Ocella kam mit dem Aschetrupp zurück zum Campus. Inzwischen hatten sich alle Anwesenden verdrückt und die Asche erkaltete.
Wortlos wies er seine drei Helfer an die noch verbliebenen Knochen zu sammeln und in eine Kiste zu legen. Er begann die Asche zusammen zu fegen.
Ein seltsamer Ort um über den Sinn seines Lebens nachzudenken. Aber wo sonst wenn nicht in den Überresten derer deren Leben geendet und ihre sterbliche Hülle zu dem wurde woraus sie standen, lebten, litten.
Er schaufelte die Asche von den zusammengekehrten Haufen in den Bleibehälter. Dabei dachte er an die toten Kameraden, an all die Toten die bereits von ihm gegangen waren. Verblüfft stellte er fest, daß es viele, sehr viele waren. Immer schon, seit er denken kann ist der Tod sein beständiger Begleiter. Der Behälter war voll, er nahm einen weiteren.
Der Kampf neulich, nichts besonderes, seine Verwundung, auch nichts besonderes, war ja nicht das erste Mal.
Doch irgendetwas war seitdem anders.
Ocella sah von seiner Arbeit auf. Der einzelne Haufen da hinten, das war der neue Subpraefect.
Er kannte ihn nicht, hatte zwar geholfen ihn herzurichten, schönes Patrizierbürschlein. Doch jetzt? Wer konnte schon seine Asche von der eines Germanischen Hilfstruppenreiters unterscheiden. Genauso grau und flockig, genauso tot und vergangen.
Wind kam auf und blies in die Aschehaufen, wehte Teile davon.
Ocella trieb die Equites zur Eile. Nahm die Urne des Statthalters und schaufelte hinein was ein an Asche noch erhaschen konnte.
Bald war die Urne voll und er schloß den Deckel.
Na los,! Rief er seinen Helfern zu. Bringt die Knochen und die Asche ins Sacellum. Dort hatten sie seit jeher ihre Toten gebracht. Es würde eine kleine Zeremonie geben und sie würden eins sein mit ihren Kameraden.
Die Urne mit den Überresten des Subpraefecten würde er Varro bringen. Der hatte die zweifelhafte Ehre sie dann dem LAPP zu überreichen. Vielleicht würde Varro ihn bitten mitzukommen. Natürlich würde er mitkommen. Er würde immer mitkommen. Es war einfach sein Bedürfnis bei Varro zu sein, auch wenn Sabaco das als hündische Ergebenheit herabwürdigte.
Der sollte sich gerade stillhalten. Alles an ihm war verderbt, düster, anrüchig. Kaum zu glauben, daß sie Brüder waren. Ocella war sicher, Sabacos Eifersucht Varro gegenüber war völlig unbegründet. Sabaco war sein großer Bruder, Varro sein Freund. Das erhob ihn nicht über Sabaco, aber das schien dieser nicht zu verstehen. Würde er für Sabaco sterben? Wenn es sein mußte. Würde er für Varro sterben? Zweifellos und ohne zu zögern. Die Bande des Blutes waren dick, die Bande der Freundschaft und Kameradschaft dicker. Sie wurden täglich erweitert und gefestigt. Das war bei Sabaco nicht der Fall. Zuviel an ihm war absurd, seine Eifersucht nervtötend. Varro war sein Vorbild, dagegen konnte Sabaco nicht anstinken. Ocella liebte ihn, wie man einen Bruder nur lieben konnte. Ein letzter Blick auf den Platz. Alles war weggekehrt, nur noch der verbrannte Rasen erinnerte an die Cremation. Ocella strich sanft über die wertvolle Urne. Und das was ihr in uns zurück gelassen habt.
Dann machte er sich auf die Urne zu Varro zu bringen. Die Gedanken an seinen Bruder lösten sich auf.