Beiträge von Sextus Annaeus Rufus

    Einem Opfer zu Ehren der Iuno Februata beiwohnen? Sein Freund meinte die Kaiserin wäre zu gegen. Rufus hatte sich überreden lassen. Frauen über Frauen, das war das richtige für Rufus Freund. In null-komma-nichts war der in der Menge verschwunden und Rufus stand alleine da. Jetzt war er einmal hier, da wollte er auch was sehen. Sein bestimmtes Auftreten und unnachgiebiges aber höfliches Drängeln verschaffte ihm einen Platz in der ersten Reihe. Logenplatz besser ging‘s nicht. Aus den Gesprächen im Umfeld, bis Ruhe geboten wurde, hatte er ein paar Namen aufgeschnappt. Naja, sie sagten ihm nicht viel, seine Anwesenheit bei großen öffentlichen Anlässen war unterirdisch. Deswegen war es auch kein Wunder wenn die Einladungen ausblieben.


    Seine Blicke wanderten über die Anwesenden. Eine Menge Persönlichkeiten, von denen ihm die Namen geläufig waren. Sein Hauptaugenmerk galt allerdings der opfernden Klientel. Iulia Aviana Minor war die eigentliche Hauptperson. Ihr Vater hatte ordentlich was auf die Beine gestellt. Sie wirkte etwas angespannt. Na bei dem hochkarätigen Besuch, kein Wunder. Was ihm ins Auge sprang war die kleine Rotblonde bei der Iulia. Nach einigen Rückfragen und der unendlich langen Aufklärung durch eine Matrone, die neben ihm stand und augenscheinlich über alles und jeden Bescheid wusste, kannte er nun ihren Namen. Claudia Sassia, niedlich die Kleine. Die andere Aurelia Drussila…., jo, Rom hatte einiges zu bieten. Ein Ellbogen, der schmerzhaft seine Rippen traf, brachte ihn total aus dem Konzept. Die Matrone wies ihn mit einem strengen Blick zurecht. Was dachte die Alte sich eigentlich. Rufus hatte genug Anstand um nicht ausfallend zu werden. So schlimm hatte er ja nun wirklich nicht geguckt. Es war eine rein oberflächliche Sondierung der vorhandenen Gegebenheiten. Die Rippen schmerzten immer noch. Rufus verdrückte sich weiter nach rechts. Hier war keine Matrone und er sah viel besser. Mit leisem Räuspern folgte er interessiert den Opferhandlungen der jungen Frauen.

    Nicht lange und Rufus hatte heraus wo es guten Wein, Spiele und Tanz gab. Auf der Straße tummelte sich der Mob, in den gepflegten Häusern die behobenere Klientel. Rufus steuerte auf eine Porta zu und betrat die Casa Decima. "Io Saturnalia" rief er zur Begrüßung. Hier waren die Saturnalien in vollem Gange. In den Räumen wurde ausgiebig Wein, Weib und Unterhaltung zugesprochen. Die Saturnalien liefen hier ähnlich ab wie auf dem Lande. Nur Überschwänglicher, pompöser und sehr viel aufregender als zu Hause. Das hier war Rom. Rufus griff nach dem Becher der ihm gereicht wurde. Was für ein guter Wein. Nach der Aufregung und Hektik auf der Straße war es hier richtig erholsam. An eine Säule gelehnt verfolgte er das Geschehen. Die Bewegungen der Tänzerinnen weich und animierend, auf den Klinen Pärchen oder kleine Gruppen die sich unterhielten. Die Rätselrunde hatte er verpasst. Die Krönung des Rex fehlte, das wollte er sich auf keinen Fall entgehen lassen. Rufus schlenderte an den Säulen entlang. Aus den angrenzenden Räumen war Geflüster, Kichern und die erregenden Geräusche sich Liebender zu hören. Er riskierte einen Blick in einen der Räume. Dort räkelten sich nackte Körper auf einer großen Liegewiese. Ein Mann mit Maske lag zwischen zwei Frauen, eine Dritte saß auf seinem Schoß und gab ihm aus einem Becher zu trinken. Die Frauen fütterten sich gegenseitig mit Trauben und schmiegten sich an ihren Gönner, streichelten zärtlich seinen Körper. Bei Rufus blieb das nicht ohne Wirkung. Er riss sich schnell von dem Anblick los. Stand mit dem Rücken an der Wand und atmete tief durch. Puuhhh, das war was. Rufus musste einen Schluck trinken. Um sich etwas abzulenken, sah er zu den Tänzerinnen. Sehr half das nicht, sie waren viel zu hübsch und ihre Bewegungen waren aufreizend. Wein musste her um auf andere Gedanken zu kommen. Für Nachschub wurde zum Glück ständig gesorgt. Im nu war der Becher von Rufus wieder gefüllt. Leicht angetütelt, ein sanftes Lächeln im Gesicht, schlenderte Rufus weiter. Hier war alles so fern der Wirklichkeit.

    Mit offenem Mund sah er auf die Hand voll Sesterzen. Es hatte sich ausgezahlt. Er hielt immer noch nicht sooo viel von seiner Tante. Sie war eben keine richtige Römerin. Aber er hatte sich damit engagiert. Ab und zu blitzte der alte Rufus in seinem Verhalten auf. Im Großen und Ganzen waren seine Unarten in der Versenkung verschwunden. Tante Sorana hatte ihm auf ihre Art seine Grenzen aufgezeigt. „ Danke, Tante Sorana.“ Seine Freude war echt und nicht gespielt. Zu einer Umarmung konnte er sich nicht durchringen. In der Zukunft irgendwann einmal, vielleicht, mal sehen. „ Ich werde den ersten Schluck den Göttern opfern und den zweiten auf Onkel Modestus und dein Wohl trinken.“ Freudig steckte er die Sesterzen in seinen Geldbeutel und verbarg ihn in der Falte seiner Tunika. Die Tage der Saturnalien waren eine Bewährungsprobe für ihn. „ Onkel Modestus muss sich keine Sorgen machen.“ Rufus machte eine Kehrtwendung und lief wie ein kleiner Junge, der zum Spielen raus durfte, auf die Straße. Das erste Mal allein in den Straßen Rom’s. Rufus mischte sich unter die Feiernden.

    „ Grrmmpff .“ Wie angewurzelt blieb er stehen. Sie war im Haus und direkt hinter ihm. Leise wie eine dieser Raubkatzen im Colloseum. Im Anschleichen von hinten waren diese Germanen gut. Barbaren, Wilde. „ Bona Saturnalia, liebe Tante.“ Sagte er bei einer gekonnten Drehung auf der Stelle. „ Ich will römischen Gepflogenheiten nachgehen. Das wirst du mir nicht verbieten.“ Ein siegessicheres Lächeln im Gesicht. Sie musste ihn gehen lassen, davon war er fest überzeugt. Ohne Sklaven musste sie ihn gehen lassen. Die hatten heute frei. Er zupfte fast schon gelangweilt an seiner Tunika, schnipste eine Fussel von seiner Schulter. „ Willst du mitkommen, ein bisschen Tanzen, Trinken, Würfeln und Saturn opfern?“

    An diesen Tagen im Haus zu bleiben war dumm. Mal richtig die Sau raus lassen. Das waren die richtigen Tage für Rufus. Tun wasman will, ohne einen Bewacher am Hintern. „ Wo ist Duccia Sorana?“ blaffte er den ersten Sklaven an, der ihm über den Weg lief. Lief? Torkelte. Eine Antwort blieb der Sklave ihm schuldig, er lallte unverständlich, das war’s. Rufus stieß ihn wütend beiseite, was dem Betrunkenen ein Kichern entlockte. „ Blödmann.“ Murrte Rufus und ging weiter. Nichts blieb ihm erspart, musste er selbst nach ihr suchen. Wozu durch das ganze Haus? „ Ta…DUCCIA SORANA!!!!“ Brüllte er wie ein Stier vom Atrium aus in alle Richtungen. Sie musste da sein oder war sie etwa draußen und versumpfte auf einer fremden Kline? Machte feucht fröhlich einen drauf und er versauerte allein im Haus unter total betrunkenen Sklaven. Laut genug hatte er gerufen, lange genug hatte er gewartet. Heute musste er das nicht. Er sah an sich herunter. Dunkelblaue Tunika mit goldener Efeustickerei , ein Gürtel aus fein gesponnener Wolle. Mit calligae gab er sich nicht mehr zufrieden, er trug kurze Stiefel mit Pelz-Rand, der letzte Schrei. Straßentauglich, nichts wie raus hier. Er machte sich auf den Weg das Haus zu verlassen.

    Der Blick seines Onkels ließ Rufus frösteln. Es stimmte doch, was er gesagt hatte. Sie war und blieb eine Germanin. Man hätte es durch Angewöhnen von ein paar römischen Tugenden wenigstens etwas kaschieren können. Man hatte Amor zugeschlagen, dass Onkel Modestus so blind war vor Liebe. Für Rufus war die Heirat an sich nur ein Akt zur Gründung einer Zweckgemeinschaft. Aber hier war alles anders.
    Hier im Haushalt hatte vieles ein zweites Gesicht. Die Kehrseite des freundlichen Schulterklopfens entpuppte sich als hausgemachte Drohung gegen eventuelle abwegige Gedanken. Wieder bekam er seine Tante vor die Nase gesetzt. Er hätte heulen können. Sie um Geld bitten? Das ging ihm komplett gegen den Strich. 10 Sesterzen hatte er und aus denen, schwor er sich, wollte er mehr machen. Auf ihr Geld war nicht angewiesen. Ihr Blick war ihm zum Glück entgangen, sonst hätte er sofort einen Rückzieher gemacht. Ein verkniffenes Lächeln, zum Kommentar seines Onkels, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Eine Antwort quetschte er auch noch heraus. „ Nein, nein Onkel. Ich liebe Gladiatoren und bin so was von begeistert, mit meiner Tante auf die Sklavenmärkte zu gehen.“ Na toll und er sollte auch noch einen raus suchen, ging es nach ihrer Nase. Einen Gladiator finden, das konnte jedes Kind, da brauchte man keine Menschenkenntnis. Soll sie mal schön selber suchen.
    Tante Sorana durfte ihn abmahnen ??? Boah.., Onkel Modestus, wie demütigend. Allein der Gedanke daran, nagte an Rufus Ego. Hätte er lieber auf seinen Vater, einen Römer gehört. Jetzt musste er es sich gefallen lassen, von einer Germanin zurecht gewiesen zu werden.
    Ja, ja geh du nur Baden und überlass mich hier der Germanin, grollte Rufus innerlich. In zwei Wochen lauf ich dann wie ein Barbar herum. Ungepflegt, mit zotteligem Bart und Bracae. „ Gehen wir gleich oder später?“ fragte Rufus etwas patzig und bereute es sofort. Na wunderbar, jetzt kam sicher gleich die erste Ermahnung.

    Wie nach Britannia?? Rufus wurde blass um die Nase. Britannia, Barbaren, wild, kalt, nass, wo sich sämtliches Ungetier gute Nacht sagte. Tante Sorana pflichtete ihrem Mann natürlich bei. Rufus sah die beiden entgeistert an. Seinen kleinen Ausrutscher von eben, so hart zu bestrafen. Ja, gelegentlich fiel er in alte Gewohnheiten zurück. Rufus wollte protestieren, sah seinen Onkel an. Der schien es wohl nicht so ernst gemeint zu haben. Bei Tante Sorana war er sich nicht sicher. Ihr traute er zu, ihn nach Britannia zu schicken. Sie wusste, dass Rufus nicht viel von Barbaren hielt und dass ihn diese Strafe empfindlich treffen würde. Während sich Rufus seine Zukunft in Britannia im schwärzesten Schwarz ausmalte, überhörte er fast, was Tante Sorana danach von sich gab. Ausgang! Er durfte alleine…zu früh gefreut. Sie traute ihm immer noch nicht über den Weg. Ein Aufpasser ging mit. Der einzige Fortschritt, es war nicht Tante Sorana. Sie war bis jetzt immer mit ihm vor die Tür gegangen. Rufus hoffte auf ein bisschen mehr Freiheit bei der Wahl seiner Wege in Rom. „ Nicht nach Britannia?“ vergewisserte sich Rufus. Er traute dem barbarischen Frieden nicht. Tante Sorana war zu fast allem fähig. In Sicherheit wiegen und so….. „ Unter Aufsicht, einstimmig angenommen.“ Rief Rufus schnell. Den Ausgang wollte er sich nicht entgehen lassen. Vielleicht war ein Abstecher in „ interessantere Gegenden“ von Rom drin. Nun ging es aber um irgendeine Wette. Gleich wurde wieder deutlich, was Tante Sorana von einer Römerin unterschied und Onkel Modestus darauf bestand, dass sie sich mal 2 Wochen wie eine Römerin benehmen sollte. „ 2 Wochen nichts tun. Was ist daran so entsetzlich?“ Das normalste für eine römische Frau. Nicht für eine Barbarin, wie seine Tante eine war, wurde hier deutlich. „ Du darfst dir ruhig eine paar römische Gewohnheiten zu Eigen machen. Jetzt wo dein Mann, zum Prätor gewählt wurde.“ Ein bisschen römischer würde ihr gut tun. Rufus spekulierte, dass ihm das mehr Raum verschaffte. „ Ähm, um auf den Ausgang zurück zu kommen. Es passt mir sehr gut. Ich wollte in die Schola Urbis, mir ein paar Abschriften von einigen Werken machen lassen und über das Forum schlendern. Hättest du ein paar Sesterzen für mich Onkel?“ Rufus wollte es sich beim fast freien Ausgang gut gehen lassen. Mit Tante Sorana war das ja nie möglich gewesen.

    Rufus hatte es sich zur Prämisse gemacht seiner Tante, nur wenn es unbedingt nötig war, über den Weg zu laufen. Das hatte zur Folge, dass er die Ankunft seines Onkels verspätet mitbekam. Im Atrium fand er beide vor. Es war nicht zu übersehen und zu überhören, dass sie ausgesprochen gut gelaunt waren. Onkel Modestus hatte es demnach geschafft. „ Salve Onkel, meinen Glückwunsch zum Praetor.“ Mit seiner lachsen Art betrat er nun endgültig das Atrium. „ Ist ein Straßenblock nicht ein wenig übertrieben? Das Geld könnte man besser investieren. Zum Beispiel neue Pferde für den Rennstall einkaufen.“ Das Projekt seiner Tante war für ihn total abwegig. Die Kinder wollte keiner, also warum für sie das Geld zum Fenster hinaus werfen? „Oder du lockerst zur Feier des Tages meine Ausgangsregeln.“ Ein Versuch die gute Laune seines Onkels auszunutzen. Bei seinem Vater hatte das immer hervorragend geklappt. "Ach entschuldigt, wenn ich euch unterbrochen habe. Ich konnte ja nicht ahnen...Ihr wollt sicher unter euch bleiben." Eine kleine Spitze von Rufus. Vor allem gegen seine Tante. Rufus kam immer noch nicht damit klar, dass er auf eine Germanin hören musste.

    Zitat

    von Duccia Sorana
    Ah der junge Mann wollte es also darauf ankommen lassen? Er meinte bockig sein zu müssen? Gut das konnte er haben. Eldrid erhob sich. „Räumt das Essen wieder weg. Bringt etwas Brot und Wasser in das Zimmer des jungen Dominus.“ Wies sie die Sklaven an, bevor sie sich mit einem kalten Blick an Rufus wandte. „Du wünscht also keine Gesellschaft? Du willst nicht reden. Gut! Dein Wunsch sei dir erfüllt. Folge der Sklavin dort, sie wird dir dein Zimmer zeigen.“ Eldrid drehte sich um und wollte schon gehen, da drehte sie sich nochmals um. „Ach und bevor ich es vergesse. Dein Zimmer wirst du erst dann verlassen, wenn du bereit dafür bist.“


    Einfach stehen gelassen. Kein Fitzelchen Aufmerksamkeit schenkte sie ihm mehr. Wie ging das? Das ging gar nicht. Aber gut, morgen kam sie bestimmt und er hielt das auch länger bei Wasser und Brot aus. In sich hinein murrend folgte er der Sklavin in sein cubiculum. Beim Betreten blieb er überrascht an der Tür stehen. Ein sehr geräumiges Zimmer. Ein für seine Begriffe großes Bett. Die Prüfung der Polsterung ergab ein ganz gut. Eine Truhe, ein Regal, ein Schreibpult, eine kleine Sitzgruppe bestehend aus 2 Stühlen und einem runden Tisch. Die Wände mit Gemälden geschmückt. Die aufgemalten Säulen erzeugten eine gewisse Räumlichkeit. Der Fußboden mit einem Mosaik ausgelegt. Alles wunderschön, geschmackvoll und durchaus für den Sohn seiner Mutter. Hier konnte er Tage ach Wochen bei Wasser und Brot, nein sogar nur bei Wasser verbringen. Hier brauchte er keine Gesellschaft. Vor allem seine Tante konnte ihm gestohlen bleiben. Er warf sich aufs Bett und starrte an die Decke. Nach einer Stunde war das „ nur Wasser“ vergessen. Sextus stopfte das trockene Brot in sich hinein. Spülte mit einem Schluck Wasser nach, damit es besser rutschte. Nach 2 Stunden wurde ihm langweilig beim an die Decke starren. Ziellos begann er durch sein neues Domizil zu tigern. Ihn schreckte der Gedanke, dass seine Tante es wirklich ernst gemeint hatte. Planlos landete er wieder auf dem Bett. Der ganze Tag war zu einem einzigen Desaster für ihn geworden. Die Augen fielen ihm zu. Morpheus nahm ihn in seine Arme. Ein schrecklicher Traum schlich sich ein. Seine Tante verwandelte sich in eine Harpyie und traktierte ihn mit ihren Krallen. Schrie ihn entsetzlich an, verfolgte ihn. Mutter und Vater ließen ihn nicht ins Haus, schlugen ihm die Tür vor der Nase zu. Keiner ließ ihn ein, nahm ihn in Schutz. Angst, und immer wieder diese grässlich kratzende hohe Stimme. „ Du gehörst mir. Ich werde es genießen, dich leiden zu sehen. Es wird mir eine Freude sein dich zu Quälen.“ schrie sie ihn an. Sextus schreckte schweißgebadet hoch. Die pure Angst in den Augen, griff er seine Decke und stürzte in eine Zimmerecke. Zusammengekauert, vor Angst zitternd, zog er sich die Decke über den Kopf. Bei jedem Geräusch zuckte er zusammen bis er wieder vom Schlaf übermannt wurde. Morgen wollte er reden, Morgen ganz bestimmt.
    Am nächsten Morgen sah er sich ängstlich um, befühlte seinen Körper. Kein Kratzer, keine Narben, keine Schmerzen. Eilig verfrachtete er seine Decke und sich zurück ins Bett. Das Essen war daran schuld. Dieser Traum kam nur durch schlechtes Essen. Nein, so schnell gab er nicht auf. Pff, wir werden ja sehen wer es länger aushält. Die Langweile griff am Vormittag wieder nach ihm. So ging das nicht weiter. Er musste diesen für ihn faulen Kompromiss eingehen, sonst kam er nie hier raus. Seine Position in diesem Haushalt ließ ihm keine andere Wahl. Mit Aufgeben hatte das allerdings nichts zu tun. Seine Stunde kam, daran glaubte er nach wie vor. Durch einen Sklaven ließ er seiner Tante mitteilen, dass er zu einem Gespräch bereit wäre. Bei dem Gespräch versprach Rufus sich an Sorana’s Regeln zu halten. Das zumindest erlaubte ihm, sich frei im Haus zu bewegen und das war ja doch ein klein bisschen größer als der Durchschnitt.

    Verkauft, verkauft verkauft…wie ein Sklave eingefangen… Carcer Tullianus, dröhnte es in seinem Kopf. Schwere Kost für Rufus und der nächste schwere Brocken meldete sich. Duccia Sorana, wie sie sagte die Frau von Onkel Modestus. Einen ganz schön scharfen Ton schlug sie an. Alles nur Fassade? Rufus sah sie an und versuchte ihrem Blick standzuhalten. Keine Fassade sie meinte was sie sagte. Er sollte einer Frau gehorchen? Das ging ihm gegen den Strich. Vorerst war es besser Folge zu leisten. Bis er raus hatte wie die Dinge hier gehändelt wurden und wo es für ihn Schlupflöcher gab, musste er sich fügen und gute Miene zu den Spielereien seiner Tante machen. Sein Onkel war schwer mit der Wahl beschäftig. Rufus rechnete sich dadurch mehr Chancen aus, alles schneller nach seinen Wünschen zum Laufen zu bringen.
    Also setzte er sich auf den Wunsch seiner Tante. Die Frage von ihr ließ den Widerstand in ihm wieder aufflackern. Was ging sie das überhaupt an? Außerdem war er sich keiner Schuld bewusst. Jedenfalls keiner nennenswerten Schuld.„ Woher soll ich das wissen.“ Mit aufgesetzter Unschuldsmine sah er ohne bestimmtes Ziel in die Runde und äußerte sarkastisch. „ Vielleicht brauchte er 10 Sesterzen.“ Was um alles in der Welt sollte er hier die nächsten Tage treiben? Fragte er sich.

    Neben einer frisch gekalkten Wand wäre Rufus nicht aufgefallen. Seine Gesichtsfarbe wechselte schlagartig. Der Wein schmeckte nicht mehr. Das Haus verlor an Glanz. Sein Plan ging gewaltig den Bach hinunter und ihm entglitt die Kontrolle. Nichts hatte er mehr in der Hand. Sein Großonkel war zu einer erschreckenden Macht geworden. Langsam sickerte durch, was ihm da kühl entgegenwehte. Eine mächtig kühle Brise. Rufus blieb nur mühsames Hinunterschlucken und Unterdrücken von Ausreden und Beschönigungen seiner Taten. Onkel Modestus würde ihn wahrscheinlich rethorisch an die Wand reden. Er war richtig in Fahrt und bei seinem geplanten Vorhaben sicher bestens vorbereitet. Er begriff, dass die ungezügelte Zeit ein jähes Ende genommen hatte. Sein leiblicher Vater gab ihn in fremde Hände, verkauft! Ja, an einen Großonkel den er nicht kannte und der jetzt über ihn bestimmte. Und wie er das tat. Hausarrest! Ausgerechnet Weglaufen, der letzten Option von Rufus trat Onkel Modestus massiv entgegen. Trotzig, fürs erste eingeschüchtert, starrte Rufus auf den mosaikgeschmückten Fußboden und zog eine Schippe. Seine rechte Fußspitze stocherte auf dem Boden herum. „Ja, Onkel.“ nuschelte er. Ein kleiner Funke der Auflehnung glomm auf. „ Ich habe keinen Platz zum schlafen und Hunger hab ich auch.“ nörgelte Rufus leise.

    Leichte Irritation bei Sextus. Aus dem Dreh heraus wurde er ihm etwas duselig. Ups, da war ja wer. Oh, oh jetzt nur nicht abdriften. Glück gehabt, Onkel fing ihn unbewusst mit seinem Arm ab und verhinderte das schlimmste. Erleichtert atmete Rufus durch. Gut..Nichts..Ja, jagte es als Kurzfassung zu den drei Fragen seines Großonkels durch den Kopf. Das Drehen im Kopf ließ langsam nach. Die Säulen blieben an ihren Plätzen und die Mosaiksteine ordneten sich wieder. er ließ sich willig bis zu dem kleinen Beistelltisch führen. „ Vater und Mutter geht’s gut. Ich soll dir ihre Grüße überbringen und alles Gute wünschen. Wein, ja bitte, dafür habe ich noch Zeit. Ich muss nämlich gleich wieder los.“ Rufus war hibbelig, nur einen Schluck gedachte er zu trinken. Unhöflich wollte er auf keinen Fall sein. Der leicht lädierte Brief in seiner Hand hinderte ihn jedoch daran den Wein entgegen zu nehmen. Prompt drückte er ihn seinem Onkel in die Hand. „ Ah, ja hier ist der Brief mit den Grüßen von meinem Vater. Ich kann ihm ja was ausrichten, bei der Knappheit deiner Zeit. Du musst keinen Brief extra aufsetzen.“ Rufus griff nun, da er den Brief los war zu und nippte an seinem Wein. Guter Wein, besser als der saure, den sie immer zum Essen hatten. Vater mochte das saure Zeugs. Der hier war um einige Ellen besser. Na lies schon Onkel, später wäre besser. Das würde Rufus Zeit sparen. Heute Abend wieder in seinem flauschigen Bett und die olle Tante bekam Krebse unters Kopfkissen. Mit dem Szenario vor seinem inneren Auge stand Rufus ganz abwesend da und lächelte.





    Salve Kaeso Annaeus Modestus,


    ich hoffe dir geht es besser. Lange habe ich nichts mehr von dir gehört. Hier auf dem Lande steht die Zeit still. Wir leben gut von unseren Einkünften aus der Villa Rustica, alle sind gesund und können sich nicht beklagen, wäre da nicht ein kleines Problem.Bitte verzeih mir Onkel es geht um einen besonderen Fall, um deinen Großneffen Sextus Annaeus Rufus, meinen Sohn. Er sollte jetzt vor dir stehen. Wenn nicht, hat er sich wieder erfolgreich gedrückt und eine Schlupfloch gefunden, nach Hause zurück zu kommen.Der junge Mann ist nicht dumm, hat eine gute Ausbildung genossen, ist gut zu Fuß unterwegs, hat Geschick. Wäre nicht der schlechte Einfluss seiner Freunde und meine nachgiebige Hand. Ein kleiner Tyrann ist er, niemand ist vor seinen Flausen sicher. Langsam beginnen uns Freunde und Bekannte zu meiden. Sage ihm nicht, dass seine Mutter mich als kaltherzigen Menschen beschimpft hat, der ihren geliebten kleinen Jungen in die grausige Welt gejagt hat. Sie sieht nicht, dass er zum Mann herangewachsen ist und endlich seinen Platz unter den gestandenen Römern einnehmen muss.Folgendes Biete ich dir an, ich verkaufe ihn dir für 10 Sesterzen. Damit hast du volle Gewalt über ihn. Verrechne es mit der nächsten Weinlieferung.Das letzte Mittel, auf was ich in all meiner Not zurückgreifen muss. Sonst steht er in zwei Tagen wieder hier vor der Tür und die Tyrannei beginnt von neuem.


    Kaufvertrag


    Ich, Marcus Annaeus Philogenes, verkaufe Sextus Annaeus Rufus, meinen Sohn, für 10 Sesterzen an Kaeso Annaeus Modestus.


    ANTE DIEM XVIII KAL SEP DCCCLXV A.U.C. (15.8.2015/112 n.Chr.)


    M. Annaeus Philogenes



    Bitte nimm ihn, wir wissen nicht mehr weiter. Unsere ganze Existenz steht auf dem Spiel.


    Die Erwartungen von Rufus wurden gelinde gesagt bei weitem übertroffen. Staunend sah er sich um. Sein Vater hatte nicht übertrieben. Er stellte fest, nichts für des Vaters Sohn. Der Wald mit seinem Bach, die Felder der kleine Hain, all das fehlte hier. Später wenn er älter war, dann könnte man das in Betracht ziehen. Jetzt hatte er kein Verlangen danach. Den Brief in der Hand, dreht er sich um die eigene Achse, sah nach unten auf das Mosaik. Seine Umgebung hatte er ausgeblendet.

    Schrecklich, das richtige Haus. „ Salve, Salve,...ich bin Sextus Annaeus Rufus, Großneffe von Kaseo Annaeus Modestus. Mein Vater schickt mich. Ich solle kurz guten Tag sagen.“ Mehr war nach Sicht des Großneffen nicht geplant. Das heißt ER hatte nur einen kurzen Trip nach Rom geplant. Der Trip ließ sich kurzerhand noch kürzer gestalten. Wieder zu Hause konnte er ja behaupten der Großonkel hatte keine Zeit, wichtige Termine und so. „ Ich will meinen Großonkel nicht unnötig von seinen Geschäften abhalten, bestelle ihm schöne Grüße.“ Der Brief der Brief, fiele es ihm wieder ein. „ Das verflixte Ding wo ist es.“ Sextus wühlte sich durch das Chaos im Beutel, schaufelte alles von rechts nach links. Leises Knistern, in die Tunika war er gerutscht. „Hier, ist er!“ Mit der Geste des Triumphes hielt er ihn in der Hand. Frosch fangen war einfacher. „ Den soll ich ihm geben.“ Der Triumph verflog sehr rasch. Unschlüssig sah er das Schriftstück an. Gab er es dem Ianitor? „ Gibst du ihn meinem Großonkel? Ganz sicher?“ So richtig traute er ihm nicht über den Weg.