Beiträge von Phryne

    Phryne betrat den Laden. Das Glöckchen über der Tür bimmelte wie wild. Sie brauchte ein wenig um sich an die Dunkelheit des Ladeninneren zu gewöhnen. Der Platz hinter dem Tresen war leer. Doch bald waren schlurfende Schritte aus dem Hintergrund zu hören. Wenig später kam der alte Sklave dieser Alpina aus dem Durchgang zur Casa.
    Phryne begrüßte den Mann ausgesucht freundlich.


    Salve, guter Mann. Ich habe eine sehr spezielle Frage, für die ich unbedingt die Ladeninhaberin sprechen muss. Kannst du sie bitte herholen?


    Dazu setzte sie ein charmantes Lächeln auf.

    Phryne war mit ihrer Sklavin Korone auf Besorgungstour unterwegs. Der Weg führte sie unter anderem auch in die Taberna Medica Alpina. Doch bevor sie den Laden beteten konnten, machte Phryne eine interessante Beobachtung. Sie waren gerade um die Straßenecke gebogen, als Phryne die junge Duccierin beobachtete, wie sie unvermittelt, ohne zu klopfen in die Casa Atia stürmte.
    Phryne hielt Korone am Arm zurück und flüstert ihr zu, dass sie sich Zeit lassen sollte. Mit gespieltem Interesse begutachtete sie die Körbe eines Korbflechters, der seine Ware im Freien präsentierte. Immer wieder glitt ihr Blick hinüber zur Haustür der Casa Atia und... siehe da... nur wenig später öffnete sich die Tür wieder und ein großgewachsener Mann trat hinaus. Sein Körperbau und die zweckmäßige Kleidung ließen vermuten, dass er Soldat war. Ein Blick in sein Gesicht bestätigte die Vermutung, die Phryne sofort befiel - er war ein Helvetier! Trotz der kräftigen Statur war das Gesicht dem des jungen Magister Vici sehr ähnlich. Das war offenbar der Kerl, der aller Wahrscheinlichkeit nach ihren Marcellus zusammengeschlagen hatte. So wirkte er auch, grobschlächtig und brutal. Dass er aus der Casa Atia kam, war Wasser auf Phrynes Mühlenräder. Bestätigte es doch, dass die beiden Helvetier und die Kräuterfrau unter einer Decke steckten - gegen ihren Marcellus!


    Jetzt würde sie doch gerne noch erfahren, was die Duccierin damit zu tun hatte. Gut, dass diese mit der Kräuterfrau befreundet war, wusste sie ja bereits. Nun musste sie noch mehr Informationen sammeln. Sie blieb noch eine Weile bei dem Korbflechter stehen, doch die Tür öffnete sich nicht. Aber Phryne war nicht dumm. Sie würde schnell herausfinden, ob die Duccierin die Kräuterfrau oder aber den Untermieter dieser Alpina treffen wollte...
    Sie überquerte die Straße und betrat die Taberna Medica.

    Meine liebste Calvina, wie schön, dass du es einrichten konntest. Ich habe mich ehrlich nach deiner Gesellschaft gesehnt.


    Phryne umarmte die junge Freundin, hielt sie ein wenig von sich, um sie genauer zu betrachten. Sie war schön wie immer, wirkte aber viel gelöster und weniger angepannt als vor ihrem gemeinsamen Thermenbesuch. Was so eine erotische Massage alles bewirken konnte. Phryne bot Calvina einen Platz im Triclinium an.


    Nimm Platz, meine Liebe. Ich habe dir einiges zu erzählen. Was möchtest du trinken. Ein wenig gekühlten Weisswein aus den Weinbergen der Region gemischt mit fischem Quellwasser?


    Nachdem Calvina ihr geantwortet hatte, schickte sie Korone los, die Getränke zu holen.


    Gut siehst du aus, werte Freundin! Der Besuch in der Therme scheint dir gut getan zu haben. Das sollten wir öfter machen, nicht wahr?


    Sie zwinkerte Calvina zu und wartete auf deren Antwort.

    Am kommenden Tag wartete Phryne zur üblichen Zeit für die Cena auf ihre neue Freundin Calvina. Sie trug gelb, die Farbe der Eifersucht. Gespannt, wie sich das gemeinsame Abendessen gestalten würde, richtete sie noch eine Locke in ihrer aufwändigen Steckfrisur.

    Ad Germanica Calvina
    Casa Germanica,
    Mogontiacum


    Meine liebste Freundin Calvina,


    wir haben uns schon viel zu lange nicht mehr gesehen. Ich habe Zeitlang nach dir. Komm doch morgen zur Cena zu mir in die Casa Acilia. Meine Sklavin Korone wird frischen Asparagus mit feinstem ubischem Schinken zubereiten.


    Ich freue mich auf dich,
    Deine Freundin Phryne

    Die Erkenntnisse über den Überfall auf Marcellus hatten Phyne ins Grübeln gebracht. Was verband denn diesen ihr unbekannten Helvetier mit Marcellus? So viel sie wusste, nichts. Der eine diente bei der Legio II der andere träumte immer davon, war seinem Ziel aber noch nicht wirklich nahe gekommen. Die einzige Verbindung, die in Frage kam, war die Kräuterfrau. Sollte es etwa eine "ménage à trois" sein? Dieser Alpina traute sie alles zu. Wer sich mit Kräutern auskannte, wusste auch magische Liebeselexiere zu brauen, um die Männer um ihren kleinen Finger zu wickeln.
    Hatte der junge Magister Vici seinen Brunder vorgeschickt um einen Nebenbuhler oder lästigen Konkurrenten auszuschalten? War diese Affäre mit Marcellus noch nicht vorbei? Hatte er womöglich sogar etwas mit der Schwangerschaft der Kräuterfrau zu tun? Das wäre allerdings ein peinlicher "fauxpas". Phryne würde dringend weitere Informationen einholen und dazu auch ihren Liebsten befragen müssen.


    Die Spekulationen an sich bargen aber bereits einiges an Potential, das sich nutzen ließ. Invidia, die Personifikation von Eifersucht und Missgunst grinste frech aus Phrynes Gesicht. Sie würde die gute Calvina an den Spekulationen und Gerüchten teilhaben lassen. Was würde sie wohl dazu sagen, wenn Phryne ihr brühwarm erzählte, dass ihr geliebter, süßer und ach so harmloser Marcellus womöglich wegen einer "ménage à trois" angegriffen worden war oder gar der Kräuterfrau Alpina ein Kind angehängt hatte...
    Phryne griff zu einem Codex und schrieb an Calvina.

    Wochen, nein Monate, hatten die gezielten Recherchen und das Beschaffen von Informationen gedauert, doch nun setzte Phryne die einzelnen Steine des Mosaiks zusammen. Mit Korone und Glaucus als Spitzeln hatte sie sich Informationen aus den Reihen der Legio II Germanica beschafft, die ein Licht auf den Überfall auf Marcellus warfen. Zuletzt hatte Korone ihre körperlichen Reize einsetzen müssen, doch was sie herausgefunden hatte, war überaus interessant.
    Kurz nach dem Überfall auf Marcellus war einer der Centurionen zu spät zum Dienst erschienen. Er wies auffällige Verletzungen auf und wurde wenig später zum Decurio degradiert. Natürlich war ein direkter Zusammenhang mit dem Überfall auf Marcellus nicht herzustellen, aber als Phryne den Namen des Centurios erfuhr, setzte sie die Mosaikteilchen aneinander - das Bild gewann an Konturen. Der Mann war ein Helvetier. Und nicht nur das, die Information, die ihr Korone zuletzt verschafft hatte, machte es noch deutlicher: er war der Bruder dieses aalglatten Magister Vici! Wie interessant! Phryne wusste zwar noch nicht warum ausgerechnet Marcellus das Opfer dieses offensichtlich gewalttätigen Mannes geworden war, der sich ganz eindeutig nicht im Griff hatte. Aber dass es einen Zusammenhang zwischen dem Überfall und den Helvetiern gab, stand für sie fest. Sie musste nur noch herausfinden, was der Grund gewesen war.


    Was Phryne aber immer noch verwunderte, war, dass Marcellus der Sache so halbherzig nachgegangen war. Sonst war er doch immer so akribisch. Welchen Grund hatte das? Wussten die Helvetier etwas, von dem er nicht wollte, dass es öffentlich wurde? Hatten sie ihn mit einer kompromittierenden Angelegenheit in der Hand? Würde der Hintergrund des Überfalls seine Karriere gefährden?
    Es half nichts, sie musste noch mehr Informationen sammeln oder Marcellus direkt darauf ansprechen. Noch zögerte sie... zunächst würde sie weitere Nachforschungen anstellen....

    Von ihrer Herrin mit Famas Flügeln ausgestattet, mischte sich Korone unter die Menschenmenge, die sich am Schrein der Lares Compitales am südlichen Stadttor versammelt hatte. Sie stieß die Frau neben sich mit dem Ellbogen an. Als diese sie ansah, ließ Korone wie beiläufig ein paar Sätze fallen.


    Ist das nicht Iullus Helvetius Curio? Der neue Magister Vici? Hast du schon gehört, dass er die Kräuterfrau Susina Alpina geschwängert hat? Sieh da! Da ist sie! Seit einem Jahr wohnt er bei ihr. Naja, war ja irgendwie abzusehen, oder? Wenn zwei so junge, ledige Leute unter einem Dach wohnen...


    Die Frau, die Korones Blick vom Helvetier zu der Hebamme und Kräuterfrau folgte, riss die Augen auf.


    Aber man sieht noch gar nichts. Woher weißt du, dass sie schwanger ist?


    Korone pfiff abfällig durch die Zähne.


    Das sieht man doch. Sie war doch immer so mager... naja, heute sieht man es tatsächlich nicht... aber unlängst in ihrer Taberna Medica. Und sie hat die Schwangerschaft nicht dementiert! Das sagt doch alles! Und jetzt bekommt sie ein Kind ausgerechnet von diesem jungen Mann, der immer so fromm und schüchtern tut. Aber so ist es eben. Die stillen Wasser gründen tief. Da tut er so fromm und dann kann er sich nicht beherrschen. Dabei ist sie doch die Abgelegte von dem neuen Aedil, von Titus Petronius Marcellus! Mit dem hatte sie doch auch schon so ein skandalöses Verhältnis. Sie ist wirklich eine Schande für den Vicus, findest du nicht?


    Als Korone zurückkehrte und erzählte wie pflichtbewusst sie ihre Aufgabe ausgeführt hatte, rieb Phryne sich die Hände. Die geflügelte Fama war eine ihrer Lieblingsgöttinnen, gleich hinter Venus. Es war schon unglaublich wie leicht und in welch atemberaubender Geschwindigkeit die bösesten Gerüchte die Runde machten, von Ohr zu Ohr weitergeben wurden und mit ihren Schwingen all jene erreichten, die davon betroffen waren. Sie hatte gleich zum Doppelschlag ausgeholt. Der schnippische kleine Aedituus, der in seiner herablassenden Art deutlich gezeigt hatte, was er von ihr hielt, war ebenso betroffen, wie die Kräuterfrau, die nicht minder hinterhältig sie bezichtigt hatte, eine Professionelle zu sein. Und indirekt hatte sie sogar noch die Duccier am Wickel, denn der junge Helvetier war schließlich der Klient des Pontifex. Ein wahrhaft hinterhältiges Spinnengewebe, das sie da hergestellt hatte... wie fein und tückisch...


    Phryne griff hinter sich in ihre Geldschatulle und lohnte ihrer Sklavin den vortrefflich ausgeführten Extradienst mit einigen Münzen. Dann lehnte sie sich zurück und genoss die laue Luft des Peristylgartens. Wie schön wenn man keinen Finger rühren musste und nicht öffentlich als Urheber auftreten musste, aber dennoch die Strippenzieherin im Hintergrund war. Ein feines Lächeln spielte um die Lippen Phrynes.


    Phryne hatte ihre Dienerin Korone kommen lassen, sie hatte mal wieder einen Auftrag für sie.


    Korone, meine Treue. Ich habe mal wieder eine kleine Aufgabe für dich.


    Die Sklavin nickte demütig.


    Um was handelt es sich, Domina? Um eine Spionagetätigkeit?


    Phryne schüttelte den Kopf.


    Nein, dieses Mal musst du ein Gerücht verbreiten. Im Vicus Apollinensis. Mische dich unter die Leute, gehe in die Läden und auf die Märkte, sieh nach, wo mehrere Menschen zusammenstehen.... du weißt schon. Aber meide die Taberna Medica Alpina. Ich sage dir gleich warum.


    Die Sklavin nickte wieder und wartete gespannt auf den Grund.


    Das Gerücht, das du verbreiten sollst ist folgendes: erzähle allen, dass die Kräuterfrau aus der Taberna Medica, also Susina Alpina, schwanger ist von dem neu gewählten Magister Vici, Iullus Helvetius Curio. Du weißt schon, der immer so einen auf schüchtern und harmlos macht. Ich habe es genau gesehen! Sie dürfte im vierten oder fünften Monat sein. Das Kind muss also kurz vor ihrem Weggang gezeugt worden sein. Vermutlich ist sie deshalb abgehauen und nun reumütig zurückgekehrt, weil sie feststellen musste, dass sie das Kind alleine nicht durchbringen kann. Sie hatte wohl zunächst vor, ihn nicht in Verruf zu bringen und ist aus diesem Grund in die Fremde. Welcher Grund auch immer sie zurückgetrieben hat... vielleicht die Liebe? Vielleicht das Geld? Das sind alles hervorragende Spekulationsthemen für die Märkte und Tabernae.


    Korone lächelte hinterhältig. Wahrlich ein wunderbares Gerücht, das die Schwingen der wispernden Fama in Windeseile im Vicus Apollinensis verbreiten würden. Der gute Magister Vici würde sich umsehen, wie schnell sein Ruf ruiniert war.

    Entspannt und zufrieden sah Phryne zu, wie Xenophilus die Tür zur Nachbarkammer öffnete. Seine Behandlung war wie immer eine Wohltat gewesen. Mit gespitzen Ohren lauschte Phryne auf die Geräusche aus der Nachbarkammer.



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    Der Masseur betrat den Raum und tauschte Platz mit der zierlichen Frau, die gerade eben noch den Rücken der jungen Calvina massiert hatte. Still verschwand die Masseurin und überließ Xenophilus das Feld. Er rieb seine schlanken, feingliedrigen Hande großzügig mit Öl ein, dann führte er die Massage fort.
    Calvinas Kopf schnellte hoch. Sie hatte wohl wahrgenommen, dass sich Größe und Druck der Hände verändert hatten. Mit einem beruhigenden Lächeln, stellte sich Xenophilus vor.


    Mein Name ist Xenophilus. Ich übernehme von meiner Kollegin, die leider dringend woanders gebraucht wird. Entspanne dich, schöne Frau. Ich werde zunächst Schultern und Rücken massieren und dann mit den Beinen fortfahren.


    Calvinas Anspannung legte sich und Xenophilus weitete den Aktionsradius schnell auf den verlängerten Rücken, Calvinas knackigen Po aus. Dann arbeiteten sich seine Hände die schlanken Beine hinunter, kneteten die Füße sanft und wanderten erneut empor. Diesmal auf den Innenseiten der Schenkel...

    Da hatten sich ja zwei gefunden. Die junge Duccierin und die Kräuterfrau. Die blonde Germanin spielte auf das angespannte Verhältnis Phrynes zu den Ducciern an. Nun gut, es würde sich schon eine Gelegenheit ergeben, ein wenig zu intrigieren. Jetzt aber hatte Phryne wichtigeres zu tun, als sich weiter mit diesen Zicken abzugeben.


    Pass mal lieber auf, Duccia Silvana, dass du nicht auch schnell so ein Kind von den Göttern angehängt bekommst wie Susina Alpina. Das würde deinen Karriereplänen und dem Ruf deiner Familie sicherlich nicht gut tun. Valete.

    Mit hoch erhobenem Haupt und gemessenen Schrittes verließ Phyne den Laden.

    Salve, Duccia Silvana.


    Phryne ließ sich nicht so einfach übergehen. Nachdem die Ladeninhaberin in die Tiefe der Casa verschwunden war, konnte sie die Gelegenheit nutzen, die Duccierin in ein Gespräch zu verwickeln.


    Sag, ist der junge Helvetier noch dein Lehrer und dein Vater sein Patron? Da dürfte es deinen Vater doch interessieren, dass die Besitzerin dieser Taberna Medica ganz offensichtlich schwanger ist, oder nicht? Vermutlich weiß er noch gar nicht, dass sich sein Klient nicht beherrschen konnte? Naja, wer wird es dem Junge verdenken... Unter einem Dach mit einer jungen Frau, die ganz offensichtlich nicht wählerisch ist und jeden ranlässt, der nicht angewidert die Flucht ergreift... da kann man schon mal Prinzipien und Karrierepläne vergessen, nicht wahr?

    Mit stoischer Ruhe unterzog sich Phryne der schmerzhaften Behandlung der Epilation. Von Clavina konnte sie ab und an ein unterdrücktes Stöhnen hören. Anschließend widmete sich eine der Thermensklavinnen der Maniküre und Pediküre der beiden Damen. Als auch diese Prozedur beendet war, setzte sich Phryne auf und lächelte Calvina an.


    Für dich habe ich einen Raum direkt neben dem reservieren lassen, in dem ich mich massieren lasse. Wenn du irgendetwas brauchst oder etwas nicht zu deiner Zufriedenheit sein sollte, dann rufe nach mir, meine Liebe. Ansonsten habe ich mir erlaubt, deiner Masseurin ein duftendes Massageöl zu geben. Du wirst die Behandlung genießen, das verspreche ich dir.


    Phryne zwinkerte Calvina zu. Dann schlang sie sich ein Handtuch um und nahm die junge Frau mit zu den Séparées. Rechts des Ganges, der die Warmbaderäume umgab, gingen Türen in kleine Kammern ab, die für die Massage genutzt wurden. Vor der ersten Tür stand eine zierliche Schwarzhaarige.


    Das ist Smikra. Sie wird dich massieren, Calvina. Und wie gesagt, ich bin gleich nebenan.


    Vor der nächsten Kammertür stand ein kräftiger Mann, dessen gebräunte Haut und schwarzes Haar seine Herkunft aus dem Osten des Reiches verrieten. Er trug nur einen Lendenschurz. Brust und Arme wurden von deutlich hervortretenden Muskeln modelliert. Der Mann lächelte.


    Das ist übrigens Xenophilus. Er ist ein Zauberkünstler mit den Händen. Was er mit diesen Fingern bewirken kann, ist in Gold nicht aufzuwiegen. Nun, dann wollen wir mal.


    Phryne lachte anzüglich und strich mit ihren langen Fingern über die nackte Brust des Sklaven. Dann ging sie an ihm vorbei in die Kammer. Nicht ohne Calvina noch einmal verräterisch zuzuzwinkern.
    Kaum hatte sich die Tür hinter sich geschlossen, nahm sie den Sklaven beiseite und flüsterte ihm ins Ohr.


    Nachdem du meinen Körper verwöhnt hast, darfst du nach Nebenan gehen. Die hübsche junge Frau dort ist noch unerfahren, sie kennt die Sensationen noch nicht, die ihr Körper zu fühlen in der Lage ist. Ich habe mit Smikra abgesprochen, dass du sie einfach ablöst und dann ein wenig auf Tuchfühlung gehst. Aber hörst du, sie ist noch Jungfrau, also vorsichtig. Sie soll nur lernen zu spüren, wozu ihr Körper fähig ist. Du versehst?


    Xenophilus nickte lächelnd. Der Gedanke, Calvina in die Vorzüge einer erotischen Massage einzuweisen, schien ihm zu gefallen.
    Phryne ließ das Handtuch fallen und legte sich auf die Massageliege. Mit genießerisch geschlossenen Augen erwartete sie die Zauberfinger des Masseurs.

    Phryne grinste höhnisch. Klar, ein Kind der Götter! Das war eine beliebte Ausrede für einen Bastard. Phryne war überzeugt davon, dass der junge Helvetier der Vater war und die Kräuterfrau es nur nicht zugeben wollte. Aber sie würde schon dafür sorgen, dass das Gerücht die Runde machte.


    Na, dann wünsche ich dir viel Spaß mit deinem Götterkind. Wann entspringt es denn deinem Leib, in voller Rüstung und göttlichem Glanz? Wie auch immer, ich nehme je eine Unze voll Weihrauch und Myrrhe. Was bekommst du?

    Phryne ärgerte sich über die deutlichen Anspielungen der Kräuterfrau, die sie in einen Topf mit einer gemeinen Lupa warfen.


    Ja, ich möchte einer Schwangerschaft vorbeugen, denn wenn man keine Vorkehrungen trifft, ergeht es einem wie dir, liebe Alpina. Dann wird man ledig schwanger und muss sehen wie man mit der Schande zurechtkommt. Wer ist denn der Vater des Kindes? Der verstockte kleine Aedituus des Apollo Grannus?


    Sie lachte anzüglich auf.


    Natürlich, wer sonst? War ja nicht anders zu erwarten, wenn zwei junge Leute wie ihr unter einem Dach zusammenleben. Da ergeben sich sicher ein paar schöne zweisame Momente. Das könnte allerdings ein kleines Karrierehindernis sein für den angehenden Priester. Da hättest du mal lieber die Mischung aus Weihrauch, Myrrhe und Essig benutzt.


    Mit einem bösen Grinsen zog Phryne die Augenbrauen hoch.


    Da ich aber momentan keine andere Wahl habe, nehme ich dein Angebot an. Wieviel davon muss ich denn nehmen, wie setzt sich die Mischung zusammen?

    Nur eine Woche nach ihrem letzten Besuch in der Taberna Medica öffnete Phryne erneut die Tür des kleinen Ladens. Die Ladeninhaberin verpackte gerade eine Teemischung in eine Tüte und wog sie an einer Handwaage ab. Ihr Blick verriet, dass sie nicht begeistert war, Phryne zu sehen.


    Salve, Susina Alpina. Ich komme erneut wegen der Granatapfelstücke. Du hast nicht zufällig noch welche im Lager gefunden, oder? Sonst muss ich über Alternativen nachdenken. Du hast da etwas angedeutet. Was wäre das denn?

    Phryne tigerte aufgebracht in ihrem Atrium auf und ab. Korone war gerade von einem weiteren vergeblichen Erkundungsgang zurückgekehrt. Sie hatte einen anderen Händler auftreiben wollen, der sie mit den Granatapfelstücken versorgte, mit deren Hilfe sie Empfängnisverhütung betrieb. Bei ihrem Lebenswandel musste man vorsichtig sein. Phryne hatte keine Lust auf eine Schwangerschaft. Sie wollte sich ihre Figur und ihre Attraktivität erhalten. Monatelang einen dicken Bauch vor sich her zu tragen um danach Schwangerschaftsstreifen an Bauch und Busen zu haben - nein! Unmöglich.
    Doch im ganzen Mogontiacum war kein Granatapfel aufzutreiben und man hatte Korone auch keine Hoffnungen gemacht, dass es vor dem Sommer Nachschub geben würde. Phryne musste über Alternativen nachdenken. Die nachträglichen Spülungen mit Essigwasser oder Alaun waren zwar sicher nicht falsch, aber wesentlich unsichere Methoden als das getränkte Schwämmchen.
    Es half alles nichts. Sie würde in den kommenden Tagen noch einmal in die Taberna Medica dieserAlpina gehen müssen und nach einer Alternative für die Granatäpfel fragen. Schließlich war die Frau auch Hebamme. Wer Kindern auf die Welt helfen konnte, wusste sicher auch, wie man verhinderte, welche zu bekommen.

    Mit einem Lächeln auf den Lippen sah Phryne das offensichtliche Wohlgefallen bei Calvina als sie ihre Waschung ausweitete.


    Calvina, du bist naiv. Nur weil er den Schüchternen miemt, heißt das noch lange nicht, dass er kein Wässerchen trüben kann. Es ist ein guter Trick ein tugendhaftes Mädchen wie dich zu ködern. Ich kann dir nur sagen, dass er schon einmal in Verruf geraten ist, eine Affäre mit einem nicht standesgemäßen Mädchen gehabt zu haben. Die ganze Stadt hat davon gesprochen, weil er sie wohl öffentlich recht hemmungslos geküsst hat. Nun, er ist jung, da macht man Fehler. Soviel ich weiß, war diese Geschichte jedoch eher ein Strohfeuer. Doch vorsicht, Calvina, so harmlos wie er tut, ist Marcellus nicht. Du solltest ein wenig Vorsicht walten lassen, wenn du dir deine Jungfräulichkeit noch eine Weile erhalten willst.


    Sie legte den Schwamm beiseite.


    Und nun komm, wir werden uns zunächst im Tepidarium die lästigen Härchen an sensiblen Stellen entfernen und eine Maniküre und Pediküre geben lassen. Danach habe ich zwei Extraräume für uns gebucht, für eine Massage der müden Muskeln nach dem Sport.


    Phryne zwinkerte Calvina verschwörerisch zu und entstieg dem Bade wie einst Venus dem Ozean.

    Entsetzt starrte Phryne die Kräuterfrau an. Sie hatte keine Granatapfelstücke mehr? Ja, und nun?
    Dazu noch die indiskrete Frage, wozu sie die Granatäpfel bräuchte. Phryne wurde wütend.


    Nun, wenn das so ist. An der Alternative, mit der du versucht hast, eine Schwangerschaft zu verhindern, bin ich jedenfalls nicht interessiert. Ich werde wohl lieber mein Glück woanders versuchen. Es wird ja wohl noch mehr Kräuterhändler in dieser Stadt geben. Vale, Alpina.


    Mit hocherhobenem Haupt drehte sich Phryne um und verließ die Taberna Medica.