Zitat
Original von Loukia
„Wenn du mich empfehlen möchtest, sehr gerne. Aber empfiehl bitte die Caupona Aluta, verehrter Miles. Sie ist mein - wie nennst du das wohl - Hauptstandbein.“ Mit einem liebenswürdigen Zwinkern drückte sie ihm das Päckchen in die Hand. „Ich würde mich sehr freuen, dich dort wieder einmal begrüßen zu dürfen. Ganz ehrlich.“
Schmunzelnd nahm Antias das hübsch geschnürte Päckchen entgegen. Zehn Feigen. Eine pro Nase. Naja. Dafür lohnte es sich kaum, die Männer zusammen zu rufen. Zudem hatte er vergessen, sich selbst mitzurechnen, elf hätte er nehmen müssen. Peinlich. Seine Bestellung zu korrigieren verkniff er sich jedoch tunlichst, schließlich wollte er vor der kleinen Griechin nicht dastehen wie ein zerstreuter Trottel. Mit einem freundlichen Nicken zählte Antias die fünfzehn Sesterzen auf den Tisch. Ein Schnäppchen waren die Feigen ja nun nicht gerade, allerdings hätte er im Schein dieses unverwüstlichen Strahlens auch klaglos das Doppelte bezahlt. Ach ja. Werter Miles. Verehrter Miles. Es ging ihm runter wie Honigmet. Sie verstand wirklich, mit der Kundschaft umzugehen. Natürlich war er sich völlig im Klaren darüber, dass ihre leuchtenden Blicke nicht ihm persönlich galten, aber die Vorstellung gefiel ihm trotzdem. „Loukia.“ lächelte er nicht minder liebenswürdig zurück. „Die in’s Licht Geborene. Oh ja. Was könnte passender sein. Ich bin übrigens Optio Germanicus Antias, und kann es kaum erwarten, der Caupona einen erneuten Besuch abzustatten. Auch ganz ehrlich.“
Eine lange Pause entstand. Von hinten drückten die Kunden, über den Verkaufsstand hinweg sahen ihn vier Augen fragend an, zwei lächelnd, zwei tumb. Alles war gesagt. Er hatte seine Bestellung erhalten und bezahlt, es bestand also nicht der geringsten Grund, hier noch länger herumzustehen und den Betrieb aufzuhalten. Dennoch widerstrebte es ihm, einfach so davon zu latschen. Immerhin hatte Loukia’s Trank ihn wieder aufgerichtet, von ihrem angenehmen Wesen ganz zu schweigen, und überhaupt ....
„Ich hoffe doch, ihr habt für den Heimweg einen Begleiter, der auf euch und euer wohlverdientes Geld acht gibt? Wenn nicht, wir rücken hier gegen Merides ab. Zumindest bis zum Pons Sublicius könntet ihr euch anschließen.“ Das war zwar nur die halbe Strecke, aber als Tross der Urbanerpatrouille würden die Frauen mit ihren Gerätschaften weit schneller vorankommen und vor allem nicht belästigt werden. „Also .. solltet ihr bis dahin hier fertig sein, wäre es uns eine Freude, euch zu eskortieren. Ich .. ähm .. werde vor dem Abmarsch noch einmal nach euch sehen. Hmm ja .. dann erstmal vale, meine Damen.“
Um jeglichem Widerspruch zuvor zu kommen, tauchte Antias schleunigst wieder in die Menge und hielt dort Ausschau nach den Tirones. Die hatten sich nun doch recht großräumig auf dem Platz verteilt. Ein Hastapaar ragte zumindest noch in Rufweite aus dem Menschenstrom, vermutlich Ferox und Frugi, zwei weitere trieben langsam die Stände entlang auf den Dianatempel zu, eines drohte gar nach Nordosten in Richtung der Thermen des Sura davon zu schaukeln. Das ging im wahrsten Wortsinn zu weit. Hatte er nicht klar und deutlich Anweisung gegeben, Augenkontakt zu halten? Vielleicht verfolgten die beiden ja einen Dieb oder ähnliches, schon möglich, aber in diesem Fall hatten die Grünschnäbel gefälligst Meldung zu machen! Mit sinkender Laune wühlte er sich zu den nächststehenden Rekruten durch. Es waren nicht Ferox und Frugi, sondern die Tirones Maevius und Calavius. Letzterer hatte sich eine hölzerne mit zerrupften Federn beklebte Eulenmaske unter den Helmrand geklemmt und gab befremdliche Laute von sich, während Maevius von hysterischem Gelächter geschüttelt über das abgestellte Scutum hing, die Zähne voll weißer Brocken, den abgesetzten Cassis gefüllt mit hartgekochten Eiern. Zweifellos Hühnereier, die man dem einfältigen Burschen als überteuerte Eulenerzeugnisse verkauft hatte.
Als die ausgelassenen Rekruten ihres Optios endlich gewahr wurden, versuchten beide erschrocken Haltung anzunehmen, was nur dem Calavius leidlich gelang. Der Maevius dagegen wusste nicht, wohin mit dem Helm, und glotzte nur betreten. Antias riss dem strammstehenden Calavier fluchend die Maske vom Gesicht. „Verdammt nochmal, Tirones! Ihr seid hier im Dienst! Maevius! Helm aufsetzten! Aber mit den Eiern! Wird’s bald!“ Umständlich fummelte sich der Maivier den gepolsterten Cassis auf den Schädel, zog vorsichtig den Kinnriemen straff und nahm ebenfalls Haltung an.
„Tiro Calavius, du gehst nach Osten Richtung Thermae Suranae und holst mir diese zwei Zugvögel zurück! Tiro Maevius, du gehst nach Süden und trommelst den Rest zusammen! Sammelpunkt sind die Milites Orbius und Axius. Dort trüben. Na los, Abmarsch!“ Die Rekruten machten sich eilig davon. Antias zwängte sich wieder zwischen die Marktbesucher, das Päckchen mit den Feigen behutsam an sich gedrückt. Eigentlich hätte er einen weiteren Becher Zingiberwasser vertragen können, aber Loukia's Stand musste jetzt erst einmal warten.
Die Sarden standen immer noch an Ort und Stelle als wäre der Platz mitsamt Tempelanlagen einst um sie herum errichtet worden. Antias erlaubte sich, aufzuatmen. „Irgendwelche besonderen Vorkommnisse?“ fragte er Blandus rein der Form halber. „Nö, Optio.“ gab der knapp zurück. Antias hatte nichts anderes erwartet. Besondere Vorkommnisse, das hieß für die Sarden Massenpanik, Aufruhr, Mord und Totschlag, alles darunter war nicht der Rede wert. Grinsend nickte er dem wortkargen Orbier zu und hielt ihm das Päckchen hin. „Hier, gefüllte Eulenfeigen. Aber jeder nur eine, klar?“ Blandus nahm das Päckchen, öffnete es, warf einen misstrauischen Blick hinein. Amüsiert besann sich Antias der Eulenmaske des Calavius und hob sie sich vor’s Gesicht. „Schaut mal. Wuuhuuu!“ Blandus gab augenblicklich das Päckchen zurück. Gut, dann eben nicht.