Beiträge von Xenokrates Kleomenou

    Endlich hatte ich die harte Ausbildung hinter mir. Als regulärer Miles war das Leben doch so viel einfacher - sicher, ich hatte immer noch Pflichten und trug jetzt eine höhere Verantwortung. Aber keinen Ausbilder hinter mir zu haben, der ständig neue Anweisungen mit sich brachte, und das Gefühl, richtig dazuzugehören - das schätzte ich viel zu sehr.


    Umso mehr freute ich mich, als mich der Centurio im Quartier aufsuchte, um mir zu gratulieren. "Vielen Dank, Centurio. Es freut mich, dass du mit meinen Leistungen zufrieden bist." Die Hinterlist, die darauf folgte, hatte ich beim besten Willen nicht erwartet. "Nun, ich dachte eigentlich, der Centurio gibt einen aus. Schließlich kann er sein Kontingent aufstocken", sagte ich lächelnd. "Aber ich möchte eure - das heißt: unsere - Tradition natürlich nicht brechen. Dann warten wir auf die Ausgangserlaubnis, dann können wir auf eine vielversprechende Zukunft anstoßen." Ich wollte schließlich nicht als Geizhals dastehen!

    Ich war schon seit einigen Tagen in der Kaserne der Segelsetzer und wartete auf den Rest der Truppe, die jeden Augenblick eintreffen konnten. Es gefiel mir gut in der Kaserne - hier ging alles viel lockerer vor als in Alexandria. Naja, die Nautae in der Urbs Aeterna waren ja auch nur für die Sonnensegel im Colosseum zuständig; mussten sich keine Sorgen machen um irgendwelche Kampfmanöver.


    So verbrachte ich einige gemütliche Tage hier (zu tun hatte ich ja nun wirklich nichts) und wartete auf die Kameraden der Aeternitas, dem Schiff, mit dem wir die Augusta von Laodicea bis hierher "verfrachtet" hatten.


    Mit dem entspannten Dasein war es jetzt aber vorbei. Soeben war die Truppe eingetroffen, mit den Offizieren sowie Centurio Marcius, dem strengen Ausbilder :P

    Zuerst war ich erschrocken, als der Procurator einfach so den Brief öffnete. Aber ich hielt lieber den Mund. Außerdem konnte man bestimmt davon ausgehen, dass es in der Kanzlei nur vertrauenswürdige Mitarbeiter gab.


    "Gut... Dann, vielen Dank. Ich werde mich mal auf den Weg machen. Vale!", verabschiedete ich mich und verließ das Officium, den Palast und schlussendlich auch den Palatin.

    Wie schnell die ganze Sache ablief - das hätte ich nicht gedacht. War nur zu hoffen, dass die Schriftrolle nicht wie ein normaler Bittstellerbrief behandelt und in eine endlos lange Warteschleife gesetzt wurde; oder irgendeinem untergeordneten Beamten der Kanzlei in die Hände gedrückt wurde...


    "Mir wurde befohlen, auf eine Antwort zu warten", sagte ich deshalb nochmal, bevor ich dem Procurator die Schriftrolle reichte.



    AD IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS APPIUS CORNELIUS PALMA


    Nauarchus Trireme Aeternitas , classis augusta alexandrina, Appius Decimus Massa Imperatori Caes. Aug. Cornelio Palmae s.d.


    Mit Freude kann ich dir mitteilen, dass die Augusta Sentia Laevina unbeschadet in Ostia eingetroffen ist. Bis zum Eintreffen einer Eskorte werde ich alles Erdenkliche tun, um ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Für ihren Schutz ist gesorgt.


    Appius Decimus Massa



    Ich trat in das Officium ein und fand einen gut gekleideten Mann mittleren Alters vor, der hinter seinem Schreibtisch zu mir hinüberblickte.


    "Salve", fing ich an und stellte mich noch einmal - wie bei der Palastwache - vor: "Ich bin von der Classis Alexandrina und bringe ein Schreiben vom Nauarchus Appius Decimus Massa. Ein persönliches Schreiben für den Kaiser - von hoher Wichtigkeit", fügte ich hinzu, um dem Ganzen noch etwas Nachdruck zu verleihen. (Es war ja auch eine wichtige Angelegenheit, nur nicht in dem Sinne, wie sie sich der Procurator vielleicht vorstellen würde.)

    Der Weg zum Officium des Procurators war leicht zu finden, sodass ich nun - einige Augenblicke später - vor der Tür stand. Mein Pferd hatte ich draußen bei der Wache gelassen, hätte es doch ziemlich unschicklich gewirkt, dieses im Palast herumzuführen. Ich vergewisserte mich noch einmal, dass ich das Dokument noch bei mir hatte, dann klopfte ich an.

    Nachdem ich in gehetztem Tempo von Ostia nach Rom geritten war, schmerzten meine Oberschenkel ungemein - ich war lange nicht mehr auf einem Pferd gewesen und infolgedessen nicht an diese Art des Reisens gewöhnt. Auch die viel zu schnelle Einnahme der Mahlzeiten - ich hatte schließlich ausdrücklichen Befehl, mich zu beeilen - hatte meinem allgemeinem Zustand nicht gut getan.
    So war ich nun in Rom eingetroffen - zwar leicht erschöpft, aber trotzdem gut gelaunt -, und machte mich, das Pferd an den Zügeln führend, auf den Weg zum Palatium Augusti.


    Voller Staunen betrachtete ich die Fassaden des kaiserlichen Palasts. Und dort waren ja auch die Wache haltenden Prätorianer, angeblich die Elite des römischen Heeres. Mal gespannt, wie die so drauf waren.


    "Salvete Milites!", grüßte ich, ohne genau zu wissen, an wen ich mich richten sollte. "Ich bin Xenokrates Kleomenou, von der Classis Augusta Alexandrina. Ich bringe ein persönliches Schreiben für den Kaiser, gezeichnet vom Nauarchus Decimus Massa." Mehr wollte ich nicht sagen, denn der Kaiser sollte ja als erstes erfahren, was Sache war.

    Als wir den Hafen von Ostia erreichten, wurde ich unwillkürlich an meine Kindheit erinnert, deren Großteil ich in eben dieser Stadt verbracht hatte. Ja, damals waren wir auf dem Hafengelände herumgelaufen und hatten die Schiffe bestaunt - damals hätte ich wohl nie gedacht, dass ich eine große Lebensspanne in der römischen Flotte verbringen würde.


    Ich war gerade dabei, in meinen Erinnerungen zu schwelgen, vor mich hin zu träumen und dabei eine gewisse Melancholie zu verspüren. Als mir plötzlich gesagt wurde, dass mich der Nauarchus sprechen wollte.


    Was? Eine Nachricht sollte ich überbringen? An den Kaiser? Das war ja eine Ehre! Dass ich ausgewählt worden war; und dass bei den vielen erfahrenen Milites auf der Aeternitas.


    Stolz salutierte ich. "Jawohl, Nauarchus! Wir sehen uns dann in Rom." Ich nahm die Umhängetasche, die mir der Offizier reichte, und stieg in das Fischerboot hinab. Erst als mich der Fischer an's Ufer befördert hatte, fiel mir ein, dass ich selten geritten war - und das vor langer Zeit. Hoffentlich bereitete mir das Pferd bei meinem Auftrag keine Schwierigkeiten...

    Nach Ende der Übung zur Brandbekämpfung standen wir erschöpft in einer Reihe, froh darüber, dass der Tag nun endlich vorbei war. Ich malte mir bereits aus, wie gemütlich ich es mir gleich bei der Abendration machen würde - doch dann tauchte dieser verflixte Bote des Nauarchus auf und ließ all meine Hoffnungen in Luft auflösen.


    So geschah es, dass der Centurio uns zur nächsten Aufgabe hetzte; das Holz wurde hastig an Bord geschafft und - mit Hilfe einiger Veteranen der Zenturie - machten wir uns daran, die Kabine am Heck zusammenzuhämmern. Auf Qualität wurde nicht allzu viel Acht gegeben, doch unsere Leistung hatte wohl ausgereicht, um den Nauarchus zufriedenzustellen.
    Wir verschwanden jetzt, um uns zu erholen. Endlich mal wieder nichts tun...

    Die Sonne war dabei unterzugehen, als uns der Centurio im leicht orangefarbenen, stetig schwächer werdenden Licht die letzten Anweisungen des Tages erteilte. Wir waren alle müde, aber die Aussicht auf das baldige Abendessen munterte mich auf.
    Wir standen also in der vom Ausbilder angeordneten Reihe und warteten darauf, dass er mit seinen Anweisungen fertig war.


    Ich selbst stand neben dem Tiro, der die Eimer mit Wasser füllen sollte und hatte demnach die zweitanstrengendste Aufgabe - die Eimer vom Seil losbinden und weiterreichen ... alle anderen Tirones mussten schließlich nur weiterreichen.


    Es flogen noch einige Möwen in der Abenddämmerung herum und als ich mich auf die Flugbahnen konzentrierte, da... - "Schnell, beeil dich Xenokrates!!!", hörte ich plötzlich eine Stimme, die mich aus meinen Gedanken riss.
    Ich fuhr erschrocken zusammen, als ich merkte, dass der Centurio bereits aufgehört hatte zu reden. Die Übung war schon in vollem Gange! Ich versuchte, den Eimer - den mir mein Nebenmann entgegenhielt - vom Seil zu lösen ... aber verdammt! Ich bekam den Knoten einfach nicht los! Warum hatte ihn dieser Blödmann neben mir auch so fest gemacht!?


    Der Ausbilder war bestimmt schon kurz davor gewesen, einzugreifen, dessen bin ich mir sicher. Doch irgendwie bekam ich dann den Eimer doch noch frei (mittlerweile war aber schon ein beträchtlicher Anteil des Wassers verschüttet worden) und reichte ihn weiter.
    Was für ein absolutes Fiasko meinerseits! Ich wollte gar nicht erst daran denken, was das für einen Eindruck beim Centurio gemacht hatte!


    Als mir der nächste Eimer gereicht wurde, war ich natürlich voll bei der Sache; ich löste den Knoten auf eine weitaus professionellere Weise als eben und reichte ihn an die Reihe weiter. Mit der Zeit wurde der Prozess fließender und man hörte das Aufplätschern, als der Eimer auf der anderen Seite des Schiffes entleert wurde, in einigermaßen regelmäßigen Abständen...

    Götter, das war also kein Scherz gewesen! Der Nauarchus schien sogar zufrieden mit meinen Spekulationen zu sein. Nur die Sache mit dem Legionär verstand ich nicht so ganz - ich war schließlich Tiro bei der Classis, und mir fehlte das Bürgerrecht, das ja Voraussetzung für den Dienst in den Legionen ist. Aber gut, ich tat einfach mal so als ob, vielleicht hatte sich der Nauarchus auch nur vertan.
    Und als dieser mir dann für jede Begleitperson der Kaiserin eine Sesterze versprach, waren meine Gedanken schon ganz woanders.


    "Danke, Nauarchus!", sagte ich, und dann war der Offizier auch schon weg, nachdem er sich verabschiedet hatte. Oh ja, hofften wir mal auf das Beste vonseiten Neptuns!

    "Jawohl, Nauarchus!", sagte ich und ließ den cingulum vorerst in Ruhe. Mir wurde klar, dass ich das in der Anwesenheit eines Offiziers nicht hätte tun sollen. Der Nauarchus sagte noch irgendetwas über die Nägel - also wirklich, wie kleinlich konnte man sein! - und stellte mir dann eine Frage, die ich nie im Leben erwartet hätte. Aber die war ernst gemeint, ja?


    "Nun ja, äh..." Also ich als Kaiserin? Also gut. (Befehl ist Befehl.) "Also, ich hätte wahrscheinlich einige Sklaven. Mindestens zehn, vielleicht sogar zwanzig - als Augusta hat man ja Geld. Dann wären da noch Freunde und Verwandte, die man schließlich auch nicht zurücklassen will - addieren wir mal fünf drauf ... Wir wären also schon bei 25." Wer noch? "Könnte sein, dass noch ein paar Leibwächter dabei sind - den Männern der Classis wird man die Kaiserin bestimmt nicht einfach so anvertrauen... Da irgendwelche Feinde des Kaisers irgendwo herumlungern könnten, werden es nicht wenige sein. Ich tippe da mal auf dreißig... Alles in allem komme ich auf 55." War schon 'ne ganze Menge, aber es handelte sich ja nicht um den Otto-Normal-Reisenden.

    Auf einmal stand der Nauarchus vor uns, der soeben an Bord der anderen beiden Frachtschiffe die Ladung inspiziert hatte. Unser Gespräch stoppte abrupt und ich machte Meldung, als er mich ansprach. "Aeternitas, Tiro Xenokrates Kleomenou der zweiten Zenturie", sagte ich. Ein merkwürdiges Gefühl, sich auf diese Weise vorzustellen - ich kam mir gleich wie ein echter Militär vor! (Naja, würde ich ja auch bald sein, nach der Ausbildung.)


    Und dann lag auch noch der cingulum falsch! "Oh, Mist...", kam es aus mir heraus und ich begann, daran herumzufuchteln. Ich zeigte ihm auch die Sohlen der caligae, wobei ich mir nicht sicher war, ob daran ebenfalls etwas auszusetzen war. Und während ich mich hier lächerlich machte, schauten die anderen Milites schweigend zu.

    Ich stellte mich zusammen mit drei Milites der Zenturie vor das erste Frachtschiff - zur Bewachung, natürlich. Obwohl die Aufgabe eher langweilig klang. Es waren zwar schon eine Menge an Menschen anwesend, die schaulustig das hiesige Geschehen am Hafen verfolgten, doch von einer Bedrohung konnte bestimmt nicht die Rede sein.


    Während ein Trierarchus an Bord des Frachtschiffes ging, schauten wir uns um.


    "Wo die wohl die Augusta untergebracht haben?", kommentierte ich.


    "Ach, sicherlich im Haus des Duumvir."


    "Der sich immer noch nicht hat blicken lassen."


    "Ja, seht euch mal den Nauarchus an. Was der für ein Gesicht macht - sicherlich wegen dem ungebührendem Empfang!"


    Mit dieser aufregenden Unterhaltung vertrieben wir uns die Zeit. Mal sehen, ob uns ein noch aufregenderes Ereignis widerfahren und wachrütteln würde.

    Ich legte erschöpft Schild und gladius nieder und breitete mich auf dem Boden aus. Die Ruhe, die nach dem Beenden der Stöße gegen die Schilde auf dem Schiff eingetreten war, war unglaublich entspannend. Nicht mal ein Gespräch unter den Rekruten kam zustande, da wohl alle viel zu erschöpft waren.


    Als dann ein Miles vorbeikam und jedem von uns einen Eimer in die Hand drückte, standen wir unter lautem Stöhnen wieder auf. Kaum zu glauben, dass die Pause jetzt schon vorbei war!
    Aber immerhin war es der letzte Punkt auf dem heutigen Programm; das war ein gewisser Trost.

    Zufälligerweise befand ich mich in dem Trupp Marineinfanteristen, die den Offizieren an Land gefolgt waren. Es war ein eigenartiges Gefühl, nach einigen Tagen auf See wieder festen Boden unter den caligae zu spüren. Die Ausbildung schritt - meiner Meinung nach zumindest (was der Ausbilder dachte, war eine andere Sache) - gut voran und so hatten mich die Kameraden der Zenturie bei diesem "Ausflug" mitgenommen.


    Ich war noch nie so weit im Osten gewesen und von Laodicea hatte ich nie zuvor gehört, zumal es sich um eine eher kleine Stadt zu handeln schien. Ich betrachtete die Hafenanlagen mit Interesse, während sich um uns herum eine immer größer werdende Menschenmasse bildete. So stand ich also mit dem kleinen Trupp hinter dem Präfekten, der sich anscheinend gerade mit dem Nauarchus abgesprochen hatte.

    Das Vokabular des Optios schien auf Worte wie Schmach, Schweine und Versagen begrenzt zu sein - wollte er also uns armen Tirones die Schuld in die Schuhe schieben!
    Aber mal ehrlich ... wie kam er darauf, dass wir die Reihe hätten halten können? Nach gerade mal einem Durchgang Schwertstechen. Falls er das Training nannte...


    Wie auch immer, ich vollzog mit den anderen die Liegestützen. Kaum standen wir auf den Beinen, stand direkt wieder die gleiche Übung an - nur halt mir anderen Rekruten als Gegner.


    Selbstverständlich erwischte mich das Pech, und mir stand ein ziemlich großgewachsener Kamerad gegenüber. Und dann ging es schon los. Es begann ein abwechselndes Stoßen auf die jeweiligen Schilder.


    Plötzlich versuchte mein Gegner, mit dem Gladius meinen Schild von unten zu "umgehen". Beinahe hätte es mich erwischt. Ich konnte den Schild noch rechtzeitig herunterreißen und dann einen Gegenangriff über meinem Schild her ausführen, der jedoch abgeblockt wurde.


    So ging es also weiter. Und wir gerieten mit dem lauten Klirren als Hintergrund allmählich in's Schwitzen.
    Ah ja, die herrliche Ausbildung bei der Classis!

    Oh, die Übung wurde jetzt anspruchsvoller - ich stellte mich also wirklich so gut wie möglich auf: Die Beine in der korrekten Position und fest entschlossen, dem Druck standzuhalten. Ich hatte noch Zeit, einige Stiche auszuführen, bis mein Trainingspartner mit erhobenem Schild vormarschierte. Ich konnte ihn ein paar Sekunden lang aufhalten, doch dann wurde ich - von einem Soldaten, der sowas bestimmt schon hundertmal gemacht hatte - zurückgedrängt.
    Um mich herum wurden die Tirones ebenfalls zurückgestoßen - jeder auf seine eigene Art und Weise, da wir unterschiedlich viel Widerstand leisteten. Hier und da vielen auch einige hin und man hörte einige Fluche und ein gelegentliches "Scheiße!".


    Eine Handvoll Tirones (überaus mukulöse Typen) schaffte es jedoch, die Milites aufzuhalten - was bei diesen ebenfalls Unmut bewirkte (verständlich, schließlich wurden sie gerade vor ihren Kameraden blamiert).