Phryne stelte mit Genugtuung fest, dass ihr Ablenkmanöver geglückt war. Wenn Flore den Wein gewählt hätte, hätte die Libertina versucht die Konkurrentin betrunken zu machen um ihr dann den Trank einzuflößen. Aber so war es ja noch viel einfacher.
Doch so ganz war das Eis noch nicht gebrochen. Natürlich nicht. Flore war nicht dumm. Eine gewisse Bauernschläue konnte man ihr durchaus zusprechen und wenn sie nicht so erbitterte Konkurrentinnen um die Gunst eines bestimmten Mannes gewesen wären, hätte sich Phryne durchaus eine gute Zusammenarbeit mit Flore vorstellen können. Nun ja, vielleicht war dafür die Gelegenheit, wenn das leidige Kinderthema erst durch war. Phryne schaltete also auf den Honigtopf-Modus und säuselte.
Ich habe nachgedacht, Flore. Als ich hörte, dass Appius ... äh Gurox verhaftet wurde, ist für mich zunächst eine Welt zusammengebrochen. Ich hatte mich darauf gefreut, die Mutter seines Sohnes zu werden und mit ihm gemeinsam ein kleines Imperium der Unterwelt zu regieren. Mit meinen Beziehungen hätten wir hervorragend harmoniert, geschäftlich wie auch... privat. In diesem kleinen Universum war leider kein Platz für dich und dein Kind. Versteh das nicht falsch - es war unpassend.
Die Schauspielerin trank einen großen Schluck ihres Tranks. Korone hatte zwei verschiedene Kräutertränke gebraut. Für Phryne einen leichten Brennnesseltee für Flore die Abtreibungsmischung stark und unverdünnt. Die Dosis, die man sonst über den Tag verteilt trinken sollte in einem Becher. Phrynes Trank schmeckte sanft und leicht nach Honig. Sie zauberte erneut ein Lächeln auf ihre Lippen.
Nun aber ist alles anders. Gurox hat sich als Verbrecher der schlimmsten Art entpuppt und das fatale daran ist, dass er sich dabei auch noch so dumm angestellt hat. Ich dachte, er wäre ein Verbrecher mit Hirn, der im Dunkeln seine Geschäfte macht und nach außen als Saubermann dasteht. Doch sein übermäßiger Trieb ist ihm zum Verhängnis geworden. Und uns damit auch. Wir beide müssen nun Spießrutenlaufen. Wenn bekannt wird dass wir schwanger sind, werden die Leute in der Stadt mit dem Finger auf uns zeigen. "Seht, die Huren des Verbrechers! Sie tragen seine Brut! Verbannt sie aus unseren Augen!"
Wild gestikulierend untermalte Phryne ihre Aussagen und sah dann die Schankmagd an.
Für mich ist das eine Katastrophe, denn gerade versuche ich mich von dem Makel der Freigelassenen in die Schicht der geachteten Bürger Mogontiacums zu erheben. Ich komme von ganz unten, Flore. Dort will ich nicht mehr hin. Und auch für dich wird es nur Nachteile haben. Die Schergen von Gurox, die nicht festgesetzt wurden oder von euch beiden wussten, ahnen auch wessen Kind du bekommst. Und sie werden es dafür hassen. Dazu kommt, dass sie glauben werden, dass du auch zu ihnen ins Bett steigst. Eine, die es mit einem Verbrecher treibt, macht doch für jeden die Beine breit. Haben sie es schon versucht? Es wird nicht mehr lang dauern, dann werden sie dich zwingen ihnen zu Willen zu sein. Am Ende bleibt für dich ohnehin nur die Prostitution. Was willst du jetzt schon arbeiten? Schwanger und später mit einem Kleinkind. Wer nimmt dich da in eine Anstellung?
Phryne richtete sich auf. Sie sah Flore tief in die Augen.
Wir müssen zusammenhalten, Flore. Und gegenseitig helfen. Gemeinsam können wir stark sein.