Beiträge von Gaius Germanicus Varro

    Varro nickte zustimmend, wenngleich er auch nicht annahm, daß es tatsächlich nur einen Ausgeber und eine Ausgabestelle gab...da würde es wohl Übermorgen werden bis alle etwas hatten.
    Vierte Centuria, neunten Cohors entgegnete er daher, verstaute seine Holzschüssel unter der Achsel und war sichtlich gespannt was denn nun da auf ihn zukommen würde.

    Wie zu erwarten war der Andrang bescheiden, weil die Waschweiber sich zunächst einmal mit allerlei Phantasien und Theorien das Maul zerreissen mussten.
    Neben Ocellus und Varro waren hauptsächlich Veteranen anwesend. Männer die wußten, daß Gerüchte den Wert eines Blattes im Wind hatten.
    Varro hielt sich lieber an Fakten.
    Er hielt seine Schale hin um seine Ration zu erhalten.
    Wenn er auch wenig vom Kaiser wusste, war er ihm doch dankbar für die Abwechslung im Speiseplan.

    Varros Begeisterung über die Ausgangssperre hielt sich in engen Grenzen, ebenso die Voraussicht auf einen Bürgerkrieg. Zumindest quoll diese Erkenntnis aus dem Subtext des Präfecten. Er mimte denn auch brav den Soldaten und rückte mit den Kameraden ab. Vor der Unterkunft wollte er sich gerade den brodelnden Palaver entziehen als Ocellus auftauchte.
    Mnjaaa, liebend gern, Hauptsache wir kommen hier weg!
    entgegnete er auf Ocellus´Frage hin und nachdem sie ihre Ausrüstung abgelegt und die lederne Segmentata angelegt hatten machten sie sich auf den Weg zur Horrea.

    Also bleibt alles beim Alten. Füsse still halten und Dienst nach Vorschrift. Die Offiziere würden schon wissen was gut ist.
    Varro schloss sich dem markigen Vivat Roma ! Vivat Legio Prima! der Legion an. Doch seine Gedanken waren schon woanders...

    Varro stand zum ersten Mal bei einem Truppenappelt. Die seltsame Stimmung genährt von sich überschlagenden Gerüchten trug das ihre dazu bei.
    So stand er denn auch im feinstem starren Stand als er die Nachricht hörte.
    Was nun? Wurden die schlimmsten Befürchtungen wahr?
    Der Praefectus sah ziemlich ernst aus, ernster noch als Gestern am Tor.
    Er atmete langsam ein un aus, ein probates Mittel sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Mal sehen was jetzt kam...

    Es war schon fast unglaublich den Optio dermaßen zu erleben. Sie hatten sich also gerade weiterentwickelt. Blut, Schweiß und auch Tränen hatten diejenigen die übrig geblieben waren zu einem Legionär gemacht. Varro stand einfach nur da, triefnass und dampfend sinnierte er schwer beladen mit dem Marschgepäck auf seine blauen Füsse starrend.
    Nie war er müder, erschöpfter und leeren gewesen um ein Ziel zu erreichen. Doch langsam, besonders nach dem Freudentaumel der Kameraden nach der Rede des Optios realisierte er was er geleistet hatte und zumindest ein teil der Energie kehrte wieder zurück. Sein Blick suchte nach Ocellus.

    Aufgescheucht durch den gebellten Befehl machte sich Varro auf den Weg in die erwartungsgemäß eisigen Fluten. Er wußte Ocellus hinter sich und watete durch Brusttief durch den Fluss, immer wieder gegen die Strömung ausgleichend.Drüben agekommen, ein wenig ungelenk durch die Unterkühlung raunte er dem Miles zu der ihm den Scutum überwarf.
    Verdammt! meine Eier fühlen sich an als seien es nur noch Rosinen! Raues Lachen ertönte und er wartete dann ab bis der letzte bibbernd ans Ufer stieg um wieder zurück auf die andere Seite zu kommen. Diesmal war es ungleich schwieriger, denn das Scutum zog ihn weg. Er korrigierte den Sitz des Scutums, sodaß die Fluten davon abgeleitet wurden und sah sich nach Ocellus um. Er animierte ihm seinem Beispiel zu folgen.

    Während Ocellus das Pferd wegbrachte schloss Varro mit drei anderen Kameraden das Tor. Schwer fiel der hölzerne Sperrbalken in seine Aufnahme. Varro strich mit der Hand darüber und betrachtete das Tor. Fast schon vermisste er die Freiheit welche ihm dieses Tor vorenthalten würde. Mit einem Beben wandte er sich wieder um und sah Ocellus ankommen. Er nickte ihm zu und meinte,
    Tja, Ocellus,...ich fürchte das ist kein gutes Zeichen!

    Den Typen hatte er doch schonmal gesehen,...von weitem selbstverständlich. Sicherheitshalber erstarrte er zur Salzsäule und rasselte seine Meldung herunter.
    Praefectus!...Tiro Germanicus Varro Vierte Centuria der neunten Cohors. Centurio Tiberius...Haupttorwache, bisher keine besonderen Vorkommnisse Praefectus!
    Er sah im Augenwinkel einen Kameraden verschwinden um den Wachoffizier zu holen.
    Der Praefect sah aus als sei er mit den Hunden des Hades um die Wette geritten. 10 zu 1, daß es Ärger geben würde.

    Varro ließ sich bereitwillig auf die Beine stellen. Gleichzeitig reifte in ihm der Entschluss sich diesem Mann niemals wieder in welcher Form auch immer entgegenzustellen. Es war ihm durchaus klar, daß Ocellus ihn quasi mit Samthandschuhen angefasst hatte.
    Langsam begann er den Nacken ein wenig kreisen zu lassen.
    Schon gut du Klops,...komm lass uns an den Fluss gehen,...mit Schwimmen ist das so eine Sache...
    Es war ihm klar, daß die Schwimmübungen militärisch ausgerichtet waren,...also Flussquerung mit Gepäck oder dergleichen. Keine gemütliche Planschpartie, eher knallhartes Durch oder Weg.
    Nach einer Weile gelangten sie und noch ein paar Tiros an die vorbereitete Flussstelle.
    Varro warf einen Blick auf das Seil welches über den Fluss führte. An dieser Stelle herrschte eine mittlere Strömung, nichts wirklich aufregendes also. Ein paar in den Fluss geworfene Grashalme bestätigten die Einschätzung.
    Na kommt Jungs,...machen wir es uns ein wenig gemütlich bevor es weitergeht.Er legte sich an einer ihm genehmen Stelle nieder und nahm Valentinas Brief hervor. Es freute ihn, daß dieser den Weg zu ihm gefunden hatte.

    Ein wenig schlaftrunken nahm Varro den Brief an und wünschte Ocellus zum Teufel. Dann rollte er das Schreiben auseinander und begann zu lesen...


    Mein liebster Varro,


    wie geht es dir? Hast schon lange nichts mehr von dir hören lassen, so will ich das heute mal wieder in Angriff nehmen. Nicht, dass du am Ende deine Lieblingsfreundin noch vergisst. Hoffe bei dir noch alles heile und du bist gesund. Bei mir ist ebenfalls alles in Ordnung. Meine beiden Nichten und ich machen hier unsere Casa unsicher und mein lieber Großcousin muss einiges mitmachen. Auch wenn die Verantwortung schwer auf meinen Schultern lastet für sie alle verantwortlich zu sein. Doch wie ich dir bereits geschrieben habe, habe ich mittlerweile die Hoffnung aufgegeben meine Brüder wiederzusehen. Das heißt aber nicht, dass ich mich deswegen der Aufgabe nicht stelle. Auch wenn ich nur eine Frau bin und mir alsbald einen Mann suchen muss, so weiß ich sehr wohl was von mir verlangt wird.


    Einen Mann habe ich auch bereits wieder kennen gelernt. Bete mit mir zu den Göttern, dass es dieses Mal nicht wieder in einer großen Enttäuschung endet. Ich weiß nicht, ob ich es noch einmal überstehen würde zurück gelassen zu werden. Schließlich werde ich auch nicht jünger und das Vermögen meiner Familie nicht größer. Doch will ich jetzt noch nicht die Wolken von morgen vor die Sonne von heute ziehen und so blicke ich seiner Einladung wohlwollend entgegen. Er hat mich auf sein Landgut in den Albaner Bergen eingeladen. Er ist übrigens Tiberius Helvetius Varus. Hast du schon mal von ihm gehört? Er sieht verboten gut aus und er ist sehr zuvorkommend und höflich. Mittlerweile habe ich mich wieder bis über beide Ohren in ihn verliebt, wage es aber noch nicht ihm das offen zu legen. Ich zögere noch, weil ich nicht noch einmal verletzt werden möchte. Doch er weiß mittlerweile, dass bei meiner Familie finanziell nichts zu holen ist und er ist immer noch an meiner Seite. Zuletzt waren wir das beim Leichenzug des Kaisers. Hast du dem auch beigewohnt? Man darf es ja nicht sagen, aber ich fand es sehr beeindruckend, was man da zu sehen bekommen hatte.


    Nun aber zu dir, was machst du alles? Was hält dich so lange davon ab mir zu schreiben. Bitte melde dich bei mir. Ich möchte wissen wie es dir geht und vielleicht kannst du ja hin und wieder mal wieder bei mir vorbei sehen. Du weißt hoffentlich, dass du immer ein gern gesehener Gast in meinem Haus bist.


    Mögen die Götter weiterhin über dich wachen!
    Deine Valentina


    Valentina,...seine alte Jugendfreundin. Na das war ja nett.

    Das Tohuwabohu des Weckens schien an dem Octavier vorbeizugehen, da er sich offenbar nicht in seinem Schlaf stören ließ.
    Primus stieß mit dem Fuß gegen das Lager und sagte grinsend
    Guten Morgen Prinzessin! Das Rekrutierungsbüro befindet sich in der Principia, du gehst einfach links rum bis zu auf die via Praetoria kommst, dann gehst du in Richtung Porta Praetoria und vor dem großen Gebäude auf der linken Seite, da wo das meiste Gewimmel ist, da befindet sich das Rekrutierungsbüro,...am besten fragst du einfach dort nach dem Weg.
    Es war ihm relativ egal ob der Bursche kapiert hatte, er musste los und war weg. Und mit ihm die gesamte Belegschaft der Barracke.

    Während Primus kopfschüttelnd in seinem Teller die letzten Reste Pulmentum mit einem doch eher hartem Stück Brot auskratzte fragte er sich ob der Kerl lebensmüde war. Auch die anderen beiden Kameraden sahen von ihrer Beschäftigung des Waffenputzens auf und starrten den Octaiver wenig amüsiert an.
    Quintus jedoch erhob sich langsam, gefährlich langsam und dachte sich schon aus wie er dem Großmaul dasselbe stopfen würde als dieser die Wogen wieder zu glätten suchte. Er ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder und griff mit zornbebenden Fingern nach einem Stück Brot, während Primus kauend entgegnete,
    Hör zu sterteia, am besten wirbelst du weniger Staub auf,...sonst tritt dir der gute Quintus hier mal gewaltig unter die hoch familiären Nüsse...Er nahm sich ein Tuch und wischte sich, als habe er einen Braten verzehrt, dann schloß er,...wenn du Glück hast nehmen dich gleich Varro und Ocellus mit in die Lagertherme...und jetzt halt die Klappe und nerv nicht rum!
    Jaaa,...knurrte Quintus...bevor noch jemand seine Geduld mit dir verliert!

    Ein Reisebericht ist genau das was ein Tiro, eingesperrt in eines Castell hören möchte. Ohne wirkliche Regung entgegnete er,
    Naja, falls sie dich nehmen wirst du dich zunächst einmal auf dieses schmucke Castell beschränken müssen.
    Ein leichtes Nicken und ein hämisches Grunzen der anderen Wachen unterstrich seine Worte. Er trat ein Stück vor und meinte,
    Na schön, Aemilius Felix,....führst du Waffen mit dir, egal welcher Art und egal wie klein sie auch sein Mögen,...alles abgeben!

    Quintus und Primus, zwei Fischersöhne aus Rhegium, schlichten Gemüts und äußerst wortkarg starrten auf ihr Abendessen als Ocellus mit einem Mann eintraf. Quintus horchte kurz auf als Ocellus seinen Namen aussprach während Primus erst den Neuen anstarrte und dann weiter nach Fleischfragmenten in seinem Pulmentum spähte.
    Erst als der Neuankömmling frech wurde sah er den Kerl nochmal an.
    ...ganz schön große Klappe Octavius...so kommst du hier besonders weit!
    Ah, da war ja ein Fransen Fleisch. Mit Vorsicht umgab er es mit einem Teil Spelt und schob ihn sich, einen Festtagsbissen vorstellend in den Mund.
    Octavius hatte er schon wieder vergessen.
    Quintus nicht,
    er stand auf und stellte sich breitbeinig vor den Octavier und starrte ihn wortlos weiter an. Er war halt ein Rüpel. Und auf dessen Frage hin antwortete er,...wie ein Römer sagst du?...Er prustete ein wenig und sah sich Beifallheischend um.
    ...dazu bedarf es mehr als ein Bad bei dir... und zog den Rest ein wenig Occctaaaviussss
    Dann setzte er sich wieder und meinte beiläufig.
    Die Lagertherme,...vielleicht geht nachher jemand von der Wachablösung hin,...wir jedenfalls nicht!
    Dann begann auch er stumpf in seiner Schale nach Wertvollem zu stochern.

    Dieser verdammte Muskelberg bot ihm keine Lücke. Trotz der Kälte des Winters begann Varro ein wenig zu schwitzen und just in dem Moment in welchem er sich fragte ob er lieber einen seitlichen- oder frontalen Angriff wagen sollte bewegte sich Ocellus mit der Grazie einer Raubkatze und der Wucht eines Bären. Das nächste was Varro mitbekam war eine traumwandlerische Veränderung der sichtlichen Wahrnehmung und ein Aufschlagen auf den Boden. Und während er, irrietiert von Lichtblitzen vor seinen Augen versuchte sich aufzurappeln verlor er wieder den Boden unter den Füßen und röchelte in einem mörderischem Schwitzkasten.
    Offensichtlich war der Druck geeignet seine Augäpfel konvex gehen zu lassen. Da er ohnehin keinerlei Abwehrmöglichkeiten mehr hatte, er mit der Gesamtsituation unzufrieden und überdem auch noch einen schmerzhaften Atemverlust erlitt, krächzte er, XXrraauuffff!
    Was den Griff lockerte und ihn mit erstaunlicher Sanftheit wieder auf die Beine stellte.
    Varro beugte sich vornüber und stützte die Hände auf den Knien, während er kopfschüttelnd versuchte einen schmerzfreien Atemrythmus zu finden.

    Na Klasse, ...ein Auge auf ihn haben. Und der Wachhabende würde einen ...aber Hallo,...der Tribunus muss einen guten Tag haben. Varro nahm Haltung an.
    Jawohl Tribunus,...wir werden entsprehend vorgehen!
    Er nickte dem Octavier zu und winkte Ocellus heran.
    Ocellus bring´ihn in die Unterkunft der IV. Centurie IX. Cohors ,...dort sind noch Betten frei und wir haben ihn im Auge. Das Pferd bleibt hier, wir bringen es in die Equile...
    Was den Centurio anging, so würde er es dem Optio überlassen ihm die frohe Botschaft zu überbringen. Was dachte er sich nur dabei seinen Posten nicht im Blick zu behalten?
    Varro salutierte vor dem Tribun und ließ den Octavier passieren.
    Was für ein Aufstand so kurz vor Wachende...