Die Feinde des Decimers waren natürlich nicht gekommen. Aber die Zahl der Freunde war ja beachtlich genug, dass man die Feinde nicht zu fürchten brauchte. Der Kaiser strahlte also nochmals freundlich in die Menge. "Veturia ist auch schon ganz aufgeregt wegen ihrer Reise, nicht wahr?" bemerkte er dann und blickte zu seiner Gattin.
Nun war es aber auch an der Zeit, die offizielle Zeremonie zu beginnen. Also begab er sich zu seinem Platz, gefolgt von seiner Entourage. "Werter Marcus Decimus Livianus, liebe Gäste!" begann er seine kurze Begrüßungsrede. "Als Imperator Caesar Augustus obliegen mir viele Aufgaben, wie es bekannt ist. In Zeiten wie diesen, wo ein Sklavenaufstand das Volk Roms in Schrecken versetzte und Senatoren auf offener Straße ermordet werden, werden sie nur umso zahlreicher." Sein Blick war nun ernst. Diese Dinge beschäftigten ihn tatsächlich sehr. Dann fiel sein Blick auf Livianus. "Glücklicherweise lasten diese Aufgaben aber nicht allein auf meinen Schultern. Die fähigsten Männer unseres Staates stehen mir zur Seite und so ist es mir eine Genugtuung zu wissen, dass einer von ihnen mich zukünftig am Rande des Imperiums vertreten wird. Er verfügt, wie allen hier bekannt sein dürfte, über langjährige Erfahrung in der Verwaltung und hat sich bereits als Feldherr hervorgetan. Es dürfte also kaum jemanden geben, der geeigneter ist, den Frieden mit den Chatten in Germania Superior zu hüten."
Sein Blick wendete sich zur Augusta. "Diesem Mann möchte ich jedoch nicht nur meine Provinz, sondern sogar meine kostbare Ehefrau anvertrauen. Veturia Serena Augusta wird mit ihm aufbrechen, um in meinem Namen die Provinz zu besuchen, die Moral meiner Truppen zu stärken und um meinen neuen Stellvertreter bekannt zu machen." Dass sie vor allem auch nach dem Rechten sehen sollte, ließ der Kaiser unerwähnt. Das passte nicht in die Situation.
Nun ging sein Blick zu dem Auguren, der ihn begleitete. Er stand neben dem Käfig gackernden Hühner. Für das militärische Auspicium waren Hühner die Boten der Götter. "Um ihm die Befehlsgewalt zu verleihen, meine Frau und meine Provinz angemessen zu schützen, werde ich nun die Auspizien einholen." Er machte eine kurze Pause und drehte sich dann zu dem Auguren. "So frage ich: Gefällt es dem Iuppiter Optimus Maximus, dass dieser Quirite, Marcus Decimus Livianus, Sohn des Quintus, zum Legatus Augusti pro Praetore Germaniae Superioris bestellt werde mit dem Imperium Delegatum und als mein Statthalter?" Der Augur begann ein Gebet zu murmeln und öffnete schließlich den Käfig, aus dem die Hühner sofort herauskamen. Dann warf er Getreide auf den Boden.