Beiträge von Iulia Torquata

    Pollex, Custos Corporis Iuliae Torquatae


    Kaum war der junge Tiro wieder zurück, schnappte sich der stämmige Gallier die Tabula und machte Anstalten, zu gehen. Doch dann legte er den Kopf schief und erinnerte sich an einen - nun, ein Auftrag war es nicht direkt - Seufzer seiner jungen Herrin. "Ach, ich wünschte, ich könnte Servius noch einmal wieder sehen, bevor ich mich der Captio unterziehe."
    War der Bruder seiner Herrin nicht auch Tiro?
    Da überlegte Pollex nicht lange.
    "He, sag mal kennst du einen Servius Iulius Macro?", fragte er den Jungen und erhoffte sich ein 'ja'.

    "Oh, danke schön Locusta", sagte Torquata artig. Sie hatte den Namen der Küchenfrau irgendwo aufgeschnappt. Schüchtern nahm das Mädchen sich ein honigglasiertes Küchlein.
    Torquata liebte Süßigkeiten! Sie konnte Unmengen davon essen, ohne dass man es ihr nach einiger Zeit ansehen würde - den Göttern sei Dank!
    Und als die Alte sie so mütterlich ansah, beschloss sie spontan, sich der Sklavin anzuvertrauen.
    "Also, eigentlich wollte ich eine spezielle Plätzchenart aus Misenum für Vater Marcus backen, weil er so freundlich ist und mir eine wunderbare Zukunft ermöglicht. Und da ich kein geld besitze und auch nicht denke, dass ihm etwas fehlt, das ich mit Geld kaufen könnte," an dieser Stelle überlegte Torquata kurz, ob ihr Vater sich denn überhaupt irgendetwas sehnlichst wünschte, "habe ich gedacht, ich ihm Plätzchen backe. Ich hoffe, er mag Süßigkeiten?" Den letzten Teil ihrer Ausführung formulierte Torquata als Frage, denn sicherlich wusste Locusta aus langjähriger Erfahrung, was der Hausherr gerne mochte und was nicht.
    "Tja und nun bin ich auf der Suche nach Crocus. Aber wenn wir nichts vorrätig haben, dann könnte ich ja auf den Markt gehen und welches kaufen." Torquata bettelte Locusta mit ihren Augen an. "Natürlich würde Pollex mich begleiten", ergänzte sie hastig. Der alten Frau verschwieg sie wohlweislich, dass sie ohnehin die Märkte von Rom besichtigen würde - sie war früher oft mit ihrer Mutter über das Forum in Misenum geschlendert, wo Händler alles mögliche feilboten. Dort hatte es nicht getrennte Märkte für verschiedene Waren gegeben - es wurden nicht einmal die verschiedenen Viktualien gesondert verkauft! Aber dass es hier in Rom anders war, wusste Torquata von Selenus.
    "Es sollte eine Überraschung werden. Was sagst du dazu, Locusta?"


    Sim-Off:

    Bin in letzter Zeit etwas langsam beim Antworten, weil ich frisch umgezogen bin. Wird sich wieder einpendeln^^

    Torquata strahlte, als die Vestalin sie fragte, ob sie ins die Gemeinschaft der Vestalinnen eintreten wollte. "Ja...wenn du mich als würdig erachtest, der Vesta zu dienen", antwortete sie erfreut. Nur ein winziger Teil ihres Vestandes fragte sich einwenig verwirrt, warum es so einfach war.
    Aber sogleich war der Gedanke vergessen und Torquata konnte einfach nur noch darüber staunen, wie viel Glück sie hatte.
    Und wenn sie erst einmal Vestalin war...dann konnte sie endlich ihrer Gens dienen, anstatt nur eine Last zu sein! Sie würde mit aller Kraft versuchen, ihrem Vater, ihrem Bruder und Vestina zu helfen und dazu beitragen, die Gens Iulia, einst stark und mächtig, zu neuer Blüte zu führen!
    Und dieser dummen Kuh Sergia Fausta würde sie alles entgegensetzen, was sie hatte!

    Pollex, Custos Corporis Iuliae Torquatae


    Energisch stapfte Pollex auf das Haupttor der Castra Praetoria zu, an welcher er die Tabula abgeben sollte, die Torquata ihm gegeben hatte, mit der Anweisung, sie einem gewissen Aulus Iunius Avianus zukommen zu lassen.
    Als er erfahren hatte, dass er als Custos Corporis eines kleinen Mädchens abgestellt werden würde, war seine Begeisterung eher dürftig gewesen. Er! Pollex! Der in seiner gallischen Heimat einst dafür bekannt war, Nägel mit dem bloßen Daumen in Holzbalken drücken zu können.
    Zuerst hatte er sich also geschämt. Aber dann blickten ihn plötzlich zwei große kindliche Augen von der Farbe von frisch polierten Silbermünzen an und er war verloren gewesen. Denn Pollex mochte zwar einwenig grobschlächtig wirken, aber tatsächlich war er mehr ein Raubein mit einem weichen Kern. Und wer konnte schon solchen Augen widerstehen?
    So fügte sich doch alles zu seiner Zufriedenheit zusammen und er nahm seine Aufgabe äußerst ernst.
    Und mochte sie zur Zeit nur darin bestehen, eine Tabula abzugeben.
    Als die Wachhabenden in Hörweite kamen, schallte auch schon seine Basstimme: "Salvete, Soldaten. Im Auftrag meiner Herrin soll diese Tabula", er zeigte sie den Wachen, "an einen gewissen Aulus Iunius Avianus, Praetorianer der Centuria VI Cohors II, abgegeben werden. Außerdem soll ich hier warten, bis sie ihren Empfänger erreicht hat und mit dem Vermerk 'zur Kenntnis genommen' wieder zurückgebracht wird."

    Kaum zurück von der Basilica Ulpia, hatte ihr Vater Marcus einen stämmigen, gallsichen Sklaven namens Pollex rufen lassen und ihn als ihren Custos Corporis abgestellt. Nun wartete der vor ihrer Zimmertür, während Torquata sich eilig an ihren Schreibtisch setzte und begann, eine Nachricht an Avianus in eine der herumliegenden Tabulae zu ritzen.



    Torquata Aulum suum salutat.


    Es gibt schlechte Neuigkeiten. Mein Vater hat mir verboten, mich mit Männern, die nicht der Verwandtschaft angehören, zu treffen.
    Zumindest bis ich eine Discipula Vestalis bin. Ich muss sehr vorsichtig sein und werde mich deshalb strikt an seine Anweisungen halten - ich hoffe, du verstehst das.
    Somit kannst du in den nächsten - Wochen? Monaten? Ich weiß es nicht! - nicht mit einem weiteren Besuch von mir rechnen. Aber sicherlich hast du auch genug zu tun. Ich wünsche dir im Übrigen alles Gute bis wir uns offiziell wiedersehen können.


    Mögen die Götter dich vor allem Übel schützen!
    Vale bene


    Torquata



    Nachdem Torquata noch einmal kritisch die wenigen Zeilen überflogen hatte, öffnete sie die Tür ihres Zimmers und bat Pollex, die Wachstafel unverzüglich zur Castra Praetoria zu bringen und sie entsprechend auszuhändigen. Der kräftige Gallier quittierte den Auftrag mit einem Nicken und einem winzigen Lächeln, bevor er sich trollte.
    Torquata ließ sich mit dem Rücken auf das Bett fallen und starrte an die Decke.
    Er war schon ein guter Mensch, ihr Vater Marcus. Und Torquata wollte sich wirklich bei ihm bedanken. Aber ein schlichtes 'Danke schön' kam nicht in Frage - es war viel zu unpersönlich und steif. Es musste etwas besonderes sein.
    Angestrengt spielte sie in Gedanken alle Möglichkeiten durch, die sie hatte.
    Es erschien ihr sinnlos, ihm ein Geschenk zu besorgen, da er sicherlich alles besaß, was er brauchte. Einen ellenlangen Brief? Nein, es würde sie beide verlegen machen. Und wenn sie einfach nur ganz besonders nett zu ihm war? Nun, er verbrachte ohnehin den größten Teil des Tages außer Haus. Also auch keine gute Idee.
    Torquata versuchte sich daran zu erinnern, was ihre Mutter wohl gemacht hätte und es fiel ihr wie Schuppen von den Augen.
    Aber natürlich!
    Torquata sprang auf, griff nach tabula und Griffel und begann eifrig eine Liste aller benötigten Dinge zu erstellen.

    "Oh!", rief Torquata und zuckte erschrocken zusammen. Als sie dann jedoch eine sehr mütterliche alte Frau vor sich sah, entspannte sie sich ein wenig. "Salve, ich bin Torquata", stellte sie sich vor, obwohl es wahrscheinlich überflüssig war. Inzwischen wusste jeder im Haus wer sie war. Das hohe Alter der Sklavin flößte ihr viel Respekt ein.
    Torquata errötete, als ihr Plätzchen angeboten wurden und noch mehr, als sie sich wie ertappt fühlte über die Teller. Sie aß einfach gern ungestört in ihrem Zimmer. "Danke schön", sagte sie artig. "Eigentlich bin ich hier, um selbst Plätzchen zu backen", verriet sie dann der alten Küchenfrau. "Und deshalb suche ich nach einigen Zutaten."

    Hm...das ist etwas Neues, dachte Torquata mit einer Mischung aus Verärgerung und Erstaunen. In Misenum hatte es nie Sklaven gegeben, die sich einem - höflich formulierten und doch ernst gemeinten - Befehl der Herrschaft widersetzt hatten.
    Andererseits war das Verhältnis zwischen Sklave und Herr dort auch anders gewesen, wägte Torquata ab. Sie hatten in Vater mehr einen Patron gesehen als einen Eigentümer.
    Aber dass sie noch sooo viel zutun hatte, kaufte Torquata ihr nicht ab. Wer lügen wollte, musste es wenn dann schon geschickt anstellen.
    Gerade wollte Torquata Tsuniro zurechtweisen, als ein anderer Gedanke sie stoppte. Tsuniro weiß Dinge, die mir vielleicht eines Tages nützlich sein könnten. Ich sollte mich mit ihr gutstellen.
    "Ich verstehe", meinte sie stattdessen und lächelte arglos. "Lass das Geschirr liegen, es ist nicht so wichtig. Wenn doch alle Sklaven so fleißig wären wie du und Audata! Aber nun spute dich, damit die Herrin nicht warten muss!"
    Na, wenn das kein Freibrief ist!

    Als die Vestalin - und Torquata konnte es gar nicht glauben - einen Arm um sie legte, schmiegte sich Torquata ein klein wenig an sie, obwohl sie sich wie ertappt fühlte.
    "Das ist jetzt drei Jahre her. Ich war elf", antwortete sie, wobei sie sich selbst strengstens verbat, an die schreckliche Szenerie zu denken, die sich wie ein Stück heißes Eisen in ihr Gedächtnis eingebrannt hatte. Denn sonst würde sie Gefahr laufen, vor der Priesterin ihre Fassung zu verlieren. So weh tat der Verlust ihrer Eltern noch immer.
    "Meine Eltern sagten immer, dass liebe Menschen uns nie ganz verlassen, dass sie auf eine Art und Weise weiterleben, solange wir uns an sie erinnern", erzählte sie und nun klang sie doch wie ein kleines Mädchen. Doch dann verriet sie der Priesterin etwas, das sie noch nie mit einer anderen Person geteilt hatte. Ihre größte, heimliche Angst. "Ich bete jeden Abend vor dem Zubettgehen im Lararium unseres Hauses und dann...bleibe ich noch eine Weile dort und versuche, mich an all die glücklichen Momente, die ich mit meinen Eltern hatte, zu erinnern und diese Erinnerungen festzuhalten. Ich habe Angst vor dem Vergessen. Denn wenn ich vergesse, werden sie endgültig von mir gehen - und der Gedanke ist mir einfach unerträglich."
    Aber dann musste Torquata einfach lächeln, als die Vestalin ihr verriet, dass die Göttin Vesta auch in der Casa Iulia Zuhause war. Der Gedanke war einfach so sonderbar und wunderbar zugleich, dass sie nicht anders konnte als zu lächeln.
    Der Gedanke gab ihr Sicherheit und sie war sich sicher, dass sie sich nicht mehr ganz so allein fühlen würde, wenn sie die Casa nach diesem Besuch wieder betrat.
    Doch dann verblasste ihr Strahlen und ein verlegen-beschämter Ausdruck trat auf das Gesicht des Mädchens. "Danke", sagte sie leise. Und doch war sie sich sicher, dass die Vestalin sie gehört und verstanden hatte. "Ich...es tut mir Leid, dass ich so sehr an meinen Eltern hänge...es ist alles noch sehr frisch und ich habe sie sehr geliebt. Ich wollte eigentlich selbstbewusst auftreten, aber...es kostet mich Überwindung, mich an die schrecklichen Dinge der letzten Jahre zu erinnern", entschuldigte sie sich erschrocken, als sie bemerkte, dass sie in Selbstmitleid versank...wie so oft in den letzten drei Jahren. Zu oft.

    Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in der Casa Iulia betrat Torquata die Culina des Hauses. Unsicher blieb sie auf der Türschwelle stehen und sah sich scheu, aber doch neugierig um.
    Von der gebogenen Decke des Gewölbes hingen Bündel getrockneter Kräuter herunter unv verbreiteten einen herben, angenehmen Duft.
    Torquata schnupperte entzückt.
    Zitronenmelisse...Dill...Gewürznelke...Lorbeer...
    ...und...ha!
    Kardamon!
    Torquata trat näher und begutachtete die kleinen Kerne, die zum Trocknen in der Sonne lagen.
    Torquata wusste von ihrer Mutter, dass das Cardamonum aus einem fernen Land im Osten - noch weiter im Osten als Asia oder Mesopotamia! - kam und über eine abenteuerreiche Karawanenroute bis ins römische Reich gebracht wurde und dementsprechend teuer war.
    Aber für das, was sie im Sinn hatte, war es einfach unverzichtbar.
    Erfreut drehte sich Torquata um ihre Achse und suchte weiter nach einer weiteren Zutat: Safran. Der Crocus war ähnlich rar und Selenus hatte ihr einmal ausführlich erklärt, wie er gewonnen wurde. Es musste eine harte Arbeit sein und unvermittelt hatte Torquata Mitleid mit den Menschen, die sie verrichten mussten - obwohl es natürlich Sklaven waren.
    Gefühlte Stunden später hatte Torquata das gewünschte Gewürz noch immer nicht gefunden - dafür aber guten Honig. Zwar ein wenig fest, aber durch ein heißes Wasserbad würde es wieder klar und geschmeidig werden.
    Langsam frustriert durchforstete Torquata die Culina und die Vorratsspeicher. Ohne Erfolg.
    Langsam wünschte sie sich, es gäbe hier irgendwo einen Sklaven, der sich hier auskannte und ihr helfen konnte.


    Sim-Off:

    Jeder ist herzlich dazu eingeladen, Torquata beim Suchen zu helfen! ;)

    Torquata zuckte bei Servius' Worten zusammen. Sie wusste, dass nun der AUgenblick gekommen war, ihm von dem Testament ihres Vaters zu erzählen. "Ja, wir beide haben in der Tat großes Glück gehabt", begann sie vorsichtig.
    Dann ertappte sie sich selbst dabei, wie sie im Zimmer auf und ab zu laufen begann. Aus Angst? Aus Aufregung? Sie wusste es selbst nicht.
    "Tatsächlich hatte ich bis zu meiner ersten Begegnung mit Dives noch überhaupt keine Vorstellung von meiner Zukunft hier in Rom, denn ich hatte meine ganze Konzentration und Kraft darauf gerichtet, dich zu finden", nahm sie den Faden ihres Bruders auf. "Aber du kennst ja Vater: Er hatte einen weiten Blick und plante schon zehn oder gar zwanzig Jahre in die Zukunft." Nach einem kurzen zögern fügte sie dann hinzu: "In meinem Fall nun sogar für die nächsten dreißig Jahre." Natürlich spielte sie so auf die dreißigjährige Dienstzeit einer Vestalin an. Sie hoffte, dass Servius nun vielleicht eine leichte Ahnung von dem bekam, was ihr Vater für sie wollte und der eigentliche Wortlaut deshalb keine große Überraschung mehr für ihn darstellte.
    Torquata blieb stehen und sah in Servius' geliebtes Gesicht. Sie konnte es nicht sagen, ohne ihn anzusehen. "Tante Agrippina - du kennst ja Mutters Schwester, sie war schon immer eine sehr energische, selbstständige Frau - gab mir eine versiegelte Ausfertigung von Vaters Testament mit und heiß mich, es dem Hausherrn der Casa Iulia auszuhändigen - was ich natürlich tat."
    Sie trat einen Schritt näher an Servius heran. "Darin steht geschrieben, dass Dives die Vormundschaft über mich übernehmen sollte." Das war der einfachere Teil. "Und er solle für mich sorgen..." Nun ja, das war ja schließlich die Aufgabe eines Tutors, nicht wahr?
    "...und versuchen, mir den Dienst als eine Vestalin ermöglichen..." Jetzt war es heraus.
    Und als sie den Ausdruck auf dem Gesicht ihres Bruders sah, redete sie schnell weiter.
    "...was jedoch mindestens ein lebendiges Elternteil erfordert..." An dieser Stelle musste Torquata schlucken, weil ihre Kehle unvermittelt eng wurde. "...sodass er mich adoptieren oder adrogieren wird..." Natürlich mochte Torquata Dives, aber dennoch fühlte es sich für sie so an, als würde sie einen Teil ihrer Eltern - oder was von ihrem Einfluss noch übrig war - verlieren. So, als würde ihren Bildern in ihrem Geist ein wenig Schärfe genommen werden.
    Stille.
    Torquata seufzte. "Es wird aber nur dem Zweck dienen, mich zur Discipula Vestalis zu machen. Durch die Captio muss ich mich ohnehin jeder weltlichen Familienbande entledigen..." Sie hoffte, dass Servius verstand, was sie sagen wollte, verstand, wie wenig Zeit ihnen beiden blieb - denn später würde jeder ihrer Schritte auf Männer zu misstrauisch beäugt werden.
    Ängstlich wartete Torquata auf die Reaktion ihres Bruders.


    Sim-Off:

    Zum Landgut in Misenum: Ich habe mich schon etwas ausgedacht für Selenus' Part. Werde ihn als zweite ID anmelden. Hab nur in letzter Zeit relativ viel zu tun. Werde aber zusehen, dass es in den nächsten 2 Wochen passiert.

    Wenn man vom Hades sprach!
    Torquata nahm betont gleichmütig den Papyrusbogen aus Vestinas Hand und schob ihn in den ungeordneten Stapels ihrer Übungen zum Hendekasyllabus. Zum Glück hatte Tsuniro nur die Rückseite der Rolle gesehen und somit nicht das Siegel, welches den Brief als Solchen entlarvt hätte.
    "Wie du siehst, ist die Iulische Bibliothekt außerordentlich umfangreich - was mir ermöglichte, viele ausführliche Notizen zu den poetae novi wie Catullus oder Cornificius zu machen. Wenn du willst, zeige ich dir eine wunder- und wertvolle Ausgabe des Gaius Helvius Cinnas Epigramme. Es handelt sich dabei um eine vollständig erhaltene Erstausgabe, die damals durch Quintus Pollius Valerianus verlegt wurde.", plapperte Torquata einfach drauf los, während sie Tsuniro mit einem Wink bedeutete, das benutzte Geschirr gleich mitzunehmen. Dabei quittierte sie geflissentlich die heimlich-genervte Miene der Ägypterin mit einem scheinbar freundlichen Lächeln.
    Herzlich umarmte sie Vestina noch einmal und flüsterte ihr ins Ohr: "Bleib ruhig. Er ist nett." Und laut verkündete sie: "Ich begleite dich noch hinunter - es ist ein guter Abend, um ein wenig weiterzuarbeiten. Tsuniro, wo will der Hausherr Vestina sehen? Ich denke, ich werde sie dorthin begleiten - du musst dich nicht noch extra dorthin bemühen." Mit diesen Worten packte Torquata den Papyrusstapel samt geheimen Brief und scheuchte die beiden anderen Frauen mit einem Augenzwinkern aus dem Zimmer.
    Als Tsuniro - durch den beträchtlichen Tellerstapel - kurzzeitig abgelenkt nicht hinsah, spannte Torquata wieder gekonnt ein Haar über die Scharnieren.
    Man kann ja nie wissen!

    Mit großen wachen Augen und gespitzten Ohren hörte Torquata ihrem Vater Marcus zu und nickte zu allem, was er sagte.
    Obwohl...Heißt das etwa, dass ich Avianus nicht wieder besuchen darf?, dachte sie dann doch etwas geknickt - was man ihr aber - da war sich Torquata aufgrund früherer Erfahrungen relativ sicher - nicht direkt ansah.
    Aber Vater Marcus wollte sie ja nur nach Kräften unterstützen! Und so wie er gerade väterlich belehrend vor ihr stand, vergaß Torquata tatsächlich einen Moment lang, dass er es nur pro tempore sein würde...
    "Ich werde mich nach Kräften bemühen, mich dieses ehrenvollen Amtes würdig zu erweisen", versprach sie fest. "Und selbstverständlich werde ich mich an alle Regeln halten. Ich weiß die Mühen sehr zu schätzen, die ihr meinetwegen auf euch genommen habt", ergänzte sie aufrichtig.
    "Und ich nehme das Angebot für einen Custos Corporis an, denn auch ich möchte Gerüchte jeglicher Art erst gar nicht entstehen lassen."
    Kurz überlegte sie, ob die Regel auch für Selenus gelten würde, wenn er erstmal angekommen war, aber wie sagte der Selbe immer: Interim fit aliquid - Kommt Zeit kommt Rat!
    Und als sie dies dachte, breitete sich ein glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht aus, das ihre Augen zum Leuchten brachte. Der erste große Schritt war geschafft!
    Und tief im hintersten Winkel ihres Geistes konnte sie sich beinahe selbst sagen hören: Du wirst es schaffen!

    Ohne es zu wissen hatte Vestina ihr eine sehr knifflige Frage gestellt. Waren sie denn gut befreundet?
    Angesichts der kurzen Dauer, für die sie sich kannten, würde man eher 'nein' sagen.
    Aber andererseits vermittelte Avianus ihr ein starkes Gefühl von Sicherheit.
    "Ich weiß es nicht", sagte Torquata schließlich wahrheitsgemäß, wenn auch widerstrebend. "Wir sind beide ein wenig seltsam, Avianus und ich."
    Nun setzte sich auch Torquata auf. "Du hast doch sicherlich Hunger und Durst? Ich werde uns etwas zu Essen herbringen lassen."
    Und ohne auf Vestinas Antwort zu warten, öffnete sie die Zimmertür und trug einem vorbeikommenden Sklaven auf, ihnen ein Mahl herzubringen. Und zu Vestina gewandt meinte sie dann: "Es gibt hier im Hause eine Sklavin namens Audata. Sie ist sehr schüchtern, aber sehr gewissenhaft. Tsuniro hingegen sollte man niemals vertrauen. Genauso wenig Callisto, der Leibsklavin der Sergia."