Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    Sangunis war als Secutor ohnehin schwer gepanzert und hatte dadurch einen kleinen Vorteil gegenüber dem kaum gepanzerten Retiarius. Allerdings war es auch der Secutor, der in solchen Kämpfen für Unterhaltung sorgen musste. Daher wartete er nur das Zeichen des Disceptators ab, der sich in seinem Blickfeld befand und führte danach den ersten Angriff gegen seinen Kontrahenten. Mit festem Griff um die Halterung seines Schildes machte er eine große Schritte vor und verteilte fünf mittelstarke Hiebe in Richtung seines Gegners. Dann trat er einen großen Schritt zurück und zwei nach rechts und versuchte dann mit einem waagerecht ausgeführten Streich von rechts nach links den Oberkörper von Leuexios zu treffen. Dabei blieb sein Griff Scutum fest, um es bei Bedarf ebenfalls für eine offensive Bewegung zu nutzen.


    Währenddessen jubelte die Menge den Angriffen des Secutors zu, auch wenn er in diesem Kampf sicherlich nicht so viele Anhänger hatte, wie der flinke Retiarius, der ihm gegenüberstand.

    Nun erhoben sich auch die Duumviri und einige weitere wichtige Amtsträger der Stadt und traten durch das Hauptportal in den Innenraum des Theaters, wo bereits die Mitglieder des städtischen Cultus Deorum mit den Opfergaben warteten. Neben Curio standen noch weitere Discipuli als Opferhelfer bereit. Curio trug einen Korb mit Kupfermünzen, der traditionell durch die Einwohner Mogontiacums als Opfer für Drusus Germanicus dargebracht wurde, während ein anderer Discipulus eine silberne Patera, gefüllt mit bestem Wein von den Händen südlich von Mogontiacum, in der Hand hielt.


    Als die Honoratioren der Stadt vorbeizogen, traf Curios Blick kurz den des petronischen Duumvirs und Pontifex. Einen Augenblick hatte der junge Helvetier das Gefühl, dass der Petronier ihn unter den vielen Gesichtern der Reihen des Cultus Deorum wiedererkannte, hatte er ihn doch auch bei seinem Wahlkampf auf dem Forum, wenn auch nicht namentlich persönlich gegrüßt. Doch schob der Helvetier diesen Gedanken beiseite, als er sich in die kurze Prozession in die Scena einordnete und zum Kultbild zog. Als sie angekommen waren, sprach der Petronier das Opfergebet und wandte sich dann zu den Opferhelfern um. Curio reichte ihm den Korb mit Kupfermünzen, während der andere Discipulus kurz danach dem Pontifex die Patera mit Wein reichte.

    Die Menge jubelte und Aubios, der siegreiche Murmillo rappelte sich mühsam auf. Er hatte mehrere Wunden an Armen und Beinen davon getragen, die immer noch bluteten und daher dauerte es etwas, bis er selbstständig statt. Mit hochgerecktem Arm, sein Kurzschwert fest in der Hand, nahm er den Applaus der Zuschauer entgegen und verließ dann mit Hilfe einiger Sklaven der Purpurei die Arena, um seine Wunden behandeln zu lassen. Curio glaubte immer noch nicht, was er da grade gesehen hatte, während Tullus voll in der Menge aufging.


    Vom Ludus Venetus war mittlerweile ein Retiarius in die Arena getreten. Mit Netz und Dreizack bewaffnet gehörte er zu den beliebtesten Gladiatorengattungen und oftmals wurde die Retiariuskämpfer auch Publikumgslieblinge. Es dauerte einige Augenblicke, bis ein Kämpfer des Ludus Purpureus die Arena betrat. Natürlich war es ein Secutor, so wie es üblich war, doch dieser Secutor konnte sich wirklich sehen lassen. Es war der Daker Sangunis, ein Berg von einem Mann. Sein Gesicht war durch eine eiserne Maske verdeckt, die ihm nur ein geringes Sichtfeld bot, doch machte er diesen kleinen Nachteil durch seine körperliche Athletik wett. Er stellte sich auf seinen Platz und schaut zu den Disceptaroren. Der nächste Kampf konnte beginnen.

    Immer mehr Schläge prasselten auf den schon am Boden liegenden Aubios ein. Sein Scutum war bereits kaum noch hilfreich, da es von Beulen übersäht und die Ecken bereits abgeschlagen waren. Der Schild war kaum noch vorhanden und doch hielt der Makedone verzweifelt an ihm fest, damit er seine linke Seite nicht komplett für die üblen Angriffe seines Gegners öffnete und sich somit dem sicheren Tod hingäbe. Ebenso fest hielt er sein Gladius, seine einzige Möglichkeit, diesen Kampf doch noch zu seinen Gunsten zu drehen. Immer wieder schaffte es der Thraex mit seinen Hieben Treffer zu landen, doch war keiner so entscheidend, dass Aubios vollkommen kampfunfähig wurde. Dennoch fürchtete der Makedone um sein Leben, zumal er keine Lust hatte, von diesem Typen da hingeschnetzelt zu werden. Doch dann passierte das Unerwartete: Flamma ließ seine Verteidigung komplett fahren und holte zu einem mächtigen Schlag aus. Das war Aubios' Chance. Er straffte den Griff um sein Kurzschwert und stieß es mit einem mächtigen Kampfesschrei von unten nach oben in den Bauch seines Widersachers. So wie er es gelernt hatte, drehte er es dann leicht nach links und rechts und zog dann das blutige Eisen wieder heraus.


    Von dieser überraschenden Wendung überrumpelt, wurde es einige Augenblicke ruhiger in den Zuschauerreihen. Auch Curio schaute ungläubig in die Arena und dann zu Tullus.


    Aber der war doch schon...


    fing er zögerlich einen Satz an und wurde von Tullus mit einem Schmunzeln unterbrochen.


    Achte immer auf deine Verteidigung!


    atwortete dieser und stimmte dann in den lautstarken Jubel und die "Aubios"-Rufe ein.

    Kaum war das Zeichen zum Kampfbeginn gegeben, prügelte der Thraex auch schon auf den Murmillo ein. Dieser, immer weiter in die Verteidigung gedrängt, versuchte sich mit seinem Scutum gegen die zahlreichen harten Schläge seines Gegners zu verteidigen, als irgendwann eine Ecke seines Scutums brach und er sein Gleichgewicht verlor. In diesem Moment sah der Thraex eine Lücke und verletzte den Murmillo am Arm. Aubios schrie laut auf, als er getroffen wurde und versuchte einen Gegenschlag zu setzen, der allerdings am Schild Flammas abprallte. Erneut konnte der Thraex einen Treffer setzen, dieses Mal am rechten Bein des Makedonen, sodass dieser mit schmerzerfüllten Gesicht zu Boden ging.


    Die Zuschauer jubelten dem Kampf zu, auch wenn er nach Curio Ansicht sehr einseitig verlief. Tullus hingegen, der zu Beginn noch zum Makedonen gehalten hatte, wechselte schnell die Seiten und jubelte nun dem Kämpfer des Ludus Venetus zu. Lange würde dieser erste Kampf nicht mehr dauern, zumal Aubios schon nahezu kampfunfähig schien.

    Curio folgte Alpina Fingerzeig und sein Blick landete auf einem Centurio mit blitzender Rüstung und einem Paradevitis. Als er das Gesicht erkannte, fing er an zu strahlen. Ja, das war sein Bruder! Und er lief direkt hinter dem Legaten. Das konnte nur bedeuten, dass er zum Befehlshaber einer Doppelcenturie der ersten Kohorte berufen worden war. Eine große Ehre für ihn und eine große Ehre für die ganze Familie.


    Ja, da ist er! Und direkt hinter dem Legaten!


    Curio verspürte den Drang, einen Freudensprung zu machen, hielt sich aber zurück. Anstand und Würde, Anstand und Würde, ging ihm durch den Kopf, wie es seine Mutter und sein Vater, der alte Primus Pilus immer gesagt hatten. Curio war auf dem besten Weg, ein Aedituus zu werden und da konnte er sich hier nicht wie ein kleines Kind benehmen.

    Curio hatte frühzeitig seinen Platz angenommen, um den Einmarsch der Gladiatoren mitzuerleben. Tullus rief immer wieder einzelne Namen von Gladiatoren, die er erkannte, während Curio das Schauspiel bewunderte, dass unten in der Arena vonstatten ging. Die Kämpfer grüßten den Gastgeber und zogen sich dann wieder zurück, um sich auf ihre Kämpfe vorzubereiten. Der petronische Duumvir machte derweil eine gute Figur als Gastgeber.


    Nun sollte allerdings der erste Kampf beginnen. Vom Ludis Venetus war bereits ein Thraex in die Arena getreten, zu erkennen an seinem Krummschwert. Ihm stellte sich nun vom Ludus Purpureus ein Murmillo entgegen. Tullus machte große Augen, als der Kämpfer die Arena betrat.


    Das ist doch Aubios, der blutrünstige Makedone!


    rief er aus und knuffte Curio in die Seite. Der Helveter staunte erneut, wie gut sich sein Freund in dieser Welt auskannte, un wie wenig er selbst darüber wusste. Derweil beobachtete Curio, wie sich der Murmillo in der Arena bewegte. Mit lauten Hey-Rufen und rhytmischen Schlägen seines Gladius auf sein Scutum heizte er die Menge noch mehr an und würdigte seinen Gegner zumindest jetzt noch keines Blickes.

    In der Pause, während der Innenraum des Theater von den Überresten des jüngsten Gemetzels an Mensch und Tier gesäubert wurden, um den großen Gladiatorenkämpfen platz zu machen, meldete sich Curio kurz bei Tullus ab, um sich ein wenig die Füße zu vertreten. Tullus hielt seinen Platz frei, während Curio auf die Gänge des Theaters trat und einige Bekannte grüßte, von denen ihn ein paar als Opferhelfer wiedererkannten und zum Opfer befragten. Der junge Helvetier konnte natürlich noch keinen weitausufernden Vortrag über Hintergrund und Bedeutung des Opfer halten, versorgte aber einige Fragesteller mit jenen Informationen, die er bieten konnte. Danach verabschiedete er sich jeweils freundlich von seinen Gesprächspartner und trat beiseite.


    Nach einigen Augenblicken blieb sein Blick auf einem jungen Paar hängen, die auf den Gängen förmlich miteinander züngelten. Er konnte ihre Gesicht nicht erkennen, hatte aber das Gefühl, dass deren Liebelei sehr innig war. Allerdings dachte er sich auch, dass so ein Gezüngel eigentlich in der Öffentlichkeit nichts zu suchen hatte, oder zumindest nicht dort, wo sie von allen Bürger der Stadt gesehen werden konnte. Dabei war er weit davon entfernt, irgendein konservativer Knochen zu sein, aber schon seine Eltern hatten ihm und seinen Geschwistern die römischen Tugenden regelrecht eingetrichtert und Curio konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Gezüngel in der Öffentlichkeit im Einklang mit diesen Tugenden stand.


    Als sich das Paar dan voneinander löste, erstarrte Curio. War das da Alpina? War das tatsächlich Alpina? Er neigte den Kopf nach links und rechts, um das Gesicht der Frau besser erkennen zu können und wurde bestätigt. Denn jungen Mann hingegen kannte oder erkannte er nicht. Der Helvetier schürzte die Lippen und schaute sich um. Immer wieder fielen Blicke auf das junge Paar, grade ältere Bürger, die das Gezüngel beobachtet hatten runzelten die Stirn oder schauten verwirrt. Curio hingegen machte kehrt und ging zu seinem Platz zurück. Hoffentlich würde dieses Küsserei in der Öffentlichkeit nicht zu irgenwelchen Gerüchten über Alpina und diesen jungen Mann führen.

    Das Possenspiel der Paegniarii endete fast mit einem Knall, bei dem natürlich die tapferen (und lustigen) Kämpfer des großen (oder kleinen) Iulius Caesar siegreich blieben und den wilden Galliern, die immer wieder die Zähne wie wilde Tiere fletschten, zeigten, dass die Imperium Romanum zur Herrschaft ihres Gebiets berechtigt waren. Das Publikum lachte und applaudierte, als die Kämpfer winkend und strahlend (im Fall der Römer) oder weinend und klagend (im Fall der Gallier) die Arena verließen. Es war ein großer Spaß für alle Zuschauer und auch Curio hatte mehrfach laut gelacht ebenso wie sein Freund Tullus.


    Nun ergriff wieder Marcus Vidibus das Wort und kündigte die große Tierhatz an. Seine Worte zu den Todgeweihten ließ Curio leicht erschaudern, zumal ja dann wohl viele bekannte Kämpfer in der Arena den Tod finden würden, während sie sich mit den wilden und todbringenden Tieren aus den Provinzen des Reiches entgegenstellten. Curio war auch überrascht, dass doch so viele Jäger überlebten, während Tullus richtig mitfieberte. Er feuerte die Jäger an und stöhnte laut auf, als ein großer Bär zwei Kämpfer mit seinen riesigen Tatzen erledigte. Bei beiden ging ein Raunen gefolgt von Jubel durch die Arena, Curio jedoch wandte sein Gesicht leicht ab, was ihm auch sofort einen Knuff von Tullus in die Seite bescherte.


    Hey, Curio! Du verpasst doch das Beste!


    sagte Tullus euphorisch. Während Curio auch weitherhin in eine andere Richtung schaute.


    Ich habe doch die ganze Zeit geschaut.


    gab Curio nur zurück und schaute letztlich auf seine Füße, die ihm deutlich interessanter schienen, als die verblutenden Leiber zweier Menschen dort unten.


    Derweil floss das Blut der vielen toten Tiere in Strömen und die Menge jubelte. Ein großartiges Spektakel bot sich hier den Einwohnern von Mogontiacum und den Gästen aus den Tres Galliae.

    Die Supplicatio war zu Ende und Curio war froh, dass alles so glatt gelaufen war. Nun konnte er sich bei den Gladiatorenspielen entspannen, zumal er ja jetzt auch für den Rest des Tages frei hatte und sein Aedituus ihm noch die Erlaubnis gegeben hatte, heute mal vom Lernen abzusehen. So nahm er gemeinsam mit seinem guten Freund Publius Fabricius Tullus einen Platz in den Zuschauerrängen ein. Für die Mitglieder des Cultus Deorum hatte man einige, gar nicht mal so schlechte Plätze reserviert, von denen man eine gute Sicht auf die folgenden Spiele hatte. Tullus war ein großer Fan von Gladiatorenspielen und fieberte schon den vielen bekannten Namen entgegen, die sich gleich dort unten zeigen würden. Curio hingegen war kein so guter Kenner der Spiele, schaute sie aber gerne an, um sich zu entspannen und mal etwas abschalten zu können.


    Der lautstarken Eröffnung durch einen älteren Mann, den Tullus sofort als Editor Marcus Vidibus erkannte, folgte ein ebenso lauter Marsch von Trommeln und Fanfaren, mit dem die Paegniarii für das Lustspiel das Theater betraten. Sie sprangen und hüpften und trotz der Legionärsrüstungen sahen sie sehr lustig aus. Beide jungen Männer mussten lachen, als einer der Gladiatoren ein Rad schlug - was mit der Rüstung schon eine Herausforderung war - und sich dann wieder in seine Reihe einordnete, als wäre er nie weg gewesen.

    Auch Curio verfolgte die Opferung der Tiere. Als die Hämmer auf die Schädel der Tiere niedergingen, hörte er das barsche Knacken der Schädeldecken, das ihn erschaudern ließ. Das nachfolgende Gewusel beobachtete er ebenso interessiert, wie fasziniert. Jeder Opferhelfer wusste, was er zu tun hatte. Niemand stand sich im Weg, die Laufwege jedes einzelnen Beteiligten schienen vorgezeichnet. Ein Bild voller Perfektion! Ein effizientes Theaterstück, in dem jedem eine bestimmte Rolle zuteil wurde, die er, wie durch einen unsichtbaren Faden geführt, erfüllte.


    Schnell wurde Curio aus seinen Gedanken gerissen, als er den gütigen, aber dennoch bereits etwas ungeduldigen Blick seines Aedituus, Livianus Pythermon wahrnahm, der ihm zu verstehen gab, dass er sich nun der Delegation von Mogontiacum anschließen und dabei helfen sollte, die Opfergaben der Stadt zum Altar zu tragen. So ordnete er sich in das Gewusel ein und ging direkten Schrittes zu den übrigen Opferhelfern aus Mogontiacum. Ihm wurde von seinem Aedituus eine Korb mit Kupfermünzen in die Hand gedrückt und nun wartete er darauf, dass die beiden Duumvirn nach vorne traten, damit die Aeditui und die Opferhelfer folgen konnten.

    Ja, schon. Schließlich gehört er ja noch zu jenen, die auch mit im Süden waren. Da wäre die Teilnahme an dieser Parade ja noch eine große Auszeichnung.


    antwortete Curio etwas ratlos und reckte dann wieder den Hals, weil er wieder den auffälligen Bausch der Crista Transversa sich nähern sah. Es würde ihn schon wundern, wenn sein Bruder nicht dabei wäre, aber vielleicht hatte er ja tatsächlich eine wichtige und unaufschiebbare Sonderaufgabe bekommen, die nur sein Bruder würde erfüllen können. Das wäre natürlich nochmal eine ganz besondere Wertschätzung der Legionsführung für seinen Bruder.

    Curio blickte weiter auf die Parade und versuchte die einzelnen Gesichter der Soldaten zu erkennen, leider liefen sie zu schnell, als dass er konkrete Gesichtszüge hätte ausmachen können. Er wandte sich dann Alpina zu, die ebenso gebannt von dem Schauspiel zu sein schien, wie er.


    Hast du Lucius schon gesehen? Ich versuche ihn zwischen den Soldaten zu erkennen, aber bislang ohne Erfolg.


    Vielleicht hatte Alpina ja mehr Glück, wobei sie dafür natürlich auch nach Corvinus hätte suchen müssen, da man ihn aus reinem Zufall wohl nicht würde entdecken können.

    Curio beobachtete von seinem Platz aus die gesamte Opferhandlung konzentriert und interessiert und versuchte, die Struktur des Rituals in sich auf zu nehmen. Letztlich war es wohl nichts anderes, als ein besonders großes und feierliches Opfer, wobei gleich natürlich auch noch die gallischen und germanischen Städte ihre Opfer erbringen würden. Sechzig Städte, sechzig Opfer! Da gäbe es also noch einiges zu tun.

    Auch Curio stand am Straßenrand und beobachtete die Parade der Legion. Es war immer wieder eindrucksvoll, die schillernden Rüstungen der Legionäre und die strahlenden Uniformen der Offiziere zu sehen. Das leise Grollen der Schritte und das Scheppern der Rüstungen erfüllten die Umgebung und Curio ging durch den Kopf, dass es genau das war, was die römischen Legionen ausmachte: Die Mischung aus Machtsymbol und Einschüchterung, von Stolz und Angst. Natürlich versuchte er auch seinen Bruder ausfindig zu machen, was aber aufgrund von Uniform und Rüstung nicht einfach war. Wenigstens war er Centurio und würde daher nicht in den engen Reihen der Centurien verschwinden.

    Es dauerte etwas, bis alle Opferhelfer ihren Platz gefunden hatten. Curio hatte es da einfach. Da ihm die Aufgabe als Herold übertragen worden war, konnte er recht weit vorne stehen bleiben. Den Stieren war mittlerweile der Schmuck abgenommen worden, sodass das Opfer nun bald beginnen konnte. Natürlich war Curio sehr nervös, was sich dadurch bemerkbar machte, dass er ständig auf seinen Lippen herumkaute und sich zusammenreißen musste, nicht drauf zu beißen. Als dann alle ihren Platz gefunden (erst jetzt sah Curio auch seinen mittlerweile guten Freund Fabricius Tullus vom Marstempel), nickte der iulische Flamen Curio kurz zu. Das war das Zeichen! Klar und unmissverständlich. Der junge Helvetier trat einen Schritt vor, atmete tief ein und rief dann so laut, wie es möglich war.


    FAVETE LINGUIS!


    Zuerst wackelte seine Stimme etwa und Curio ärgerte sich, dass er nicht schon zu Hause geübt hatte - wie hätte das aber auch ausgesehen -, doch dann klappte es ganz gut. Langsam legte sich das Gemurmel und Geraune in den Zuschauerreihen und auch jene Einwohner, die bislang noch miteinander gesprochen hatten, verstummten. Jetzt würde das Opfer beginnen und ganze drei große Opfertiere würden der Dea Roma, dem Divus Augustus und den Manen des Drusus zum Opfer dargebracht werden. Einem so großen Opfer hatte Curio bislang noch nicht beigewohnt.

    Curio betrat das Innere des Theater mit als einer der letzten. Er war einer jener Opferhelfer, der ein Weihrauchfässchen in der Hand hatte und die Bühne in den wohlriechenden Rauch tauchte. Hinter ihm folgten nur noch jene Opferhelfer mit den Schildern der Städte ins Theater traten. Als er nach vorne blickte, sah er, dass die Musiker bereits dabei waren, ihre Plätze dort einzunehmen, wo die Musiker auch bei den Theateraufführungen standen, während die Drususstatue ihren Ehrenplatz unter jenen Statuen einnahm, die die gallischen und germanischen Städte symbolisierten. Neben ihm standen zudem die Statuen des Divus Augustus und der Dea Roma. Nun betrat auch der iulische Flamen als erster Priester die Bühne, wobei er sich auf einen der Priester stützte, die neben ihm herliefen. Doch war die Prozession noch lange nicht zu Ende, zumal die Opfertiere und ein Großteil der Opferhelfer noch auf ihrem Weg waren. Das von den Musikern vorgegebene Tempo blieb dabei langsam und gemessen.