Beiträge von Plinia Chrysogona

    Charmant war dieser Musca, das musste Chrysogona ihm lassen. Nicht, dass sie dafür besonders empfänglich gewesen wäre, doch seine Komplimente gingen runter wie bestes Olivenöl. Als er dann jedoch statt einer Antwort ein Schreiben aus den Falten seines Gewandes zauberte, hob Chrysogona überrascht die Augenbrauen. Sie nahm es ihm ab und las. Zeile für Zeile las sie, was dort stand, zunächst noch halbwegs gefasst, dann jedoch mit zitternder Hand.
    Es war ein Schreiben des Tribuns der Prätorianergarde. Faustus Decimus Serapio hieß er. Der Kaiser hatte den Tribun damit beauftagt einen Leibarzt für den Kaiser zu finden und dabei war die Wahl auf sie gefallen. Und tatsächlich war es ihr eigener Vater gewesen, der den Vorschlag unterbreitet hatte! Der Tribun der Garde bot ihr sogar seine Gastfreundschaft an, während sie beim Kaiser vorstellig wurde.


    Chrysogona atmete tief durch. Sie ließ den Brief sinken und sah den Boten fragend an. Ihr war bewusst, dass dies noch keine Garantie auf eine Stellung als kaiserliche Medica war, doch es war eine ungewöhnliche Auszeichnung, dass man gerade an sie gedacht und nach ihr geschickt hatte.
    Vermutlich war es unglaublich unhöflich nicht sofort zuzustimmen, doch Chrysogona jagten tausend Gedanken durch den Kopf. Sie hatte eine sichere Stellung am Asklepieion von Kos, hatte sich dort einen herausragenden Ruf erworben und glaubte noch lange nicht ausgelernt zu haben. Lernte man überhaupt jemals aus? Vermutlich nicht. Gerade die Medizin war ein so weites Feld, dass man wohl nie im Besitz der einzig richtigen und heilversprechenden Therapiemethode war.


    Was würde sie erwarten in Rom? Eine Gästezimmer in der Casa Decima Mercator auf dem Mons Caelius. Das sagte Chrysogona überhaupt nichts. Sie wusste wohl, dass Rom auf sieben Hügeln erbaut war, das war Allgemeinwissen. Sie hätte vermutlich auch alle sieben Namen aufsagen können, aber was bedeutete das? Rom war der Nabel der Welt. Sie war in Alexandria aufgewachsen. Einer großen und bedeutenden Stadt. Aber was war Alexandria gegen Rom? Noch dazu lebte sie nun schon einige Jahre auf Kos, einer beschaulichen Insel, weit weg vom weltpolitischen Geschehen. Die Postition, die man ihr in Aussicht stellte, war heikel und faszinierend zugleich. Wenn sie genommen würde, wäre sie ganz nah dran an der wichigsten Person des Imperiums und seiner Familie. Diese Vorstellung war mehr als faszinierend auch wenn sie den Kaiser und seine Familie noch nicht kannte. Auf der anderen Seite barg die Rolle als Leibärztin auch große Risiken. Ihr Vater hatte erleben müssen, was es bedeutete, wenn man für die Gesundheit des ersten Mannes im Staate zuständig war. Man hatte ihm Vorwürfe gemacht, als der Kaiser einem Giftanschlag zum Opfer gefallen war. Nur mit Glück hatte er seine Haut retten können. Wollte Chrysogona dieses Risiko eingehen?


    Sie sah Musca lange an. Dann antwortete sie.
    "Bitte versteh mich nicht falsch, doch über die Antwort auf dieses Schreiben muss ich unbedingt eine Nacht schlafen. Es ist nicht irgendeine Aufgabe, die man mir in diesem Brief anbietet. Sie ist reizvoll aber auch riskant. Dazu kommt, dass ich hier etwas aufgeben müsste, das ich mir mit Fleiß erarbeitet habe. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit mich im Kreise der besten Medici ständig fortzubilden. Ich würde also sehr viel aufgeben. Magst du mir die Möglichkeit geben, eine Nacht darüber zu schlafen? Dann will ich dir morgen eine Antwort geben."

    Hatte sie es doch geahnt! Er sprach nicht für irgendeinen Senator oder Procurator vor, die Anspielung mit dem Adler hoch in den Lüften und die nachfolgenden Erläuterungen machten es deutlich. Er sprach vom römischen Kaiser! Dem neuen Kaiser auf dem Thron des Imperiums.
    In Chrysogonas Kopf überschlugen sich die Gedanken und das sah man ihr vermutlich auch an. Ihr Vater war bereits Leibarzt eines römischen Kaisers gewesen. Unglücklicherweise war gerade jener Kaiser samt Familie einem Giftmord zum Opfer gefallen. Sein Tod und die darauffolgenden Beschuldigungen sowie der einsetzende Bürgerkrieg um die Nachfolge des Valerianus, hatten ihren Vater aus Rom vertrieben. Nun stand dieser Prätorianer vor ihr und machte nebulöse Andeutungen.


    Chrysogonas Atem war flacher geworden, ihr Blick noch eine Spur investigativer als sie erneut mit amüsiertem Unterton nachhakte.
    "Richtig. Nur den besten Ärzten des Reiches sollte die Erhaltung und Bewahrung der Gesundheit dieses besonderen Mannes und seiner Familie überlassen werden. Ganz meiner Meinung. Und falls du in Alexandria nicht fündig wurdest...." Chrysogona vermutete, dass man ihren Vater bereits gefragt hatte, ob er dieses Aufgabe übernehmen würde. "...bist du sicherlich hier im Asklepieion von Kos am richtigen Ort. Nur, darf ich fragen, warum du damit ausgerechnet zu mir kommst? Willst du meinen Rat, welcher der Ärzte hier wohl am besten geeignet wäre? Nun, ohne Zweifel Gaius Stertius Tychicus, der Archiatros des Asklepieions. Dafür aber musstest du nicht zu mir kommen..."

    Die Stimme des Mannes war angenehm. Er machte einen entschlossenen Eindruck. Unter Vorzeigen des Signaculums stellte er sich als Marius Musca, Evocatus der Prätorianergarde vor. Chrysogona hob die Augenbrauen. Selten kamen Angehörige der römischen Truppen ins Asklepieion. Die meisten wurden bei medizinischen Problemen in den Valetudinaria der Legionslager versorgt. Nur ein paar Mal hatte sie ranghohe Offiziere in den Behandlungsräumen des Museions in Alexandria erlebt. Dort hatte ihr Vater sie im Beisein seiner Tochter behandelt. Auf Kos hatte sich noch keiner von ihnen verirrt, seit die Medica dort ihren Dienst tat.
    Die darauffolgende Ankündigung bestätigte Chrysogonas Vermutung. Der Mann kam nicht, um sich behandeln zu lassen, wobei sie sich sicher war, dass sein Verdauungstrakt behandlungsbedürftig war, sondern er hatte einen Auftrag. Sie sah Musca neugierig und auffordernd in die Augen.


    "So?", fragte sie mit einem spöttischen Unterton. "Diese höher gestellte Persönlichkeit ist also so krank, dass sie nicht reisen kann und will sich von dir im Abaton vertreten lassen?"


    Es kam tatsächlich vor, dass Heilungsuchende, die zu krank für die Seereise nach Kos waren, Vertreter schickten, die sich für sie der Incubation unterzogen, um den Traum des Heilgottes zu empfangen. Die Vertreter überlieferten dann die Ratschläge an die zuhause verbliebenen Kranken.
    Doch Chrysogona ahnte, dass das nicht der Grund war. Sie wollte dem Prätorianer auf den Zahn fühlen. Die Geheimniskrämerei machte sie neugierig.

    Chrysogona kam von der morgendlichen Besprechung der Medici. Man hatte über einen besonders interessanten Fall gesprochen und sich fachlich untereinander ausgetauscht. Die Medica liebte diese intensiven Fachgespräche, bei denen jeder der hervorragenden Medici des Asklepieions seine Kenntnisse zum Wohle des Patienten mit den anderen teilte. Wieder hatte sie das Gefühl etwas dazugelernt zu haben.


    Sie öffnete die Tür zum Behandlungsraum mit Schwung. Vor ihr saß ein Mann in mittleren Jahren, schmal, fast hager, mit deutlichen Falten um den Mund: ein Magenleiden? Auch die Haut wirkte etwas fahl, er schien Digestitionsbeschwerden zu haben.


    "Salve", grüßte sie knapp und wartete, dass sich der Besucher erhob. "Mein Name ist Plinia Chrysogona, ich bin Medica."


    Dann wartete sie darauf, dass er sich vorstellte. Sie war es gewöhnt, dass vor allem Männer gewisse Vorurteile gegen eine Frau im Beruf des Medicus hatten. Ihre Haltung strahlte dennoch Würde und Selbstbewußtsein aus. Die vielen Erfolge bewiesen, dass eine Frau ebenso fähig in diesem Beruf sein konnte wie ein Mann und Chrysogonas Kollegen hatten das auch längst eingesehen.


    Pedanios


    Der Assistent der Medica Chrysogona holte den wartenden Musca ab, der auf einer Steinbank in einer der Säulenhallen der untersten Terrasse saß. Dort warteten neben ihm noch andere Heilungsuchende auf ihren Konsultationstermin.


    "Dein Name ist Musca?", fragte er. Als der Praetorianer bejahte, forderte Pedanios ihn mit einer Handbewegung auf, sich zu erheben.
    "Folge mir!"


    Padanios ging zügig voran. Chrysogona war eine vielbeschäftigte Frau. Sie hatte einen hervorragenden Ruf und nicht wenige der Ratsuchenden wollten explizit sie sprechen. Neben der Thermenanlage unter den Kollonaden auf der linken Seite des Hofes waren die Untersuchungs- und Behandlungsräume der Medici untergebracht. Er öffnete die Tür zu einem der Räume.
    "Hier hinein, bitte."


    Der Behandlungsraum war hell und luftig. Gegenüber der Eingangstür befand sich eine hölzerne Flügeltür, die geöffnet war, um Luft und Licht hereinzulassen. Sie gab den Blick auf das Meer unterhalb des Asklepieions frei. Ein zierliches Tischchen mit vier Beinen und zwei Hocker, eine Therapieliege und einige Regale mit Behältnissen für Salben und Medikamente bildeten die karge Ausstattung. An der Wand hingen verschieden große, bronzene Schröpfköpfe. Auf einem einfachen Tischchen auf der rechten Seite standen Schüsseln und Karaffen, darunter stapelten sich Tücher, Bandagen und Schwämme. Mehrere Kästchen und zylindrische Gefäße enthielten medizinische Instrumente.


    Padanios wies auf einen der Hocker. "Nimm bitte Platz. Plinia Chrysogona wird gleich zu dir kommen."

    Als sie die oberste Terrasse erreicht hatten überreichte ein Tempeldiener dem Thessalier einen Kranz aus Blättern, duftenden Kräutern und Blumen. Der Mann sah Chrysogona fragend an.
    "Diesen Kranz sollst du später tragen, wenn du gemeinsam mit den anderen Heilungsuchenden die Gesänge und Gebete an die Heilgötter richten wirst."


    Der abfällige Gesichtsausdruck gefiel der Medica keineswegs. Sie holte deshalb aus und zitierte zunächst Porphyrios bevor sie eine Erklärung folgen ließ.
    "Rein muss sein, wer in den duftenden Tempel tritt, rein sein ist aber, heilige Gedanken zu haben. Im Schlaf dringt die Seele in die Tiefen des Körpers vor und nimmt den Zustand des Körpers war. Der Traum ist die Schnittstelle zwischen Körper und Seele, das Medium ist der Gott, der dir zum Gewinn einer höheren Erkenntnis verhelfen kann, wenn du bereit dazu bist, dich seiner Führung anzuvertrauen."


    Chrysogona bog nach rechts ab und betrat mit ihrem Patienten die umlaufende Säulenhalle mit den Schlafkammern.
    "Ich zeige dir zunächst deine Schlafzelle, dann kannst du dir im Tempel die Götterstatuen und vor allem die vielen Weihegeschenke und Votivtafeln ansehen. Sie werden deine Seele auf den Ratschlag des Gottes vorbereiten. Folge mir."


    Sie öffnete eine der Türen und gab den Weg in eine kleine Kammer frei. Der Raum war winzig. Mehr als eine Liege und ein Nachttisch hatten nicht Platz darin. Der Thessalier seufzte. Komfort sah anders aus. Chrysogona deutete auf die Wachstafel und den Stylus auf dem Nachttisch.
    "Du sollst alle Träume aufschreiben, die du heute Nacht haben wirst. Der prägnanteste Traum ist der Wichtigste. Solltest du keinen Traum haben wirst du noch weitere Tage mit Fasten und weitere Nächte im Abaton verbringen dürfen."


    Die Medica hoffte, dass diese Ankündigung dazu führen würde, dass der Thessalier ihr am kommenden Tag einen Traum präsentieren konnte. Sie führte weiter aus.
    "Auf den Nachttisch legst du vor dem Einschlafen eine Münze für Mnemosyne, die Göttin der Erinnerung. Sie wird dir hoffentlich helfen, dich an den Traum zu erinnern."


    Der Thessalier nickte.


    "Wenn du bereit bist, kannst du dir im Tempel die Zeit vertreiben. Sobald die anderen Ratsuchenden bereit sind werden die Priester euch mit Gesängen und Gebeten sowie der Schau der heiligen Schlangen auf die kommende Nacht einstimmen. Und vergiss nicht den Kranz aufzusetzen. Wir sehen uns morgen wieder. Ich wünsche dir einen traumreichen Schlaf."


    Dem sonst nicht um Worte verlegenen Mann, schien es die Sprache verschlagen zu haben. Er nickte ergeben, setzte sich den Kranz auf das Haupt und begab sich zum Tempel des Asklepios.

    Zwei Tage der intensiven Reinigung mit Emetica, purgierenden Klystieren und strickter Enthaltsamkeit hatten den thessalischen Patienten auf die Incubation vorbereitet.


    An diesem Morgen hatte er sich in den Thermen zudem einer äußerlichen Reinigung unterzogen. Diese Nacht sollte er im Abaton verbringen. Doch zuvor standen das Opfer am prunkvollen Altar der Heilgötter Asklepios und Hygieia sowie eine Geldspende an die Priesterschaft an.
    Auf der ersten Ebene des in drei monumentalen Terrassen aufgebauten Kultareals wartete Chrysogona auf den Thessalier. Er trug das für die Incubation vorgeschriebene ungegürtete, einfache Gewand ohne jede Gewandspange und hielt einen Käfig in der Hand in dem ein Hahn aufgeregt mit den Flügeln schlug. Der Blick mit dem er die Medica musterte zeigte seine tiefe Abneigung. Dass der Archiatros ihre Maßnahmen nicht nur verteidigt hatte sondern ihm zudem noch auferlegt hatte öde Gedichte zu rezitieren und einem blinden Greis vorzulesen, legte er Chrysogona zur Last.


    Die Medica sah über die unverhohlen zur Schau getragene Missgunst hinweg und fragte emotionslos:
    "Hast du alles befolgt, was dir aufgetragen wurde und bist du vorbereitet?"


    Der Thessalier nickte mit zusammengekniffenen Lippen und brummte etwas Unverständliches, das aber eine Zustimmung nahelegte. Chrysogona nickte ebenso kurz und lud den Patienten dann mit einer Handbewegung ein mit ihr zu gehen.
    "Nun, dann lass uns gehen."


    Sie stiegen gemeinsam die Freitreppe zur mittleren Ebene hinauf. Vor ihnen stand der begehbare prunkvolle Altar, rechts davon war der Tempel mit den Kultbildern des Asklepios und der Hygieia zu sehen. Links neben dem Tempel stand ein Bau für die Priesterschaft, links vom Altar ein weiterer Tempel, der dem Apollon Kyparissios geweiht war. Im Hintergrund konnte man einen langgestreckten Bau erkennen, der früher als Abaton gedient hatte, heute aber zur Aufbewahrung der Weihgaben diente. Das Abaton befand sich inzwischen auf der obersten Ebene.


    Ein weißgewandeter Priester kam ihnen entgegen. Er lächelte milde. Chrysogona überließ den Thessalier dem Priester und sah zu wie beide zunächst zum Tempel gingen um das Voropfer zu vollziehen. Nach einer Weile erschienen beide wieder, nun sollte der Hahn auf dem großen Opfertisch im Inneren des von Säulengängen umstandenen Altars sein Leben lassen. Chrysogona hatte schon oft im Inneren des eindrucksvollen Altars gestanden und all die Statuen bewundert, die als Representanten der Götter dem Opfernden bei seinem Dienst an den Heilgöttern zusahen.


    Mit zufriedenem Lächeln erschien der Thessalier auf den Stufen des Altars. Die Götter schienen sein Opfer angenommen zu haben.
    Auf ihrem Weg durch aberhunderte von Weihgeschenken welche die drei Terassen des Kultareals schmückten erklärte Chrysogona einige der schönsten und berühmtesten Stücke.


    "Dies ist der Antigonos des Apelles, das dort die Aphrodite Anadyomene."
    Ihr Finger zeigte auf die Statuen, die deutlich die Hand eines herausragenden Künstlers verrieten.


    "Folge mir und bedenke, dass wir nun zur letzten Ebene emporsteigen werden, auf der du die Anweisenheit des Gottes deutlich spüren kannst."
    Wenn du dazu in der Lage bist, dachte sich Chrysogona ohne es auszusprechen. Sie raffte ihr faltenreiches Gewand und betrat die unterste Stufe der eindrucksvollen Treppe zur dritten Ebene.

    Der Archiatros Gaius Stertius Tychicus bestätigte Chrysogonas Therapie nicht nur, er ermahnte den von Kopfschmerzen geplagten Thessalier sogar, sich streng an die Ernährungsratschläge der Medica zu halten. Zudem verordnete er dem unzufriedenen Patienten laut Gedichte zu rezitieren und mindestens eine Stunde täglich einem der älteren Männer, die sich zur Behandlung im Asklepieion befanden, vorzulesen. In den Augen des Archiatros war dies eine hervorragende therapeutische Maßnahme, seinen Geist wieder auf das Wesentliche zu beschränken.


    Der Thessalier rollte die Augen. Chrysogona war gespannt wie er die Ankündigung aufnehmen würde, dass er bald eine Nacht im Abaton, dem Schlafhaus, verbringen würde.


    Der Patient lächelte erfreut.
    "Wunderbar! Na endlich! Wann darf ich denn dort schlafen? Heute noch?"


    Der Archiatros schüttelte den Kopf.
    "Selbstverständlich nicht. Zunächst wirst du dem Heilgott Asklepios opfern und fasten müssen. Plinia Chrysogona wird dich anleiten. Wir sehen uns dann nach deinem hoffentlich traumreichen Schlaf im Abaton wieder."


    Der Thessalier starrte den Archiatros entsetzt an.
    "Fasten? Ja ich faste doch ohnehin schon..."


    Doch Thychicus hatte die Konsultation bereits beendet. Chrysogona konnte ein feines Lächeln nicht unterdrücken. O ja, er würde fasten... und wie!

    Chrysogona mischte Rosenöl und Essig in einer Schale. Dann nahm sie zwei frische Leinenstreifen. SIe trug beides in die Kammer eines ihrer Patienten. Der Mann war noch keine dreißig Jahre alt und war den weiten Weg von Thessalien nach Kos gekommen, um Heilung von seinen Kopfschmerzen zu erlangen. Er war erst wenige Tage im Asklepieion und doch schon ungehalten, weil ihm noch keine Linderung seiner Beschwerden vergönnt war.


    Als Chrysogona eintrat schenkte er ihr einen verächtlichen Blick.
    "Schon wieder du? Ich hatte gehofft, dass man mir endlich einen der echten Medici schicken würde. Ich habe es langsam satt immer nur diese Auflagen zu bekommen. Ich will endlich richtig behandelt werden!"


    Die Medica ignorierte sein ungehobeltes Verhalten. Sie sah auf die Tabula auf dem Nachttisch.
    "Hat der Gott dir wieder keinen Traum geschickt heute Nacht?"


    Der hagere Sohn eines Beamten schüttelte missmutig den Kopf.
    "Nein. Aber vielleicht sollte ich auch besser im Abaton schlafen, meinst du nicht?"


    Chrysogona nickte. "Sicherlich. Aber momentan sind alle Schlafplätze belegt. Wenn einer frei wird, erfährst du es sofort. Hast du dich an die Ernährungsratschläge gehalten?"


    Der Thessalier verzog das Gesicht.
    "Salat, Gurke und etwas Obst... davon soll ich satt werden? Davon bekomme ich ja noch mehr Kopfschmerzen!"


    Die Medica sah den Patienten tadelnd an.
    "Wenn du dich nicht an die Ernährungsratschläge hältst, kann es nicht besser werden! Und nun leg dich hin, ich will die Umschläge machen. Heute Nachmittag wird dich Gaius Stertius Thychicus persönlich untersuchen. Dann wollen wir ja sehen, ob er meine Therapie gutheißt oder eine Veränderung vorschlägt."


    Sie wartete, bis der maulende Patient sich auf den Rücken gelegt hatte, dann tauchte sie das erste Leinenstück in die Flüssigkeit, drückte es aus und legte es auf seine Stirn.

    Das Kinn in die Hände gestützt hockte Chrysogona auf den Stufen der untersten Terasse des Asklepieions und starrte zum Eingangstor. Ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Wut und Verzweiflung. Wieder hatte Chrysogona eine schwangere Frau abweisen müssen. Obwohl sie sehr wohl gewußt hätte wie man der Frau schnell und gefahrlos helfen konnte. Einzig ein paar gute Ratschläge am Tor zum Gelände des Asklepieions waren ihr möglich gewesen.


    Erst vor wenigen Tagen hatte sie mit dem medizinischen Leiter des Asklepieions über die Notwendigkeit gesprochen auch den schwangeren Frauen und den Sterbenskranken je ein Gebäude zu errichten, in dem sie behandelt werden konnten. Sie verstand ja die Gefahr, die von anderen Kranken für die Schwangeren und deren ungeborene Kinder ausging und konnte nachvollziehen, dass die Patienten, die mit der Hoffnung auf die Hilfe des Heilgottes ins Asklepieion kamen, nicht mit dem Anblick unheilbar Kranker und Sterbender konfrontiert werden wollten, doch die Frauen ohne Behandlung wieder wegzuschicken und damit womöglich den Tod von Mutter und Kind billigend in Kauf zu nehmen passte so gar nicht zum Anspruch der Medica.


    Gaius Stertius Tychicus, Sohn des berühmten Gaius Stertius Xenophon, seines Zeichens einst Leibarzt des römischen Kaisers Claudius, hatte Chysogona zwar anghört, dann aber mit einem freundlichen Lächeln erklärt, dass es eben Tradition des Asklepieions sei, diese Patienten nicht aufzunehmen und er sicherlich auch nicht mit dieser sinnvollen Einrichtung brechen würde. Chrysogona hatte mit weiteren Argumenten versucht ihn umzustimmen, doch er hatte abgewunken und sie stattdessen ins Abaton geschickt, um einen der "Schläfer" zur Behandlung zu holen. Asklepios war dem Mann im Traum erschienen und hatte eine Schröpftherapie empfohlen.
    Resigniert hatte Chrysogona ihrem Lehrmeister gehorcht und den Patienten herbeigeholt.


    Seufzend erhob sie sich. Es war an der Zeit in die Therme zu gehen und die Badekur einiger Patienten zu überwachen.




    Das Asklepieion von Kos liegt im heiligen Zypressenhain des Apollon Kyparissios. Es ist eine monumentale Anlage auf drei Terrassen, die sich an einem zum Meer abfallenden Hang erstrecken. Auf allen Ebenen sind zahlreiche Weihgeschenke aufgestellt.


    Unterste Terrasse: Sie wird von einem Hof gebildet, der an allen Seiten von Säulenhallen eingefasst ist. Darin befinden sich die Räume für die Besucher. Das Eingangstor gibt den Blick auf die Freitreppe zur mittleren Terrasse frei. Rechts und links der Freitreppe sind Brunnen. Im linken Flügel ist die Thermenanlage untergebracht. Im rechten hinteren Eck findet man eine Latrine.


    Mittlere Terrasse: Hier befinden sich zwei Tempel. Rechts der Tempel des Asklepios und der Hygieia, links der Tempel des Apollon Kyparissios. Das Herz des Platzes bildet der prachtvolle Altar des Heilgottes Asklepios. Er wird von einer Säulenhalle, in der zahlreiche Statuen Platz gefunden haben, umgeben. Außerdem befinden sich auf dieser Ebene ein Thesauros für das Tempelvermögen, ein Gebäude für die Priester und Kultgegenstände und das ehemalige Abaton, das nun für die Aufbewahrung der Weihegaben genutzt wird. Über eine noch eindrucksvollere Freitreppe erreicht man die oberste Terrasse.


    Oberste Terrasse: Zentrum der obersten Ebene ist ein dorischer Tempel, der dem Heilgott Asklepios geweiht ist. Er ist ein reiner Statuenschrein und soll die Anwesenheit des Gottes verdeutlichen. Da er nicht kultisch genutzt wird gibt es davor keinen Altar. Der rechteckige Platz wird an drei Seiten von Säulenhallen umgeben in denen das Abaton untergebracht ist. Das sind die Schlafkammern für die Gäste, die sich der Incubation unterziehen.




    Sim-Off:

    Urheber des Fotos: „Kos Asklepieon01“ von Nikater - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - https://commons.wikimedia.org/…File:Kos_Asklepieon01.jpg

    Ja, mit dem Wohnort bin ich mir sicher ;)


    Ich werde wohl einen Wohnsitzwechsel haben und mich ummelden müssen, bzw. dann auch den registrierten Wohnort wechseln, aber das sollte ja kein Problem sein, oder?


    Der spätere Wohnsitz wird dann Rom sein, aber beginnen werde ich auf Kos. :D

    Hiermit bitte ich um Einlass:


    Name: Stertinia Chrysogona
    Gens: Stertinia (die Neugründung ist mit der Spielleitung abgesprochen)
    Stand: Civis
    Wohnort: Kos


    Vater: Gaius Stertinius Phoebus
    Mutter: Philogena


    Vielen Dank!