Beiträge von Servius Matinius Ocella

    Bei Sabo´s Einschätzung der Secunda lief es Ocella eiskalt den Rücken herunter. Er sah sich bestätigt, daß Sabo die Secunda in eine Gefolgschaft nach seinem Gusto umgeformt hatte. Was da störte war Fango. Der Kleine mit dem unerschütterlichen Willen. Der war so idealistisch und loyal gegenüber jedem die über ihm stand. Was sah Sabo in Fango? Ein williges Werkzeug? ...oder nur seine persönliche Belustigung? Ein wenig beunruhigt bestätigte er Fango´s Backkünste. Hmm,...versau ihn nicht...und sah Sabo dabei ernst an.

    Als Sabo kurz darauf seine Rüstung reinigte hatte er es aufgegeben dagegen zu intervenieren. Es hatte keinen Zweck und er war auch wirklich im Eimer. Die Anspannung der letzten Zeit verflog langsam und Müdigkeit zog in seine Knochen. Auf Sabo´s Feststellung entgegnete er, ...jaja, ich weiß, ich werde sie alle ersetzen,...war ein paar Mal im Wasser mit dem Ding.

    Er betrachtete den Panzer auf dem Gestell und folgte dann mit seinem Blick Sabo´s Abgang. Ihre Blicke trafen sich, doch Sabo´s bohrender Blick gelangte nicht mehr in Ocellas Seele, wie er es früher vermochte. Müde nickend entgegnete er nur,...ja...bis ,...bis heute Abend...und hey Sabo?! Er zeigte mit dem Daumen auf die Rüstung. ...danke Mann!

    Ocella hielt inne und starrte seinen düsteren Bruder leer an. Decurio? Was zum Hades ist in den Praefecten gefahren als er diese Idee ausgeschissen hat? Kopfschüttelnd entgegnete er, Nein danke, ich habe ein System, ich krame mir meine Klamotten lieber selber.

    Während er nach seinem Helm griff Decurio, hm?...gratuliere,...die Secunda?...gute Männer, versau sie nicht!

    Ein schiefes Grinsen folgte. Sicher würde die Secunda unter Sabos Fuchtel das eine oder andere Verbrechen begehen, ...kleinere Delikte, nichts auffälliges. Ocella beschloß es Varro zu stecken, der würde sicher wenig amüsiert sein.

    Apropos Therme,...ich werde mich nur waschen,...kommst du auch ins Pulchra,...nach Dienst?

    Ocella hatte sich bereits wieder gefangen. Er wischte sich die Augen und schniefte kurz. Ernst sah er seinen Bruder an. Eila war eine Freundin,...ja fast schon eine große Schwester,...sie hatte nur Augen für Varro,...aber Varro sah nichts weiter in ihr als ein bekanntes Gesicht.

    Eine Welle der Trauer wallte in Gedanken an die gemeinsame Zeit wieder in ihm auf, doch er verdrängte sie.

    Wir haben sie damals vor einer Horde Barbaren gerettet,...sie wollte hier in Mogo ihre Barschaft für die Weiterreise ein wenig erhöhen,...sie war immer so,...er schluckte und starrte aus dem Fenster. ...so wie Mutter,...sie erinnerte mich immer an Mutter.

    Bis zu ihrem Tod war Ocella, das Nesthäkchen, der Liebling der Mutter. Er war so anders als seine Brüder, so anders als Sabo. Er war ein Sonnenschein, erfreute jeden mit seiner Anwesenheit, dann kam die Pubertät. Seine fatale Schwäche für den Rabauken Sabo, er sah zu ihm auf, suchte in seiner ruchlosen amoralischen Art seinen Platz. Bis er seine Makel erkannte, keinen Platz fand in der Schablone die Sabo ihm vorlebte. Sie waren wie Feuer und Wasser, als er das erkannte lies er los und wandte sich ab,...zu spät für seine Mutter. Sie war zwischenzeitlich verstorben, mit gebrochenem Herzen hieß es. In seiner Trauer und seinem Frust traf er Varro. Er war für ihn war er das was er brauchte, das was er immer gesucht hatte, etwas was Sabo niemals ausfüllen konnte. Vorwürfe machte er ihm deswegen nicht, besonders nicht jetzt,...wo er offenbar endlich Fuss gefasst hatte.

    Ocella kramte in aller Ruhe seine Waffen und schälte sich danach umständlich aus seiner Lorica hamata. Sein Bruder stand weiter im Halbdunkel. Plötzlich stellte er ihm eine Frage,...eine Frage die ihn ins Mark traf.

    Er wandte sich um und sah seinen Bruder leeren Blickes an.

    Varro hatte ihm von Eila´s Tod berichtet und was danach geschehen war. Langsam näherte er sich seinem Bruder und blieb kurz vor ihm stehen. Sabo war etwas kleiner aber breiter. Ocella durch die Entbehrungen der letzten Wochen und Monate hatte kaum noch Fettreserven, wirkte in seiner Tunika hager und drahtig. Seine Wangenmuskeln mahlten kurz.

    Dann besann er sich eines Besseren und wandte sich ab.

    Eine Familie?...hier in Germania? er stieß einen höhnischen Grunzlaut aus.

    Die Ala ist meine Familie,...du bist meine Familie,...ich würde hier niemals eine Familie gründen Sabo, denn hier verliert man alles was man liebt,...traurig sah er seinen Bruder an. ...früher oder später.

    Ein Gefühl der Trauer überwältigte ihn. Trauer über den Verlust seiner Kameraden für die er verantwortlich gewesen war, über den Verlust von Eila, die er als Freundin betrachtete. Er senkte seinen Kopf und ein Zucken schüttelte seine Schultern.

    Doch er fing sich schnell wieder,...er befürchtete Sabo würde die Situation für sich nutzen und irgend etwas machen.

    Mit tränennassen Augen sah er seinen Bruder an. Eila ist tot, Sabo,...erschlagen von irgendwelchen Barbaren,...sie ist tot...

    Er hob die Hand und nickte, ...wie kommst du darauf, daß ich mit ihr eine Familie gründen würde?

    Die Stimme...Ocella ließ die Waffen sinken, ebenso den Kopf und atmete tief ein und aus. Dann schob er die Waffen zurück in die Scheiden und begann seine Ausrüstung aufzuklauben. Sabo,...worauf wartest du denn in meinem Raum?

    Eine blöde Frage, aber ihm fiel im Moment nichts intelligenteres ein. Er wußte um die brüderliche Liebe seine älteren Bruders, er wußte um dessen selbstauferlegten Auftrag sich Sorgen um ihn zu machen, und das obwohl er ihn nie darum gebeten hatte. Sie hatten ihre Zeit und die hatte Sabo gänzlich verbockt. Niemals wieder würde er sein kleiner Bruder sein, niemals wieder von ihm abhängig sein wollen. Doch Sabo tauchte immer wieder in seinem Leben auf, sorgte für Unruhe.

    Ocella wußte, daß er es im Grunde seines schwarzen Herzens gut mit ihm meinte, doch es war klar, daß dies nicht uneigennützig war.

    Ocella hatte nach dem Seinen auch Varros Pferd versorgt und schleppte seine verschlissene Ausrüstung zu seiner Unterkunft. Umständlich öffnete er sie, weil er nichts von seinem Gepäck ablegen wollte, mit der Hüfte. Die Türe öffnete sich und trotz aller Mühen entglitt ihm der Bogen, samt Köcher und die kurzen Wurfspeere. Sie schepperten zu Boden und im Versuch die Türe und die fallenden Waffen irgendwie zu halten fiel ihm auch noch der Rest aus den Händen.

    Müde starrte Ocella auf den Haufen am Boden und murmelte Verwünschungen vor sich hin.

    Er stieg über den Haufen am Boden um seinen Helm und das Schwert auf das Bett zu legen als er im Halbdunkel eine Gestalt wahrnahm.

    Eiskalt zog sich sein Nacken zusammen und seine Hand zeitgleich die Spatha...Was machst du in meinem Raum? fragte er, die Spitze der Spatha in Richtung der Gestalt gerichtet zog er zusätzlich den Puggio,...verdammt! War ihm einer gefolgt? Ocella blinzelte um etwas zu erkennen Waffenstarrend auf die Gestalt.

    Nach ihrem Eintreffen verlief alles weitere wie von selbst. Die Männer versorgten ihre Pferde, während die Calones sich um die Fütterung und Wasser kümmerten. Nach einer Weile fanden sie auch die Zeit sich zurück zu ziehen und ihre geschundenen Leiber zu reinigen, Wunden zu versorgen, Nähte an Narben zu lösen.

    Das meiste ging wortlos von statten. Ocella ging von Mann zu Mann, klopfte ihnen auf die Schultern, hielt mit fest, wenn eine Wunde mehr Aufwand erforderte. Sie mieden das Valetudinarium, dort sollte das Fieber herrschen.

    Bald schon brannten in den Öfen knisternde Feuer und die Kessel erhitzten den Puls.

    Ocella ging noch einmal in den Stall, man hatte Varros Pferd gebracht. Calones kümmerten sich um Achilles. Ocella schickte sie zu den anderen Tieren und kümmerte sich um das stolze Tier, eben so als wäre es sein eigenes.

    Er nahm eine Handvoll Stroh und begann es zu reinigen.

    Varro,...den Göttern sei Dank. Ocella entspannte sich wieder. Seine Hand glitt wieder vom Griff seiner Spatha. Er lauschte Varro´s Worten und starrte weiter auf das Wasser des Flusses. Es zog ihn fort aus seinem Dasein aus Blut und Leid.

    Als er jedoch Varro´s Hand auf seiner Schulter spürte erhob er sich und nickte leicht.

    Ja,...lass´uns ihnen Ehre erweisen! Sie verließen den Fluß und stiegen die Böschung herauf. Die Kameraden hatten eine Grube ausgehoben in welcher die beiden Gefallen nebeneinander ruhten.

    In voller Rüstung und Waffen, mit Münzen auf den Augen.

    Varro bezweifelte daß es im germanischen Glauben einen Fährmann gab, aber sollten sie nur machen.

    Vier Männer trugen Fackeln und standen an den Ecken der Grube. Die ganze Szenerie wirkte ein wenig unheimlich, zumal die Fackeln für Irrlicht sorgten, welches den Eindruck erweckte die Toten würden sich bewegen.

    Ocella schluckte, schließlich waren es seine Männer die dort lagen, aber ein kurzer Blick auf die angetretenen Männer zeigte ihm, daß auch Varro Verluste hatte.

    ER war des kämpfens müde, die ewigen Strapazen, das Leid, die Verluste.

    Tief versunken in diesen Gedanken bekam er nichts von Varros Trauerrede mit, doch sie war wohl gut, wenn man dem anerkennenden Grunzen der Männer

    Ocella saß am Ufer des Rhenus und starrte auf die lackschwarzen Kräusel im Wasser. Er war dem Tod entronnen, was man von zwei seiner Kameraden nicht sagen konnte. Nachdem die Operation Boot recht gut gelungen war, die vorhandenen Wachen waren tatsächlich keine allzugroße Herausforderung. Wie erwartet hatte man die jüngeren, ungeübten Kämpfer zurück gelassen.

    Doch bevor sich so etwas wie Siegesstimmung breitmachen konnte tauchten einige Germanen aus dem Dunkel der angrenzenden Uferbewaldung auf und schlugen Lars und Herman in Stücke. Den Göttern sei Dank stand Ocella weit genug weg um sich in Position zu bringen. Dankwart und Loris, die beiden Bogenschützen mähten von ihren verdeckten Positionen aus mit präszisen Schüssen die Kämpfer nieder, die Ocella am nächsten waren. Diese Krieger waren wie irre, nutzten keinerlei Taktik oder Finte, sondern stürmten brüllend und mit ihren Waffen schwenkend auf Ocella zu. Sie bemerkten auch nicht, daß sich ihre Zahl durch die Bogenschützen beträchtlich verringerte. Eine Keule krachte auf Ocellas Parma und verbeulte schmerzhaft den Schildbuckel, der ihm bei der Verformung schmerzhaft die Hand quetschte. Er lenkte den wuchtig geführten Schlag ab und rammte dem Krieger die Spatha in die Körpermitte. Der Kerl schrie weiter, ob nun aus Rage oder Schmerz war schwer zu sagen. Ocella zog die Spatha so aus dem Körper, daß er dabei die Bauchdecke öffnete und der Kerl über sein eigenes Gedärm stolperte. Übler Geruch stieg ihm entgegen als er aus dem Augenwinkel eine Lanze auf sich zukommen sah. Wuchtig geführt glitt Ocella zur Seite und ließ die Klinge seiner Spatha den Schaft entlang gleiten. Wieder Geschrei als beide Daumen abgetrennt wurden, aber nur kurz, denn der Schrei endete in einem Röcheln, wohl wegen dem Pfeil der rücklings in seinen Hals gefahren war. Die Lanze fiel zu Boden wo Ocella sie sich ertastete. Wuchtig schwang er sie hin und her, verschaffte sich Raum und dem Schützen Ziele. Doch da ertönte das Trommeln von Hufen und die Angriffsschreie der Pferdewachen. Zuviel Ablenkung und genau die Zeit die Ocella brauchte um die erbeutete Lanze zu platzieren.

    Danach war es vorbei, wer auch noch leben mochte zog sich in das Dunkel der Böschung zurück.

    Ocella atmete tief ein und aus und als die beiden Pferdewächter neben ihm abstiegen und auch die beiden Schützen eintrafen ließ Oclla die Parma los. Sine Hand schmerzte höllisch, er konnte sie aber noch bewegen.

    Kurze Zeit später erleuchteten Fackeln die Schlachtfeld.

    9 tote Barbaren gegen 2 gefallene Equites waren der Preis der Schlacht. Ocella überließ es seinen Kameraden die Toten zu filzen. Er zog sich an den Fluß zurück und setzte sich auf einen Stein.

    Ocellas Trupp näherte sich der Stelle an denen die Boote vertäut lagen. Sie ließen zwei Mann mit Instruktionen bei den Pferden zurück und näherten sich vorsichtig der Stelle. Rein Äußerlich waren sie nicht als Römer zu erkennen. Felle und Decken verbargen ihre Kettenhemden und Waffen. Sollten sie entdeckt werden würde man sie höchstwahrscheinlich für zurückkehrende Plünderer halten…und das war Ocellas Plan. Sie sollten in Sicherheit gewogen werden um sie dann nieder zu machen.


    Ocella fand das gar nicht so abwegig, sie hatten inzwischen Bärte, ihr Haar war länger und ihr Geruch war eine Melange aus Pferdeschweiß, Rauch und Blut.


    Wie vereinbart setzten sich zwei der Männer seitlich ab um mit ihren Bögen Stellung zu beziehen…


    Ocellas Blick suchte die Wachen,…10 sollten es laut Speculatores gewesen sein. Er zählte nur 8.


    Da!


    Sie wurden entdeckt. Nun hieß es perfekt zu inszenieren! Ocella warft einen Blick auf die beiden Schützen die sich inzwischen in einer über Kreutz liegenden Position befanden und im Dickicht der Uferbewaldung verschwunden waren.


    Die beiden Pferdewachen hatten die Order bei einem Gefecht rechts und links mit den Pferden auf die Gruppe zuzureiten, mit viel Geschrei…Ocella konnte dann die Verwirrung nutzen und Fakten schaffen. Flüchtende sollten den Schützen vorbehalten sein.


    Eigentlich ein guter Plan.

    Nachdem sich die Aufregung gelegt hatte waren allesamt peinlich berührt, als dann auch noch Varro mit einem schlaffen Barbaren auftauchte traf es Ocella ins Mark. Seinen ersten Impuls der kleinen Scheißkerl den Kopf abzuschneiden musste er höchst anstrengend unterdrücken.

    Ebenso seine persönlichen Ehrgefühle als Varro ihnen mehr oder weniger die Leviten las.

    Innerlich grummelnd betrachtete er wie der Bengel der Zugriffhöhe von allerlei Omnivoren entzogen wurde und wandte sich dann brüsk um.

    Die Männer gingen ihm aus dem Weg. Sichtlich betroffen von seiner Inkompetenz.

    Und zum ersten Mal entwickelte er so etwas wie Groll gegen Varro.

    Dem Mann dem er bis vor einigen Minuten jederzeit sein Leben geopfert hätte.

    Warum missachtete er ihn so? Was sollte diese permanente Moserei über Spuren und Lärm? Es war helllichter Tag! Es gab Spuren und Fährten und verdammte Geräusche in diesem Mistwald. Überall lauerten gefräßige Untiere und mordlüsterne Barbaren. Verdammt sie waren Equites! Sie waren Kundschafter. Grummelnd folgte er seinen Vorläufern durch den schmalen Pfad. Varro war wieder sonstwo, wie lange und vor allem wohin mussten sie gehen? Warum wußte Wulfgar wohin sie gehen mussten? Warum wußte jeder das außer offensichtlich ihm?

    In diesem Moment ging ihm auf, daß er im Grunde nur ein willfähriger Schatten Varros war. Man duldete ihn und seine Inkompetenz nur weil Varro seine Hand über ihn hielt. Weder sein Rang, noch seine Taten stellten ihn vor die Anderen. Genoss er überhaupt deren Respekt?

    Ein Ast schnellte ihn entgegen, verfehlte nur knapp sein Gesicht. Er wollte gerade aufbegehren als er sah, daß der Abstand zum Vordermann zu groß geworden war. Wäre er richtig hätte er den Ast früher übernehmen können.

    Er ging weiter und ließ den Ast langsam los, sodaß Olaf hinter ihm den Schlag abfangen konnte,...so sollte es sein.

    Ocella rief sich zur Ordnung. Es wurde Zeit sich von Varro zu emanzipieren, Ocella zu sein, ein großer Krieger und Führer zu dem seine Männer aufsahen,...einer wie...

    Ocella erwachte unsanft. Er hatte das Gefühl ihn hätte ein Muli getreten. Unwirsch fuhr er auf und wickelte sich aus der Decke. Schlagartig war er wach. Hatte er die Wache verpennt? Er sah sich um. Schlafende Männer zusammengerollt, teilweise leise schnarchend.

    Der Himmel Sternenklar und Nachdunkel. Wer oder was hatte ihn denn da getreten? Es war niemand zu sehen. Ein wenig unsicher legte er Spatha und Puggio an, warf den Umhang aus grober Wolle über und sah sich weiter um. Olaf hatte Wache, er sah ihn und winkte ihm zu.

    Irgendetwas trieb ihn um. Er machte sich auf und ging den Weg zum höher gelegenen Wachposten.

    Er atmete die klare Luft, wunderte sich ein wenig über der Atemdunst. Es war frisch.

    Als er sich dem Posten näherte sagte er seinen Namen. So wie er aussah würde er für den Posten eine Bedrohung sein. Kurz darauf kam die Antwort. Thoralf….


    Und,…alles ruhig ? fragte er den Kameraden. Dieser nickte und wies dann mit dem Kinn nach Westen.

    Varro ist auf Erkundung,…

    Ocella durchfuhr es wie ein Blitz…was?...seit wann?

    Och, so ne Stunde. Entgegnete Thoralf seelenruhig und kaute ein einem Stück Trockenfleisch.Für ihn waren diese Aktionen Varros nicht Ungewohntes.

    Ocella regte sich innerlich auf. Verdammt, immer diese Extratouren. Varro war inzwischen Subpraefect, für so etwas gab es andere Männer. Kopfschüttelnd sah er in die Richtung die Thoralf ihm gewiesen hatte, als dieser plötzlich aufhörte zu kauen und angestrengt in die Dunkelheit starrte.

    Hast du das gehört? Fragte er Ocella. Doch der hatte nichts gehört weil ihm das Blut im Kopf rauschte. Irritiert sah er in die Richtung wohin Thoralf starrte.

    Da,…sagte der etwas gepresst. Da!...schon wieder!

    Ocella zog die Spatha, auch er hatte etwas gehört. Es klang als würde etwas über den Boden schleifen. Auch Thoralf hatte die Klinge gezogen.

    Alarm geben? Fragte er relativ ruhig.

    Ocella schüttelte den Kopf. Nein, geh und weck´die Männer. Kommt dann hier hoch!Es war besser eine erhöhte Position zu verteidigen als sich einkesseln zu lassen.

    Wieder ein Schleifen, doch weiter weg.

    Thoralf steckte die Klinge ein und eilte zum Lager. Ocella starrte in die Dunkelheit. Was war das? Irgendein Tier? Es mussten ja nicht immer Barbaren sein.

    Thorfalf kam kurze Zeit darauf mit den Männern. Ocella gab Zeichen sich zu verteilen und wachsam zu sein. Sie alle starrten in die Dunkelheit, bereit ihr Leben teuer zu verkaufen.

    Ocella war peinlich berührt. Er wähnte sich aufgrund ihrer Aufmachung dermaßen in Sicherheit, daß er völlig verdrängte, daß sich die Barbaren auch gegenseitig ans Leder gingen. Ein so großer Verband wie der ihre dürfte so manchen Dorfältesten schon durchaus als Bedrohung angesehen werden.

    Das verfluchte Grün um sie herum macht es nicht gerade einfacher sich zu orientieren oder gar einen Hinterhalt zu erkennen.

    Varro hatte wieder einmal den Durchblick. Er hatte sich nicht einlullen lassen von irgendwelchen Freuden die im Lager und der Civitas auf sie warteten. Er war wieder einmal zu 100% bei der Sache. Ocella ärgerte sich über seinen Leichtsinn. Varro hatte sicher Recht, das er ihn nicht zum Decurio befördert hatte, wie er es sich insgeheim erhofft hatte.

    Er stand im Schatten Varro´s, er würde niemals aus diesem Schatten heraustreten können. War es das was Sabo ihm nahegelegt hatte?

    Doch was dann? Wieder unter Sabo´s Fittiche? Er sah nach vorn. Eiskalt lief es ihm den Rücken herunter, doch er beherrschte sich, trat zur Seite und ließ die Männer passieren. Wo war Varro? Verdammt! Ocella nickte den Männern zu, verbreitete Zuversicht und Sicherheit,...zählte die Männer durch...da sah er am Ende Varro...ein Stein fiel ihm vom Herzen.

    Nein,...er wollte gar nicht aus Varro´s Schatten.

    Ocella trat auf Varro zu und wartete bis Olaf berichtete was ohnehin jeder wußte. Jedoch war irgendetwas in Varros Miene was ihn stutzen ließ. So guckte er immer aus der Wäsche wenn ihm irgendetwas nicht passte. Ocella hob Schultern und Hände und sah sich mit ernster Miene um.

    Was ist los? Fragte er schließlich Schulterzuckend. Er war sich keiner Schuld bewußt, sie waren auf dem Weg, die Sonne stand an der richtigen Stelle,...was zum ...es war zum Mäusemelken. Was sah Varro was er nicht sah? Naja, schlimm konnte es ja nicht sein, ...sie lebten alle noch, schnell zählte Ocella noch einmal die Männer durch und atmete auf. Alle da!

    Knapp 120 Meilen waren sie in dieses düstere Land eingesickert, 2 Monate waren sie hier und haben Informationen gesammelt und Gelände erkundet. Die gezeichnete Karte markierte nahezu jeden markanten Punkt, jedes Dorf, jeden Weiler. Sie hatten gefährliche Gelände geeignet für Hinterhalte und die besten Positionen für Marschlager festgelegt.


    Varro schätzte, daß sie zwei, maximal drei Tage, also etwa 40 bis 50 Meilen ohne größere Gegenwehr vorstoßen könnten. Das würde bedeuten, daß die grenznahen Ortschaften als erste dem Zorn des Caesar ausgesetzt waren. Blöderweise handelte es sich bei diesen Siedlungen um Romfreundliche Barbaren. Solchen die fast täglich den Limes mit Waren und Lebensmitteln passierten, solchen die sich mit den Gegebenheiten arrangiert hatten, solchen, denen es Dank des Handels besser ging als ihren hinterwäldlerischen Nachbarn.


    Sie würden also bestenfalls irritiert reagieren wenn sie massakriert würden, geradeso als käme der Nachbar vorbei und meuchelte die Familie für die Taten Anderer. Man wurde zu einem Exempel.

    Je länger Ocella darüber nachdachte, umso mehr stieß ihn der Gedanke ab. Diese Menschen waren unschuldig. Niemand hatte ein Interesse daran sich mit Rom anzulegen. Sie hatten Dank Rom einen gewissen Wohlstand erreicht den sie gewiss nicht auf´s Spiel setzen würden.


    Vor ihm marschierten Olaf und Thorbrand. Sie schlugen zuweilen Äste aus dem Weg. Die Natur explodierte in diesen Tagen förmlich. Ihr markierter Weg war kaum wieder zu erkennen. Das verlangsamte den Marsch, aber es war egal. Ocella freute sich auf einen Tag in der Lagertherme…und auf ein Wiedersehen mit Eila. So in Gedanken rannte er fast Thorbrand um, der ihn alarmiert ansah und den Zeigefinger vor den Mund hielt. Ocella wandte sich blitzartig um um die Kameraden zu warnen und auch sie zur Wachsamkeit aufzufordern.

    Kurz darauf Entspannung. Er hörte Olaf eine Nuntio machen.

    Eine Nuntio? Wem machte Olaf denn eine Nuntio? Wo war Varro,…was zum…Ocella verfluchte sich innerlich. Er war zu sehr in Gedanken, und das in Feindesland!

    Zerknirscht schalt er sich einen Narren, daß er lieber an Eila und schwülstige Thermen dachte als an die Sicherheit der Kameraden.


    Vor ihm tauchten drei Männer auf. Betont unaufgeregt trat er auf Varro zu und sah ihn an.

    Ocella stürzte den Rest des Würzweins die Kehle hinab und machte sich dann auf um das erwachende Lager für den Abmarsch vorzubereiten. Die Stimmung war gut, es ging langsam wieder heimwärts Richtung Mogo. Hin und wieder warf er einen Blick auf Varro der über seine Karte gebeugt ihre Position mit unveränderlichen Punkten markierte.

    Varro hatte sich verändert. Seit seiner Berufung zum Sub wirkte er irgendwie ermattet, müde auf ihn.

    Ocella zuckte die Schultern und meinte für sich, daß es in dessen Alter nun einmal so sei, daß man mehr in sich gekehrt ist. Als Kamerad und vor allem als Offizier gab es an Varro nichts auszusetzen. Als der Ruf des Wachpostens erklang winkte Ocella die beiden zu sich und begab sich mit ihnen zu Varro.

    Dann macht mal eure Nuntio,...danach rücken wir ab!

    Thorbrand und Wigalt sahen sich an und nickten. Subpraefectus Germanicus,...Nuntio... Das Dorf besteht aus 56 Seelen, 15 Männer in wehrfähigem Alter. Sie haben keine Verluste zu beklagen, also haben sie keine Männer in letzter Zeit an Gefolgschaften abgegeben. Der Aufrührer war auch hier, vor etwa 4 Tagen, doch niemand wollte ihm folgen. Der Dorfälteste hält es für sinnvoll sich neutral zu verhalten und sich nur im Ernstfall zu wehren. Wigalt sah Thorbrand an ob er etwas vergessen hätte. Dieser nickte und straffte sich ein wenig. Die Menschen dort erzählen sich von einem der kommen wird um die unzähligen unschuldigen Opfer zu rächen,...einem Fürsten der die Stämme vereinen wird wie einst jener Cherusker Arminius um die Invasoren zurückzutreiben.

    Eine beklemmende Stille trat ein und alles starrte auf Varro. Auch Ocella...

    Ocellas Welt wurde rüde zerstört. Die schwülstige Szenerie in dieser unbestimmten Therme, umgeben von schwitzigen Körpern die sich verlustieren und immer wieder das Geschicht von... Irgendetwas traf ihn in die Seite, hatte ihm sicher ein paar Rippen gebrochen. Ruckartig ausatmend schnellte er hoch und sah eine Gestalt zum Feuer gehen um dort einen Teil seines Würzweins hinein zu schütten. Ocella verzog sein Geschicht, kratzte sich den inzwischen ansehnlichen Bart und rieb sich die Seite.

    Mühsam kam er auf und stampfte zum Feuer. Verdammt, ihm tat wirklich Alles weh.

    Er nickte Marbod zu, der ihm einen Becher heißen Würzwein reichte und stellte sich neben Varro, während hinter ihnen das Lager erwachte. Der Würzwein war gut, brannte ihm die Kälte aus dem Leib.

    Er sah Varro an. Genau wie er sah Varro aus wie einer dieser Strauchdiebe, die sich hier herumtrieben. Sie alle waren relativ verwahrlost, brauchten eine Rasur und einen Haarschnitt.

    Heute geht es also wieder zurück?

    Fragte er und nahm einen weiteren Schluck. Zumindest war das der Plan. Er folgte Varro´s Blick und versuchte im Morgendunst etwas zu erkennen.

    Eila hatte heute Abend frei und traf sich mit Ocella. So war der Plan. Sie fragte sich immer wieder was sie von der sache halten sollte. Schmetterlinge im Bauch hatte sie nicht gerade wenn sie an ihn dachte. Es war eher etwas Störendes, etwas Unausgesprochenes. Ganz ohne Zweifel war der Matinier ein attraktiver Mann, er bemühte sich auch und offensichtlich hegte er Interesse an ihr. Doch sie hatte erfahren, daß ein Legionär 20 Jahre Dienst leisten musste um entlassen zu werden und heiraten zu können.

    Im Falle Ocellas waren das sicher noch 10 Jahre und sie hatte keine Lust sich in irgendwelche Abhängigkeiten zu begeben. Sie war mit 25 fast schon zu alt um mit der Familienplanung zu beginnen. Wollte sie bis zu seiner Entlassung seine Bastarde hüten? Wer sagte denn daß seine Leidenschaft blieb und er sie nach 10 Jahren nicht abservierte?

    Diese und noch mehr Zweifel nagten an ihr als sie den Schankraum betrat und ihr Blick suchend durch die Menge streifte.

    Ocella hockte am Tresen und stierte vor sich hin. Das mochte an seinen trüben Gedanken aber auch an der Menge Met liegen die inzwischen in seinem Bauch gärte.

    Er bemerkte Eila im Getümmel nicht, glaubte sie habe ihn versetzt. Im Grunde wußte er noch nicht einmal warum er sie um ein Treffen gebeten hatte. Sie war nicht der Typ Frau der sich damit begnügte auf einen kleinen Unteroffizier zu warten. Sie war eher der Typ Frau der zu etwas Höherem bestimmt war. Was wußte er schon? Sie war für einen Kaufmann bestimmt, einen Politiker, einen ...ja...einen Subpraefecten,...frustriert griff er zum Humpen, leerte ihn und drosch anschließend ein paar Münzen auf den Tresen. Dann machte er sich mit seiner kombinierten Erkenntnis mühsam auf...sie hätte ihm ohnehin heute eine Abfuhr erteilt.

    Das wollte er sich ersparen. Er hatte auch seinen Stolz!

    So bahnte er sich seinen Weg nach draußen, vorbei an schwitzende, müffelnde Leiber hinaus in die klare Nacht.

    Er atmete tief ein, schlang den Mantel um sich und ging stampfenden Schrittes zurück zum Castellum.

    Ocella traf in der Taberna ein und sah einen Haufen Flussratten. Sie feierten irgendwas, irgendwen. Doch das focht ihn nicht an, er bahnte sich den Weg durch die im Weg stehenden Marinii und kämpfte sich vor bis zum Tresen. Da er nicht in Rüstung, sondern in roter Militärtunica und Mantel dort aufgetaucht war fiel er unter den blauen Heinis gleich auf. Der Bartender hob das Kinn,...wohl die Aufforderung zu sprechen. Er beugte sich über den Tresen um den Lärm aus Lachen, Rufen und aufgeregten Aufforderungen etwas zu entkommen.

    Ist Eila da? fragte er. Sie hatte heute dienstfrei. Doch da sie hier auch wohnte und der Wirt ein striktes Auge auf den Wohnbereich gelegt hatte und Besucher dort verbot, ging es wohl nur so. Sie hat heute Abend frei! kam zur Antwort. Ich weiß! Wir sind verabredet! entgegnete Ocella, wobei der Kerl ihn abschätzend ansah. Was war er? Ihr Kindermädchen?

    Doch er nickte und entgegnete, ...ich lasse sie holen. Was zu trinken?

    Ocella bestellte einen kleinen Humpen Würzwein, schön heiß, denn er war durchgefroren. Kurz darauf kam der Würzwein, heiß, dampfend und ungeheuer wohlschmeckend. Der Wirt hatte die Rezeptur geändert und sich von der Plörre seines Vorgängers verabschiedet.

    Ocella wärmte sich die Hände am Humpen, während der Würzwein seine Innereien auftaute. Er warf einen Blick durch den Schankraum und entdeckte Sabo.

    Oh nein,...das hatte ihm gerade noch gefehlt. Hoffentlich entdeckte er ihn nicht. Sicherheitshalber drehte er sich wieder zum Tresen um.

    Er hatte keine Lust auf irgendwelche Sprüche oder Vorbehalte.