Beiträge von Nelia

    Nelia war froh vom Markt und somit aus der Menschenmenge heraus zu kommen. Ihr Herr hielt sie fest an der Hand, so als wollte er vermeiden, dass sie ihm in Menge verloren ging oder bedrängt wurde. Als sie die Tonstrina erreichten, atmete die junge Frau erleichert auf. Sie mochte es nicht, wenn so viele Leute ihr so nahe kamen. Und nun war sie gespannt was Casca zu seinem neuen Laden sagen würde. Nelia blickte zu ihm auf und ein vergnügtes Schmunzeln lag auf ihren Lippen, als sie den Kopf schüttelte.


    "Wenn ich dir das verrate ist es ja keine Überraschung mehr."


    Nein, nein. Das musste er schon selbst herausfinden. So drängte Nelia in sanft nach vorne zum Eingang. Ein bisschen mulmig, ob es ihm gefallen würde war ihr natürlich auch. Denn wenn nicht, wäre die ganze Arbeit umsonst gewesen.

    Casca kaufte den Käse in der gewünschten Menge und Nelia war erleichtert, dass der junge Mann nicht noch ein Extra für die Verpackung verlangte. Wäre ja auch noch schöner.
    Sie wartete gedunldig, bis die Laibe eingepackt waren und ihr Herr gezahlt hatte. Sie war zu hippelig um noch länger hier herum zu stehen. Sowas war für die junge Sklavin vergeudetet Zeit. Und sie wollte doch endlich Casca die Tonstrina zeigen. Fragend sah sie zu ihm auf.
    "Können wir dann?" Das 'Herr' ließ sie weg. Sie wollte nicht, dass jeder im hörbaren Umkreis wusste, dass sie lediglich eine wertlose Sklavin war, mit der sich Casca in der Öffentlichkeit zeigte. Denn damit hätte sie ihn bloßgestellt und nicht lag ihr ferner.
    Sie nickte dem jungen Verkäufer kurz zu. "Einen schönen und erfolgreichen Tag noch."

    Nelia strahlte förmlich. Auch deswegen, weil Marcus ihr das kleine Vergehen gerade, nicht übel zu nehmen schien. Im Gegenteil. Er hatte es, ob der Erleichterung, wohl auch genossen. "Du hast wunderbar und fehlerlos gesprochen." sagte sie während er ihr einen Becher Wein reichte. Das hatte sie ihm gar nicht zugetraut, wenn sie ehrlich war. Plapperte er doch sonst einfach so drauf los. Aber das sagte sie natürlich nicht laut. "Ich danke DIR. Es war, trotz der Aufregung, wirklich eine Freude." Sie trank einen Schluck, der sich sofort warm in ihrem Magen ausbreitete. Ja, sie musst bald etwas essen.

    Nelia legte noch ein letztes Mal ermutigend die Hand auf Marcus Schulter und nickte. Dann trat dieser auf die Bühne. Sie war selbst nervös und hoffte auf das Wohlwollen der Menschen da draußen. Nichts war schlimmer als mit nach unten gerichtetem Daumen und BUH-Rufen empfangen zu werden. Doch diese Leute wollten die Rhetoren sehen und hören. Sie war dabei völlig gleichgültig. Somit hoffte Nelia, dass alles gut gehen würde. Sie kannte genau den Zeitpunkt, wann sie nach vorne treten musste. Somit wartete sie den ersten Satz von Scipio ab, setzte ein kleines Lächeln auf, straffte die Schultern und trat an Marcus Seite. Ihre blauen Augen wanderten über die Gesichter der Zuschauer, ohne an einem festzuhalten.


    Der warme Wind spielte sanft mit ihren langen Haaren. Plötzlich war jede Aufregung von ihr abgefallen. Hier an dieser Stelle war sie Helena. Eine fremde Person, deren Rolle sie übernommen hatte. Und doch schlich sich eine leichte Röte auf ihre Wangen, als der junge Redner ihre Schönheit und Anmut erwähnte. Seine Verteidigung hatte er wunderbar und ohne zu stocken oder zu haspeln hinbekommen. Nelia war stolz auf Marcus der sich schließlich verbeugte und mit ihr zusammen die Bühne verließ. Erleichtert atmete Nelia aus, schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und fiel ihm um den Hals. "Das ist geschafft." Doch dann löste sie sich schnell von ihm und blickte zu Boden. "Verzeihung."

    Scipio & Nelia


    "Sicher habe ich weniger Grund, als du. Ich muss ja nur rumstehen." meinte Nelia schmunzelnd, drückte noch einmal den Unterarm des jungen Mannes neben ihr und ließ ihn dann los. "Was meinst du? Warum sollte er mit dir strenger sein, als mit den Anderen?" Das verstand Nelia nicht so ganz, hatte sie etwas verpasst? Wahrscheinlich. Sie verbrachte schließlich die meiste Zeit mit Casca, da verpasste mal wohl so einiges. "Alles wird gut. Mach dich nicht verrückt, Marcus." Sie sprach mit dem Dunkelhaarigen wie mit einem Freund. Nicht sicher ob sie das durfte. Doch würde sie ihn gerne als Freund ansehen.

    Nelia lächelte zuversichtlich und nickte dann. "Du wirst hervorragend sein. Aber hör auf, mir zu schmeicheln. Das macht mich nur noch nervöser." Es war tatsächlich so. Nelia war Komplimente nicht gewohnt und wusste damit nicht umzugehen. Sie dachte jetzt nur noch daran es hinter sich zu bringen. Wahrscheinlich würde sie später drüber lachen. Doch im Augenblick war ihr ganz mulmig zumute. Ihr Magen flatterte und ihr Herz trommelte gegen ihre Rippen. Solange keine Spötteleien oder gar Buh-Rufe aus dem Publikum kamen, war alles gut. Und sie hoffte, dass Scipio die Leute mit seiner Rede fesseln konnte.

    Das klang jetzt nicht so schwer. Nur auf Scipios Kommando hören und da raus gehen. Und doch prickelte Nelias Haut und sie vergaß zu atmen. "Wein haben wir uns auch verdient, nach der Aufregung." Sie nickte und legte ihre Hand auf den Arm des jungen Mannes. "Beruhige dich. Du wirst das hervorragend meistern." Ja, da war sie sich sicher und froh, dass sie selbst nichts tun musste außer anwesend zu sein. Wahrscheinlich versuchte Nelia sich damit selbst zu beruhigen. Sie redete sich ein, alles wäre halb so schlimm. Aber alle würden sie ansehen. Vielleicht sollte sie sich die Leute einfach nackt vorstellen, doch dann würde sie lachen müssen.

    Nelia blickte unsicher über die Tribünen und Sitzplätze. Viele Menschen waren gekommen und hatten sich niedergelassen um die Redner zu sehen. Scipio hatte der Sklavin eine wunderschöne Tunika bringen lassen, die sie nun trug. Ihre Haare hingen ihr offen über den Rücken. Sie fühlte sich ein bisschen wie eine der edlen Damen da draußen. Und doch war sie nur eine Sklavin. Ein Mädchen aus dem Dorf, das nicht wusste wie ihr geschah. Solch eine Menschenansammlung war ihr eh schon unheimlich und nun übertrug sich Marcus Nervosität zusätzlich auf sie. "Frag mich mal. Ich sehe die Personen, aber ich kenne sie doch nicht, Scipio." Wisperte Nelia und schluckte trocken. "Auf was hab ich mich da nur eingelassen." Das war mehr eine Feststellung, als eine Frage. "Egal was du geplant hast. Ich werde weder etwas sagen noch irgendwas tun." Sie würde einfach dastehen wie ein Statue. Das Mädchen musste sie eh schon zusammenreißen um nicht Hals über Kopf zu fliehen.

    Der Junge Mann kannte Casca nicht und ließ daher auch nicht mit sich handeln. Obwohl der Handel doch dazu gehörte, also ganz offiziell und nur nur durch Bekanntheitsgrade. Schließlich musste Nelia sich gedulden, bis die Beiden Männer sich einig würden. Also stand sie ein fach nur da, lächelte freundlich und wartete. Ihr Herr zog sie etwas näher zu sich und Nel musste sich beherrschen nicht den Arm um seine Hüfte zu legen. War es denn nicht üblich einen kleinen Nachlass zu gewähren, wenn man gleich drei Laibe Käse erstehen wollte? Nelia presste die Lippen zusammen, denn diese Frage lag schon verdammt locker und ziemlich weit vorne auf ihrer Zunge. Doch sich als Frau in Männer-Verhandlungen einzumischen, kam nicht gut an.

    Nelia hatte keinen Sinn mehr für das Gespräch über Schafe, Wolle und Schur. Ihre Augen hingen an ihrem Herren und seine an ihr. Es war seltsam, aber plötzlich breitete sich ein warmes Gefühl in ihrem Magen aus. Und diese Wärme wurde mal mit Sicherheit nicht durch ein Stückchen Käse verursacht. Doch als sie den Namen Scipio hörte, war sie wieder ganz da. "Ähm..." kam nun leise von der jungen Sklavin. Konnte ja sein, dass Scipio gute Geschäfte machte. Doch war Nelia sich nicht sicher, ob sie den jungen Mann mochte. Er hatte sich beim Fest zu sehr zwischen Casca und sie gedrängt. Wusste alles besser und hatte sie versucht loszuwerden. Zumindest empfand Nelia es an diesem Abend so und das gefiel ihr ganz und gar nicht.


    Sie verdrängte den Mann aus ihren Gedanken und hob ihr Gesicht wieder ihrem Herren zu. "Wir sollten nicht allzulange hier verweilen, Casca." wisperte sie ihm zu, da sie nicht unhöflich erscheinen wollte. "Aber wenn wir noch in die Tonstrina möchten und dann Picknicken..." Sie ließ den Satz bewusst offen, denn Casca wusste selbst, dass die Sonne nicht mehr lange ihre wärmenden Strahlen auf sie runter senden würde. Der Frühling kam, aber gegen Abend wurde es doch noch ziemlich frisch.

    Nelia bekam von dem Gespräch über Schafe, Frühling und Käse kaum etwas mit, weil sie diesem aufdringlichen Gaukler klar machen wollte, wo sie hingehörte. Doch das schien diesen Clown nicht wirklich zu interessieren. Er glotzte blöde, die Glöckchen klimperten leise als er näher kam und eine Verbeugung andeutete. Doch Casca schien trotz seinem Gespräch ihre Bredouille zu spüren und gab seinen Unmut preis, indem er den aufdringlichen Kerl verscheuchte. Nun war Nelia wieder ganz bei ihrem Herren und nickte auf seinen Vorschlag hin. "Ein Picknick? Das klingt wundervoll. Er sehr gute Idee." Sie freute sich riesig, dass Casca noch mehr Zeit mit ihr verbringen wollte.


    Vielleicht mochte er sie ja doch ein bisschen. Also zumindest ein kleine wenig so wie sie ihn mochte. Die Vorstellung er könnte ihrer überdrüssig werden, machte Nelia Angst. Im Haus eine andere Position zu bekommen, wäre ihr schon ein Greul. Aber der Gedanke verkauft zu werden, würde ihr das Herz brechen. Sie strich sich eine lange Strähne hinters Ohr. Doch der leichte Wind zauste ihre Haare immer wieder.


    Sie sah nun den jungen Verkäufer aufmerksam an. Nelia wollte den Preis hören und überschlagen ob es ein gutes Angebot war. Denn manche Händler gingen wirklich dreist mit den Kunden um, und setzen erst einmal einen sehr hohen Preis an. Dann ließen sie sich zwar runter handeln, waren aber immer noch teurer als es die Ware letztlich wert war. Zu lange wollte Nel hier auch nicht verweilen, denn Casca hatte seine Tonstrina ja noch nicht einmal gesehen. Und die junge Sklavin war schon ganz aufgeregt.

    Nelia probierte noch ein Stückchen Käse. Sie fand, dass gerade das herzhafte gut mit Süßem zu kombinieren war. Sie liebte solche Kombinationen. "Zwiebel? Nein, Feige. Definitiv Feige. Oder Trauben natürlich." So verschieden waren eben die Geschmäcker. Und darüber zu diskutieren müßig, weil eh jeder besser wusste was er mochte und was nicht. Die Flüssigkeit in der die Käsekugeln schwammen kam Nelia irgendwie bekannt vor. "Ah ich erinnere mich, dass eine Frau aus meinem Dorf, gerne Käse in gesalzener Buttermilch einlegte. Natürlich nicht sehr lange, weil die Milch auch sehr empfindlich war. Aber es gab dem Ganzen die nötige Feuchte und einen zarten Geschmack."


    Gerne nahm sie von Casca den Becher entgegen um zu probieren. "In der Tat. Gewöhnungsbedürftig. Aber nicht schlecht." Dann fing ihr Herr an über das Wetter und Schafe zu reden. Nelia stellte den Becher ab und blickte zu einem Stand, an dem eine uralte Frau irgendwelchen Fladen auf heißen Steinen backte. Es war faszinierend zu sehen wie diese alten Hände flink und geschickt einen Teigklumpen zu einem hauchdünnen Etwas formten. Nelia überlegte wie es wäre, selbst einen solchen Stand zu besitzen und etwas Außergewöhnliches feil zu bieten.


    Aber sie hatten die Tonstrina, oder vielmehr Casca und darauf mussten sie sich konzentrieren. Der Laden würde laufen, das wusste Nelia. Aber man musste immer wieder ein Augen auf die beiden Sklaven haben. Sonst würden sie nur Unfug machen und in ihr altes Schema zurückfallen. Zwei Gaukler holten Nelia aus ihren Gedanken. Sie kamen in bunten Tuniken mit vielen Glöckchen dran durch die Stände gehüpft. Und die junge Sklavin drückte sich unwillkürlich dichter an Casca, als einer von ihnen sich vor ihr verbeugte und sie ziemlich offensichtlich anstarrte.

    Nelia schaffte es sich von ihrem unzüchtigen Gedanken los zu reißen, als der junge Verkäufer sprach und seinen Käse schließlich zum Probieren anbot. Nachdem Casca sich ein Stückchen genommen hatte, streckte auch Nel die Hand aus, nahm einen Teil und schob ihn gleich ganz in den Mund. Es schmeckt besser als angenommen. Würzig frisch. Nicht nach Salz sondern mild aromatisch. "Hm, das ist gut." lobte sie mit einem Blick auf den Burschen. "Wirklich." setzte sie kauend nach.


    Mit Käse war Nelia immer schon vorsichtig. Sie hatte schon Ziegenkäse erwischt, der so nach Stall schmeckte, dass man ihn kaum runter bekommen konnte und glaube auf alter Einstreu zu kauen. Oder aber er stank zum Himmel, was Nelia gänzlich den Spaß verdarb. Aber der hier hatte etwas. Und er milderte sogar den Salzgehalt, der noch immer auf ihrer Zunge zu liegen schien. "Sehr lecker. Würde gut zu Feigen passen. Was meinst du?" Fragend sah sie ihren Herren an. Wollte wissen was er dazu meinte.

    Nelia nickte und atmete tief ein und aus, um alle die Gerüche und Eindrücke in sich aufzunehmen. Es roch nach frischem Brot von der einen Seite und süßem Obst von der Anderen. Sie wusste gar nicht mehr, wo sie zuerst hinschauen sollte. Also blickte sie lächelnd zu ihrem Herren auf. Das Salz der Speise klebte immer noch leicht an ihren Lippen und auf ihrer Zunge. Es machte Durst. Ließ sich nicht vertreiben. Da würde ein Stückchen milder Käse und vielleicht ein paar süße Trauben dazu sicher gut tun. Eben hätte sie am liebsten um Wasser gebettelt, doch nun als sie Cascas warmen Blick einfing, vergaß sie was sie sagen wollte.


    Der Tag war so wundervoll, dass die schlechte Garküche ihr diesen auch nicht verderben konnte. "Vielleicht war der Koch ja verliebt." sagte sie leise mit einem kleinen Funkeln in den blauen Augen. Sie mochte nicht, dass ihr Herr sich an so einem Tag über irgendetwas ärgerte. So legte sie die andere Hand ebenfalls auf seinen Arm und ließ sich zum Stand führen. Ein junger Bursche begrüßte sie freundlich und erkundigte sich nach ihrem Anliegen. Nelia schwieg und überließ Casca das Reden. Dann nickte sie wieder ohne den Blick von seinem hübschen Gesicht zu nehmen. "Nicht salzig. Nein." Sagte sie leise und der Junge hinter dem Stand war ausgeblendet. Er hatte nicht Kleine gesagt. Obwohl es ja der Wahrheit entsprach, wenn man die körperlich Größe nahm.


    'Meine Liebe' klang so viel besser. Nelia ertappte sich bei dem Gedanken, gerne wissen zu wollen, ob Cascas Lippen auch noch nach Salz schmecken würden. Wie ein warmer Ball aus gelbem Licht breitete sich das Gefühl von ihrem Magen bis zu ihren Fingerspitzen aus und hüllte sie ein. Dann wurde ihr schlagartig klar, was sie da gerade tat. Was war nur los mit ihr? Das musste an dieser Atmosphäre liegen. Konnte ja nur so sein. Ihre langen Wimpern senkten sich, als sie etwas beschämt den Blick auf ihre Hand richtete, die auf der warmen Haut ihres Herren lag. Rasch versuchte das Mädchen Ordnung ihn ihre verwirrenden Gefühle zu bringen. So etwas durft sie nicht einmal im Traum denken. Es war falsch.

    Casca hatte vorgeschlagen den Markt zu besuchen und dann in die Tonstrina zu gehen. Nelia freute sich schon den ganzen Morgen darauf. Sie machte sich fertig und schlang ein Tuch über die Schultern. Das Wetter war wundervoll, doch es wehte ein kühler Wind. Gemeinsam schlenderten sie durch die Gassen und Nel fühlte sich wie eine Frau, vergaß beinahe, dass sie doch nur eine Sklavin war. Die Blicke mancher Menschen störten sie. Frauen mit Wohlwollen oder Neid in den Augen. Männer offen und zum Teil geradezu lüstern. Das Mädchen sah zu ihrem Herren auf und hakte sich etwas unsicher bei ihm unter. Sie wollte zeigen wo sie hingehörte.


    In einer der Garküchen aßen sie. Es roch sehr verführerisch und lecker. Doch das Essen war eher versalzen, als es wirklich Geschmack hergab. Nelia wurde von Durst gequälte und Casca versuchte heimlich Fleischfasern zu entfernen, die ihm wohl in den Zähnen hingen.
    "Käse klingt verlockend. Wenn er nicht salzig ist." Sie konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Ob es hier auch diese Honigmandeln gab, vor der die Küchensklavin so geschwärmt hatte? Mit großen Augen besah sich Nelia die Stände mit all den wunderbaren Auslagen. Wäre sie Cascas Frau, dann... nein ihr Herr musste sparen. Und zum Glück besaß Nelia nicht das Recht Wünsche zu äußern, denn sie wusste genau er würde ihr das Ein oder Andere nicht abschlagen.

    Natürlich konnte Nelia verstehen, dass man zu nichts Lust hatte, wenn es einem nicht gut ging. Dennoch hatte sie gehofft, dass ihr Herr begeistert seine Tonstrina sehen wollte. Naja, damit musste sie nun leben.
    "Ist schon gut, Casca. entspanne dich und ruh dich aus. Wir machen das dann einfach morgen, wenn es dir besser geht."
    Sie wollte im Augenblick einfach nur in heißes Wasser. Ihre Muskeln schmerzten. Sie hatte schon seit Tagen, die Anstrengung in ihrem Körper gespürt. Es war ungewohnt und sie hatte sich kaum eine Pause gegönnt. Zudem hatte Nelia überall Farbe. Auf der Wange, im Haar, an Händen und Armen.
    "Ich werde dann mal das Bad aufsuchen."
    Nel wollte sich schon abwenden, als ihr Cascas Frage wieder einfiel.


    "Ulcus und Quix wirst du kaum wiedererkennen."
    Sagte sie und schmunzelte dann frech.
    "Wobei aus Ulcus einen Menschen zu machen, die Größte Herausforderung war."
    Der Kerl war einfach ein Riese und kein schöner Mann. Man konnte ihn nicht mal als hübsch bezeichnen. Aber dafür konnte er ja nichts. Doch, dass er sich und seine Kleidung sauber und ansehnlich hielt, dafür konnte er allerdings sorgen.
    "Ich hatte ihm gedroht, ihn auf die Straße zu setzen, wenn das in Zukunft nicht klappten sollte."
    Natürlich war das nicht Nelias Entscheidung und sie hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt mit dieser Ansage. Aber Ulcus hatte es ihr anscheinend abgenommen, dass Casca ihr diese Freiheiten gewährt haben sollte.
    "Es hat mich an geknurrt, wie ein Berglöwe. Aber dann hingenommen."
    Sie drückte ihren Herren nochmal kurz an sich und hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn.
    "Morgen ist alles wieder besser. Versprochen."
    Dann holte sie sich eine frische Tunika aus ihrer kleinen Truhe.
    "Ich bin bald wieder da."

    Nelia schenke Casca ein Lächeln. Zudem, dass sie selbst erschöpft war von der Schufterei und auch ein bisschen enttäuscht ihren Herren nicht in die Tonstrina entführen zu können, hatte das Ganze doch etwas Gutes, sie konnte sich selbst auch ausruhen. Vielleicht würden sie am Abend nach dem Mahl noch etwas spazieren gehen und dann... Genau das war ihr Ziel. Nelia schmunzelte, als Casca seine Hand über ihre legte. Es hatte so etwas vertrautes, als würden sie sich schon ewig kennen. Wäre sie nicht nur ein Sklavin, dann... Nelia musste sich das immer wieder sagen. Immer wieder vor Augen führen. Sie war nichts. Sie hatte in der Gesellschaft keinerlei Wert. Sie durfte sich niemals in falschen Hoffnungen wiegen. Denn wäre Casca ihr irgendwann überdrüssig, konnte er sie einfach abschieben, verkaufen, ja sogar töten. Keiner würde nach ihr fragen oder ihr gar eine einzige Träne nachweinen. Und doch...
    "Wenn du mein Kind sagst, Herr..." fing sie leise an. Das fühlte sich nicht richtig an. Auch wenn es liebevoll gemeint war. "Ich habe eine Idee. Komm doch mit mir zum Bad und nach dem Essen machen wir einen Spaziergang." Schlug sie vor. Die heiße Sommerluft am Tage war anstrengend, aber am Abend wenn es dunkel wurde, fand Nelia sie einfach wundervoll. Casca lehnte den Kopf an ihre Schulter und sie schlang ohne zu überlegen den Arm um ihn und streichelte ihn sachte. Ein bisschen Entspannung würde ihnen beiden gut tun. "Deine Tonstrina ist fertig, Herr. Selbst den letzten Krümel Staub habe ich heute beseitigt. Sie wartet nur auf dich und ihre Kunden." Sagte Nelia leise und blickte versonnen und auch ein bisschen stolz aus dem Fenster.

    "Herr. Schön dich zu sehen. Aber ...ohje."
    Casca schien doch mehr leidend zu sein, als sie gedacht hatte. Es war beinahe so als könne Nelia das Zwicken und Poldern in seinem Kopf selbst spüren.
    "Ein kühler Essiglappen wird dir helfen. Ich schicke gleich..."
    Sie sah sich um.
    "Wo ist Mukel? Achja und ich habe die Tonstrina fertig gemacht. Ich könnte sie dir zeigen, aber ich denke... du solltest dich noch eine Weile hinlegen."
    Es nervte Nel ein bisschen. Denn schließlich hatte sie den ganze Tag geschuftet, während ihr Herr sich seinen Leiden hingab, für die er selbst die Schuld trug. Aber das durfte sie ihm wohl kaum sagen. Nelia fuhr sich durch die staubigen und wirren Haare. Lang Strähnen hatte sich aus ihrem dicken Zopf gelöst und klebten auf ihrer Haut. Sie legte kurz die Hand auf Cascas Schulter.
    "Alles wird wieder gut. Gleich schicke ich Mukel nochmal los ein wenig Essig und kaltes Wasser zu besorgen. Und ich... ich brauchte dringend ein Bad."

    Nelia ließ Casca nicht aus den Augen. Sie wollte schon dazwischen gehen als der Hühne ihren herren so packte. Aber als Sklavin hätte sie da schlechte Karten und würde sich wahrscheinlich eine Ohrfeige einfachen. Dass sie heut nur ein Mädchen auf einem fest war, hatte sie ganz vergessen. Sie rutschte neben Casca und nahm seine Hand. "Ich bin da. Und gehe auch nicht ohne dich weg." Was er ihr noch entgegensäuselte, konnte sie nicht wirklich ernst nehmen. Doch sagte man nicht: Kinder und Betrunkene sprächen immer die Wahrheit? Wäre zu schön, wenn er sie mögen würde.


    Dann tauchte doch tatsächlich eine Tänzerin auf und Scipio meinte, sie würde Casca schon zum Einschlafen bewegen. Nelia schnaufte leicht genervt. Wie bitte sollte das denn geliegen? "Auch ich vermag ihn einfach ins Bett und zur Ruhe zu bringen." Was sollte der ganze Unfug hier? Waren alle Herren so kompliziert? Wahrscheinlich. Also fügte sich Nelia und hielt weiter die Finger ihres Herren fest in ihrer kleinen Hand umschlossen. Während er mit der Anderen seinen Becher mit dem vermeintlichen Wein immer wieder an die Lippen führte. Dabei nun der schönen Tänzerin Komplimente machte. Also konnte das eben unmöglich ernst gemeint sein. "Könnten wir das Theater jetzt beenden?" Wandte sie sich an Marcus. Mochte sein, dass er Recht hatte, doch Nelia wäre es lieber sich nun zurückziehen zu können und Casca mitzunehmen.

    Da das Fest für Nelia mehr oder weniger ins Wasser gefallen war, hatte sie sich an diesem Morgen sehr früh in die Tonstrina aufgemacht um die Reste des Umbaus zu beseitigen. Glücklich blickte das Mädchen sich in dem Raum um. Nur noch putzen und der Laden wäre einer der schönsten hier. Casca hatte ihr freie Hand gelassen und ihr das nötige Geld gegeben. Doch Nelia wusste, dass er davon nicht so viel besaß, wie die anderen hohen Herren. Daher war sie sehr sparsam damit umgegangen... hatte sogar noch was übrig.


    Auf dem Boden lagen dunkelgraue Terrakottafliesen, die Nelia billig erstanden hatte, da viele davon gebrochen waren. Somit lief man nun vom Eingang über einen Pfad aus Mosaik. Denn um die zerbrochenen Fließen zu ersetzen, hat Nel diese mit einem Stein noch kleiner geschlagen und aus den Stücken ein verschachteltes Muster gelegt, das die Kunden nun in den Raum führte. Der Rest der Fließen hatte zum Glück gerade so gereicht. Die Wand rechts und gegenüber des Eingangs strahlten in einem satten Orange und vermittelten einen wundervollen Sonnenuntergang. Die anderen Wände hatte Nelia in hellen Sandfarben angestrichen. Dann hatte sie in den jeweils gegenübergelegenen Farben filigrane Verzierungen in die Ecken gemalt.


    Auf dem Markt hatte das Mädchen sich bei einem Künstler Bilder vom Meer angesehen, da sie selbst noch nie an diesem war. Aber die Bilder hatten sie so inspiriert dass sie den Kunden diese Stimmung vermitteln wollte. Die wenigsten kamen ans Meer um mal etwas zu entspannen. Sie hatte unterschiedliche Gräser gesammelt die nun in Schalen steckten, die Nel mit Sand und Steinen gefüllt hatte. Die standen auf den Ablagen vor den Spiegeln. Der Maler hatte ihr sogar drei Schilder gemalt und in einer geschwungenen Schrift das geschrieben, was Nelia ihm diktierte. Dafür hatte sie im drei Freitagtermine versprochen.


    Auf einem Schild stand:
    Alles behaart sein ist tierisch! Die Rasur ist das Symbol der höheren Zivilisation.
    Ein gepflegtes Äußeres macht dich begehrenswert – erfolgreich – und fördert dein Wohlbefinden!


    Auf dem Zweiten:
    Rasiere dich jeden Morgen – du weißt nie, wenn eine Muse dich küssen will.


    Das Dritte beinhaltete ein Angebot, für das Casca noch den Preis festlegen musste:
    FREITAGSANGEBOT!
    Lass dich nach einer arbeitsreichen Woche, bei einem Becher Wein verwöhnen
    und betrete frisch und gepflegt dein Heim. Deine Liebste wird es dir danken.
    FREITAGS LÄNGER GEÖFFNET!


    Dabei hatte sich Nelia gedacht, dass man die Tonstrina etwas länger offen lassen sollte, als die anderen Läden. Damit auch die Geschäftsleute noch zur Rasur kommen konnten. Was Casca dazu meinte wusste sie noch nicht. Daher hingen nun die beiden ersten Schilder an der Wand neben den Spiegeln. Das Dritte konnte man dann immer noch aufhängen. Die junge Sklavin schuftete bis zum späten Nachmittag und betrachtete zufrieden ihr Werk. Alles glänzte, strahlte und duftete. Und wenn er wollte konnte der Herr morgen eröffnen. Sie hatte beschlossen selbst immer wieder nach dem Rechten zu sehen, damit es hier keine Nachlässigkeiten mehr gäbe.


    So betrat sie müde und staubig, aber gut gelaunt und beschwingt das Zimmer ihres Herren. Sie würde erst mal ein Bad brauchen, ehe sie Casca ihre fertige Arbeit präsentieren konnte. Doch als sie das Zimmer betrat, fand sie ihn am offenen Fenster und er sah katastrophal aus. "Die Nachwehen des Weines?" fragte sie und trat neben ihn. Ihren Herren so zu finden, trübte ihren Enthusiasmus dann doch ein wenig.