Beiträge von Quintilia Pina

    Pina hatte sich zusammengesrissen, und fragte sich was mit den Offizieren des großen römischen Reiches los war. Seit sie sich erinnern konnte war sie glühende Vereherin der Legionäre gewesen. Ihr ganzes Weltbild stürzte seit dem Aufstand nach und nach zusammen.
    Sie setzte an um auf die mit Vorwürfen gegen anderen gespickte Aussagen des Tribuns zu Antworten, doch der Trecenarius war wieder sehr schnell mit seine Erwiderung.
    Gleich darauf setzte Pina an und machte sich Luft. „Ich muss sagen, dass ich von Militär enttäuscht bin. Wenn das, was ich heute und während des Ausbruch bei den Spielen erlebten alles ist, dann wird Rom bald im Chaos versinken. Inmitten der Kampfhandlungen und jetzt hier erlebe ich nur Kompetenzgerangel. Man stelle sich das nur bildlich vor. In den Straßen toben die Kämpfe, von den Dächern werden die Menschen attackiert und mitten drin wird man angehalten, als Mitverschwörer verdächtigt und beschimpft. Das trotz der Begleitung eines hochrangigen Legionärs, erlebt dabei noch ein Schauspiel, bei dem sich Prätorianer und Urbaner gegenseitig der Inkompetenz, des Versagens beschuldigen , obwohl Bürger Roms in Lebensgefahr schweben. Hauptsache man rettet eine Humpelnde und beleidigt mich hier mehrfach. Nicht nur das man mich für dumm und einfältig hält, denn nichts anderes bedeutet doch die Aussage des Optio, ich wiederhole, „dass die Zeugin angesichts ihrer dürftigen Auffassungsgabe“, nein damit nicht genug jetzt bezichtigt man mich der Lüge. Ich wiederhole, „Ich denke schon, dass es eine sachdienliche Information ist zu bemerken, wenn eine Zeugin offensichtliche Falschaussagen macht.“ Tut mir leid aber ich für meinen Teil habe genug. Nur weil man auf eine Sklavin trifft, deren Fähigkeiten bewundert und sie sympathisch findet, ist man keine Umstürzlerin oder Verräterin Roms. Wenn doch dann sollte man bei den Oberen in Rom aufräumen, wie viele von ihnen finden bestimmte Sklavinnen mehr als sympathisch?“

    Pina war froh darüber, dass der Trecenarius schnell seine Kommentare einbrachte. Die anschließenden Ermahnungen des Consul Claudius, beruhigten sie ein wenig. Abermals strich sie sich ihre Haarsträhne hinter das Ohr und gab noch kurze Antworten. „Bei mir war der Tribun Appius Decimus Massa, der derzeit in der Legio II Germanica seinen Dienst versieht. Zu den Kämpfen kann ich nicht besonders viel sagen , da ich mich mehr um meine Sicherheit kümmerte. Ich sah auf den Dächern Bogenschützen und Steinewerfer. Nebenstraßen waren auch von den Aufständlern versperrt und wir nahmen doch den Hauptweg.“
    Pina hoffte nun das sie bald gehen konnte. Sie wollte nur nach Hause.

    „Mir erschien das durchaus sicherer, als mich durch umkämpfte Tore und Straßen zu drängen. Ich dachte mir mit meiner dürftigen Auffassungsgabe, dicht im Schutze der Mauern wäre ich sicher vor Wurfgeschossen und Pfeilen, als mitten auf den Straßen herumzulaufen. Du siehst ich habe es überlebt und bin hier.“ Mehr würde sie diesem ungehobelten Kerl bestimmt nicht antworten. Ihr reichte es, beleidigen musste sie sich nicht lassen.

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    Original von Herius Claudius Menecrates
    Wie es schien, half ihnen diese Zeugin nicht weiter. Immerhin hatte die Kommission diesen Umstand abgeklärt, was ebenfalls Wichtigkeit besaß.
    "Quintilia, ich danke dir zunächst für deine Ausführungen. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir hier nicht sitzen, um über die Sklavin Varia zu richten. Wir haben uns - und ich hoffe doch einschließlich dir - hier zusammengefunden, um die Ursache der schweren Unruhen zu ermitteln, damit wir Rom und seine Bewohner zukünftig besser schützen können. Ich bin mir weitgehend sicher, dass dies auch in deinem Interesse ist, denn ich meine mich zu erinnern, dich beim Ausbruch während der flavischen Spiele inmitten der Flüchtenden gesehen zu haben." Sein Blick ruhte auf Pina, während er überlegte, wie er fortfahren wollte.


    "Zunächst wäre es hilfreich für uns, wenn du die Frage des Trecenarius nach Sergia Fausta direkt beantworten würdest. Direkte Antworten minimieren Missverständnisse. Und dann wüsste ich gerne, welche Personen du benennen könntest, die mit der Sklavin Varia bekannt sind. Wir erhoffen uns dadurch, dass unsere Untersuchung vorankommt."
    Menecrates bemühte sich bewusst darum, die Fragen so zu stellen, dass die Situation so wenig wie möglich einem Verhör ähnelte, sondern vielmehr an eine Lösungssuche erinnerte, bei der die Zeugin eingebunden war.


    Pina schaute leicht verwundert, er hat mich gesehen? Dazu sollte ich gleich auch etwas sagen überlegte sie sich, denn inzwischen hatte sie jemanden entdeckt, den sie auch bei den Spielen gesehen hatte.
    Zuerst wollte sie aber die Fragen des Consuls beantworten.
    „Nun direkt bei Varia sah ich nur zwei Personen, sie schien aber auch keinen Wert darauf zu legen mit irgendjemanden in Kontakt zu kommen. Da war zuerst der Junge, der auch im Hause der Helvetier lebte. Er war etwa zwei, drei Jahre jünger als ich. Sein Name glaube ich war...ja richtig Serrulus und später sah ich noch Helvetius Varus. Aber sonst kann ich dazu weiter keine Angaben machen, wogegen ich bei den Spielen jenen Urbaner sah“, Pina wies mit dem Kopf in Richtung des Optios, und der erlaubte doch wirklich inmitten des Kampfgetümmels einem Untergebenen, ich nehme an es war ein Tiro, eine leicht humpelnde junge Frau nach Hause zu geleiten. Mitten in vorderster Front beschäftigen die beiden sich mit so etwas. Ja wenn es die Kaiserin gewesen wäre. Ich war doch auch in Gefahr und all die anderen anwesenden Frauen, brachte die ein Urbaner nach Hause? Nein. Ich versuchte Schutz dicht an einer Mauer zu finden, um dann einen sicheren Weg nach Hause zu finden.“ Hätte ich auch, wenn mich die Decimer nur gelassen hätten, aber nein sie mussten die Beschützer spielen und von da an, naja lassen wir das, mahnte Pina sich und ihre Gedanken um zur Ruhe zu kommen.

    Pina sah den Trecenarius kurz an und hob die Schultern, wenn du meinst, dachte sie. Bei der nächsten Frage starrte sie ihn an. Was sagte der denn da? Sie hatte ja schon einiges gehört, doch normalerweise hatte man doch eine Beziehung zu einem Mann. Außerdem, „ich sagte doch ich traf sie nur noch einmal. Ich denke zu dem, man hat doch nicht mit jedem eine Beziehung den man mag.“ Der Kerl ist einfach albern, kommentierte Pina für sich seine Äußerungen.
    Pina schaute ihn verwundert nach der dritten Frage an, „woher soll ich dass denn wissen? Da müsste man die Helvetier oder die anderen Sklaven fragen. Nein es ging in unserem Gespräch nur um ihre Ausbildung in ihrer Heimat und um eventuellen Unterricht für mich bei weiteren Besuchen im Hause der Helvetier. Da ich aber nie mehr dort war, gab es leider keinen Unterricht, sonst hätte ich mich bei dem Aufstand selber beschützen können.“ Ihre letzte Antwort kam etwas gereizt und schnippisch.

    Pina kam nicht dazu weiter über ihre seltsame Begenung am Eingang nachzudenken. Sie sah sich nicht nur dem Consul gegenüber und das erschrak sie jetzt doch. Mit höchstens drei männern hatte sie gerechnet aber das hier. Nervös strich sie ihre vorwitzige Haarsträhne hinter ihr Ohr, schluckte und nickte, ehe ein zögerliches, „Salve“, von ihr kam.
    Pina atmete tief ein nachdem sie sich kurz gesammelt hatte.
    „Eines möchte ich vorweg klarstellen, ich habe im Vorfeld nichts von einem Sklavenaufstand mitbekommen. Außerdem kann ich mir absolut nicht vorstellen, das Varia die Anführerin war.“
    Sie sah auf einen fernen Punkt ehe sie weiter sprach. „Ich lernte Varia vor zwei oder sogar drei Jahren kennen. Wir besuchten die Helvetier und dort traf ich auf sie. Sie war CUSTOS CORPORIS von Helvetius Commodus und das veranlasste mich dazu Fragen an sie zu stellen. So erfuhr ich von ihrem Leben und ihrer Einstellung dazu. Sie erzählte von ihren, Kämpfen, Kriegen, Blut, Schmutz und den vielen Toten auf den Schlachtfeldern. Sie tat das bewusst, weil ich sie bewunderte und wollte, das sie mir Unterricht gab.
    Ich mochte sie nicht nur wegen ihren Künsten, nein sie war so ruhig, besonnen und nicht so nichtssagend vor sich hin quasselnd, wie ich es oft bei vielen Frauen beobachte. Ein Satz von ihr hat sich bei mir tief eingeprägt, „Weißt du Kleines, ich kämpfe nicht weil es mir Freude macht sondern einfach aus dem Grund, weil ich nichts anderes kann. Meinst du du wärst dazu in der Lage einen Menschen zu verletzen oder gar zu töten?“ Ich bemerkte, dass sie ihre Aufgabe und ihren Herrn nicht mochte, doch wie sie mir erklärte konnte sie nicht weg, denn er hatte sie mit einem Eid an sich gebunden.
    Danach traf ich sie noch einmal, als sie meine Tante vor einem Taschendieb beschützte. Leider kam es zu keinen weiteren Kontakten.“ Pina blickte den Consul an, er hatte für sie etwas beruhigendes, großväterliches an sich.

    Pina war noch immer verwirrt, auf diese Art und weise hatte noch niemand mit ihr geredet. Was ist das nur für einer? Sie war es eigentlich gewohnt eher mit Männern vom Militär um zugehen. Ja sie war bis vor noch nicht alzu langer Zeit glühende Verehrerin der Legionäre gewesen. Hatte sie ihre Kindheit doch in unmittelbarer Nähe der Legio I verbracht, jedoch der Sklavenaufstand hatte ihre Einstellung gründlich verändert.
    Abermals schaute sie skeptisch zu ihrem Führer, der jetzt auch noch Anweisungen an Sklaven gab. Ob er ihr den endlich einmal seinen Namen verriet, ihn danach zu fragen getraute sie sich nicht. „Und hier findet die Befragung statt?“ Pina verfiel fast in ein flüstern und schaute zweifelnd auf die Türe vor ihr. Ob sie das hier durchstehen würde und zu Hause wusste keiner wo sie war. Was wenn man sie einfach hier verschwinden lies, aber ich habe doch gar nichts gemacht, wehrte sie diesen Gedanken ab.

    Pina stand da und starrte den Mann an. Das ist kein Sklave, langsam glitt dieser Gedanke durch ihren Kopf während sie weiter starrte. Im nachhinein wusste sie nicht was geschehen war, was sie aus diesem Zustand riss. Um wieder klar zu denken schüttelte sie mit dem Kopf. Es war kein verneinen, es war als ob sie etwas abwehren wollte.
    „Ich erhielt eine Einladung“, nach kurzem überlegen kam, „oder man kann auch sagen Vorladung. Allerdings woher soll ich wissen wie der Sklavenaufstand zustande kam.“ Nach erneutem überlegen, zuckte sie leicht zusammen. „Entschuldigung, mein Name ist Quintilia Pina und bekam eine Nachricht von Consul Claudius.“ Erneut betrachtete sie ihren Gegenüber, er war eindeutig kein Sklave. Wieso gab es in der Villa Claudia keinen Ianitor? Fast hätte sie schon wieder ungläubig mit dem Kopf geschüttelt.

    Pina war zügig zur Villa Claudia gegangen. Fast wäre sie gar nicht erschienen, denn es war wirklich Zufall, dass sie diese seltsame Einladung gesehen hatte. Normalerweise achtete sie nicht auf Briefe, da ihr sowieso keiner schrieb.
    Noch einmal zupfte sie hie und da ihre Kleidung zurecht, klemmte ihre vorwitzige Haarsträhne hinters Ohr und klopfte an.

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    Original von VETURIA SERENA


    Die Kaiserin hatte während der Hinrichtung der Sklavin die neben ihr sitzende junge Frau beobachtet. Eine Sorgenfalte hatte sich dabei auf der Stirn der Kaiserin gebildet. Scheinbar hatte dieses junge Ding nichts begriffen. So schüttelte sie nun auch den Kopf. "Noch sind nicht alle Hinrichtungen vollzogen. Wir werden uns auch die Weiteren gemeinsam anschauen. Im Anschluss wirst du mich begleiten. Ich werde nach den Rennen Familien besuchen, die während des Aufstandes Angehörige und oder ihr Heim verloren haben."Der Entschluss war ganz spontan in der Kaiserin gereift. Natürlich würden die Prätorianer jetzt mal wieder graue Haare bekommen, mussten sie doch nun in Windeseile einen Trupp zusammenstellen, der die Kaiserin im Anschluss durch die Straßen Rom begleitet. Auch ihr persönlicher Schreiber schaute mehr als nur erschreckt. Er wusste, dass er nun flugs ein paar Römer ausfindig machen musste, die während der Aufstande Opfer zu beklagen hatte.
    "Ich möchte das du dir das Leid, welches die Sklaven angerichtet haben mit eigenen Augen ansiehst. Vielleicht ändert das deine Meinung über die Aufständischen."


    „Wenn du es so wünschst, meine Kaiserin“. Die Antwort kam wieder ohne jede emotionale Regung. Nur dem der Pina genau beobachtet hätte, wäre der plötzlich schnellere Lidschlag ihrer Augen aufgefallen, ehe sie sich hinsetzte.
    Es war geschehen, als Pina meine Kaiserin sagte. Da erwachte ihr Geist. Wieso sage ich meine Kaiserin? Sie ist nicht mehr meine Kaiserin. Ich will keine Römerin mehr sein. Doch mit keiner Mine, mit keinem Wimpernschlag wollte sie von nun an verraten was in ihr vorging. Rom duldete keine offene Worte, war also gegen Freiheit.
    Ich werde nur noch die Freiheit meiner Gedanken nutzen. Ja es ist vielen Menschen Leid angetan worden. Doch warum? Weil Rom tausenden von Menschen Leid angetan hat. Rom hat erobert, getötet, gebrandschatzt, geschändet, geraubt, versklavt. Tausende von Menschen fristen ihr Leben ohne ihre Freiheit, ohne ihr Recht ein Mensch zu sein, sie sind nur eine Sache. Wer gab und gibt Rom das Recht dazu? Wer sagt ein Römer ist mehr Wert als diese Menschen? Nein ich will keine Römerin mehr sein. Ich suche mir etwas besseres. Starr richtete Pina ihren Blick zur Arena.

    Noch immer saß Pina da wie eine Statue, nichts hatte sich verändert. Lediglich zwei rote Punkte auf ihrerm Kleid wuchsen langsam aber stetig, da wo ihre Hände auf ihren Oberschenkeln lagen.
    Rauchschwaden, der Gestank von verbranntem Fleisch, das hysterische Gekreische, Gejohle der Menschen war an ihr vorübergezogen ohne das sie es wahrnahm. Die Anfeuerungen der Trommelschläge, Rufe der Menschen, Donnern der Pferdehufe und das Knirschen der Wagenräder war von ihr in weiter Ferne zu vernehmen. Dann kamen die Rufe, Varia, Varia, Varia welche langsam zu Pinas Ohren vordrangen. Aus dem Varia wurde allmählich und immer lauter ein, "Russ-russ-russ Ru-russ-russ-russ Ru-russ-russ-russ Russata!" Verwundert schaute Pina sich um, stand auf wie eine Hölzerne Puppe. Blut tropfte aus aus ihren Fäusten hervor, denn tief hatten sich ihre Fingernägel in ihre Handballen gebohrt.
    Hölzern drehte sie sich zu der Kaiserin. „Sie ist tot, darf ich jetzt gehen?“
    Ohne ein Minenspiel und ohne jede Betonung kamen ihre Worte.

    War Pinas Blick in Richtung Varia zunächst voller Grimm gewesen, so wechselte sich langsam ihr Ausdruck. Ihre Wut und Empörung waren mit dem Zugriff langsam der Angst gewichen.
    Mit einer gewissen Genugtuung beobachtete sie Varias stolze Haltung. Sie freute sich darüber, dass die Verurteilte den Zuschauern kein Bild des Jammers bot. Gerade und aufrecht ging sie zu dem auf sie wartenden Kreuz. Man konnte fast vergessen, dass sie an Ketten geführt wurde.
    Pina hörte den Befehl, nachdem man Varia auf das Podest gehoben, angekettet und mit Öl übergossen hatte. Mit Schreckensweiten Augen sah sie wie die Fackel das Holz anzündete. Sie war nicht fähig, wie sie vorgehabt, dem Befehl der Kaiserin zum Trotz die Augen zu schließen. Nein es war ganz so als müsse sie einen letzten Blick auf Varia richten. Das Toben, Geschrei und Jubeln der Menge hörte sie nicht. Ihre Sicht auf die Hinrichtung wurde bald immer mehr verdeckt von einen Vorhang der Tränen der über ihr Gesicht lief.
    Warum nur? Warum nur hatte die Kaiserin ihr Befohlen dem Schauspiel, was es ja für die Menschen hier war, zu zusehen? Hatte sie Gedacht sie damit zu bestrafen? Ja, dass war ihr gelungen, aber nicht mit dem gewünschten Erfolg. Strafen sollten eine Besserung des Verhaltens herbeiführen, doch diese Strafe würde sich zum Gegenteil auswirken.
    Da war ihr seit dem Kleinkindalter eingeredet worden, Römer dürften ihre Meinung frei äußern. Pah alles Makulatur. Die Römer wussten es noch nicht, sie waren gefangene ihres eigenen Systems. Was hatte die Augusta in ihrer Allmacht zu ihr gesagt? KIND? Ich bin kein Kind mehr, ich bin eine römische Frau. Wenn auch unterdrückt so bin ich ein selbständig denkendes Wesen und das hier hat sich in mir eingeprägt.
    Auch wenn die Tränen ohne Unterlass liefen, so war kein Laut von ihr zu hören. Mit starrem Blick blieb sie da sitzen, denn die Gedanken waren frei, darauf hatten weder die Götter noch das Kaiserpaar Einfluss.

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    Original von Ein Praetorianer


    Zwei verdeckte Prätorianer traten aus den hinteren Reihen heran, um Pina an jenem Stuhl festzuhalten. Zwei kräftige Hände zwangen sie an den Schultern herunter und hielten sie fest, so dass sie jenes Spektakel mit ansehen musste, sofern sie nicht ihre Augen schloss. Auch schienen die beiden Soldaten in den eleganten Tuniken grimmig, da Pina offen gegen Rom gesprochen hatte. Man würde dies an den Trecenarius melden, der weitere Maßnahmen beschließen würde, sobald er wieder zur Verfügung stand. Denn momentan war er kurzfristig durch eine Hinrichtung gebunden. Die Prätorianer setzten wohlwissend gleichsam die Wünsche der Kaiserin und des Trecenarius um, der eine störungsfreie Veranstaltung eingefordert hatte.


    Langsam wich die Farbe aus ihrem Gesicht, es war wieder geschehen. Ihr Temperament war mal wieder mit ihr durchgegangen. War es nun soweit, wie ihre Großmutter ihr immer wieder vorhergesagt hatte. 'Kind du redest dich noch mal um Kopf und Kragen.'
    Jetzt doch ein wenig verängstigt sah sie den Wink der Kaiserin und setzte sich hin, achtete aber darauf, einen möglichst großen Abstand zu der Augusta zu halten. Hoffentlich hatte niemand ihren Auftritt mitbekommen. Ihre Tante würde sich wieder einmal zu Tode ängstigen.
    Stur schaute sie geradeaus, nachdem die Kerle sie so brutal genötigt hatten sich hin zu setzen. . Sie wollte nichts mehr hören und sehen. Nein, sehen will ich auch nichts, dachte sie trotzig. Wie will sie verhindern, dass ich die Augen schließe? Es kann doch keiner von mir verlangen, dass ich Varia leiden und sterben sehe. Vielleicht kann ich sie fragen ob ich auf schnellstem Wege nach Hause gehen kann?

    Pina, schaute immer wieder fassungslos zur Kaiserin und gleich wieder zur Arena. Nein, nein es ist nicht richtig was sie sagt. Sie versucht mich mit ihrem Gerede zum Schweigen zu bringen.
    „Nein", schrie sie auf, „wir sind Schuld, Rom ist Schuld. Wir nahmen ihnen die Heimat, warum? Haben wir nicht schon genug Land? Warum immer mehr und mehr. Müssen wir andere Menschen beherrschen? Das ist nicht richtig?“ Sie überlegte kurz weiter. „Was ist mit Soldaten, die ihre Offiziere verlieren, gehen die einfach weg? Sie sind doch an den Fahneneid gebunden. Sie bleiben doch oder? Was nun wenn sie auch gebunden ist? Es war nicht richtig was sie getan hat, doch hat man sie je in einem Prozess nach dem Grund gefragt? Bestimmt nicht, man wird sie gefoltert, gequält und wer weiß was sonst noch mit ihr gemacht haben. Ich war unterwegs bei dem Aufstand, sie rettete mir das Leben und sie bewahrte mich davor von den Soldaten verschleppt zu werden. Wogegen ein humpelndes Frauenzimmer, sie war nichts besonderes, nur wie es schien die Freundin eines Tiro, mitten im Kampfgetümmel ehrenvoll nach Hause geleitet wurde. Wenn die Soldaten Roms für solchen Firlefanz Zeit haben dann darf man sich nicht wundern, wenn es zu Morden und Aufständen kommt. Die Soldaten haben Schwäche gezeigt und nun will man mit der Hinrichtung von Varia, sich Groß tun und dies überdecken. Anstatt andere Völker zu überfallen, sollten sie in Rom für Sicherheit sorgen und die wahren Missstände aufdecken.“
    Pina hatte sich aufs Neue in Rage geredet, holte tief Atem, so als habe sie sich alles von der Seele geredet. Entsetzt schaute sie die Kaiserin an. Was bei allen Göttern habe ich getan? Sie spürte wie Röte ihr Gesicht bedeckte. „Verzeihung“ murmelte sie mit gesenkten Augen. „mein Name ist Quintilia Pina... zu Hause weiß niemand, dass ich hier bin. Ich...ich..", stotterte sie, "habe nicht verdient neben dir zu sitzen, außerdem würde ich es bestimmt, bei dem was kommen wird, nicht lange neben die aushalten.“ Erschrocken hob sie ihre Hand vor dem Mund, schlimmer kann es nicht mehr werden, dachte sie dabei.

    Mit Tränen in den Augen stand Pina da und hörte die Eröffnungsworte des Consuls. Mit geballten Fäusten stand sie da und versuchte sie weg zu blinzeln. Es half nichts immer wieder löste sich eine Träne und kullerte über ihre Wangen.
    Sie musste etwas unternehmen und das Ganze hier stoppen. Was aber? Schreien? Nein, das würde hier bei diesem Gejohle nicht gehört werden. Wütend starrte sie umher und da hatte sie eine Idee. Jetzt sollte etwas tun und nicht nur für Patrizierinnen oder Frauen und Töchter von irgendwelchen Amtsträgern.
    Unaufhaltsam bahnte sie sich rücksichtslos ihren Weg. Nichts und Niemand würde sie aufhalten können. Noch einen Blick zur Arena, es war noch nicht zu spät. Wie eine Rachegöttin mit Funken sprühenden Blicken stand sie vor der Augusta und sah wie die völlig entspannt, das Schauspiel zu genießen schien.
    „Wie kannst du nur? Du bist doch auch eine Frau. Du musst doch wissen, dass man uns Frauen außer Haushalt und Kinder gebären nichts zu traut. WIR SIND ZU SCHWACH! Immer wieder hat man mir das gesagt. Mehr noch man glaubte mir nicht, das Varia auch kämpfen kann. Und jetzt soll sie so sterben? Weil sie ja so gefährlich ist? Warum lässt du es zu? Warum darf sie nicht zurück in ihre Heimat. Sind nicht eigentlich wir Römer Schuld, dass es soweit kam. Römische Soldaten haben sie gefangen weil sie ihre Heimat beschützen wollte. Römer haben sie zu einer Sklavin gemacht. Ihr Herr der Helvetier hat sie zu dem machen lassen was sie dann wurde, ließ sie und alle Sklaven, des Hauses alleine. Überließ sie einfach ihrem Schicksal. Was sollte sie tun? Einfach in eine Ecke setzen und auf den Tod warten. Wir sind für ihr verhalten verantwortlich.“
    Jetzt schaute Pina voller Verzweiflung zur Kaiserin. Wenn Varia jetzt sterben würde, dann wäre ihr Leben auch zu Ende.

    Auch Pina war zu der großen Opferfeier gekommen. Seit dem Sklavenaufstand war sie nur noch unzufrieden, eher gesagt unglücklich. Sie zweifelte am Sinn des Lebens, besonderes an dem Sinn ihres eigen Lebens und manchmal zweifelte sie auch an den Göttern. Gegen den Zweifel an der Götterwelt währte sie sich immer wieder, sie versuchte diese Gedanken zu unterdrücken und zu verdrängen.
    Heute war sie hier um, ja zu wem wollte sie eigentlich besonders beten?
    Zu Iupitter, dem Gott der Luft und des Lichts, Schutzgott des Staates und der Gesetze? Zu Iuno, der Göttin des Heims und der Mutterschaft; Schutzgöttin aller Frauen? Zu Minerva der Göttin der Weisheit, Arzneien, der schönen Künste, Musik, Wissenschaft und des Krieges; Schutzgöttin der Heilberufe? Dem Kaiser oder der Kaiserin?
    Wie würden sie ihr helfen können? Könnten sie ihr überhaupt helfen? Um ihr zu helfen mussten sie sie aber hören. Bei solcher einer solcher Ansammlung von Gläubigen bezweifelte sie aber, dass ausgerechnet ihr Gebet erhört würde. Seufzend richtete sie schließlich doch ihr Gebet an die gesamte Götterwelt, vielleicht gab es ja doch eine Gottheit, die sie hörte und ihr den Sinn ihres Lebens zeigte.

    „Entschuldigung, ich ...ich wollte nicht neugierig oder aufdringlich erscheinen“, stotterte Pina verlegen herum. „doch ich hörte eine Männerstimme und dachte es wäre einer von den... du weißt schon. Doch wieso Nichte und Onkel? Ich dachte wir drei sind alleine?“
    Stirnrunzelnd betrachte Pina ihren Onkel.
    Wo war er gewesen, wieso hatte er ihr Tantchen alleine gelassen? Hatte er ihre Liebenswürdigkeit und Gutmütigkeit ausgenutzt? Wie konnte man nur als Mann so verantwortungslos sein. Sie hatte die Allmacht wollten alles können, besser können, bestimmen und dann lies er sie alleine.
    Einen nicht gerade freundlicher Blick warf sie ihrem Onkel zu. Seit den Spielen hatten Männer in Pinas Augen ihren Stellenwert fast gänzlich verloren und jetzt das noch. Das zeigte ihr doch, dass sie mit ihrer Meinung richtig gelegen hatte.

    Was hatte die Tante da gesagt? Meine unsere Nichten. Überhaupt wer war das mit dem die Tante da sprach, hatte sie doch gedacht es wäre wieder einer der Prätorianer. All das wirbelte durch Pinas Kopf, als sie stehen blieb und versuchte an der Stimme zu erkennen wer der Besucher war. Eindeutig nein, die Stimme war ihr unbekannt. Aber wer mochte er sein? Tantchen schien ja sehr vertraut mit ihm zu sein. Leider hatte sie bis auf das Letzte was sie gesagt hatte nicht mehr mitbekommen und bei den Göttern, zu lauschen hatte sie nicht vorgehabt. Doch so vieles war passiert was ihre Tante traurig gemacht hatte und sie wollte nicht, dass irgendwer sie schon wieder verletzte.
    Pina gab sich einen Ruck, ging weiter und trat dann zum Triclinium ein. Sie wollte ja nicht unhöflich sein, dennoch konnte sie nicht anders und starrte den Fremden an. Er kam ihr irgendwie bekannt vor.

    Ungläubig starrte Pina zu dem Geschehen vor sich. Sie konnte es nicht fassen, den da, der gerade die Auszeichnung erhalten erhielt, hatte sie doch gesehen bei den Spielen. Das war doch der Tiro gewesen, der eine Sondererlaubnis erhalten hatte seine Einheit zu verlassen, nur um eine Frau mit verstauchtem Fuß nach Hause zu begleiten. Appius Furius Cerretanus war also sein Name. Was für eine Heldentat. Was für eine Leistung und dafür bekam er jetzt eine Auszeichnung?
    Varia hatte ihnen das Leben gerettet und wurde bestraft, schmachtete im Kerker und musste bestimmt ihr Leben lassen. Was für eine Welt? Wieso duldeten die Götter das? Wieso informierte niemand den Kaiser? Was war nur mit ihrem glorreichen Rom geschehen? Nein damit wollte sie nichts mehr zu tun haben. Nicht mit den Göttern, nicht mit den Soldaten, nicht mit diesem Rom. Wütend drehte sie sich ab und arbeitete sich durch die Volksmasse, weg von dem Campus Martius.