Beiträge von Phryne

    Susina Alpina war wie so oft die Beherrschtheit in Person. Es war nicht leicht sie zu provozieren. Ganz anders als die junge Duccierin.
    Phryne lehnte sich auf den Tresen.


    Ich brauche Granatapfelstücke. Eine große Tüte voll davon.


    Sie taxierte Alpina. Irgenwie war sie fraulicher geworden. Ein wenig mehr Busen und die unter der Brust gegürtete Tunika ließen Phryne stutzig werden. Entweder hatte die Kräuterfrau zugelegt... aus Frust womöglich oder vom deftigen Essen in Germania libra gemästet oder... Phryne lächelte... oder sie war schwanger!

    Auf dem Heimweg von ihrer erotischen Stippvisite bei Marcellus fiel Phryne ein, dass ihr Vorrat an getrockenen Granatapfelstücken zu Ende ging. Die gewissenhafte Meretrix benutzte diese Früchte zur Empfängnisverhütung. Ein Schwämmchen getränkt mit dem Sud der Granatäpfel vaginal eingeführt verhinderte, kombiniert mit Spülungen und Waschungen mit Essigwasser, zuverlässig eine Schwangerschaft.


    Mit Schwung betrat sie die Taberna Medica und erwartete nur wieder den mürrischen Alten vorzufinden. Doch, siehe da, die Inhaberin des Kräuterladens war zugegen. Auch wenn Phryne sie auf den ersten Blick kaum erkannt hätte. Sie hatte unschicklich kurzes Haar und ihre Haut war gebräunt. Irritiert zog Phryne die Augenbrauen hoch.


    So so, Susina Alpina ist von ihrem Bildungsurlaub zurück und gleich selbst zur Barbarin mutiert! Sieh an, haben die Ratten im freien Germanien an deinem Haar genagt?

    Lächelnd schloss Phryne die Gewandspangen an ihrer leuchtend roten Tunika.


    Du bist wahrlich ein Experte, Aedil, es war eine Freude mich von dir beraten zu lassen. Und vorsicht, widme dich ja nicht jeder Ratsuchenden mit der gleichen Aufmerksamkeit wie mir! Diese Leidenschaft im Dienst könnte deine Kräfte erschöpfen, mein Süßer. Nun will ich dich mal wieder deinen Schriften überlassen.


    Mit einem innigen Kuss verabschiedete sie sich von Marcellus und strebte elegant zur Tür hinaus.



    Dort lächelte sie den Schreibsklaven an und zwinkerte ihm verräterisch zu.


    Wie gut, dass du so loyal wie verschwiegen bist, mein Guter. Du wirst es noch weit bringen mit diesen Eigenschaften.


    Sie ließ ihm einen Denar in den Schoß fallen und strich ihm sanft über die Schulter.

    Neugierig musterte Phryne Calvinas Körper. Sie hatte die Reize einer Jungfrau, wohlproportioniert und jugendlich frisch. Genießerisch räkelte sie sich im Wasser.


    Na, siehst du. Wir sollten das öfter machen. Auch wenn die Übungen anstrengend sind, ohne Fleiß kein Preis! Und du willst ja nicht irgendwen erobern sondern Petronius Marcellus. Einen Mann mit reichlich Erfahrung. Er ist bekannt dafür, dass keine Frau ihm wiederstehen kann. Und wie siehst, hat er es auch bei dir sehr schnell geschafft, dich um den kleinen Finger zu wickeln. Er ist ein Charmeur.


    Phryne ließ sich Schwämme und Bürste geben. Sie tauchte einen Schwamm ins Wasser und began in sanften Kreisen Calvinas Schulter zu umkreisen. Dann die Arme abwärts und wieder hinauf. Schließlich umschmeichelte sie mit dem Schwamm die zarten, kegelförmigen Brüste der jungen Frau. Dabei sah sie genau zu, wie Calvina reagieren würde.

    Phryne strich Marcellus sanft über die Wange.


    Du Armer, hast du so viel Arbeit? Das ist bitter. Deshalb habe ich dich in letzter Zeit so selten gesehen...


    Sie genoss seine Berührung und stellte zufrieden fest, dass es ihr sehr wohl gelang, ihn von der Arbeit abzuhalten.


    Ja, ich brauche dich als Aufseher über Handel und Märkte, als Herr über die Instandhaltung der öffentlichen Gebäude, vor allem als Herr über das Officium des Aedils und noch mehr als Veranstalter von Spielen... erotischen Spielen im Officium... aber noch wichtiger, ich brauche dich... als Liebhaber. Jetzt!


    Mit den letzten Worten öffnete sie die Fibeln an ihren Schultern und ließ den Stoff bis zum Gürtel herabgleiten.


    Und keine Sorge... niemand wird uns stören....

    Phryne umarmte die Freundin zur Begrüßung.


    Schön, dass du da bist. Diese Xanthippe ist ein harter Knochen, doch ein geschmeidiger Körper und eine gewisse Ausdauer in bestimmten Körperstellungen können von Vorteil sein, meine Liebe. Stell dich einfach neben mich und mach so gut mit wie du kannst.


    Nach Aufwärm- und Dehnübugen übten sie sich im Laufen, stärkten Arm-, Bein- und Bauchmuskulatur mit Gewichten und anstrengenden Übungen und ergingen sich im Ballspiel. Dazu lehrte die Magistrix einige akrobatische Verrenkungen, die vor allem Phryne sehr gut beherrschte. Die Libertina sah, dass die Übungen für Calvina gänzlich ungewohnt waren. Sie würde sicherlich Muskelkater bekommen.


    Endlich entließ Xanthippe die Frauen ins Bad. Lachend und schwatzend verteilten sie sich im Tepidarium und im Caldarium des Bades. Phryne hatte in weiser Voraussicht eine der schönsten Wannen des Caldariums gegen ein ordentliches Trinkgeld für sich und Calvina reservieren lassen. Sie legte die Sportkleidung ab und ließ sich ins warme Wasser gleiten. Wohlig räkelte sie sich und wartete darauf, dass Calvina zu ihr ins Wasser stieg.


    Komm, du kleine Nereide. Es ist wunderbar. Korone wird uns Schwämme und Bürsten bringen.

    Vormittags war die Therma Iuliana für die Frauen der Stadt geöffnet. Phryne hatte sich zur vierten Stunde mit Calvina verabredet. Korone trug alle Dinge, die eine Frau von Welt so für ein ausgedehntes Vergnügen in den Thermen benötigte. Reinigungsprodukte wie Lomentum, diverse duftende Öle, Kämme und Bürsten, Pinzetten, Schwämme und Handtücher in verschiedenen Größen. Dazu die hölzernen Badepantoffeln.


    Phryne zahlte den Eintritt und zog sich im Apodyterium um. Korone verwahrte die Kleidung in einem der vorgesehenen Fächer und bedachte die Badesklavin mit einem bösen Blick, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie es nicht dulden würde, wenn die Frau lange Finger machen und sich an den schönen und teuren Kleidern ihrer Herrin vergreifen würde. Dann begleitete sie die in Strophium und Höschen gekleidete Phryne in den Innenhof, die Palaestra. Dort hatten sich bereits einige Frauen zu Sport und Morgengymnastik versammelt. Eine ältere Magistrix artis gymnicae, die ihr graues Haar zu einem festen Knoten hochgesteckt hatte, gab im Stile eines Centurios den Ton an. Phryne sah sich nach Calvina um. Sollte sie noch warten oder bereits die Aufwärmübungen mitmachen?


    Als der exotische Sklave die Tür zu Marcellus Officium öffnete, erhaschte Phryne einen Blick auf den an seinem Schreibtisch sitzenden Aedil. Er hatte stapelweise Post auf seinem Tisch, war also schwer beschäftigt. Sie war neugierig zu sehen, wie er auf die unerwartete Störung reagierte.


    Salve Aedil, sagte sie förmlich und wartete bis der Sklave die Tür geschlossen hatte. Dann trat sie an den Schreibtisch und stütze sich so auf die Tischplatte, dass Marcellus zwangsläufig in ihren Ausschnitt schauen musste.


    Salve, du schwer beschäftigter Magistrat. Es ist schön zu sehen, dass du deine Hände an wichtigem Papierkram hast und nicht an der schönen, jungen Neubürgerin Calvina. Nachdem du ja für alle Bürger der Stadt ein offenes Ohr hast, darf ich mich sicher mit meinem Anliegen an dich wenden, nicht wahr?


    Sie umrundete den Schreibtisch und fegte mit einer Handbewegung einige Codices und Schriftrollen beiseite, um Platz für ihr Hinterteil zu machen. Dann setzte sie sich vor Marcellus auf die Tischplatte. Je einen Fuß rechts und links auf die Armlehnen seines Sessels abgestellt, sah sie ihn herausfordernd an.


    Bist du nun bereit, dich ganz mir zu widmen?

    Vor Marcellus neuem Officium saß ein Scriba. Neugierig musterte Phryne den exotisch aussehenden Mann.



    Sie setzte ein gewinnendes Lächeln auf.


    Salve. Ich komme mit einem sehr persönlichen Anliegen zu Titus Petronius Marcellus. Der Aedil und ich wünschen in der kommenden Zeit nicht in unserer wichtigen Unterhaltung gestört zu werden. Wenn du deine Aufgabe ernst nimmst und dafür sorgst, dass wir ungestört bleiben, will ich das nicht nur beim Aedil lobend erwähnen, sondern dir dein Entgegenkommen pecuniär vergelten.


    Phryne wartete bis die Überraschung im Gesicht des Scriba einem Grinsen gewichen war.


    Ich sehe, wir verstehen uns. Dann bring mich nun bitte zu Petronius Marcellus. Vielen Dank.

    Nach einem Bummel über das Forum entschloss sich Phryne, Marcellus in seinem Officium einen Besuch abzustatten. Schließlich hatte sie die neuen Räumlichkeiten des Aedils noch nicht gesehen. Sie meldete sich also wie üblich beim Scriba der Curia an.


    Salve. Ich möchte den Aedil Titus Petronius Marcellus in einer Angelegentheit sprechen, die seine persönliche Einflussnahme erfordert. Ist er in seinem Officium?

    Phryne musste lächeln, als sie Calvinas Erschrecken sah, wenn es darum ging, sich vor anderen nackt zu zeigen.


    Aber nein, meine Liebe Calvina. Du musst dich nicht ganz ausziehen. Beim Sport und auch im Bad tragen viele Frauen die fascia pectoralis oder das strophium, wie die Griechen die Brustbinde nennen. Dazu ein knappes Höschen. Das ist ideal für den Sport und für das Schwimmen. Ich persönlich schwimme lieber nackt und trage auch in den temperierten Räumen der Therme keine beengende Kleidung. Beim Sport würde ich mich ohne jedoch nicht wohlfühlen. Du kannst dir vorstellen, dass das Auf und Ab des Busens störend beim Ballspiel oder beim Laufen ist.


    Sie zwinkerte Calvina zu.


    Was die Massage angeht, so kann man jede Form der Massage bekommen, die man haben möchte... Phryne machte eine bedeutungsvolle Pause. ... von medizinischen Behandlungen über Wohlfühlmassagen bis hin zu erotischen Massagen. Dabei gibt es weibliche und männliche Masseure... je nach dem wonach dir der Sinn steht...
    Jetzt lachte Phryne anzüglich. Doch schon kurz darauf wurde sie wieder ernst.
    Du kannst natürlich auch nur baden und danach eine Maniküre, Pediküre und eine Epilation haben. Ganz wie du möchtest. Aber Körperpflege ist nicht unwichtig, wenn es darum geht, einem Verehrer etwas zu bieten. Störende Haare an den falschen Stellen sind da auf jeden Fall zu vermeiden. Gepflegte Hände und Füße und eine weiche, reine Haut sind selbstverständlich. Findest du nicht?

    Nach einer entsprechenden Stärkung und einem netten Plausch im Peristyl führte Phryne ihren Gast noch durch die Räume des Hauses.
    Als sie sich verabschiedeten, fragte sie:


    Hättest du Lust, in den kommenden Tagen einmal mit mir gemeinsam in die Therme zu gehen? Meist bade ich hier in meinem hauseigenen Balneum, aber ich kenne die Therme hier noch nicht und ein wenig Gymnasitk und eine Massage würden mir auch nicht schaden. Ich habe gehört, dass man dort beides haben kann. Eine Anleitung zu Körperübungen, die die Figur unterstützen und eine lockernde, sinnliche Massage danach täte mir auch gut. Wie sieht es aus? Hast du Lust?

    Phryne dachte kurz nach, wieviel Offenheit ihrer neuen Freundschaft mit Calvina wohl gut tun würde und entschied sich für Zurückhaltung.


    Nun, einen festen Ablauf mit mehreren Akten hat ein Mimus ja ohnehin nicht. In der Regel habe ich mythologische Themen umgewandelt. Also hielt sich die Kunst in Grenzen. Sehr beliebt bei den zumeist männlichen Gästen waren Szenen aus dem Mythos des Dionysos, dem Raub der Europa, der Geburt der Venus oder wie Aktaion Diana beim Bade überrascht. Wenn auch Frauen anwesend waren, eher Themen aus der Orestie. Eifersuchtszenen rund um Klytaimnestra und Elektra oder aus der Mythologie, wie Heras Gemeinheiten, wenn ihr Zeus wieder einmal untreu war.
    Wir sollten unbedingt mal gemeinsam ins Theater gehen, wenn endlich mal etwas geboten wird. Im Vergleich zu Rom ist das hier wirklich eine Wüste. Für private Stücke wie ein Mimus müsste sich schon eine Gelegenheit wie eine Verlobungsfeier oder eine Hochzeit ergeben. Naja, vielleicht ergibt sich da ja schon bald eine Gelegenheit.


    Sie zwinkerte Calvina verschwörerisch zu.

    Stolz erfüllt sah Phryne, wie begeistert Calvina von ihrem Garten war. Nun, sie hatte zwar noch nicht viel selbst anlegen lassen, das meiste hatte ihr Gönner schon vor Jahren pflanzen lassen. Aber Glaucus war fleißig gewesen und hatte die ausgewachsenen und ungepflegten Rabatten geschnitten und Unkraut entfernt. Die Brunnenfigur ging jedoch auf Phryne zurück. Sie hatte die Kopie der Aphrodite von Praxiteles von einem Händler erstanden, der mit exklusiven Kunstwerken handelte.


    Nachdem sich die beiden ein wenig gestärkt hatten, wollte Phryne der Bildung Calvinas auf den Zahn fühlen.


    Wie sieht es mit Literatur und Schauspiel bei dir aus? Gehst du gerne ins Theater? Und was liest du gerne, Calvina? Ich persönlich bin eine große Liebhaberin der Philosophie und klassischen Literatur. Und für mich gibt es nichts schöneres als Theater. Ich habe oft selbst interessante Rollen gespielt, wenn mein Sextus Freunde und Bekannte eingeladen hat. Er war ein Liebhaber der leichten Stoffe, vor allem des Mimus. Oft wollte er dann, dass ich eine klassische Rolle in ein leichtes, meist etwas frivoles Lehrstück über Liebe, Leidenschaft, Ehebruch und Eifersucht verwandle.


    Interessiert beobachtete Phryne die Reaktion ihrer neuen Freundin. Langsam müsste ihr dämmern, dass Phryne keine klassische Matrone war.

    Phryne führte Calvina in das Peristyl ihres Hauses. Der Garten war schmuck angelegt mit einem zentralen Wasserbecken in dem eine Statue der Venus in der Muschel den Blickfang bildete. Niedrige Hecken aus Lavendelbüschen unterbrochen von Rosenrabatten unterteilten das Grün des Rasens in geometrische Figuren. Im nordöstlichen Eck des Gartens war eine überdachte Terrasse angelegt auf der ein eleganter Tisch mit Marmorplatte und einige ebenso elegante Stühle auf die beiden ermüdeten Einkäuferinnen warteten.


    Korone brachte Weißwein und Wasser dazu Gebäck, Brot und eingelegte Oliven. Phryne mischte ein leichtes Getränk und reichte Calvina den Becher.


    Dann lass uns auf unsere Freundschaft trinken, Calvina! Ich freue mich, dich kennengelernt zu haben!

    Der Weg vom Forum zur Casa Acilia war nicht sehr weit. Phrynes Sklave Glaucus öffnete die Tür. Erstaunt betrachtete er die junge Frau in Begleitung seiner Herrin. An seinem abtastenden Blick erkannte Phryne, dass Calvina ihm gefiehl. Sie warf dem Sklaven einen rügenden Blick zu. Dann führte sie ihren Gast ins Atrium, in dem der Springbrunnen plätscherte. Korone eilte fort, um einen guten Weisswein und kühles Wasser sowie einige Leckereien zu holen. Die Hausherrin lächelte einladend.


    Möchtest du noch mehr von meinem Haus sehen oder dich zunächst ein wenig stärken? Ist es dir hier im Atrum recht oder sollen wir in den Peristylgarten wechseln? Dort habe ich auch ein lauschiges Eck für solch schöne Tage wie heute.

    So wie Calvina schwärmte, hatte es sie ordentlich erwischt. Phryne wusste jedoch, dass Calvina nicht alle Bedürfnisse ihres Schwarms Marcellus befriedigen konnte. Sie würde eine hervorragende Gattin abgeben: Aus bestem Hause, hübsch und mit ausgezeichneter Bildung. Eine Traumpartie. Aber unerfahren und sicherlich auch weniger skrupellos, wenn es darum ging, mit allen Mitteln ein Ziel zu erreichen. Sie konnte Phryne nicht das Wasser reichen.


    Dann solltest du unbedingt diese malvenfarbene Tunika kaufen. Sieh mal wie schön sie zu deinen blauen Augen harmonieren wird. Mit den neuen Fibeln gemeinsam - unschlagbar! Und jetzt lass uns gemeinsam eine kleine Erfrischung einnehmen. Sollen wir in eine Taberna gehen oder zu mir nach Hause?

    Da war es also raus! Phryne lauschte der Beschreibung, die Calvina von Marcellus abgab: sehr lieb, schüchtern, freudlich, nicht aufdringlich, ein schöner, stattlicher und anständiger Mann.... so so, ja, ja ... Phryne musste grinsen. Tatsächlich, schöne Komplimente machte er sehr wohl und gut anzusehen war er auf jeden Fall. Mit ihren anderen Einschätzungen hatte sie bislang wohl nur ein Gesicht des janusköpfigen Marcellus kennengelernt. Denn er konnte alles andere als schüchtern sein und aufdringlich... nun ja, das konnte er durchaus sein... wenn er ans Ziel gelangen wollte. Und was das "anständig" anging... nun ja, Calvina musste ja nicht gleich alles wissen...


    Titus Petronius Marcellus? Oh ja, ich kenne ihn. Er war mir damals sehr behilflich, als ich in die Stadt kam. Damals war er noch nicht Aedil und hat mir in der Curia mit zahlreichen Formalitäten bezüglich meines geerbten Hauses geholfen. Er hat mir die Unterlagen dann sogar ins Haus gebracht. Ja, er ist wirklich ein Galan. Da hast du keine schlechte Wahl getroffen, Calvina. Meinst du er interessiert sich auch für dich?

    Phryne stellte fest, dass Calvina durchaus gebildet war, dass es ihr aber verständlicherweise noch an Lebenserfahrung mangelte. Das wiederum war etwas über das Phryne zur Genüge verfügte. Sie beschloss sich Calvina ein wenig anzunehmen. So würde sie zum einen nah an ihrer Konkurrentin dran bleiben können und zum zweiten würde es ihr sicher Freude machen, ein wenig ihrer Erfahrung an dieses junge Ding weiterzugeben. Wer wusste schon, ob sie sich nicht als gelehrige Schülerin entpuppte?


    Sie zogen weiter. Phryne besah sich die Auslagen einiger Tuchhändler und testete die Farben der Stoffe an Calvina. Tatsächlich standen ihr die zarten Farbtöne besser.


    Wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht ein wenig mehr aus deinem Typ machen können. Mit dem ein oder anderen Kleidungsstück könntest du doch dafür sorgen, dass der Richtige auf dich aufmerksam wird. Hast du schon einen Kandidaten dem zu auffallen willst?

    Phryne hatte wirklich Mitleid mit Calvina, weil ihre Eltern bereits verstorben waren. Sie selbst hatte schon lange keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern, die entweder noch in Salona lebten oder ebenfalls die elysischen Gefilde bewohnten. Phryne hatte ja früh ein eigenes Leben geführt und sich andere Bezugspersonen gewählt, wie ihren Geliebten Sextus, der ja auch wesentlich älter als sie gewesen war. Damit war er ihr Lehrer in vielen Bereichen.


    Es tut mir leid, dass du um deine Eltern trauerst. Hat dein Großvater nicht versucht, dich unter die Haube zu bringen? Schließlich hat er auch nicht das ewige Leben, oder? Da müsste er doch ein Interesse daran haben dich an den Mann zu bringen.


    Was Calvinas Einschätzung ihres eigenen Aussehens anging fragte sich Phryne, ob die junge Frau wirklich so unbedarft und naiv war, wie sie tat oder einfach auf Komplimente hoffte. Als perfekte Freundin tat Phryne ihr jedenfalls den Gefallen...


    Nun kokettiere mal nicht so, Calvina. Du bist jung und wunderschön. Keine Frau hier auf dem Forum kann sich mit dir messen, vor allem wenn man deine edle Familie kennt. Du bist sicher die beste Partie, die man sich vorstellen kann. Und dazu dieses Engelsgesicht...


    Die Freigelassene strich sanft über Calvinas Gesicht. Dann wandte sie sich wieder der Fibel zu, die Calvina offenbar sehr gut gefiel.


    Nicht wahr? Sie ist schön und wird dir wunderbar stehen. Ich schenke sie dir!


    Phryne fragte den Fibelschmied nach einem zweiten Exemplar und einigte sich mit ihm auf einen akzeptablen Preis. Dann überreichte sie Calvina das in ein Tuch eingeschlage Fibelpaar.


    Hier, für dich, schöne Calvina. Als Zeichen meiner Freudschaft.