Beiträge von DIVUS VALERIANUS

    "Das müsste dann konsequenterweise schon das Ziel sein, ja"


    Auf den ärgerlichen Tonfall seines Bruders ging Valerianus nicht weiter ein, wenn er ihn überhaupt bewusst mitbekommen hatte. Zu schwer nahmen ihn die plötzlichen Gedanken an sein Erbe und seine eigene Zukunft in besitz.


    "Wann gedachtest du wieder abzureisen?"

    Was ihm sein Bruder vortrug, waren weit mehr Andeutungen, Argumente, Informationen und Vorschläge, als Valerianus in seinem aktuellen Zustand und zu dieser Tageszeit auf einmal verarbeiten konnte. Früher, als er noch Truppen führte, da konnte er mehreren Melden auf einmal zuhören und Entscheidungen treffen, die schnell getroffen werden mussten. Heute war das anders.


    "Vielleicht hätte ich mich nie adoptieren lassen sollen..."


    Langsam ging er die Worte seines Bruders im Kopf durch. Einiges konnte er nachvollziehen, anders schien ihm seltsam unvertraut und fremd.


    "Ja, nimm ihn mit nach Rom. Hier in Misenum ist seine Zukunft ganz sicher nicht."

    Je länger der Praefectus Praetorio argumentierte, umso weniger verstand Valerianus, worum es eigentlich ging. Nun kam offenbar noch der Bedarf nach militärisch-polizeilichen Befugnissen hinzu, was Valerianus ein völlig anderes Thema zu sein schien als die interne Kontrolle, um die es seiner Meinung nach bisher gegangen war.


    "Militärisch-polizieliche Unterstützung? Was hat das schon wieder mit der Kontrolle der Stationen zu tun, von der du eben sprachst?"

    Das Thema, welches Aelius Quarto nun ins Gespräch brachte, war nach objektiven Maßstäben zweifellos ein wichtiges und auch naheliegendes Thema. Auch konnte Valerianus nicht verleugnen, sich mit diesem Szenario gezwungenermaßen schon mehr als einmal gedanklich auseinander gesetzt zu haben. Gesprochen hatte er darüber allerdings noch mit niemandem. Nicht mit seiner Frau, nicht mit seinem Bruder und erst Recht nicht mit seinem Sohn.


    Er sprach sehr leise, als er antwortete.


    "Mein Sohn... Er hat Rom kaum gesehen. Meinst du, es wäre kein zu schwaches Zeichen?"


    Dass sein Bruder von der Verteidigung des Erbes sprach, machte ihm fast noch mehr Sorgen.


    "Du siehst das Erbe meines Vaters in Gefahr?"

    Valerianus schien Schwierigkeiten zu haben, den Plänen zu folgen.


    "Was denn, auch noch je einen Veteran zusätzlich? Der notfalls Anweisungen an einen Ritter erteilen kann? Das wird doch kein Ritter mit sich machen lassen. Ich möchte es auch keinem zumuten. Der Veteran wird auch keine große Freude an diesem Posten haben."


    Zumal man dann ja wohl den Posten gleich an den Veteran geben könnte, so dass sich dann ja auch wieder niemand um den zu großen militärischen Einfluss sorgen musste.

    "Können die Kontrollen denn nicht durch Männer deines Kommandos durchgeführt werden?"


    Valerianus schien dies naheliegend, da ohnehin Agenten der Garde durch das Reich reisten und außerdem der Cursus Publicus zu einer früheren Zeit ein direkter Dienst der Praetorianer gewesen war.

    Valerianus folgte den Ausführungen des Praefectus Praetorio schweigend. Wer mit ihm seit seiner Krankheit schon mehrere Diskussionen geführt hat, hätte erkennen können, dass er noch weniger konzentriert zuhörte, als es ihm möglich war.


    "Was gibt es denn für Probleme, die einer stärkere Kontrolle nötig machen? Wer führt denn im Moment diese Kontrollen durch?"

    "Ja, die Jugend sollte man nicht aufhalten."


    Valerianus nickte, auch wenn er die Aussage durchaus als dünnen Vorwand durchschaute. Sein Bruder wollte offenbar noch wichtiges besprechen und je schneller dies passierte, umso eher würde er noch die nötige Aufmerksamkeit dafür aufbringen können.

    Es freute Valerianus sichtlich, dass es offenbar auch Dinge wie die Priesterschaft gab, die einfach reibungslos funktionierten. Keine Beschwerden, keine unerwarteten Personalwechsel und auch sonst nichts, was ihn hätte beunruhigen können. Also widmete er sich erst einmal mit zufriedenem Gesichtsausdruck seiner Nachspeise, die er sich sonst auch eher selten gönnte.

    Auch der zweite Gang wurde nun abgeräumt, nachdem nicht nur der Teller des Kaisers leer war. Wenig später wurde die Nachspeise aufgetragen. Die einsichtigen Äußerungen seines Bruders hatte Valerianus derweil nur mit einem Brummen quittiert und das Thema nicht weiter vertieft.


    "Ist man in Rom mit der Priesterschaft zufrieden? Mein Stellvertreter im Collegium Pontificium scheint seine Sache im Griff zu haben, nicht wahr?"

    Valerianus verstand nicht ganz, worauf sein Burder hinaus wollte, oder er wollte es nicht verstehen. Zumindest erweckte er nicht den Anschein, als wenn er das Thema hier und heute vertiefen wollte, sondern starrte beim Sprechen auf seinen inzwischen leeren Teller.


    "Was hat der Senat oder ein breucernischer Bauer mit der Besetzung der Kommandos der Legio I zu schaffen? Nichts! Nur weil mich meine Gesundheit hier in Misenum festhält heißt das noch nicht, dass ich verlernt habe, wo ich meine Offiziere herbekomme."


    Die Verärgerung tat ihm sichtlich nicht gut und obwohl er kaum lauter gesprochen hatte als zuvor, standen einzelne Schweißperlen auf der Stirn und seine Hand schien leicht zu zittern.

    Valerianus machte eine unwirsche Handbewegung. Die Art, wie sein Bruder mit ihm über diese Angelegenheit diskutierte, missfiel ihm.


    "Natürlich hat er nicht unser seinem Kommando gedient. Genausowenig wie unter deinem. Trotzdem glaubst du, ihn empfehlen zu können. Also wird auch Salinator eine Meinung zu ihm haben."


    So sehr Valerianus die Redegewandtheit seines Bruders schätzte, so sehr missfiel ihm die fehlende militärische Erfahrung, weswegen er sich in militärischen Belangen wohl nie auf ihn verlassen würde.

    Zitat

    Original von Lucius Aelius Quarto


    Auch weiterhin kreisten die Gedanken von Valerianus, jetzt nicht nur um den Kandidaten für das Kommando über die Legio I, sondern auch um die Aussage seines Bruders über Salinator. So energisch, wie es ihm möglich war, schüttelte er den Kopf.


    "Solche Worte hätte ich von dir nicht erwartet. Salinator war mir stets ein hervorragender Berater in militärischen Belangen. Sein Urteil beruht auf Erfahrung und wenn er sich gegen Patrizier ausspricht, dann zweifellos deshalb, weil er in militärischen Belangen schon viele hat scheitern sehen. Ich werde eine solche Entscheidung sicher nicht gegen seinen Rat fällen."

    Es war förmlich zu sehen, die die Gedanekn von Valerianus zu kreisen begannen. Der Name des Aureliers sagte ihm nichts, aber in militärischen Belangen war er noch am ehesten überzeugt, eine Entscheidung persönlich treffen zu müssen. Zumal ihm sein Bruder bisher nicht als militärischer Berater zur Seite gestanden hatte.


    "Der Name sagt mir nichts. Auch seine Familie nicht. Erzähl mir mehr von ihm. Was hält Salinator von ihm?"

    "Tiberius Vitamalacus. Natürlich sagt mir der Name etwas. Ein guter Offizier, möchte ich meinen. Warum hat er das Kommando niedergelegt?"


    Für die Entscheidungsgründe von Offizieren konnte sich Valerianus noch am ehestens interessieren. Besser jedenfalls als für so manche Entscheidungsgründe von Politikern.


    "Und natürlich bin ich gewillt, einen neuen Kommandeur zu berufen. Die Legio I Traiana Pia Fiedelis benötigt natürlich einen Kommandeur und ich kann dies schlechterdings persönlich erledigen."