Beiträge von Gaius Prudentius Primus

    Natürlich hätte Gaius wieder etwas zu erwidern gehabt. Zumindest beim anfänglichem Monolog des Decimers. Immerhin war Gaius Vater Eques und Praefectus Praetorio gewesen und sein Großvater Consular. Über Scipios Vater hingegen wusste er nicht wirklich viel, was darauf hindeutete, dass dieser zu den weniger bekannten Decimern gehörte, die nicht groß Karriere gemacht hatten. Und sein Großvater war zweifellos ein großer Feldherr, aber zum Consul hatte er es nicht gebracht was wiederum hieß, dass Scipio keinen Consular in direkter Linie als Vorfahre hatte. Alles in allem hatte ihm Gaius also doch einiges voraus, wenn man die engere Familie dabei in Betracht zog. Doch er hatte keine Lust dieses Thema noch mehr zu vertiefen. Daher war er froh darüber, dass Scipio schließlich doch noch etwas sagte, dem er anstandslos zustimmen konnte und das auch seine Meinung auf den Punkt brachte. "Da muss ich dir recht geben. Was das betrifft können wir uns wirklich nicht beklagen. Da gibt es in der Tat weitaus schlimmeres, dass man erwischen hätte können." Erneut folgte ein Schluck aus dem Becher, dessen berauschender, wenn auch nicht besonders köstlicher Inhalt nun langsam aber sicher dem Ende zuneigte. Ein Schluck war noch über, den er sich jedoch noch etwas aufheben wollte.


    Dann wechselte er schnell das Thema zurück zu den Karriereplänen, die Scipio vorhin angesprochen hatte. "Und dir ist es ernst mit der Senatorenkarriere? Hast du schon einen Senator gefunden, der dich als seinen Lehrling aufnimmt?" Beim Wort Lehrling fing der junge Purdentier wieder zum grinsen an, da es natürlich ganz darauf abzielte Scipio wieder ein wenig zu hänseln.

    Während der dicke Aurelier seine Begrüßungsfloskeln fortsetzte, sah sich Gaius noch einmal verstohlen nach seiner Mutter um. Einerseits fühlte er sich ein wenig unwohl hier nun alleine zu stehen und den begrüßenden Gastgeber mimen zu müssen, andererseits erfüllte es ihn auch wenig mit Stolz hier nun einmal selbst als großer Hausherr auftreten zu können, so wie es sonst Livianus immer tat. Dementsprechend zog er den Bauch ein um ein wenig größer und breitschultriger zu wirken. "Es freut mich ebenso sehr Drusilla nach all dieser Zeit wiederzusehen..... ja...... Und hätten wir vorher gewusst, dass ihr heute kommt.... also.... uns heute einen Besuch abstattet, dann hätten wir auch sehr gerne einen kleinen Empfang für euch vorbereitet. Bestimmt hätte euch auch gerne der Hausherr, Consular Decimus Livianus begrüßt, aber so ist er derzeit leider in der Stadtpräfektur." Alles in allem war er mit dieser Begrüßung, wenn auch noch ein wenig holprig vorgetragen, durchaus zufrieden. Was konnte er nun noch sagen, dass möglichst erwachsen und staatsmännisch klang? Immerhin hatte er hier einen - wenn auch recht dicken - Patrizier vor sich. "Und ihr seid zu Besuch hier in Roma oder?"

    Auch Götter - wie naiv die Worte des jungen Decimers waren. Aber gerade das machte ihn auf eine seltsame Art und Weise auch irgendwie knuffig. Auch wenn Gaius das selbstverständlich nie zugeben würde. Er hob tadelnd den Zeigefinger. "Also eines wollen wir gleich von Anfang an klar stellen. Auch wenn du eigentlich ganz in Ordnung zu sein scheinst.... ich bin Prudentier! Kein Decimer! Es würde deiner Familie aus meiner Sicht also keine Vorteile bringen. Wenn dann meiner. Und Zweitens...." hatte er überhaupt Erstens gesagt? ".... Serapio ist nicht Livianus Sohn. Er ist der Sohn seines Cousins oder so ähnlich. Ganz blicke ich bei eurer Familie da auch noch nicht ganz durch. Serapio hat er adoptiert, seine Schwester Seiana aber nicht. Kennst du Seiana? Ich nicht. Sie wohnt jetzt in Germanien glaube ich. Hab ich nicht kennen gelernt bisher. Jedenfalls hat Livianus aber zwei eigene schon erwachsene Kinder und die wohnen auch nicht hier sondern in Britannien, bei ihren Großeltern. Einen Sohn und eine Tochter." Er dämpfte Leise und fast schon verschwörerisch wirkend seine Stimme, ehe er weitersprach "Das habe ich auch erst vor kurzem erfahren. Die beiden kenne ich aber auch nicht." Dann sprach er wieder normal weiter und machte dabei eine große ausholende Gäste "Du siehst also, deine Familie ist mehr Schein als Sein. Alle sind irgendwo im ganzen Reich verstreut, keiner kennt so genau den anderen und alle sind irgendwie miteinander verwandt oder auch nicht. Wer weiß das schon. Da passe ich doch eigentlich ziemlich gut hinein oder was meinst du? Und dieser Serapio.... seine Verlobte und dieser Freigelassene.... ach lassen wir das. Ich will dich nicht überfordern. Man bekommt so manches zu hören, wenn man länger in diesem Haus lebt."


    Man merkte nun ziemlich deutlich, dass die Wirkung des starken Weins nach und nach einsetzte. Gaius lallte zwar noch nicht, aber er war sehr redselig und offenherzig geworden, was sich auch gleich darin zu bemerken machte, dass er Scipio väterlich die Hand auf die Schulter legte und sehr eindringlich, aber mit einem freundlichen lächeln sagte [COLOR=darkblue]"Aber mach dir nichts daraus. Du kannst ja auch nichts dafür, dass du in diese Familie hineingeboren wurdest. Das suchen wir uns leider nicht aus. Man muss halt damit leben so gut es eben geht. Und manchmal ist es gut den Schein selbst zu glauben, der nach außen hin gewahrt wird." Dabei klang weder Hohn noch Spott aus seiner Stimme. Er meinte das ganz und gar ehrlich und wollte tröstende Worte für den jungen Decimer finden. Gaius zog die Hand wieder zurück und nahm stattdessen seinen Weinbecher zur Hand um sich erneut ein oder zwei Schluck zu gönnen.

    Also spätestens jetzt würde dieser langweiler von Scipio auf jeden Fall vor Neid erblassen dachte sich Gaius, als seine Cousine unerwartet auf ihm zustürmte und in seinen Armen lag, die er schnell ausgebreitet und sie ergriffen hatte, bemüht mit den Füßen einen festen Stand zu finden und mit etwas Gewichtsverlagerung nicht samt seiner Cousine nach hinten zu kippen. Was er dabei nicht sehen konnte, war jedoch die Blässe die es zuerst vor Schreck in sein Gesicht trieb, das kurz darauf nicht nur von roten Ohren sondern auch roten Backen geziert wurde. Einerseits von der Schamesröte die ihm auf Grund der ganzen Situation ins Gesicht stieg, die hübsche Cousine um seinen Hals hängend und danach den tadelnden Onkel im Hintergrund, andererseits auch weil gleich darauf ihre zarten Hände zu seinem Gesicht heraufschnellten und es liebevoll betätschelten. Eine Angewohnheit die er bisher eher mit alten Urstrumpftaten in Verbindung brachte, für die es zumeist eine Art Hobby darstellte bei Begrüßungen den Kindern in die Pausbacken zu kneifen. Immerhin ließ Drusilla das mit dem Kneifen weg. Ein "Du auch!" war die einzige und zudem nicht gerade von großer Redekunst oder Intelligenz geprägte Antwort, die er in diesem Moment auf seine angesprochene Körpergröße hervorbrachte.


    Als sie sich von ihm löste und den tadelnden Worten ihres Onkels artig nachgab, schaffte es auch Gaius wieder sich einigermaßen zu fangen. Die entschuldigenden Worte des Onkels quittierte er mit einem Kopfnicken und einem immer noch recht perplexen "Ja das hat sie wohl." was ebenso nicht als besonders geistige Glanzleistung einzustufen war. Abschließend schaffte er es aber dann doch noch seiner Cousine ein fröhliches und hoffentlich nicht all zu dumm wirkendes Lächeln zu schenken. Bona Dea - wie hübsch sie war. Unschlüssig ob er das Gespräch nun mit seiner Cousine oder besser ihrem Onkel und Vormund weiterführen sollte verlagerte er wieder sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Hoffentlich kam Mutter bald, um ihn in dieser Situation ein wenig beizustehen.

    Wenn er ehrlich war, was er in dieser Situation nie vor Scipio gewesen wäre, schmeckte Gaius der Wein überhaupt nicht. Guter Tropfen hin oder her - er schmeckte für seine Begriffe einfach zu herb, zu säuerlich. Der junge Prudentier bevorzugte eigentlich eher durch Fruchtzucker oder mit Honig gesüßte Getränke. Doch als "echter Mann" hätte er das niemals zugegeben. Man erwartete einfach, dass ein Mann auch würzige, saure oder eben auch herbe Getränke tank. Vor allem wenn sie alkoholisch waren. Dennoch war er auf die Wirkung des Alkohols gespannt, die hoffentlich nicht wieder über einem Nachttopf endete. Sicherheitshalber sollte er sich bei Zeiten eine Ausrede parat legen, die er Scipio auftischen konnte, falls er doch noch rasch das Zimmer verlassen musste. Doch nun war er damit beschäftigt seinem Gegenüber zuzuhören und zu antworten. "Dein Triocinium.... Ich verstehe." sagte er anfangs nur und aus dem Ton seiner Stimme war bereits herauszuhören, dass dies nicht gerade die beste Themenwahl war. "Naja... der Al.... also mein Stiefvater möchte wohl auch, dass ich bei einem Senator ein Triocinium absolviere und danach eine politische Karriere einschlage. So wie eben er selbst oder auch mein Großvater - beide Consulare."


    Man konnte nun deutlich merken, dass Gaius nachdenklicher wurde. Er nahm noch einmal zwei Schluck aus seinem Becher und sprach dann weiter "Um ehrlich zu sein bin ich nicht sehr begeistert von dieser Idee. Ich würde lieber die Laufbahn meines Vaters einschlagen. Er war fast sein ganzes Leben Soldat und hat dem Kaiser vor seinem Tod als Praefectus Praetorio gedient. Er wurde viele Male geehrt für seinen Mut und seine Tapferkeit. Ich denke..... das wäre vielleicht mehr meine Welt als die Politik und es würde bestimmt auch meinem Vater stolz auf mich machen." Die für Gaius ungewöhnlich offenen Gedanken waren dem starken und unverdünnten Wein zu verdanken, der langsam aber sicher damit begann seine Wirkung zu zeigen. Zumindest konnte man dies auch an den bereits geröteten Wangen des jungen Mannes sehen. Mit einem Mal wurde seine Stimme jedoch wieder ernster und kälter. "Glaub jedoch nicht, dass wir unsere Zukunft planen. Du kannst so lange daran glauben, wie sie in den Kram der Familie passt. Dein Glück ist, dass sich deine Vorstellung mit denen der Familie deckt. Was glaubst du würde Livianus oder auch Serapio sagen, wenn du ihnen mitteilst, dass du gerne Künstler oder Dichter werden möchtest. Die würden dir was erzählen" endete sein Satz mit einem verächtlichen auflachen.

    Gaius war der Erste der im Atrium eintraf, nachdem er vom überraschenden Besuch seiner Cousine Drusilla und ihrem Onkel erfahren hatte. Es war bestimmt etliche Jahre her, dass er sie zuletzt gesehen hatte. Seiner Erinnerung nach war sie ein sehr nerviges und eher dickliches kleines Mädchen gewesen, dass ungefähr auch sein Alter hatte. Noch während er in das Atrium trat, dachte er an einige bruchstückhafte Erinnerungsfetzen zurück, die sich vor seinem geistigen Auge abspielten. Das änderte sich jedoch schlagartig, als die beiden Besucher endlich in sein Blickfeld kamen. Zuerst ein recht dicker Mann, der es sich bereits auf einer der Liegen bequem gemacht hatte - sofern man dies bequem nennen konnte - und dann gleich ein paar Schritte daneben eine schlanke, zierliche und - bei den Göttern - wunderhübsche junge Frau. Das sollte seine Cousine Drusilla sein? Die kleine dicke Drusilla? Dieser Name alleine klang schon recht "üppig".


    Sein bis dahin flotter und selbstbewusster Schritt bremste sich mit einem Mal ein und während er die junge Frau von oben bis unten entgeistert musterte, spürte er unerwartete Hitze in sich aufsteigen. Vor allem seine Ohren glühten. Krampfhaft versuchte er sich abzulenken, in dem er zum Dicken sah, dem natürlich der erste Gruß galt. "Aurelius! Willkommen in der Casa Decima. Meine Mutter wird gleich hier sein." Das hatte schon mal geholfen den ersten Schock zu verdauen. Dann wandte er sich an Dursilla. "Cousinchen! Es.... Es freut mich dich nach so langer Zeit wieder zu sehen." brauchte er gerade noch so und wesentlich holpriger als gerade bei ihrem Onkel heraus, bemüht nicht vergessen seinen Mund danach zu schließen. Bona Dea - die kleine dickliche Drusilla. Schade das Scipio nicht da war um dieses Mädchen zu sehen. Das war ja mal eine Cousine mit der man vor diesem Jungdecimus angeben konnte.

    Das klang schon mehr nach Gaius Geschmack und als Scipio ohne lange zu fackeln dann auch noch gleich die Becher mit dem unverdünnten Wein füllte, setzte er sich neben ihm und nahm seinen Becher auf. Mit einer ebenso zuprostenden Gäste hob er ihn an und erwiderte den kurzen Trinkspruch knapp mit einem "Auf unsere Familien!" Dann führte er den Becher an seinem Mund und nahm einen kräftigen Schluck. Doch nicht nur der Schluck war kräftig, auch der Wein war er. An sich schon und in diesem Falle auch unverdünnt hinterließ er schon beim runterschlucken einen recht wärmenden Eindruck. Gaius kam nicht Drumherum sich nach diesem Schluck zu räuspern, wollte aber vor Scipio keinesfalls den Anschein erwecken, der Wein wäre ihm nun doch zu stark - was er jedoch war. Also nahm er gleich einen zweiten kräftigeren Zug, ehe er den Becher wieder absetzte und sich dem Decimer widmete. "Also bisher haben wir uns nicht wirklich oft gesehen. Die letzten Wochen habe ich wieder bei meinem Großvater verbracht. Ich dachte das es nun Zeit wird, sich endlich kennen zu lernen. Hast du dich hier mittlerweile eingelebt?"

    Und da war es wieder. Der Grund warum er Scipio bisher aus den Weg gegangen war. Schon beim ersten Aufeinandertreffen wirkte der junge Decimer für sein Alter wie ein echter Langweiler. Ihm haftete irgendwie die Aura eines frommen Pontifex an, was sich in diesem Moment wieder bestätigte. Livianus nicht als Alten bezeichnen? Den Wein mit Wasser verdünnen? Wer zum Pluto glaubte er zu sein? Seine Mutter?! Gaius dagegen war zwar bestimmt alles andere als ein schlechter Mensch, aber er war eben bei all seinen guten Eigenschaften und seiner Fremden gegenüber ruhigen und zurückhaltenden Art tief in seinem Inneren so, wie es auf die meisten jungen Männer seines Alters zutraf: Besserwisserisch, ständig Grenzen auslotend, Testosterongesteuert und dem eigenen Glauben nach sowieso und überhaupt Unbesiegbar. :)


    Die Belehrung über Livianus ließ er aber erst mal unbeantwortet, schließlich wollte er dieses nächtliche Aufeinandertreffen nicht gleich von Beginn an aus dem Ruder laufen lassen. Zumindest mit dem gesparten Geld hatte der Decimer recht. Den Vorschlag diesen herrlichen Wein mit Wasser zu verdünnen stand er jedoch mehr als kritisch gegenüber. "Warum mit Wasser verdünnen? Wann bekommen wir sonst schon unverdünnten Wein zu trinken? Unverdünnt hat er doch eine viel berauschendere Wirkung? Das weißt du doch oder?" Musternd sah er Scipio an und sprach so selbstverständlich über die berauschende Wirkung des Weines, als hätte er sie unzählige Male schon selbst erlebt. In Wahrheit hatte er erst einmal einen Wein unverdünnt und natürlich im geheimen getrunken und war danach die halbe Nacht vor Übelkeit mit seinem Gesicht über einem Nachttopf gehangen. Auch wenn Mutter am nächsten tag nichts anmerkte, so war es ihm am Frühstückstisch wohl immer noch anzusehen, dass er eine schwere Nacht gehabt hatte. Doch vielleicht war dieses eine Mal nur Pech gewesen. Sie waren junge Burschen, nun schon Männer und sollten endlich auch das Tun, was Männer eben so taten. Wie zum Beispiel unverdünnten Wein zu trinken.

    Zuerst folgte ein mit neugierigem Blick umherspähender Kopf, gefolgt vom restlichen schlanken Körper, der sich durch den Türspalt zwängte, den der Prudentier nach der deutlichen Antwort aus dem Inneren des Raumes geöffnet hatte. Gaius war noch nie im Zimmer des Neuen gewesen und sah sich nach wie vor erst mal neugierig um bis er etwas enttäuscht festgestellt hatte, dass es nicht viel anders aussah als sein eigenes. Außer den wenigen persönlichen Habseligkeiten die hier und da verstreut herumlagen, glich die Einrichtung ziemlich genau jener seines eigenen Zimmers. Ernüchtert wandte er sich schließlich Scipio zu, der gar nicht wirklich überrascht wirkte. Eigentlich ein wenig merkwürdig bedachte man den Umstand, dass Gaius zum ersten Mal dem jungen Decimer einen Besuch abstattete. Als sein Blick dann schließlich auf die beiden Becher fiel, die auf dem Tisch vor Scipio standen, zeichnete sich ein immer breiter werdendes Grinsen im Gesicht des Prudentiers ab.


    "Tja! Anscheinend hatte der Alte..." so nannte er Livianus, wenn dieserer nicht gerade in Hörweite war "...heute wichtigen Besuch zu Gast und bei einer günstigen Gelegenheit ist mir dies hier in die Hände gefallen." Dabei zog er hinter seinem Rücken eine Weinkaraffe hervor und hielt sie nun mit beiden Händen vor seinem Körper. "Bei wirklich wichtigen Besuchern lässt er immer die besten Jahrgänge aus Hispania auftischen. Und.... naja.... ich dachte mir..." Plötzlich ein wenig verlegen und auch nicht mehr ganz so sicher, ob es eine gute Idee gewesen war Scipio aufzusuchen kam er ins stottern, fügte aber dann noch schnell an "... als kleiner Schadenersatz dafür, dass wir die Sklavin heute am Markt beide nicht ersteigern konnten, trinken wir gemeinsam einen guten Tropfen."


    Er hielt Scipio die Karaffe entgegen und versuchte so zu wirken, als wäre es nicht ungewöhnliches oder fast schon alltägliches das er Wein trank. Junge Männer in ihrem Alter tranken durchaus schon Wein, aber meistens wurde genau darauf geachtet, dass dieser sehr stark mit Wasser verdünnt war, da es ohnehin schon nicht zur guten Sitte gehörte unverdünnten Wein zu trinken. "Was meinst du?"

    Um diese spätabendliche Zeit war es bereits einigermaßen Ruhig in der Casa Decima Mercator. Die meisten Bewohner hatten sich schon in ihre privaten Räume zurückgezogen und hier und da sah man noch einen fleißigen Haussklaven durch die Gänge sausen, der die letzte Arbeit des Tages vollrichtete. Ein weiter umtriebiger Geist den es heute nicht in seinem Zimmer hielt war Gaius, der etwas hinter seinem Rücken versteckend, leise durch die Gänge schlich, bis er vor Scipios Zimmer angekommen war. Bisher war er dem neuen und in etwas gleichaltrigem Mitbewohner und Enkelsohn des großen Triumphators Decimus Meridius aus dem Weg gegangen, doch nach ihrem heutigen Treffen auf den Sklavenmärkten war er neugierig geworden. Zaghaft und möglichst ohne Aufsehen zu erregen klopfte er. Ein "Scipio?! Bist du noch wach?" folgte mit ebenso leiser Stimme.

    Die Suche nach seiner Mutter in diesem mehr als geräumigen Stadthaus führte den jungen Prudentier zwangsläufig in die aus mehreren Zimmern bestehenden Privaträume seines Stiefvaters, die er nun mit ihr teilte. Besagter Stiefvater war heute bereits außer Haus und zu seinem Amtssitz gegangen, doch seine Mutter müsste eigentlich noch hier sein und sich für ihren heutigen Gang zum Palast vorbereiten, wo sie der Kaiserin seit geraumer Zeit als Beraterin diente. Dennoch steckte Gaius seinen Kopf recht zögerlich durch die Türe nachdem er geklopft hatte. "Mutter? Bist du hier?" Neugierig sah er sich im Empfangsraum um. Auch wenn er schon lange hier in diesem Haus lebte, hatte er immer versucht die Privaträume des Decimers weitestgehend zu vermeiden - vor allem wenn dieser zu Hause war.


    Dabei war Livianus kein schlechter Mann. Er hatte Charisma, war ein angesehenes Mitglied der römischen Gesellschaft, gestandener Feldherr, erfolgreicher Politiker und hatte viel Lebenserfahrung gesammelt - aber vor allem war er gut zu Gaius Mutter und das war dem jungen Mann das wichtigste. Er hatte seit ihrer Vermählung kein einziges Mal einen Streit oder eine Meinungsverschiedenheit miterlebt. Zweiteres würde es natürlich hin und wieder hinter verschlossenen Türen geben, doch sagte das nicht aus, dass immer Livianus als Gewinner daraus hervorgehen musste, wie es bei manch anderen römischen Familienpatriarchen der Fall war. Ein Patriarch war er in keinem Fall aber dennoch hatte er einen großen und für Gaius unmöglich zu negierenden Fehler - er war nicht sein leiblicher Vater. Und diesen vermisste er seit seinem "Mannwerden" mehr denn je.

    War ja klar, dass Serapio noch einmal nachlegen und Gaius überbieten musste. Der große Gardetribun konnte sich doch nicht von seinem kleinen Stiefbruder übertrumpfen lassen. Daher verzog er mürrisch den Mund und beobachtete weiterhin still das geschehen. Natürlich war sie gut für den gemeinsamen Haushalt, aber aus den Saturnaliengeschenk für seine Mutter wurde trotzdem nichts und er musste weiter überlegen, was er für sie besorgen konnte. Auch Scipio hatte es aufgegeben mitzubieten und es dem älteren Decimer überlassen, ihnen die Sklavin zu sichern.


    Als kurz darauf ein anderer Bieter wiederum das Gebot auf 4000 Sesterzen in die Höhe trieb, war der junge Prudentier recht froh darüber, dass Serapio nun die Aufgabe zukam derart schwindelerregende Summen für eine Sklavin auszugeben. Er selbst hätte eine solche Summe ohnehin nicht alleine aufbringen können und sie Livianus zu erklären und ihm um Geld anzupumpen, wäre vermutlich auch nur sehr schwer geworden. Da konnte die Sklavin noch so schöne Gedichte rezitieren. So aber war es an Serapio mit Geld um sich zu schmeißen, der sich aber vermutlich mit seinem Einkommen als Gardetribun derartige Sonderausgaben recht problemlos leisten konnte. Scipio gratulierte natürlich gleich überschwänglich und tat gerade so, als ob er ein neues Haustier oder Spielzeug bekommen hatte. Er war gespannt wie sie sich einlebte und was sie alles konnte. Vielleicht ein paar Kunststücke wie Jonglieren oder auf einem Bein hüpfen. Gaius verdrehte die Augen über eine derart kindische Aussage des Decimers. Dann sah er wieder zu Serapio und auch wenn er es nicht gerne tat, so blieb ihm nach Scipios Gratulationen nichts anderes über, als es ihm gleich zu tun. "Ich gratuliere dir ebenso Faustus. Ein stolzer Preis für eine Skalvin. Ich hoffe sie wird es Wert sein." Dabei versuchte er besonders erwachsen und abgebrüht zu wirken, in dem er seine Aussage mit einem vielsagendem Kopfnicken unterstrich.

    Gaius nickte dem Bekannten Serapios zu und sah dann wieder neugierig zum Podest. Ein interessantes Mädchen war sie bestimmt, da hatte der Germanicer bestimmt recht. Doch ein wenig still und zurückhaltend für eine Gesellschafterin. Wieder kam ihn in den Sinn, dass er noch kein Saturnaliengeschenk für seine Mutter hatte. Unschlüssig verlagerte er sein Gewicht von einen Fuß auf den anderen und sah dann wieder zwischen den anderen Bietern, dem Sklavenhändler und der Sklavin hin und her. War sie wirklich so viel wert wie dieser Germanicer meinte? Und wenn sie sich dann doch als Fehlinvestition herausstellte? Schließlich rang er sich zu einer Entscheidung durch. Was sollte schon sein? Bei dem Reichtum seines Stiefvaters konnte er sich solche Extravaganzen leisten. Und ganz nebenbei konnte er so Serapio und Scipio zeigen, dass auch er hier durchaus mithalten und sich wichtig machen konnte. Er hob seine Hand um auf sich aufmerksam zu machen und rief "2500 Sesterzen!" Dann sah er gespannt zu dem Germanicer, ob dieser noch einmal nachlegen wollte.

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Scipio


    Chapeau Decimus! Auf den Mund gefallen war er schon mal nicht. Auch wenn Gaius das mit dem Geld nicht ganz glaubte, denn woher sollte Scipio das Geld denn sonst haben, stand der doch erst kurz vor dem Eintritt in das Erwachsenenleben wie Gaius selbst. Und ohne Posten oder Amt keine eigene Kohle - so einfach war das. Ein Umstand der Gaius bisher nicht allzu viel ausgemacht hatte - lebte es sich bisher doch recht gut vom üppigen Wohlstand seines Stiefvaters und dem Geld, dass sein Großvater noch extra zuschoss - in letzter Zeit aber einen immer unangenehm werden Beigeschmack bekam. Er wollte endlich auf eigenen Füßen stehen und sich aus dieser Abhängigkeit befreien. Und vor allem wollte er aus dieser Casa ausziehen.


    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio


    Vorerst wollte der Prudentier die Frage nach Scipios Geld auf sich beruhen belassen und auf dessen Gegenfrage antworten, als das nächste Familienmitglied ebenso unerwartet hinzutrat, wie er selbst gerade erst. Zu Gaius Überraschung, oder eher Schrecken, war es sein quasi "Stief-Adoptiv-Bruder" oder so in der Art. Ihm war er seit seinem Einzug in die Casa besonders aus dem Weg gegangen. Das war nicht besonders schwierig gewesen, da Gaius in letzter Zeit oft in Oberitalien bei seinem Großvater weilte und Serapio ausgesprochen viel Zeit in seinen Dienst bei den Prätorianern investierte. Während er beim Enkel des Triumphators noch eine Recht große Lippe riskiert hatte, war dieser Decimer nun schon ein ganz anderes Kaliber und was Gaius besonders aufstieß, ein ebenso fast schon vergöttlichtes Familienmitglied dieser erlauchten Gens, in die seine Mutter eingeheiratet hatte. Ziemlich kleinlaut und kurz angebunden antwortete er daher auf den Gruß "Salve Serapio." Irgendwie war ihm dieser Serapio von Anfang an nicht ganz Koscher gewesen. Ein ziemlich merkwürdiger Kerl.


    Er sah ein wenig verlegen zwischen den beiden Decimern hin und her, die nun in der Überzahl waren und wartete dann gespannt darauf, was die Sklavin auf Serapios Frage antwortete. Sollte er sich in ihr getäuscht und es sich tatsächlich um eine Gesellschafterin für vornehme Damen jeden Alters handeln, dann wäre sie ja vielleicht ein nettes Geschenk für seine Mutter. Immerhin standen die Saturnalien vor der Türe.

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Scipio
    Scipio schaute bereits eine Weile zu, als er Interesse an der jungen Sklavin entwickelte.
    Er schickte Broka vor, sicher war sicher, und lies sein Angebot übermitteln.
    "750 Sesterzen!"


    Dann schaute er sich um, anscheinend gab es ein paar Mitbieter, darunter auch ein Centurio den er bereits kannte. Mal sehen wie sich das Gebot entwickeln würde, Marcus hatte sich bereits einen Betrag ausgedacht bis zu dem er bereit war mitzubieten.


    Gaius schlenderte durch die Märkte, als ein Sklavenauktion seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er näherte sich langsam und beobachtete zuerst das Geschehen auf dem Podium. Eine junge, nicht gerade redselige Sklavin sollte verkauft werden. Das sie ausgesprochen hübsch war konnte der junge Prudentier selbst sehen, doch die gute Bildung, welche der Händler hier anpries, hatte die Sklavin bisher nicht unter Beweis gestellt. Als sie schließlich von sich Preis gab noch nicht lange Sklavin zu sein, wanderte seine linke Augenbraue nach oben und erzeugte ein nachdenkliches Stirnrunzeln. Das klang eher nach viel Arbeit, die man in dieses Mädchen investieren musste, als nach einer gutausgebildeten Sklavin, die derartige Preise rechtfertigte, wie sie hier bereits gerufen wurden. Von einer ausgebildeten Gesellschafterin für vornehme Damen war diese Sklavin vermutlich so weit entfernt wie Gaius von einer Karriere beim Militär oder in der Politik.


    Gespannt ließ der junge Mann seinen Blick über die Bieter schweifen um zu sondieren, was für Leute hier am bieten waren. Und schon hatte er zumindest ein bekanntes Gesicht entdeckt. Der junge Decimus Scipio, der seit kurzem in ihrer Casa wohnte und den Gaius bei seiner Ankunft ebenso kurz kennengelernt hatte. Seit dem war er dem Enkel des großen Triumphators Meridius aus dem Weg gegangen. Seine Mutter hatte zwar gemeint, dass er sich ein wenig um den Neuankömmling kümmern sollte, doch irgendwie hatte ihm die Motivation dazu gefehlt. Das er hier jedoch nun recht großzügig mitbot weckte genügend Interesse bei Gaius, so dass er von hinten auf ihn zuschritt, sich neben ihn stellte und ohne große Begrüßung und mit einem Hauch Spott in der Stimme meinte "Na Decimus?! Haust du das Geld deines Großvaters auf den Kopf?"

    Wie ihm geheißen setzte sich Gaius neben den Senator und sah sich neugierig in der Taverne um, an der er zwar schon öfter vorübergegangen, die er heute aber zum ersten Mal betreten hatte. Noch während er auf Sedulus Frage hin überlegte ob und vor allem was er zu trinken wollte, erschien auch schon ein weiterer Mann am Tisch der beiden, der sich als Iulius Dives vorstellte. "Salve!" brachte Gaius knapp hervor und sah dann etwas unsicher zu seinem Wahlonkel. Sollte er sich nun selbst vorstellen oder war es an Sedulus, seinen jungen Begleiter vorzustellen? Als er schließlich wieder zum Iulier sah, entschied er kurzerhand, sich selbst vorzustellen. "Ich bin Gaius....... Prudentius Primus." sagte schon er noch schnell hinterher und tat es damit seinem Gegenüber gleich, von dem er nicht wusste, ob ihm nicht durchaus bekannt war, wer der junge Mann an der Seite des Senators war und dass er gemeinsam mit seiner Familie derzeit bei den Germanicern wohnte.


    Gleich darauf erschien auch schon ein weiterer Mann, der anders als der Iulier zuvor, kaum Notiz von dem Jungen zu nehmen schien. Doch da er auch kaum den Iulier beachtete, sondern seine Aufmerksamkeit vorerst nur auf den Senator richtete, blieb Gaius ungerührt sitzen und beobachtete, fasziniert vom strahlenden Lächeln des neu Hinzugekommenen, weiter die ganze Situation.