Beiträge von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS

    Die Hühner fraßen fleißig und der Kaiser sah zufrieden drein. Er hatte inzwischen genug Auspizien verfolgt um zu wissen, was das bedeutete. Und tatsächlich gab der Augur die entsprechenden Erklärungen, die es ihm erlaubten, seinen Kandidaten zu entsenden.


    "Marcus Decimus Livianus, Sohn des Quintus Decimus Mercator, das nun Folgende findet die Zustimmung der Götter:" erklärte er also feierlich. "Ich entsende dich in die Provinz Germania Superior, um dort als mein Statthalter in der Hauptstadt die Geschicke der Provinz zu führen. Ich beauftrage dich damit, die Sicherheit der Provinz zu gewährleisten und ihren Wohlstand zu mehren. Ich ermahne dich, die Gesetze zu befolgen, die Würde der Bevölkerung zu achten und dich nicht an diesem Amt zu bereichern. Ich übertrage dir zudem das Kommando über die Legio II Germanica." Zwei Diener traten vor und entfalteten ein Paludamentum, wie Severus selbst eines trug. Es war Tradition, dass jeder Statthalter auf dem Weg in seine Provinz so einen Feldherrenmantel trug. Die kaiserlichen Sklaven halfen dem Statthalter also aus seiner Toga und legten ihm den Mantel an.

    Der Kaiser nickte. Als Menecrates seinen Brief erwähnte, hielt Severus es für angebracht, kurz seinen Inhalt zu erwähnen. Die anderen Senatoren wussten ja noch nichts darüber. "Um alle in Kenntnis zu setzen: Ich schrieb Claudius, dass ich mir nach wie vor das Recht vorbehalte, meine Güterverwaltung und meine Kanzlei prinzipiell mit denen zu besetzen, die ich für geeignet halte. Da der Senat auch keinem anderen Senator vorschreibt, wen er als Vilicus oder Scriba einsetzt, beanspruche ich dieses Recht auch für mich. Ein Gesetz, das ohne meine Zustimmung die Besetzung von Posten in der kaiserlichen Verwaltung reguliert, fände ich daher etwas irritierend." So weit zur ritterlichen Verwaltung. "Wie Claudius erwähnte, bin ich aber durchaus bereit, dabei den Rat des Senats auch dazu zu hören. Früher waren es immerhin die kaiserlichen Libertini, die diese Ämter ausübten. Heute sind es Equites. Wenn der Senat mir also rät, zukünftig anders bei der Ämtervergabe vorzugehen, werde ich dies ernstlich in Betracht ziehen." So viel dazu.


    Um nicht hier eine inhaltliche Debatte loszutreten, machte Severus aber eine abwehrende Handbewegung. "Es würde mich freuen, wenn wir diesbezüglich weiter im Gespräch bleiben. Und es würde mich freuen, wenn du, Claudius, die Debatte weiterführen würdest." Der Kaiser wusste von einer gewissen Ermüdung des Claudiers. Aber Menecrates war der, der sich wohl am intensivsten mit der Thematik befasst hatte.

    Die Feinde des Decimers waren natürlich nicht gekommen. Aber die Zahl der Freunde war ja beachtlich genug, dass man die Feinde nicht zu fürchten brauchte. Der Kaiser strahlte also nochmals freundlich in die Menge. "Veturia ist auch schon ganz aufgeregt wegen ihrer Reise, nicht wahr?" bemerkte er dann und blickte zu seiner Gattin.


    Nun war es aber auch an der Zeit, die offizielle Zeremonie zu beginnen. Also begab er sich zu seinem Platz, gefolgt von seiner Entourage. "Werter Marcus Decimus Livianus, liebe Gäste!" begann er seine kurze Begrüßungsrede. "Als Imperator Caesar Augustus obliegen mir viele Aufgaben, wie es bekannt ist. In Zeiten wie diesen, wo ein Sklavenaufstand das Volk Roms in Schrecken versetzte und Senatoren auf offener Straße ermordet werden, werden sie nur umso zahlreicher." Sein Blick war nun ernst. Diese Dinge beschäftigten ihn tatsächlich sehr. Dann fiel sein Blick auf Livianus. "Glücklicherweise lasten diese Aufgaben aber nicht allein auf meinen Schultern. Die fähigsten Männer unseres Staates stehen mir zur Seite und so ist es mir eine Genugtuung zu wissen, dass einer von ihnen mich zukünftig am Rande des Imperiums vertreten wird. Er verfügt, wie allen hier bekannt sein dürfte, über langjährige Erfahrung in der Verwaltung und hat sich bereits als Feldherr hervorgetan. Es dürfte also kaum jemanden geben, der geeigneter ist, den Frieden mit den Chatten in Germania Superior zu hüten."
    Sein Blick wendete sich zur Augusta. "Diesem Mann möchte ich jedoch nicht nur meine Provinz, sondern sogar meine kostbare Ehefrau anvertrauen. Veturia Serena Augusta wird mit ihm aufbrechen, um in meinem Namen die Provinz zu besuchen, die Moral meiner Truppen zu stärken und um meinen neuen Stellvertreter bekannt zu machen." Dass sie vor allem auch nach dem Rechten sehen sollte, ließ der Kaiser unerwähnt. Das passte nicht in die Situation.


    Nun ging sein Blick zu dem Auguren, der ihn begleitete. Er stand neben dem Käfig gackernden Hühner. Für das militärische Auspicium waren Hühner die Boten der Götter. "Um ihm die Befehlsgewalt zu verleihen, meine Frau und meine Provinz angemessen zu schützen, werde ich nun die Auspizien einholen." Er machte eine kurze Pause und drehte sich dann zu dem Auguren. "So frage ich: Gefällt es dem Iuppiter Optimus Maximus, dass dieser Quirite, Marcus Decimus Livianus, Sohn des Quintus, zum Legatus Augusti pro Praetore Germaniae Superioris bestellt werde mit dem Imperium Delegatum und als mein Statthalter?" Der Augur begann ein Gebet zu murmeln und öffnete schließlich den Käfig, aus dem die Hühner sofort herauskamen. Dann warf er Getreide auf den Boden.

    Der Kaiser strich sich durch den Bart. Die Sache mit den Candidati Principis war immer schon eine schwierige Angelegenheit gewesen. Die meisten Senatoren fühlten sich gezwungen, jemanden zu wählen, den er offiziell unterstützte. Das machte die Abstimmung quasi überflüssig.
    "Wie gesagt habe keine Einwände gegen deine Ernennung, was du den Auguren gern mitteilen darfst." redete er sich deshalb etwas heraus. "Aber eine klare Empfehlung für dich kann ich derzeit nicht geben, wie ich fürchte. Immerhin haben wir uns gerade erst kennen gelernt und ich kann folglich schwer beurteilen, ob du ein geeigneter Augur wärst. Aber ich bin sicher, dass das Wort deines Großonkels bereits viel zählt. Vielleicht bittest du zusätzlich noch den ein oder anderen weiteren Senator um Unterstützung, dann bin ich sicher, dass mein Wort überhaupt nicht nötig sein wird." Was dem Senat das Gefühl geben würde, eigenständig entschieden zu haben.

    "Vielleicht ist das ein Modell, in der Tat." bestätigte der Kaiser. Auch, wenn Menecrates seines Wissens nach gewisse Frustrationen bei der Kommissionsarbeit erlebt hatte. "Aber ich wäre dir dankbar, wenn du dich diesbezüglich umhörst und die Sache in die Hand nimmst. Mein A Cognitionibus steht dir sicher auch mit Rat und Tat zur Seite." Dafür hatte er ihn ja.

    "Das hört sich ja gut an." antwortete der Kaiser und zuckte mit den Schultern. Er hatte sich für kultische Belange nie mehr als notwendig interessiert. "Unter diesen Umständen habe ich keine Einwände gegen deine Bewerbung als Augur. Traditionsgemäß werden die höchsten Collegia aber kooptiert und durch den Senat gewählt. Du solltest also ein Gesuch an Matius Metellus schreiben und ihm am besten auch eine Liste deiner Fürsprecher nennen. Er wird dann die Auguren abstimmen lassen und den Senat um Zustimmung bitten*." erklärte er das Verfahren. Als Mann des Senates hatte er diesem ja versprochen, ihn zur Rate zu ziehen. Das galt auch für kultische Belange.


    Sim-Off:

    * Du kannst einen Brief schicken. Der Narrator wird dann eine Abstimmung im Senat einleiten.

    Während die Gäste der Beauftragung schon fröhlich schwatzten, ließ Severus sich noch sein Paludamentum richten. Er würde heute traditionsgemäß als Militärbefehlshaber auftreten. Immerhin sollte Livianus ja als sein Legat die kaiserliche Provinz verwalten. Gleichzeitig war er aber auch als Ehemann hier, denn die Augusta würde ja mit dem Legaten nach Norden reisen. Entsprechend würde das Kaiserpaar heute gemeinsam auftreten.


    Fanfaren erklangen und mahnten zur Ruhe, als sich das große Portal der Basilica öffnete: Zuerst kamen mehrere Sklaven, die unter anderem das Paludamentum für den neuen Statthalter und Käfige mit den heiligen Hühnern trugen. Dann folgte der Augur, die Liktoren und schließlich der Kaiser im Feldherrenkostüm und die Veturia Serena in Reisekleidung, den jungen Caesar auf dem Arm. Als Spiegelung des staatlichen Personals folgten schließlich noch Dienerinnen und Ammen, die der Augusta bei Bedarf ihren Sohn abnehmen würden.


    Die kleine Prozession teilte sich und nahm Aufstellung, während das Kaiserpaar direkt auf den Decimer zuhielt. Dort angekommen reichte Severus seinem zukünftigen Legaten die Hand. "Salve, Decimus Livianus! Du scheinst ja schon jetzt in Rom vermisst zu werden!" Er blickte in den Saal mit den zahlreichen Gästen, die sich heute hier tummelten.

    Severus hörte zu viele Bewerbungen jeden Tag, um nicht alles in diese Kategorien einzuordnen. Aber diesmal lag er offensichtlich falsch. Der Purgitier suchte wohl nach einer etwas... flexibleren Aufgabe. "Nun, die Kommentierung unserer Gesetzestexte ist sicherlich eine vernünftige Sache." bestätigte er die Idee erst einmal allgemein. Er war selbst kein besonders guter Jurist. Dafür hatte er immer Berater gehabt. "Gerade für Laien wie mich selbst ist es oft nützlich, die juristischen Termini etwas klarer erklärt zu bekommen." Er strich sich nachdenklich durch den Bart. "Im Grunde ist der Codex Universalis - und auch der Iuridicialis - voll von Gesetzen, die einer guten Kommentierung bedürfen würden. Und manche Gesetzestexte könnte man auch generell überarbeiten." Wenn er an die letzte Debatte über die Mos Maiorum in Bezug auf Frauen in Ämtern dachte, kamen ihm ein paar Punkte aus der julianischen Kodifikation, über die man vielleicht nachdenken musste.
    Aber er wusste gerade nicht genau, was der Consular von ihm erwartete. "Für so etwas könnte man vielleicht auch eine Senatskommission einsetzen. Also für eine Revision unserer Gesetze im Allgemeinen." schlug er deshalb noch vor.

    Der Kaiser ließ nicht locker. Er musste dem Trecenarius klar machen, dass er Klartext erwartete. "Was meinst du mit 'Position'? Und warum sind sie eine Gefahr?" Bisher hatte er noch nichts besonders Gefährliches über sie gehört. Und nachdem Verus zuerst vorgeschlagen hatte, die Christen zum Sündenbock zu machen und dieses selbst gestreute Gerücht sich nun vermeintlich bewahrheitete, musste er genau Bescheid wissen.

    "Sehr gerne." antwortete der Kaiser mit einem Lächeln. Er interessierte sich zwar nicht sonderlich für Gesetze. Aber seine Rechtsabteilung sollte doch einmal prüfen, ob das Gesetz seinen Interessen widersprach.
    Dann bedachte er den erwähnten Tiro mit einem freundlichen Blick. "Und wie war noch gleich dein Name, junger Mann?" Severus wusste nicht, ob man sie bereits vorgestellt hatte. Sein Nomenclator war aber zu weit weg, um ihm hier auszuhelfen.

    "Über die Anzahl der Wagenrennen kann das Volk sich in diesem Jahr sicherlich nicht beklagen." bestätigte der Kaiser mit einem Schmunzeln. "Und wie steht es um deine Markt-Projekte? Meine Gattin berichtee ja über eine Revision der Lex Mercatus. Glaubst du, dass sie noch in diesem Jahr fertig wird?"

    Der Kaiser bewegte sich hinauf auf seinen Thron. Das hier war ja immerhin eine Audienz. Und von dort hörte er sich das Anliegen des jungen Claudiers an. "Nun, dass den Claudiern die Religio Romana am Herzen liegt, wurde zuletzt ja recht deutlich." bemerkte er abschließend. Natürlich eine Anspielung auf die zahlreichen Feiertage, die Menecrates ausgerichtet hatte.


    Trotzdem wollte er natürlich ein bisschen mehr erfahren: "Aber warum das Collegium Augurum? Hast du persönliche Kontakte dorthin?"

    Der Kaiser nickte zufrieden.


    Dann kam gleich das nächste Anliegen. Es war ein bisschen verklausuliert, wie Severus fand. Militärische Expertise, aber kein Einsatz in der Provinz. Im Grunde lief das auf ein einziges Amt hinaus: "Ist das eine Bewerbung für die Stadtpräfektur?" Es war ein bisschen umständlich ausgedrückt. Aber andere militärische Ämter für einen Consular gab es Rom nun einmal nicht. Obwohl man sicherlich auch postalisch Ehen arrangieren konnte. Der Ehemann musste dafür ja nicht einmal anwesend sein.

    Der Kaiser strich sich nachdenklich durch den Bart. Er hatte langsam das Gefühl, der Tiberier wollte ihn manipulieren. Erst schlug er vor, den Christen den Aufstand anzuhängen. Dann betonte er immer wieder ihre Beteiligung. Und auf Nachfragen wich er aus und bat um freie Hand. Sehr verdächtig.


    Er musste hier Klarheit schaffen. Mit deutlichem Unwillen in der Stimme erwiderte er also: "Welche Rolle genau haben die Christen bei dem Sklavenaufstand nun gespielt?" Bevor er hier irgendetwas bewilligte, musste er die Wahrheit wissen. Danach wollte der Kaiser selbst entscheiden, wie man damit umging!

    Der Kaiser nickte. Die Vorbereitungen der Abreise würde sein Stab übernehmen.


    Aber Livianus hatte offensichtlich noch ein weiteres Anliegen, das er besprechen wollte. Der Kaiser hörte aufmerksam zu. Die Frage irritierte ihn ein wenig. "Nun, die Zustimmung zur Ernennung von Offizieren ist eher eine Formsache." erklärte er die Praxis. Zumindest nach dem, was er dazu erfahren hatte. "Die Kanzlei hat meines Wissens noch nie einen Beförderungsvorschlag abgelehnt. Es ging eher darum, dass wir hier in Rom wissen, wer eigentlich auf unseren Soldlisten steht."

    Die Res Gestae des Consul waren klar und analytisch. Das gefiel dem Kaiser. Auch wenn er sich natürlich vorbereitet hatte. Die Kommission schien ein bisschen schief gegangen zu sein. Aber allein das Engagement des Claudiers bei den Feiertagen war erstaunlich gewesen. Und die Spiele natürlich auch recht ordentlich.


    Als der scheidende Consul geendet hatte, fragte Severus schließlich als erster: "Verstehe ich es richtig, dass du die Arbeit der Kommission damit als erledigt betrachtest?"