürlich sofort meine Sachen gepackt und bin zurück nach Roma, wo ich nun wieder im Domus Iunia eingezogen bin. Auch beim Kaiser war ich bereits, nachdem ich ein paar alte Kontakte spielen lassen konnte und hab diesen um ein neues Amt gebeten. Nach anfänglichen Überlegungen wieder als Procurator im Palast zu dienen, habe ich mich jedoch für ein Tribunat bei den Cohortes Praetoriae entschieden. Es ist eine gänzlich neue Herausforderung, aber ich bin zuversichtlich, dass ich diese bestehen kann.


    Hier in Rom ist sonst wieder alles beim Alten. Es gibt noch Nachwehen von einem Sklavenaufstand, der hier vor meiner Ankunft stattgefunden hat, aber schnell und erfolgreich niedergeschlagen wurde. Axilla ist nach wie vor nicht gut auf dich oder deine Frau zu sprechen, der ich im übrigen auch meine besten Grüße ausrichten lassen möchte. Und sie wird demnächst wieder Heiraten - einen Fabier, der selbst als Procurator am Kaiserhof dient. Ihren beiden Jungen geht es gut, wobei man bei Atticus nicht mehr von einem Jungen sprechen kann. Er wurde dank seines Patrons in den Ordo Equester erhoben und wird demnächst sein Tribunat bei der Vigiles beginnen. Dankeswerter Weise hat der junge Prudentius Primus, Ziehsohn meines Patrons Decimus Livianus, sich bereit erklärt dir diese Mitteilung persönlich zu überbringen. Daher kann ich sehr offen Schreiben. Primus hat es nicht leicht gehabt nach dem plötzlichen Verlust seiner Mutter und allein in einer fremden Gens. Bitte nimm dich seiner an und nimm ihn unter deine Fittiche. Er kann trotz seines Alters eine Vaterfigur gebrauchen, die ihm den richtigen Weg weist.


    Es würde mich sehr freuen auch von dir zu hören. Aufgrund meines neuen Posten wird es mir nicht möglich sein in der nächsten Zeit nach Germanien auf einen Besuch zu kommen und ich nehme auch nicht an, dass du so schnell wieder zurück nach Rom kommen wirst. Sollte ich irgendetwas für dich tun können, so zögere nicht es mir offen Mitzuteilen. Ich habe mein altes Netzwerk hier in Rom erfolgreich wiederhergestellt und kann dir damit bestimmt bei dem Einen oder Anderen behilflich sein.


    Ich hoffe wir hören uns bald.


    Vale bene


    Dein Onkel
    Lucius Iunius Silanus


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    Auf der Suche nach einem standesgemäßerem Wohnsitz, als diesem Hasenstall in der Castra, hatte der junge Prudentier erfahren, dass es wohl eine Casa hier in Mogontiacum gab in der Prudentier gelebt hatten oder sogar noch lebten. Mit ziemlicher Verwunderung über diese ihm absolut neue Information hatte er sich auf die Suche nach dieser ominösen Casa Prudentia gemacht und war schließlich, nach einigem Nachfragen und umherirren durch die Stadt, auch tatsächlich bei einer Adresse gelandet, an welche diese Casa zu finden sein sollte. Etwas zaghaft trat er an die Türschwelle und klopfte an.

    "Das bin ich Praefectus." nickte der junge Prudentier bestätigend auf die Frage des Iuniers. Natürlich war er interessiert daran etwas zu lernen und ein solchen Manöver bot eine passende Gelegenheit. Allerdings machte er sich doch gleichzeitig ein wenig Gedanken darüber, ob seine Unerfahrenheit nicht ein wesentlicher Nachteil sein würde. Wenn ihm der Präfekt einen fähigen Decurio zur Seite stellen würde, dann konnte dieser gewiss einiges Abfedern, aber ob man gegen Legionstruppen unter dem Kommando eines fähigen Tribunus bestand haben konnte? Erneut überrascht wurde Gaius, als der Vinicier einen Namen mit ins Spiel brachte. Decimus Massa. Der Name war ihm durchaus bekannt, allerdings nur von Hörensagen. Getroffen hatte er diesen Verwandten seines Ziehvaters noch nicht. Allerdings wusste er nun, dass es hier neben Seiana auch einen weiteren Decimer gab, den er vielleicht bei passender Gelegenheit einen Besuch abstatten sollte. Dann jedoch konzertierte er sich wieder auf das eigentliche Thema dieses Gespräch und war gespannt darauf, was der Präfekt auf die letzte Frage des Legionstribunen antworten würde. Hatte er ihn nun richtig verstanden, dass er Gaius das Kommando bei diesem Manöver anvertrauen wollte, oder führte er es selbst an und Gaius konnte mit, um von dem erfahrenen Kommandeur direkt zu lernen.

    Mit einem breiten Lächeln betrat Gaius das Triclinium und ging auf seine Gastgeber zu. Als erstes, das gebot der Anstand, begrüßte er natürlich die Dame des Hauses. In seiner Kindheit, die verhältnismäßig noch nicht all zu lange zurück lang, hatte er gemeinsam mit Seiana in der Casa Decima in Rom gelebt. Schon damals war sie eine wunderschöne junge Frau gewesen und auf den ersten Blick musste der Prudentier feststellen, dass sich dies trotz der Jahre, die nun seit ihrem Auszug dazwischen lagen, kaum verändert hatte. Als Junge war sie sowas wie sein erster heimlicher Schwarm gewesen, was natürlich außer ihm keiner wusste und was sich damals auch darin geäußert hatte, dass er gerne ihrer Nähe gesucht oder sie auch das eine oder andere Mal heimlich beobachtet hatte. Sie spielte in seiner Gedankenwelt als Heranwachsender jedenfalls eine wesentliche und vermutlich auch unbewusste Rolle. Doch dies alles endete damals recht abrupt mit ihrem Auszug aus der Casa.


    Als er nun auf sie zu schritt, hatte er ausgiebig Zeit sie unauffällig zu mustern. Seiana war zwar nun ein wenig älter geworden als er sie noch in Erinnerung hatte, aber auch das Mutterdasein tat ihrer Schönheit offensichtlich keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil übte diese zusätzliche Reife auch einen gewissen anderweitigen Reiz auf den jungen Prudentier aus. Als Junge war er bei körperlicher Nähe eher schüchtern gewesen, wie wohl die meisten Heranwachsenden, doch nun konnte er vor Freude über dieses Wiedersehen nicht umher seine Arme auszubreiten und Seiana kurz und herzlich an sich zu drücken. "Seiana! Es ist schön dich wiederzusehen. Es ist schon so lange her und freue mich wirklich sehr, dass uns die Götter wieder so unverhofft zusammengeführt haben. Ich soll die schöne Grüße von allen Verwandten aus Rom ausrichten. Ganz besonders von Livianus." Dann wandte er sich natürlich auch dem Hausherren zu, der hoffentlich kein Problem damit hatte, dass der junge Prudentier seine "Stief-Verwandte" so herzlich begrüßte. "Salve Praefectus! Vielen Dank für die Einladung."

    Der Präfekt hatte tatsächlich alles für diesen Besuch penibel durchgeplant. Vom Boten der die Einladung überbracht hatte, bis auf den Geleitschutz, der den jungen Prudentier sicher und rasch zum Landsitz geleitete. Es war zwar bereits Abend, doch immer noch hell genug, dass er sich einen guten Eindruck von den Ausmaßen des iunischen Landbesitzes machen konnte. Und dabei verstand er recht schnell, warum der Präfekt seine Freizeit lieber Zeit verbrachte, als in seinem Praetorium in der Castra. Es war zwar keine Villa, aber viel fehlte nicht mehr. Auf jeden Fall konnte man erkennen, dass hier nicht die ärmste Familie wohnte. Am Eingang angekommen, machten sich seine Begleiter wieder auf den Rückweg, während Gaius darauf wartete von den Sklaven des Hauses in Empfang genommen zu werden, denen zweifellos die eingetroffenen Reiter nicht entgangen waren.

    "Ich verstehe. Vielen Dank für die Aufklärung und nichts für Ungut Tribun." antwortete der junge Prudentier dankbar. Dann hatte er dies wohl falsch in Erinnerung gehabt. Geistig würde er sich jedenfalls eine Notiz machen, damit er nicht noch einmal in ein solch dummes Fettnäpfchen geraten würde, wenn er erneut mit der Legio zu tun hatte oder gar selbst irgendwann einmal einen Legionsposten übernehmen würde. Dann sah er zu seinem Präfekten und war gespannt, wie dieser auf die wohl spontan ausgesprochene Einladung zu einem gemeinsamen Manöver reagieren würde. Er persönlich war an einer solchen Übung bestimmt interessiert, denn dabei konnte man gewiss einiges lernen. Doch ob es der passende Zeitpunkt dafür war, wenn der Legat lag im Koma lag und die Provinz und Legion von seinen Vertretern geleitet wurden. Nicht das unter den Honoratioren oder der Bevölkerung in Mogontiacum noch Panik ausbrach, wenn plötzlich die militärischen Einheiten im großen Stil ausrückten.

    Der junge Prudentier hörte aufmerksam zu. Als der Präfekt ihn die Sachlage geschildert hatte, strich er sich nachdenklich übers Kinn und musterte den senatorischen Tribun, der wohl nur ein paar Jahre älter als er selbst sein konnte. Der Posten des Tribunus Laticlavius war ein Einstiegsposten in den senatorischen Cursus Honorum, hatte er zumindest gelernt. Seines Wissens nach erledigten diese Tribunen hauptsächlich verwaltungstechnische Aufgaben in der Legion, hatten aber selten bis gar nicht eine Führungsrolle über, ganz zu schweigen von einem Kommando über eine ganze Legion. "Gibt es den derzeit keinen Praefectus Castrorum in eurer Legio? Ich war bisher der Meinung, dass dieser der Stellvertreter eines Legionslegaten ist." Nicht das er die Fähigkeiten des jungen Viniciers anzweifeln wollte, aber ging er von sich selbst aus, denn auch sein Posten war ein Einstiegsamt in die ritterliche Karriere, so hatte vermutlich jeder andere ritterliche Tribun in dieser Legion mehr Kommandoerfahrung als dieser Senatorenspross.

    Das der Präfekt Gaius neue Unterkunft als Haus bezeichnet hatte, war wohl eine ziemliche Übertreibung gewesen. Verglichen zum Praetorium des Präfekten war dies hier ein besserer Stall. Natürlich war es größer als die Räume eines Decurios, aber ein Haus war es deshalb noch lange nicht. Die Unterkunft hatte mehrere Räume und war an eine der Mannschaftsbaracken angebaut*. Es gab natürlich neben ein paar Schlafzimmern auch die wesentlichen Räume eines römischen Hauses wie etwa ein Tablinum, ein Triclinium, eine Culina und Unterkünfte für eine Hand voll Sklaven, aber ein Atrium oder ein Peristylium suchte man vergebens. Lediglich der Eingangsbereich fiel ein wenig größer als sonst aus und konnte auch notdürftig für den Empfang von etwaigen Besuchern benutzt werden. Fassungslos stand der junge Prudentier in diesem Eingangsbereich, beobachtete wie die Sklaven ihm nach und nach voll räumten und fragte sich, ober er das ganze mitgebrachte Zeug überhaupt in diesem Hasenstall unterbringen konnte. Da die für die Reise ausgeborgten Sklaven seines Ziehvaters wieder nach Rom zurückkehrten, konnte er notfalls wieder etwas mit zurück schicken, aber wollte er das auch? In Rom hatte er mit der Casa Prudentia ein eigenes riesiges und komfortables Haus besessen und hier war er nun gezwungen in dieser besseren Baracke zu hausen. Kein Wunder also, dass sein Vorgänger das Haus kaum benutzt hatte und die Wache am Eingang ziemlich ungläubig gefragt hatte, ob er tatsächlich hier in der Castra wohnen oder sich ein Stadthaus mieten würde. Aber alles sinnieren half nichts. Er war hier und musste das beste daraus machen.


    Sim-Off:

    * Da bis auf das Praetorium keine Casa (ähnlich der Tribunenhäuser bei der Legio) im Plan eingezeichnet ist und ich auch keine Hinweise darauf im Internet finden konnte, dass es überhaupt sowas für einen Subpräfekt gab, habe ich es nun so gelöst. ;)

    Gemeinsam mit seinem Kommandeur trat der neue Subpraefectus ein und wurde vom hiesigen Tribunus Laticlavius ziemlich freundlich in Empfang genommen. Als dieser sich als Vinicius Massa vorstellte, nickte ihm Gaius zu und stellte sich ebenfalls vor "Freut mich Tribun. Ich bin Subpräfekt Gaius Prudentius Primus." Dann ließ er sich auf einen der angebotenen Plätze nieder. "Für mich bitte nur Posca, wenn du etwas da hast. Ansonsten reicht auch ein Becher Wasser." Von diesem Bier hatte Gaius auch schon gehört, aber bisher hatte er keine Gelegenheit gehabt es auszuprobieren. Es war angeblich eher bitter und hatte einen ziemlichen Alkoholgehalt, da man es nicht wie Wein verdünnte. Irgendwann würde sich schon eine passende Gelegenheit ergeben, auch wenn Bitter nicht gerade zu seinen bevorzugten Geschmacksrichtungen zählte.

    "Sehr gut! Nun dann werde ich mich gemeinsam mit den Sklaven auf den Weg zu dieser Unterkunft machen und mich ein wenig ausruhen und ein ausgedehntes Bad nehmen wenn du mich heute nicht mehr brauchst." bestätigte der junge Prudentier diese überaus erfreuliche Mitteilung. Ein warmes Bad würde bestimmt gut tun nach dieser langen und kalten letzten Etappe ihrer Anreise. "Vielleicht komme ich auch noch heute Abend dazu mein Officium zu beziehen. Mal sehen. Ansonsten melde ich mich dann morgen früh wieder zum Dienst. Und bitte Grüße deine Frau von mir und sag mir wegen der Cena bescheid. Ich will euch nicht gleich überfallen."

    In der kleinen Entourage ritt auch der neue Subpräfekt der Ala mit. Der Iunier hatte den Vorschlag gemacht seinen neuen Stellvertreter bei dieser Gelegenheit in der Legio vorzustellen und Gaius war dieser guten Gelegenheit auch dankenswerter Weise nachgekommen. Er hatte über den Unfall des aktuellen Statthalters Duccius Vala gehört und auch über die Unstimmigkeiten, die es in der Provinzverwaltung und dem Militär gegeben hatte. Gespannt sah er dem heutigen Treffen also entgegen und schlug so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe - kennenlernen der Legionsoffiziere und direkte Informationen zur aktuellen Lage in der Provinz. Er selbst würde wohl kaum viel dazu beitragen können, doch zuhören und lernen war ohnehin vorerst seine wichtigste Aufgabe.

    Dankend nahm der junge Prudentier zur Kenntnis, dass der Präfekt außer seiner Beileidsbekundung nicht länger auf das Thema Aelia Vespa einging. Als er wieder zur Planung von Gaius Einstieg in seinen neuen Posten bei der Ala überging nickte dieser übereifrig. "Ja Präfekt. Dass kann ich mich sehr gut vorstellen." Die Vorstellung bei dieser Kälte irgendwo auf einem Pferd durch die Pampa zu galoppieren war in Wahrheit zwar nach dieser schrecklichen Anreise nicht gerade die angenehmste, aber wollte sich dem Vorschlag des neuen Vorgesetzten auch nicht verweigern. Es war ihm wichtig zumindest den Anschein zu wahren und einen guten Ersteindruck zu hinterlassen. War er einmal ein paar Monate hier, dann würde man es sich schon irgendwie angenehmer richten können. Und der Präfekt sagte schließlich ab und an und nicht jeden Tag. Eine weitere Frage, die ihm bereits unter den Fingern brannte war, wo er die Sklaven mit seinen Sachen hinschicken sollte. "Wo werde ich eigentlich untergebracht? Ich dachte mir jedes Castellum hat auch für die Offiziere adäquate Behausungen, aber da habe ich mich wohl geirrt. Hier gibt es wohl nicht so etwas wie einen Domus Subpraefecti? Die Wache am Tor meinte das man auch in der Stadt wohnen könnte aber so schnell wird sich dort kein freies Haus auftreiben lassen. Wo also wohnen die Subpräfekten der Ala?"

    Er dachte einen kurzen Moment darüber nach, ob er den Iunier über das Schicksal seiner Mutter gleich informieren, oder ob er eine bessere Gelegenheit abwarten sollte, da dieser auch gleich im Anschluss recht fröhlich seinen Familienzuwachs ansprach. Doch dieses Thema war Gaius zu unangenehm um es lange hinauszuzögern und vermutlich wäre jeder andere Zeitpunkt genauso passend oder unpassend gewesen wie der jetzige. Vielleicht sollte er aber mit etwas positiven beginnen. "Dein Onkel hat sich von seiner Krankheit erholt und ist wieder in Rom. Er dient sogar wieder beim Exercitus als Tribun bei den Prätorianern. Aber ich will nicht vorgreifen. Bestimmt steht alles in seinem Brief, den ich dir mitgebracht habe." Nun zum schwierigeren Teil der Neuigkeiten, die den Iunier zwar nicht unmittelbar betrafen, aber die ihm vielleicht unangenehm sein konnte, da er Gaius ja bereits auf seine Mutter angesprochen hatte. "Ich bringe aber leider nicht nur gute Neuigkeiten mit aus Rom. Meine Mutter Aelia Vespa ist vor einiger Zeit unerwartet verstorben. Es ist aber verständlich, dass sich diese Nachricht noch nicht bis Germanien durchgesprochen hat. Zudem ihr ja nicht mit ihr verwandt seid und ich weiß, dass auch Consular Decimus sehr unter diesem Verlust gelitten hat und dieses Thema lieber umgeht." Soviel musste er dem Decimer zugestehen, auch wenn sich ihr Verhältnis zueinander nach dem Tod seiner Mutter wesentlich verschlechtert hatte.


    "Doch lass uns wieder über etwas anderes reden Präfekt. Ich freue mich schon sehr auf meine neue Aufgabe, auch wenn mich die Versetzung nach Germania ziemlich unerwartet getroffen hat. Ich nehme an du wirst es mir nicht verübeln wenn ich offen zugebe, dass mir ein Tribunat oder ein Amt in Italia wesentlich mehr zugesagt hätte. Allein schon wegen des Wetters." Der junge Prudentier lächelte über diese Anspielung auf den bereits zuvor angesprochene Kälte, mit der er erst umgehen lernen musste und signalisierte dem Iunier damit auch zugleich, dass er das bisher freundliche und offene Gespräch nicht durch die Todesnachricht seiner Mutter trüben wollte. "Aber nun bin ich hier und sowohl Consular Decimus als auch dein Onkel gaben mir vor meiner Abreise mit, dass ich sehr viel von dir lernen kann. Ich kann dir also versprechen, dass ich versuchen werde das Beste aus dieser neuen und für mich zugegebenermaßen ungewohnten Situation zu machen."

    Die Dokumente und Urkunden konnte er also vorher stecken lassen. Der junge Prudentier tat wie im geheißen und nahm Platz. Aber nur äußerst langsam und immer bedacht seinen wundgeschäuerten Allerwertesten nicht noch mehr zu strapazieren. Die Anreise war schrecklich gewesen, doch das wollte er seinem neuen Vorgesetzten nicht gleich so direkt unter die Nase reiben. Wichtig war schließlich einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Dass hatte ihm sein Paedagogus stets eingebläut. Er suchte daher nach einer möglichst diplomatischen Antwort. "Wir sind recht zügig voran gekommen. Allerdings sind die Temperaturen jenseits der Alpen doch um einiges angenehmer als hier in Germania. Ich werde wohl noch einige Zeit brauchen, bis ich mich an das Klima hier gewöhnt habe. Und vielleicht sollte ich mich bei Gelegenheit in Mogontiacum auch der Kälte entsprechender einkleiden lassen. Ich nehme an die Schneider verstehen ihr Handwerk besser darauf, als in Roma." Das war in der Tat eine gute Idee, die ihm da gerade während seiner Ausrede gekommen war. Vielleicht etwas mit ein wenig mehr Pelz oder so etwas in der Art.


    Und nun zu ihm. Ja, da gab es einiges und er hoffte, dass er den Präfekten nicht gleich damit überforderte. "Nun Praefectus. Du kennst vielleicht mich nicht, aber du kanntest meine Mutter Aelia Vespa. Soweit ich weiß war sie sogar gemeinsam mit Consular Decimus auf deiner Hochzeit. Ich erinnere mich deshalb so gut daran, weil ich damals in Rom bleiben musste und nicht mit durfte." Beim Gedanken an seine verstorbene Mutter musste der junge Prudentier unweigerlich liebevoll Lächeln. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie sich vor ihrer Abreise hübsch gemacht hatte und er sie damit genervt hatte mitkommen zu dürfen. Doch seine Ausbildung ging damals vor und so musste er in Roma bleiben. "Ich bin ihr Sohn aus erster Ehe mit Tiberius Prudentius Balbus. Ich bin nach ihrer Hochzeit mit Consular Decimus im Haus der Decimer aufgewachsen und kann mich auch an deine Frau Seiana erinnern." Irgendwie tat ihm der Präfekt ein wenig leid. Anscheinend hatte er tatsächlich nicht gewusst wem er hier als neuen Subpräfekten zugeteilt bekommen hatte. Seine Frau hätte mit dem Namen Prudentius Primus etwas angefangen und ihn aufklären können, aber vermutlich war die Neubesetzung des P0stens bisher kein Thema im Hause Iunia-Decima gewesen. Warum denn auch. So traf ihm diese Überraschung ziemlich unvorbereitet und zur Freude des jungen Prudentiers auch mit voller härte. "Ich soll dir also Grüße von meinem Ziehvater Decimus Livianus bestellen und natürlich auch von dessen Klienten Iunius Silanus. Dein Onkel wenn ich mich richtig erinnere? Und dann habe ich natürlich auch Briefe und Geschenke mitgebracht..... Wobei die Geschenke von Livianus für Seiana sind." fügte er noch rasch hinzu, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

    Während der geliehene Reisetross des Prudentiers draußen wartete, brachte die Wache den jungen Offizier in die Principia der Castra und dort direkt zum Officium des Präfekten. Zuerst musste selbstverständlich noch der Schreiber des Kommandeurs überwunden werden, der ebenfalls die Papiere des neuen Subpräfekten begutachten wollte und erst danach den Prudentier weiter zu seinem neuen Vorgesetzten geleitete. Endlich im Officium angekommen, sah er sich zuerst einen kurzen Moment im Raum um, ehe seine Blicke bei Aulus Iunius Seneca hängen blieben, der hier wohl schon einige Zeit das Kommando führte. Gaius nickte dem Iunier zu. "Salve Praefectus! Ich bin Gaius Prudentius Primus und wurde deiner Einheit als Subpräfekt zugeteilt. Es freut mich dich kennen zu lernen." Gespannt wartete der junge Mann darauf, ob auch der Kommandeur noch einmal seine Dokumente sehen wollte. Er hatte sie nun zumindest bereits griffbereit verstaut.

    Eine Casa in der Stadt? Hmm.. klang eigentlich gar nicht so übel. Gaius war bisher nicht bewusst gewesen das dies eine Option war, die er frei wählen konnte. Während der junge Prudentier sich das durch den Kopf gehen ließ, nahm der Sklave wieder die Dokumente entgegen und verstaute sie sicher in seinem Beutel. Der Prudentier nickte dem Soldaten dankend zu und folgte der Wache weiter in das Innere der Castra, während sich auch hinter ihm langsam sein kleiner Tross in Bewegung setzte um den Ziehsohn ihres Herren das letzte Stück seines Weges zu begleiten. Vermutlich wollten die decimianischen Sklaven bereits morgen wieder den Heimweg antreten um schnellstmöglich zurück nach Rom und vor allem wieder in temperaturmäßig wesentlich angenehmere Gefilde zu gelangen.