Beiträge von Phryne


    Kaesos Dienst währte schon einige Tage und der greise Gallus Claudius Atticus war sehr zufrieden mit seinem Schützling. Der angehende Myste verrichtete alle an ihn herangetragenen Aufgaben zu Atticus voller Zufriedenheit. Er schien tatsächlich nicht selten entrückt und in tiefster inniger Zwiespache mit der Großen Mutter. Dazu war Kaeso ein verdamit hübscher Junge und Claudius Atticus wurde nicht müde ihn in seinen bunten Gewändern zu betrachten, Kaesos Eleganz zu bewundern wenn er tanzte und das Tympanon schlug und heimlich seinen schönen Körper zu taxieren, wenn sich Kaeso dem morgendlichen Reinigungsritual unterzog. Wer mochte seinen schönen Körper nur so entstellt haben? Wer hatte den Jungen so zugerichtet? Alt waren die Verletzungen nicht. Atticus hoffte noch ein wenig darüber herauszubbekommen.


    Der greise Gallus ahnte, dass Kaeso bereit dafür war als Myste im Frühlingsfest seine Initiation zu erhalten. Er sollte vom Tympanon essen, aus der Zymbel trinken, den Kernos tragen und in den Keller des Tempels hinabsteigen um das Blutopfer, den Tod und die Wiedergeburt zu erleben. Doch zuvor musste die Große Mutter ihr Einverständnis geben.
    Als Kaeso sich an diesem Abend zur Nachtruhe hinlegte, trat der alte Atticus noch einmal an seine Seite. Er ließ sich neben dem jungen Mann auf der einfachen Matte nieder und begann ein Gespräch.


    Mein lieber Kaeso. Du bist ein gelehriger und hilfsbereiter junger Mann. Die Große Mutter ist dir dankbar für deine Hilfe und ich bin es auch. Wenn ich es richtig sehe bist du bereit dafür vom Tympanon zu essen, aus der Zymbel zu trinken, den Kernos tragen und in den Keller des Tempels hinabsteigen um das Blutopfer, den Tod und die Wiedergeburt zu erleben. Möchtest du in die Mysterien der Großen Mutter eingeweiht werden?


    Er wartete Kasos Antwort ab. Dann fuhr er fort.


    Bevor wir dich in unsere Gemeinschaft aufnehmen können, muss es jedoch ein Zeichen unserer Göttin geben. Hast du in den Nächten hier im Tempel etwas Bedeutsames geträumt oder ist dir im Dienst im Tempel etwas Außergewöhnliches begegnet?

    Frisch eingekleidet erschienen Phryne und Kaeso zum Saturnalienfest im Landhaus der Iunier. Die Schauspielerin hatte sich einen Wagen kommen lassen, um standesgemäß vorfahren zu können. Glaucus saß neben dem Kutscher auf dem Kutschbock. Er würde seine Herrin nicht unbegleitet aufs Land fahren lassen. Im Inneren der Kutsche saßen die Libertina und ihr jugendlicher Geliebter. Er wirkte nervös.


    Phryne steckte die Hand aus und streichelte über seinen Handrücken als sie den Feldweg zum Landhaus der Iunier entlangholperten. Die neuen Perlenohrringe baumelten hin und zurück. Die rot geschminkten Lippen drückten Phrynes Mitleid aus.


    Du siehst ein wenig angespannt aus, Liebster. Ist dir nicht wohl?

    Erfreut klatschte Phryne in die Hände.


    Gelb! Was für eine hervorragende Idee! Die Farbe schmeichelt deinen schönen dunklen Locken. Du wirst sehr gut darin aussehen!


    Die Libertina zog den jungen Mann mit sich. Natürlich würde sie ihr Gewand darauf abstimmen. Der Stand von dem sie gesprochen hatte fiel sogleich durch die Qualität der Stoffe und die Lebendigkeit der Farben auf. Zielsicher fischte Phryne eine goldgelbe Tunika hervor an deren Hals, Ärmelausschnitten und Saum eine Borte mit grünen Akanthusblätter prangte. Sie hielt sie Kaeso hin und musterte ihn prüfend.


    Na? Was meinst du? Gefällt sie dir?


    Der Verkäufer lächelte und man konnte den Glanz von Sesterzen in seinen Augen schimmern sehen. In eben jenem Grün der Akanthusborte legte er Kaeso einen wollenen Mantel um. Die Paenula war großzügig gearbeitet und bot eine Kapuze, wenn das Wetter es nötig machte oder ein Opfer im Tempel anstand. Phryne lächelte dem Verkäufer anerkennend zu.


    Der würde hervorragend dazu passen. Oder möchtest du einen haben, der ebenso leuchtend gelb ist?


    Sie warf dem Verkäufer einen Blick zu. Der Mann lächelte verlegen und gab an, dass man gelb zumeist von Frauen nachgefragt würde. Die Schauspielerin machte eine wegwerfende Handbewegung.


    Wir können noch woanders weitersuchen, wenn du möchtest, Kaeso?

    Ein wenig hatte sie den jungen Soldaten ins Stottern gebracht. Phryne konstatierte es mit Genugtuung.
    Als Octavius Frugi dann endlich zur Tat schreiten sollte und dieses Miststück mit dem Engelsgesicht aus ihrem Blickfeld entfernen ließ, rief sie ihm mit zuckersüßer Stimme nach.


    Flore heißt das Flittchen übrigens! Wenn man daran glaubem mag, dass sie ihren richtigen Namen genannt hat. Wir sehen uns....
    Die Betonung des letzten Satzes mit einem lockenden Unterton sollte Frugi noch eine Weile in den Ohren klingen.

    Galant schmeichelte Kaeso Phryne. Dann legte er ihr den Schmuck an. Der Kuss in den Nacken komplettierte Phrynes Wohlgefühl, das sich immer einstellte, wenn sie teuren Schmuck oder edle Stoffe auf ihrem Körper fühlte.
    Die nachfolgende Frage war allerliebst.


    Du hast schon recht, Kaeso. Normalerweise suche ich den Schmuck zum passenden Gewand aus. Das ist bei Perlen das Schöne. Sie passen zu allem! Perlen sehen immer gut aus. Das musst du dir für die Zukunft merken, falls du mal in die Verlegenheit kommst, einer Frau Schmuck schenken zu wollen. Ich, für meinen Teil, hoffe außerdem noch darauf, dass mein Schmuck wieder auftaucht und ich mich nicht komplett neu eindecken muss. Vorerst passt das so.


    Sie handelte mit dem Gold- und Silberschmied. Dieser kannte Phryne bereits und wusste auch, dass dies wohl nicht das letzte Stück war, das sie bei ihm kaufen würde. Deshalb ließ er sich im Preis runterhandeln. Zufrieden legte Phryne nun auch die Ohrringe an.


    Und nun komm! Dort drüben gibt es immer sehr schöne Tuniken und Gewänder. Wir wollen doch mal sehen, ob wir nicht was Repäsentables für dich und mich finden. Welche Farbe sagt dir zu?

    Wie immer genoss Phryne die Blicke der Männer, wenn sie auch einfache Soldaten waren. Die Anschuldigungen und den kritischen Unterton hingegen konnte sie nicht leiden.


    Was kann ich dafür wenn der Metze schlecht wird? Es wundert mich nichtmal. Wenn man mich beschuldigen würde, die Komplizin eines Verbrechers zu sein und zu wissen wo das Diebesgut ist, würde mir womöglich auch das Essen aus dem Gesicht fliegen. Ob sie Zeuge des Diebstahls war kann ich nicht sagen, denn ich selbst war keine Zeugin sondern wurde nur von dem Verbrecher darüber in Kenntnis gesetzt, dass er sich meinen Schmuck genommen hat. Ich wollte ja eben bei einem unverfänglichen Gespräch abklopfen wieviel sie darüber weiß.


    Phryne ärgerte sich. Dann aber besann sie sich eines Besseren. Sie brauchte die Ordungshüter schließich. Womöglich würde sie etwas über den Verbleib des Schmucks herausfinden. Als Legionäre kannten sie mit Sicherheit wirksame Methoden zu einer verlässlichen Aussage zu kommen. Phrye grinste in sich hinein. Dann klimperte sie Octavius Frugi mit langen Wimpern an.


    Aber so wie ich es sehe, bist du ein erfahrener Ermittler. Ein Stümper ist er, aber er soll mal glauben, dass ich ihm mehr zutraue als bei Nacht seine Nasenspitze zu finden. Bestimmt kennst du Mittel und Wege die Wahrheit herauszufinden. Ich gehe mal davon aus, dass man bei der Legio nicht zimperlich mit Verbrechern umgeht, nicht wahr?


    Dann schob die Libertina ihre Sklavin vor.


    Korone, meine Leibsklavin, und Glaucus, mein Leibwächter, werden euch jede Frage beantworten, die zur Aufklärung der Schandtaten vonnöten ist. Verfüge über sie. Und eine Bitte hätte ich noch...


    Erneut klimperten ihre langen Wimpern.


    Ich hätte gerne einen ausführlichen, persönlichen Bericht über den Fortgang der Ermittlungen.

    Genervt sah Phryne wie wichtig sich dieser Soldat machte. Sie warf sich in Pose.


    Salve Legionarius Octavius Frugi. Ist dies dein Rang?


    Eine hochgezogenen Augenbraue ließ erkennen, dass sie es eigentlich als unter ihrer Würde betrachtete, von einem einfachen Legionarius verhört zu werden.


    Mein Name ist Aciliana Phryne und dies ist mein Sklave Glaucus...


    Mit einem spöttischen Lächeln ahmte sie die Worte des Soldaten nach. Sie setzte sich in Pose und beobachtete die Blicke des Mannes.


    Diese Person war bis vor kurzen noch nicht ohnmächtig, sondern quicklebendig. Wir zwei hatten ein nettes Gespräch unter Schwangeren bei etwas Tee und Gebäck. Als ich sie schließlich darauf ansprach dass ich wüsste, dass sie als Komplizin des Verbrechers Gurox mit Sicherheit auch etwas über den Verbleib meines von ihm gestohlenen Schmucks wisse, wurde sie bleich und viel um. Ich bin selbst keine unbegabte Schauspielerin, aber so eine Inszenierung habe ich noch nicht erlebt. Sehr geschickt. Der Versuch, sich der Verhaftung zu entziehen. Beeindruckend! Aber das wird ihr nichts nutzen! Es gibt genug Zeugen. Meine Sklaven dürfen zwar wohl nicht aussagen aber der junge Gehilfe der Kräuterfrau Susina Alpina ist ebenfalls Zeuge der Verbrechen dieses Gurox und der Mittäterschaft dieser Schlampe.


    Phryne lehnte sich zurück. Mit elegantem Schwung schlug sie die Beine übereinander. Ihre schlanken Beine wurden sichtbar.

    Phryne war die Blicke der Menschen gewöhnt. Sie achtete nicht darauf. Stattdessen betrat sie schnurstracks die Basilika. Sie hielt sich nicht lang bei den Haushaltswaren und Möbeln auf sondern steuerte sogleich einen Gold- und Silberschmied an. Mit Kennerblick fiel ihre Wahl auf zwei schöne Perlenohrrige und ein dazu passendes Collier.


    Wie würde mir das stehen, Kaeso? Was meinst du?


    Sie ließ sich den Schmuck aushändigen und hielt die Ohrringe an die Ohrläppchen. Der Verkäufer gab ihr einen Handspiegel. Phryne drehte sich hin und her und ließ die Geschmeide schlenkern. Dann hielt sie Kaeso das Collier hin.


    Wärst du so lieb, es mir umzulegen?

    Phryne lachte schallend als Kaeso sich Sorgen machte ob sie mit seiner Verkleidung umgehen konnte.


    Ob ich damit umgehen kann? Was denkst du? Ich bin eine angehende Priesterin der Großen Mutter. Wenn ich Männer in Frauenkleidern nicht ertragen könnte, wäre ich hier fehl am Platze. Ich finde den Aufzug allerliebst. Solange du einen wichtigen Faktor so beläßt wie er ist...


    Sie machte eine Geste mit Zeige- und Mittelfinger, die das Schneiden einer Schere symbolsierte.


    Du weißt schon!


    Dann verschwand Kaeso und wenig später erschien er wieder angetan mit einer normalen Tunika.


    Fein, Kaeso. Dann lass uns gehen. Darf ich mich bei dir einhaken?


    Wie üblich wurde Phryne von Glaucus begleitet, der vor den Mauern des Tempels auf sie gewartet hatte. Gleich einem Schatten blieb er wenige Schritte hinter Phryne und Kaeso während sich die beiden auf ihren Stadtbummel machten.


    Zunächst schlenderten sie über das Forum. Phryne blieb hier und da stehen, verglich Stoffe und Farben. Dann hielt sie auf die Basilika zu.

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    Nachdem Glaucus ja nicht im Haus war öffnete Korone die Tür. Sie sah verdutzt auf die Soldaten, die ihren Mitsklaven wie einen Gefangenen mit sich führten. Sie warf ihm einen fragenden Blick zu.


    Salvete, stammelte sie. Ich nehme an, ihr wollt die Domina sprechen.


    Korone trat beiseite und liieß die "Gäste" ein. Um ihre Herrin vorzuwarnen rannte sie voraus ins Atrium, wo sie Phryne antraf.

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    Glaucus rollte entnervt die Augen. Dass diese Wachsoldaten immer so beschränkt sein mussten.


    Mein Name ist Glaucus, der Leibsklave der Aciliana Phryne. Meine Herrin wurde von diesem Verbrecher Gurox und dieser Schlampe hier entführt, gequält und beraubt. Ich war Zeuge und ebenfalls Opfer, genau wie meine Mitsklavin Korone und der freie Kaeso, der Gehilfe der Hebamme Susina Alpina. Dieses Miststück hier ist nicht tot. Sie hat sich an der giftigen Galle, die sie spie, den Magen verdorben. Das ist alles. Zuviel des Mets und zuviel der Genussgifte. Solltet ihr meine Aussage, die meiner Herrin oder meiner Mitsklavin benötigen, schickt nach uns in der Casa Acilia.


    Er warf einen bedauernden Blick auf die bewusstlose Flore. Wenn sie nur nicht so ein Miststück wäre...


    Und nun seht zu, dass ihr sie sicher verwahrt. Die Frau ist gefährlich!


    Glaucus, der Sklave der Libertina Aciliana Phryne erschien mit einer gut verschnürten, bewusstlosen Frau im Lager der Legio II Germanica. Er legte das Bündel vor die verdutzten Wachsoldaten der Castra und grinste.


    Ich bringe euch hier eine Komplizin des Verbrechers Gurox. Sie war an der Entführung mehrerer Personen beteiligt, hat Informationen für Gurox beschafft und den Schmuck meiner Herrin gestohlen. Ich nehme an, dass ihr sehr an einer Festsetzung aller Köpfe der Verbrecherbande interessiert seid. Hier ist eine der Drahtzieherinnen.

    Über die Wirkung des Kräutertrankes war Phryne mehr als überrascht. Um ehrlich zu sein war sie entsetzt. Flore übergab sich in die Schale und wurde bewusstlos. Was hatte die Kräuterhexe in der Taberna Medica ihr da zusammengemischt? War es tatsächlich ein Gift? Hatte sie Flore getötet?


    Die Schauspielerin beugte ich über Flore. Sie atmete noch. Nun denn. So traurig wäre Phryne nicht gewesen, wenn sich das germanische Miststück ins Schattenreich verzogen hätte. Proserpina hätte ihre liebe Mühe mit ihr. Nun hieß es handeln. Sie musste zusehen, dass Flore verhaftet wurde.


    Phryne rief nach Glaucus. Sie wies ihn an Flore zu fesseln und dann sogleich bei der Legio abzuliefern. Er sollte sie als Komplizin des Gurox anklagen und sie des Diebstahls von Phrynes Schmuck bezichtigen.

    Phryne zog sich die Palla enger um den Körper. Es war kalt. Sie versuchte es zu verdrängen.


    Es freut mich sehr, dass dir der Aufenthalt hier gut tut. In der Abgeschiedenheit lernt man am meisten über sich selbst.


    Sie musterte erneut seine bunte Gewandung. Mit einem süffisanten Lächeln sagte sie.


    Die feminine Kleidung der Fanatici steht dir gut. Womöglich zu gut. Hast du schon eindeutige Angebote bekommen?


    Die Libertina wusste, dass der Gallus eine Vorliebe für hübsche Jungen hatte. Sie hatte nie erlebt, dass er einem der jungen Männer in der Kultgemeinschaft eindeutige Avancen gemacht hätte, aber die Blicke sprachen für sich. Die feminine Kleidung und der ekstatische Charakter des Kultes zog entsprechende Verehrer an. Es war allgemein bekannt, dass im Kybelekult homoerotische Neigungen nicht selten waren, ebenso wie die Lust daran sich zur Schau zu stellen und offen mit Sexualität umzugehen. Natürlich galt der ekstatische Charakter in erster Linie für die Kultfeste und weniger für den tagtäglichen Göttinnendienst im Tempel. Da ging es beschaulicher zu.


    Wenn der Gallus dich für heute Nachmittag entbehren kann, würde ich dich gerne aufs Forum und in die Basilika entführen. Ich benötige ein neues Geschmeide, nachdem Gurox mir meinen Schmuck gestohlen hat und Flore nicht damit rausrücken will, wo er ihn versteckt hat. Doch sei unbesorgt, ich bekomme schon noch heraus, wo er ist. Bis dahin aber brauche ich etwas das zur Saturnalienfeier mein Decoltee ziert.


    Sie öffnete die Palla ein wenig um Kaesos Blick auf den leeren Ausschnitt zu lenken, der die Ansätze ihrer Brüste zeigte.


    Naja und du kannst so ja auch schlecht zur Saturnalienfeier in der Iunischen Villa rustica gehen. Wir brauchen eine respektable Tunika für dich und einen Mantel. Dazu ein Gastgeschenk für den Praefectus Alae.

    Am Tag vor der Saturnalienfeier im Hause der Iunier machte sich Phryne auf den Weg zum Tempel der Großen Mutter. Die brachte die üblichen Opfergaben fur die Göttin Kybele und natürlich opferte und betete sie wie gewöhnlich. Doch eigentlich galt ihr Besuch Kaeso, der im Tempel eine spirituelle Auszeit verbrachte.


    Sie wartete bis er seine Aufgaben für den Tag erledigt hatte und beobachtete dabei wie hübsch er in seinem weiten bunten Gewand aussah. Vor ihrem inneren Auge sah sie ihn schon beim Frühlingsfest als Inkarnation des Attis den Umzug anführen. Das Bild gefiel ihr. Sie wünschte sich es möge Wirklichkeit werden.


    Als Kaeso schließlich fertig war, kam er auf sie zu. Phryne begrüßte ihn lächelnd.


    Salve Kaeso. Du siehst gut aus! Das Leben im Haus der Großen Mutter scheint dir zu bekommen.

    Flores Reaktion war völlig unerwartet für Phryne. Sie war davon ausgegangen, dass Flore genau wusste, wo Gurox sein Diebesgut aufbewahrte. Mehr noch, sie hatte angenommen, dass sie es für Gurox oder sich selbst beiseite geschafft hatte.
    Hatte dieser Verbrecher womöglich seiner Landpomeranze ihren Schmuck frech geschenkt? Das konnte nicht sein, oder?


    Ich will meinen Schmuck zurück und ich werde dafür sorgen dass du preisgibst wo er ist!


    Phrynes Stimme wurde drohend tief. Sie würde die Maus nun nicht mehr loslassen. Die Katze hatte ihre Fänge in das Opfer vergraben.


    Dann aber sprang Flore auf. Sie wollte fliehen! Sich schnöde aus dem Staub machen! Phryne sprang ebenfalls auf. Sie plante sich auf Flore stürzen, sie festhalten. Doch plötzlich änderte das kleine Miststück seinen Plan. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und würgte.
    Korone trat vor. Sie hatte die Situation sofort erkannt und die Waschschüssel gegriffen. Eilig schob sie diese Flore unter. Verdattert verfolgte Phryne das Geschehen. Es dauerte eine Weile bis sie begriff, dass der Trank bei Flore die Übelkeit verursachte.

    Die Schauspielerin nahm den Honig und rührte einen Löffel in den Trank. Nun war er erträglicher. Sie grübelte. An Flore biss sich Phryne die Zähne aus. Was war, wenn der Trank nicht wirkte? Wenn es schon zu spät für eine Abtreibung war? Wie würde sie dieses neidische Miststück unter ihre Fuchtel bekommen?


    Nun, es freut mich zu hören, dass du Zukunftspläne und ganz offensichtlich auch keine finanzielle Not hast. Dann wird es dir sicherlich nichts ausmachen, mir meinen Schmuck wiederzugeben. Gurox hat ihn sich genommen und nun hätte ich ihn gerne wieder. Ich nehme an, du weißt wo er die Sachen versteckt hat.


    Phryne blitzte die Schenkenschlampe giftig an.


    So einen Carcerzelle ist für eine Entbindung denkbar ungemütlich, meinst du nicht? Wenn ich den Ermittlern stecke, dass du die Komplizin des Verbrechers warst und bald für alle sichtbar sein Kind austrägst, werden die sicher auf die Suche nach dem Diebesgut gehen. Und du kommst auch schon für die Mithilfe bei der Entführung von mir, Kaeso, Korone und Glaucus in den Carcer. Oder vielleicht noch weiter? Wie würde dir ein hübscher Auftritt im Circus gefallen? Nackt mit schwangerem Bauch im Rachen eines Löwen?

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    Der Gallus betrat die Cella des Tempels und ging vor dem Standbild der Göttin in die Knie. Ächzend legte er sich auf den Bauch. Die Nase auf den marmornen Boden gedrückt atmete er hörbar schwer. Nach einer Weile erhob er sich mühsam. Atticus streckte die Hand nach Kaeso aus in der stillen Bitte, ihm wieder auf die Beine zu helfen.


    Dann folgte ein intensives Räucheropfer. Kaeso bekam die Aufgabe Wein aus der Karaffe in die Patera zu gießen. Der Gallus sprach den Segen, versprengte einen Teil des Trankes über der Statue der Kybele und rezitierte in einem Fort Gebete. Auch die Speiseopfer wurden platziert, die alten Opfergaben vom Vortag entfernt. Kaeso bekam einen Besen um die Cella zu reinigen, während der Gallus Lieder zum Lobpreis der Großen Mutter sang und ihren Heros Attis verherrlichte.


    Schließlich drückte Claudius Atticus dem Mysten ein Tympanon in die Hand und nahm selbst eine Rassel. Sie begannen gemeinsam ein Lied zu begleiten, das Kaeso bereits aus den Kulttreffen kannte. Es pries Kybele als Herrin des Erde und Mutter aller Lebewesen. Mit dem stetig gleichen Refrain auf den Lippen verließen die beiden die Cella und schritten die Stufen des Tempels hinab.


    Vor den Stufen warteten bereits die ersten Gläubigen mit ihren Opfergaben. Der Alltag im Kybeletempel hatte begonnen.

    Bei allen Göttern! Diese Flore war ein harter Brocken. Met. Nun denn, dann orderte Phryne Met für die Schlampe. Sie spürte, wie die Aggression in ihr hochstieg. Nur mühsam beherrschte sie sich.


    Natürlich ist Gurox der Vater des Kindes! Du weißt selbst, dass wir Frauen es einschätzen können, wann wir empfänglich sind und wann nicht. Mein kleiner Freund Kaeso ist zwar ein angenehmer Bettwärmer doch kannst du dir sicher sein, dass ich zu verhindern wusste, dass er der Vater meines Kindes wird.


    Das stimmte natürlich nur halb. Tatsächlich ahnte Phryne zwar, dass sie das Kind in den Tagen empfangen hatte, die mit dem denkwürdigen Spektakel der Heiligen Hochzeit begonnen hatten, doch konnte sie nicht hundertprozentig sicher sein. An eine geregelte Verhütung, so wie sie sie zuvor praktiziert hatte, war unter Gurox Herrschaft in ihrem Hause nicht zu denken gewesen.


    Flore hatte dann auch noch die Dreistigkeit ihr die Raserei ihres Geliebten vorzuwerfen. So weit kam es noch. Sie sollte Schuld sein daran dass ein Wahnsinniger in Raserei verfiel? Phryne kämpfte mit sich. Sie griff sich den Becher, den Korone ihr aus der Küche brachte und nahm einen beherzten Schluck. Nur ruhig bleiben! Das Gebräu schmeckte bitter. Phryne verzog das Gesicht.


    Ich will nichts von dir, Flore. Was könntest du mir auch bieten? Ich habe dir etwas anzubieten. Du kannst es annehmen oder bleiben lassen. Mein Vorschlag wäre, dass ich dich als Amme einstelle und du neben deinem Kind auch das meine stillst und dich um es kümmerst. Ich habe nicht vor meine Lebenszeit mit Kindererziehung zu vertrödeln und meine Figur durch das Stillen eines Säuglings zu ruinieren. Nun? Was sagst du dazu?