Beiträge von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS

    Der Kaiser dachte diesmal einen Augenblick länger im Stillen nach, davor er wieder zum lauten Denken überging. Es war ja auch alles andere als eine leichte Debatte, die sie gerade führten und auch als Herrscher eines großen Weltreiches musste man manchmal seine Gedanken erst ordnen, bevor man begann, sie auszusprechen. "Wie steht dieser Sospitos denn in Relation zu jenen Fraktionen, die du eben aufgezählt hast?" fragte er dann vorsichtig nach. "Du erwähntest eben die Zimthändler und Beduinen, die Tribute von den Karawanen eintreiben. Ich bin mir sicher, beide werden seine sehr klare Meinung über einen einflussreichen Weihrauchhändler haben. Ist es eine gute oder eine schlechte Meinung? Und wem könnte sich dieser Tayim zuwenden, wenn er die Unterstützung des Sospitos verliert? Könnte ihn das in die Arme eines gefährlicheren Gönners treiben und eine Allianz heraufbeschwören, die uns vor Probleme stellt?"


    Der Kaiser stellt die Frage nach dem alternativen Verlauf eines Limes Arabicus bewusst zurück, nahm sich aber vor, später noch einmal darauf zurück zu kommen. Aber je unklarer die Frage war, ob, wann und wie sie das Land gewinnen konnten, umso weniger drängend wurde die Frage, wie man es sichern konnte. Auch zum Angebot des Decimus Serapio, die Verbindung mit ihrem Kandidaten aufzunehmen, sagte er erst einmal nichts. Dass dies der nächste logische Schritt war, lag allerdings ohnehin auf der Hand und die Frage war wohl eher, mit welchen Vollmachten und Begleitern man ihn dafür ausstattete.

    Der Kaiser schien von der ausgerollten Karte angetan zu sein. Zumindest ließ er den Blick über die Zeichnung schweifen, auch abseits des Zeigefingers seines Gespärchspartners. Trotzdem hörte er weiter aufmerksam zu und wog im Kopf die verschiedenen Optionen ab. Da sie hier in vertraulicher Runde waren, konnte er allerdings etwas lauter denken. "Ein uns geneigter Stadtherr? Zweifellos, das sollten wir anstreben. Truppenverlegungen? Ja, das könnte ein geeignetes Zeichen sein. Wobei wir schauen müssten, welche Einheit geeignet ist. Vielleicht auch eine weiter entfernte Ala dauerhaft verlegen." Reitereinheiten waren leider teuer und daher nicht so leicht verfügbar wie die kostengünstigere Infanterie. "Einen Limes Arabicus errichten? Nun, diese Idee ist ja schon häufiger Thema gewesen. Wenn ich mich richtig erinnere, haben meine flavischen Vorgänger die Einrichtung der Provinz Iudaea zum Anlass genommen, derartige Pläne auszuarbeiten und zumindest das Straßennetz dafür in Teilen auch schon zu ertüchtigen. Vielleicht ist es wirklich eine lohnenswerte Investition, diese Pläne wieder zu intensivieren."


    Der Kaiser schien die Idee jedenfalls als Option behalten zu wollen, während im die weiteren Ideen augenscheinlich weniger zusagten. "Ja, wenn die Parther nicht wären, wäre die Eroberung des Landes unter den genannten Bedingungen sicher eine günstige Option. Aber wir sollten es meines Erachtens vermeiden, eine Konfrontation heraufzubeschwören, derer wir nicht sicher gewachsen sind. Unser letzter Krieg dort war ja nicht so ruhmreich. Aber andererseits hast du sicher Recht, wenn wir auf unser Vorrecht pochen, bei der Besetzung des Throns mitzureden, wie es in der Vergangenheit auch der Fall war. Es wäre demnach eine Eskalation von Seiten der Parther, wenn sie uns dieses Recht offensiv streitig machen wollen und angesichts der ebenfalls offenen Lage in Armenia bezweifle ich, dass sie das tun würden, wenn wir nur selbstbewusst genug auftreten. Würde Parthia sich stark genug für einen Krieg fühlen, würden sie den in Armenia beginnen, nicht in Nabataea." Zumindest war der Kaiser davon überzeugt.


    "Wer ist denn unsere Option als neuer Vasallenkönig? Was bietet er uns und was erwartet er dafür?" Eine solche Besetzung war immer ein Handel und Rom hatte immerhin einiges zu bieten.

    Der Kaiser nahm die erhoffte Antwort mit einem sichtbaren Zeichen der Erleichterung auf. Natürlich wäre eine erfolgreiche Mission noch besser gewesen, aber so war er jetzt zumindest kein Getreibener der Ereignisse, sondern konnte souverän entscheiden, wie Rom in Nabataea weiter verfahren sollte. Oder zumindest konnte er sich das einreden und es politisch so verkaufen.


    Bei den weiteren Ausführungen wurde sein Blick zunehmend leerer, je mehr verschiedene Parteien er zu hören bekam. "Hohepriester, Fächerträger, Zimthändler, Stammesfürsten? Das ist ja eine wirklich illustere Runde an Rivalen", kommentierte er. Bei genauerer Betrachtung war es zwar in anderen Provinzen des römischen Reichs auch nicht so anders und auch in Rom selber gab es zuweilen sehr schillernde Fraktionen, aber trotzdem wirkte die Situation in Nabataea zumindest für den Kaiser gerade ziemlich verworren. "Die Kanzlei wird einiges aufarbeiten und du sicher einiges doppelt und dreifach erzählen müssen, um die Lage zumindest halbwegs zutreffend zu erfassen", sagt der Kaiser dann mit Blick auf das Dossier, welches ihn am Vorabend eher dürftig vorbereitet hatte. "Wir werden immerhin die Consuln und den Senat unterrichten müssen über die Lage an unseren Grenzen. Und die Statthalter der Nachbarprovinzen ohnehin."


    Der Kaiser rechnete damit, dass das zu Fragen führen würde und er versuchte, sich die drängendsten davon gerade vorzustellen. "Die Via maris ist noch einigermaßen sicher, sagst du? Welche der Interessengruppen hat dort das Sagen und verfolgt welche Interessen? Haben wir Möglichkeiten, zumindest hier unseren Einfluss zu sichern?" Die Landverbindung von Iudaea nach Aegyptus erschien dem Kaiser einfach zu wichtig, um sie fahrlässig und ohne Not in Gefahr zu bringen.

    Der Kaiser folgte dem ersten Teil des Berichtes aufmerksam und mit einem zustimmenden Gesichtsausdruck. Offenbar stimmten die Informationen mit dem überein, was er dem eilig zusammengestellten Dossier entnommen hatte. Bei der Nennung der Parther verzog er kurz die Miene. "Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn sie ihre Finger mal rausgehalten hätten", warf er brummend ein. Dann fiel ihm ein, dass Decimus Serapio über andere Entwicklungen möglicherweise nicht ganz informiert war und hängte noch eine Erklärung an. "Im Streit um den armenischen Königsthron haben sie natürlich auch ihre Interessen vertreten müssen. Ich schickte meinen Sohn dorthin auf Mission, um ein angemessenes Gegengewicht aufzubieten." Über das Ausmaß des Erfolgs der Mission schwieg sich der Kaiser aus, was für sich genommen ja auch schon eine Information war. Immerhin sollte es hier aber auch nicht um Armenia gehen, sondern um Nabataea.


    Dass auch die dortige Mission nicht als Erfolg zu verbuchen war, schien den Kaiser nicht gänzlich zu überraschen. Die Völkerschaften an der Ostgrenze des Reiches waren bekanntlich alles andere als einfach und man konnte wahrlich nicht behaupten, dass Rom dort zu irgendeiner Zeit ununterbrochen Erfolge feiern konnte. "Das ist nicht gut. Schön, dass du es zumindest lebend zurück geschafft hast", kommentierte der Kaiser. "Galt der Hinterhalt dir persönlich, als Vertreter Roms, oder gibt es eine Interessengruppe, die allgemein verhindern möchte, dass jemand Kontakt mit der Königsfamilie aufnimmt?" Insgeheim hoffte der Kaiser wohl auf letzteres, denn ersteres wäre ein nur schwer zu verneinender Kriegsgrund. Auf einen Krieg wiederum war wohl derzeit niemand erpicht und die Truppen im Osten auch nicht hinreichend vorbereitet, was man wiederum als Schwäche oder Desinteresse auslegen könnte, wenn man auf einen guten Kriegsgrund hin nicht aktiv wurde. Und um den Eindruck des Desinteresses zu wecken hätte es völlig gereicht, die Mission gar nicht erst anzutreten, was für alle Beteiligten günstiger, erfreulicher, gesünder und schneller gewesen wäre. Erwartungsvoll blickte der Kaiser seinen Gesandten also an, in der Hoffnung auf eine zumindest diplomatisch akzeptable Erklärung.

    Der Kaiser hatte tatsächlich einen winzigen Augenblick nachdenken müssen, als die Kanzlei ihm den kurzfristigen Termin mit Decimus Serapio mitteilte. Natürlich war ihm die Nabataeafrage grundsätzlich bewusst, aber da es in der Region ruhig war und auch sonst niemand ein Interesse an einer schnellen Beantwortung eben jener Frage artikulierte, hatte er seine Aufmerksamkeit anderen Dingen gewidmet. Das heutige Treffen schob sie daher eher überraschend in den Mittelpunkt und der Kaiser hatte extra am Vorabend noch ein eilig zusammengestelltes Dossier der Kanzlei studiert, um heute informiert zu wirken.


    "Salve, Decimus!" erwiderte er den Gruß des weitgereisten Ritters und lud ihn zum Sitzen in einer weniger militärischen Haltung ein. Er schätzte den Respekt für die militärische Rangordnung, aber für ein Gespräch im Büro erschienen ihm zu viele Förmlichkeiten eher hinderlich. "Deine Rückkehr erfolgt überraschend. Wir haben hier nicht viel aus Nabataea gehört, was für sich genommen wohl eher gut als schlecht ist. Was kannst du mir berichten?"

    Der Kaiser hatte diesem Moment in den letzten Tagen zumindest ein wenig entgegengefiebert, sich das freilich in der Öffentlichkeit nicht anmerken lassen. Allenfalls daran, dass er bei seinen Terminen darauf bedacht war, jederzeit abkömmlich zu sein, hatte man erkennen können, dass er für die Rückkehr seiner Gattin unbedingt bereit sein wollte.


    Auch jetzt zeigte er unter den Augen der Diener und Wachen keine unangemessenen Emotionen, erwiderte das strahlende Lächeln seiner Gattin jedoch ebenso erfreut und herzlich. "Willkommen daheim. Ich bin glücklich, dich gesund und strahlend begrüßen zu können." Sanft ergriff er ihre Hände und zog seine Gattin damit zu sich. Nach einem Begrüßungskuss sah er ihr lächelnd ins Gesicht. "Du scheinst die Reise gut überstanden zu haben und hast bestimmt viel zu erzählen."


    Anschließend machte Severus eine Geste in Richtung des Wohngebäudes der kaiserlichen Familie. "Das Haus erwartet seine Herrin und steht ganz zu deiner Verfügung."

    Der Kaiser hatte die krankheitsbedingte Abwesenheit seines Procurator a Memoriae in den letzten Tagen kommentarlos hingenommen, erfreute sich aber dennoch an seiner Rückkehr. "Schön, dass die Götter dir gewogen waren und deine Krankheit nur kurz währte." Dann hörte er sich das erste Anliegen an. "Was bereits geprüft ist, soll veröffentlicht werden", lautete hierzu seine Entscheidung.

    Der Kaiser nickte verständnisvoll. Einige Patrizierfamilien waren sehr weit verzweigt. Aber es war immer begrüßenswert, wenn noble Familien sich für den Staat einbringen wollten. "Dann bin ich sicher, dass meine Prüfung zu einem positiven Ergebnis kommen wird." Er musste die Angaben des Aureliers ja verifizieren lassen. Nicht, dass er Lupus nicht traute. Aber die Einschätzung eines Fürsprechers musste doch mit den Richtlinien der eigenen Politik abgeglichen werden.


    Damit war die Audienz wohl tatsächlich beendet. "Dann wünsche ich euch viel Erfolg bei eurer Überprüfung. Haltet mich auf dem Laufenden!" Er erhob sich, kam zu den beiden Priestern herunter und reichte ihnen zum Abschied die Hand.

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM VIII ID AUG DCCCLXVIII A.U.C.
    (6.8.2018/115 n.Chr.)

    WIRD
    NERO TIBERIUS CAUDEX


    IN DEN
    ORDO SENATORIUS
    ERHOBEN.


    Es ist ihm fortan gestattet die Standesabzeichen der Senatoren zu tragen, den Senatorenring, den Latus Clavus und den Calceus Mulleus.


    Der Kaiser machte sich schon gedanklihc auf den Weg zum nächsten Termin, als Lupus noch eine völlig andere Sache ansprach. Ein Tiberier, der den Ordo Senatorius benötigte. Er strich sich durch den Bart.
    "Ich werde das prüfen." erklärte er schließlich. Für einen Patrizier war es ziemlich leicht, diesen Ordo verliehen zu bekommen. Wenn sich dann noch ein Senator für ihn einsetzte und er sich in einer Priesterschaft engagierte, umso mehr. "Stammt er dann aus der Stirps des Tiberius Lepidus?" Dieser weitere tiberische Senator war in Rom schon länger nicht mehr gesehen worden.

    Der Kaiser quittierte die Beteuerungen des Claudiers mit einem zufriedenen Lächeln. Er war zuversichtlich, dass er eine gute Wahl für dieses Kommando getroffen hatte.


    Nach den Auspizien kehrten sie auf das Tribunal zurück, von wo aus Menecrates seine kurze Ansprache hielt. Er deutete an, dass es Änderungen geben würde. Auch Severus war gespannt, wie sich seine Pläne entwickeln würden. Er selbst war ja skeptisch. Aber der Claudier würde schon keine allzu gravierenden Dummheiten begehen.


    Am Ende klatschte auch er ein wenig Beifall, ehe er sich den Offizieren zuwandte. "Meine Herren, es war mir eine Freude, euch wieder einmal zu treffen. Leider habe ich heute noch einige Termine zu absolvieren, die Kalenden des Augustus sind ja geradezu voll von Tempelweihfesten. Aber ich habe ja glücklicherweise gerade eben einen Stellvertreter bestimmt." Er zwinkerte dem Claudier vergnügt zu.


    Dann nickte er seinem Privatsekretär zu, der unterhalb des Tribunals beim kaiserlichen Stab stand. Sofort machte sich Aufbruchstimmung breit. Die Liktoren formierten sich und auch die Centurionen der Stadtkohorten brachten ihre Männer in hab-Acht-Stellung. Dann zog der Kaiser auch schon wieder ab.

    Der Kaiser nickte kurz auf den Gruß des Claudiers. Dann wandte er sich als letztes der versammelten Truppe zu.
    "Soldaten Roms!" rief er auf die Reihen der Männer in Paradeuniform herab. "Es ist mir eine Freude, heute wieder einmal euch alle versammelt zu sehen. Der Anlass meines Besuches ist euch sicherlich allen bekannt: Es gilt einen verdienten Präfekten zu verabschieden und einen neuen zu ernennen: Publius Stertinius Quartus wird am heutigen Tag sein Kommando über euch niederlegen, dafür wird Herius Claudius Menecrates es übernehmen, um euch auch in Zukunft gut zu führen."


    Er blickte hinter sich und zog mit einer freundlichen Geste seinen alten Kampfgefährten Stertinius an die Brüstung des Tribunals. Quartus und Severus waren bereits seit langer Zeit Freunde und der Stertinier hatte seinen "Wahlkampf" als Kaiser organisiert. Zum Dank hatte er das Consulat und die Stadtpräfektur erhalten. "Stertinius und ich blicken auf eine lange gemeinsame Geschichte zurück. Ganz Rom ist seine Karriere bekannt, wie er den Cursus Honorum bis zum Consulat durchlief, wie er sich in der Verwaltung Roms als Curator Operum Publicorum und Curator Viarum hervortat. Über die Stationen Lycia et Pamphylia und die Legio IX Hispana sammelte er auch außerhalb unserer italischen Heimat Erfahrungen und diente mir nun in den vergangenen Jahren treu als mein Vertreter für die Urbs und euer Kommandeur." Er strahlte Quartus fröhlich an. "Die Zahl der Jahre, die er dieses Amt ausfüllte, beweisen die Qualität seiner Arbeit. Ich möchte ihm deshalb ganz herzlich für seine Dienste danken und hoffe, dass er unserem Imperium noch lange zur Verfügung steht." Wieder drehte er sich zu dem Stertinier und umarmte ihn. Die Soldaten jubelten.


    Damit war die Entlassung abgeschlossen. Stertinius Quartus war kein großer Redner. Also hatte er darum gebeten, auch heute keine Ansprache halten zu müssen. Stattdessen trat er mit einem zufriedenen Lächeln wieder zurück in die Reihe der Offiziere.


    Der Kaiser blickte dagegen wieder zu den Männern. "Um euch aber auch weiter in guter Obhut zu wissen, möchte ich euch auch gleich euren neuen Präfekten vorstellen." Wieder blickte er zu den Offizieren und gab nun dem Claudier ein Zeichen, an seine Seite zu treten. "Dieser Mann hier ist Herius Claudius Menecrates. Auch er wird euch bekannt sein, denn vor nicht einmal einem Jahr bekleidete er das Consulat hier in Rom und machte sich mit zahlreichen Spielen und öffentlichen Opfern unvergesslich!" Er hob beschwichtigend den Zeigefinger. "Was euch aber sicherlich besonders freuen wird: Er ist trotz dieser Leistungen weniger ein Mann des Geredes und der Politik als ein Soldat! Obwohl Patrizier diente er als einfacher Soldat und stieg bei der Legion Trajans in den Rängen bis zum Tribun auf! Und kaum hatte er die erforderlichen Ämter im Cursus Honorum bekleidet, kehrte er als Legat zum Exercitus zurück und kommandierte die Legio II Germanica." Dass er dabei erkrankte und deshalb kaum am Feldzug gegen Salinator teilnahm, sparte Severus aus. Er hatte ja sowieso vor, dieses Kapitel der römischen Geschichte weniger hervorzuheben. Es spaltete nur. "Ihr könnt also versichert sein, dass ihr unter seinem Kommando stets ein offenes Ohr habt." Er lächelte verschmitzt. "Vielleicht sogar mehr als die Bürokraten in der Praefectura Urbis." Nun wandte er sich an Menecrates selbst. "Aber ich bin sicher, dass du, Claudius, mir ebenso wie Stertinius Quartus ein würdiger Stellvertreter in allen Fragen der Cura Urbis sein wirst. Lasst uns also auch die Zustimmung der Götter einholen, um dich in das neue Amt einzuführen."


    Der Augur hatte sich nicht mit auf das Tribunal begeben, sodass auch der Kaiser nun wieder hinunter auf den Exerzierplatz stieg und Menecrates bedeutete, ihm zu folgen. Die Einholung der Auspizien ex tripudiis war eine uralte Zeremonie, die schon Divus Iulius auf Feldzügen angewandt hatte. Da auch Menecrates ein Soldat war, hatte Severus sich für diese Form entschieden. Auch wenn der Claudier selbst keinen Anteil an der Zeremonie hatte (nur der Träger eines Imperium wie der Kaiser durfte Auspizien einholen), sollte er aus nächster Nähe zusehen. So wurde er Zeuge, wie Severus in einer uralten, festgelegten Form die Zustimmung des Iuppiter Optimus Maximus für die Entscheidung einholte, den Quiriten Herius Claudius Menecrates als Praefectus Urbi zu berufen. Daraufhin erfolgten Gebete des Auguren, bis schließlich der kleine Hühnerkäfig geöffnet wurde und das Federvieh herauskam. Unter weiteren Formeln wurden Körner auf den Boden gestreut, die die Vögel fraßen. Dann erklärte der Augur die Zustimmung des Göttervaters zu der Entscheidung des Kaisers.
    "Herzlichen Glückwunsch, Claudius!" bemerkte der Aquilier daraufhin in Richtung Menecrates und schüttelte ihm zufrieden die Hand. "Möchtest du ebenfalls ein paar Worte an die Truppe richten?"

    "Ausgezeichnet." erwiderte der Kaiser. Natürlich hätte er sonst selbst etwas organisieren lassen. Aber wenn der Claudier das übernahm, war es auch in Ordnung.


    Er sah noch einmal kurz zu seinem Privatsekretär, der kaum merklich den Kopf schüttelte. "Dann wäre das wohl alles für heute. Ich danke dir für dein Kommen!" Er erhobt sich und reichte dem Consular die Hand, dann war Menecrates vorerst entlassen. Sie würden sich zukünftig ja sicherlich häufiger sehen.

    Bei Fragen von Omen und Götterzeichen verließ Severus sich lieber auf die Fachleute. Entsprechend hielt er zu dieser Frage den Mund. Bei der Bedeutung von Regen für die Kriegführung hatte er dagegen eine Anekdote beizusteuern: "Das ist wahr. In der Nähe von Tapae musste ich die Verfolgung von Decebalus wegen des regnerischen Wetters abbrechen. Er hatte sich ins Bergland zurückgezogen und der Pass wurde durch das Wasser unpassierbar." Das hatte den Ausgang des Krieges eine Weile verzögert. Am Ende hatte der Aquilier aber doch triumphiert.

    Die Castra Praetoria befand sich außerhalb des Pomerium. Entsprechend konnte auch der Kaiser mit großem militärischem Gepränge erscheinen. Er trug die Rüstung des Oberkommandierenden mit einer Feldbinde, dazu das Paludamentum und einen Lorbeerkranz. Seinem Pferd voraus gingen zwölf Liktoren mit Beilen in ihren Rutenbündeln, ihm folgte eine Schar an Dienern, aber auch ein Augur mit seinen gefiederten Helfern, die hinter ihm in einem Käfig geführt wurden. Zuletzt folgte natürlich auch noch eine Abteilung Prätorianer, die den Kaiser heute ausnahmsweise in Rüstung begleitete.


    Severus nutzte den Anlass gleich für eine kleine Inspektion der Stadtkohorten und blickte seine Männer aufmerksam an, während er an ihnen vorbeiritt. Erst vor dem Tribunal stieg er ab und kam zu den Offizieren herauf. Dann begrüßte er zuerst den alten Amtsinhaber, dann den Neuen mit einem freundlichen "Claudius!" und schließlich die übrigen Tribune.

    Der Kaiser traf Heius Vibulanus häufig und wusste daher, dass der Mann amtsmüde war - zuletzt sprach er immer häufiger von seinem Landgut in der Nähe von Brundisium, wo er seinen Lebensabend verbringen wollte. Allerdings brauchte Severus dafür zuerst einen geeigneten Nachfolger.
    "Iunius Silanus hatte ich in der Tat auch schon im Auge." bestätigte er. "Ich hatte ihn ja zuerst als Tribun zu den Prätorianern geschickt, um seine Eignung so kurz nach der Rückkehr nach Rom noch einmal zu prüfen. Hast du Informationen, wie er sich bei der Truppe macht? Gibt es beispielsweise Neuigkeiten über seine Ermittlungen wegen der Christen und so weiter?" Ganz zu schweigen von den ungeheuerlichen Vorgängen im Palast, bei denen er die Verantwortlichen finden sollte.