Der Kaiser nickte kurz auf den Gruß des Claudiers. Dann wandte er sich als letztes der versammelten Truppe zu.
"Soldaten Roms!" rief er auf die Reihen der Männer in Paradeuniform herab. "Es ist mir eine Freude, heute wieder einmal euch alle versammelt zu sehen. Der Anlass meines Besuches ist euch sicherlich allen bekannt: Es gilt einen verdienten Präfekten zu verabschieden und einen neuen zu ernennen: Publius Stertinius Quartus wird am heutigen Tag sein Kommando über euch niederlegen, dafür wird Herius Claudius Menecrates es übernehmen, um euch auch in Zukunft gut zu führen."
Er blickte hinter sich und zog mit einer freundlichen Geste seinen alten Kampfgefährten Stertinius an die Brüstung des Tribunals. Quartus und Severus waren bereits seit langer Zeit Freunde und der Stertinier hatte seinen "Wahlkampf" als Kaiser organisiert. Zum Dank hatte er das Consulat und die Stadtpräfektur erhalten. "Stertinius und ich blicken auf eine lange gemeinsame Geschichte zurück. Ganz Rom ist seine Karriere bekannt, wie er den Cursus Honorum bis zum Consulat durchlief, wie er sich in der Verwaltung Roms als Curator Operum Publicorum und Curator Viarum hervortat. Über die Stationen Lycia et Pamphylia und die Legio IX Hispana sammelte er auch außerhalb unserer italischen Heimat Erfahrungen und diente mir nun in den vergangenen Jahren treu als mein Vertreter für die Urbs und euer Kommandeur." Er strahlte Quartus fröhlich an. "Die Zahl der Jahre, die er dieses Amt ausfüllte, beweisen die Qualität seiner Arbeit. Ich möchte ihm deshalb ganz herzlich für seine Dienste danken und hoffe, dass er unserem Imperium noch lange zur Verfügung steht." Wieder drehte er sich zu dem Stertinier und umarmte ihn. Die Soldaten jubelten.
Damit war die Entlassung abgeschlossen. Stertinius Quartus war kein großer Redner. Also hatte er darum gebeten, auch heute keine Ansprache halten zu müssen. Stattdessen trat er mit einem zufriedenen Lächeln wieder zurück in die Reihe der Offiziere.
Der Kaiser blickte dagegen wieder zu den Männern. "Um euch aber auch weiter in guter Obhut zu wissen, möchte ich euch auch gleich euren neuen Präfekten vorstellen." Wieder blickte er zu den Offizieren und gab nun dem Claudier ein Zeichen, an seine Seite zu treten. "Dieser Mann hier ist Herius Claudius Menecrates. Auch er wird euch bekannt sein, denn vor nicht einmal einem Jahr bekleidete er das Consulat hier in Rom und machte sich mit zahlreichen Spielen und öffentlichen Opfern unvergesslich!" Er hob beschwichtigend den Zeigefinger. "Was euch aber sicherlich besonders freuen wird: Er ist trotz dieser Leistungen weniger ein Mann des Geredes und der Politik als ein Soldat! Obwohl Patrizier diente er als einfacher Soldat und stieg bei der Legion Trajans in den Rängen bis zum Tribun auf! Und kaum hatte er die erforderlichen Ämter im Cursus Honorum bekleidet, kehrte er als Legat zum Exercitus zurück und kommandierte die Legio II Germanica." Dass er dabei erkrankte und deshalb kaum am Feldzug gegen Salinator teilnahm, sparte Severus aus. Er hatte ja sowieso vor, dieses Kapitel der römischen Geschichte weniger hervorzuheben. Es spaltete nur. "Ihr könnt also versichert sein, dass ihr unter seinem Kommando stets ein offenes Ohr habt." Er lächelte verschmitzt. "Vielleicht sogar mehr als die Bürokraten in der Praefectura Urbis." Nun wandte er sich an Menecrates selbst. "Aber ich bin sicher, dass du, Claudius, mir ebenso wie Stertinius Quartus ein würdiger Stellvertreter in allen Fragen der Cura Urbis sein wirst. Lasst uns also auch die Zustimmung der Götter einholen, um dich in das neue Amt einzuführen."
Der Augur hatte sich nicht mit auf das Tribunal begeben, sodass auch der Kaiser nun wieder hinunter auf den Exerzierplatz stieg und Menecrates bedeutete, ihm zu folgen. Die Einholung der Auspizien ex tripudiis war eine uralte Zeremonie, die schon Divus Iulius auf Feldzügen angewandt hatte. Da auch Menecrates ein Soldat war, hatte Severus sich für diese Form entschieden. Auch wenn der Claudier selbst keinen Anteil an der Zeremonie hatte (nur der Träger eines Imperium wie der Kaiser durfte Auspizien einholen), sollte er aus nächster Nähe zusehen. So wurde er Zeuge, wie Severus in einer uralten, festgelegten Form die Zustimmung des Iuppiter Optimus Maximus für die Entscheidung einholte, den Quiriten Herius Claudius Menecrates als Praefectus Urbi zu berufen. Daraufhin erfolgten Gebete des Auguren, bis schließlich der kleine Hühnerkäfig geöffnet wurde und das Federvieh herauskam. Unter weiteren Formeln wurden Körner auf den Boden gestreut, die die Vögel fraßen. Dann erklärte der Augur die Zustimmung des Göttervaters zu der Entscheidung des Kaisers.
"Herzlichen Glückwunsch, Claudius!" bemerkte der Aquilier daraufhin in Richtung Menecrates und schüttelte ihm zufrieden die Hand. "Möchtest du ebenfalls ein paar Worte an die Truppe richten?"