Beiträge von Kaeso

    Ich hatte zwar das, getan was in solch einer Situation möglich war und dennoch war ich unzufrieden. Da hat man einen verletzten vor sich und kann nichts machen, weil man keine Material und vor allem kein Wissen hat. Fassungslos ließ ich alles von den anderen Übernehmen, befolgte Cossus Malleus Anweisungen und half indem ich den Kopf des Helvetiers ganz vorsichtig anhob, festhielt und den anderen Half den Aedil sachte auf die Behelfstrage zu heben.
    Wie in Trance rannte ich zuerst neben ihn dann aber vor ihnen her und spurtet plötzlich los in Richtung Taberna Medica riss die Türe auf und brachte atemlos hervor „Curio ist schwerverletzt“. Ich hatte in der Aufregung gar nicht bemerkt wie ich ihn genannt hatte, dass war mir noch nie passiert. Schon hörte ich sie mit dem Helvetier herankommen.

    Endlich es war so weit. Es war Venustag, vor Aufregung war ich mehr als einmal an diesem Tag nicht bei der Sache. Die Tage vorher waren ja schon schlimm gewesen, doch heute hatte ich mehrmals, weil ich mit meinen Gedanken total abwesend war, damit gerechnet, dass ich darauf angesprochen würde. Nicht aus zu denken, wenn ich dann hochrot, wie zu vermuten war, herum stotternd, eine Ausrede suchen musste.
    So schnell wie möglich suchte ich an diesem Tag sein Cubiculum auf. Möglichst allen aus dem Weg gehen, möglichst allein sein. Dort so alleine, wäre ich lieber los gerannt um meine Anspannung meine Aufregung los zu werden.
    Je näher die Stunde rückte um so aufgeregter wurde ich, immer wieder schaute ich auf meine Tunika herunter ob sie auch sauber und ordentlich war. Dann hielt ich es nicht mehr aus und stahl mich aus der Casa Helvetia, natürlich viel zu früh.
    Wo die Casa Acilia war, wusste ich genau, natürlich hatte ich das schon Tage vorher erkundet und war dort wie ein liebeskranker Kater herumgeschlichen aber jetzt? Ich konnte doch nicht viel zu früh dort erscheinen, was tun? Warten musste ich, dass war mir klar. Ich machte noch einen längeren Spaziergang mit einem riesigen Bogen und das Gebiet ihrer Casa. .


    Meine Nerven hielten es nicht mehr aus, egal auch wenn es zu früh wäre, ich ging, fast lief ich schon, dorthin und klopfte leise zaghaft an. Klopf, klopf.

    Ich gab mir große Mühe den Erklärungen des Helvetiers, zum Thema Provinzialhauptstadt zu lauschen, doch irgendwie war der Wurm drin, entweder wurden auseinander geschoben oder es wurde so laut, dass man fast sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte.
    Schon war wieder Ende etwas vor uns erregte die Aufmerksamkeit des Aedil. Etwas in der Richtung wo der Custos war. Ich konnte nichts sehen, selbst als ich mich auf Zehenspitzen reckte. Dann verstand ich nichts mehr, ich hörte nur “Bleib hinter mir.“ und schon stand ich hinter ihm, wo er mich hingezogen hatte, ganz so als ob ein Vater seinen Sohn beschützen wollte. Warum dies wusste ich aber nicht und so versuchte ich an ihm vorbei zu schauen. Da sah ich es, die Menschen hatte Platz gemacht und jemand griff Cossus Malleus an. Irrte ich mich oder blutete der? Ja und der Angreifer hatte sogar einen Gladius. Musste man nicht helfen, aber wie, wie konnte ich schon helfen?
    Acanthos hatte sich schützend vor dem Helvetier positioniert. Wenigstens sollte ich mit da stehen überlegte ich. Weiter kam ich nicht jemand hatte mich ergriffen und stieß mich mit Wucht beiseite. Zuerst torkelte ich herum, kam aber nicht zum Fall, sondern prallte gegen einen wohlbeleibten Händler, der stieß mich von sich weg und da sah ich es. Die Holzlatte, die auf den Aedil niederfuhr. Hastig drehte ich mich mehr in diese Richtung versuchte los zu spurten, doch zu spät, der Angreifer war weg. Die Sicht war mir versperrt.
    Schon war ehe ich es mitbekommen hatte, der Helvetier ohnmächtig zu Boden gesunken. Acanthos kniete schon neben ihm. Besorgt kniete ich ebenfalls an seiner Seite, konnte zunächst von meiner Seite keine Verletzung sehen, es musste aber einen Grund geben und die Latte hatte ich ja auch gesehen. Bestimmt finde ich etwas an der anderen Seite oder am Hinterkopf war mein nächster Gedanke. Da vernahm ich die besorgte Stimme des Custos der jetzt auch bei uns war.
    Was dieser so sagte oder trieb bekam ich zunächst nicht mit, zu aufgeregt und besorgt war ich. Plötzlich war da eine Verbandsrolle, direkt vor mir, in einer Hand. Aufgeregten Worte, „Kaeso .. bitte .. mach du das. Mir zittern die Hände zu sehr.“ drangen dann zu mir vor. Acanthos half mir den Aedil auf zu richten und hielt ihn, nun sah ich die Kopfverletzung und konnte ihm einen Verband um den Kopf legen. Allerdings bezweifelte ich ob das die richtige Behandlungsmethode war, da musste noch mehr gemacht werden, etwas anderes. Wir brauchten ganz dringen Alpinas Hilfe. Laut stieß ich hervor.Alpina muss her.“

    Was war denn heute eigentlich her los? Was für eine Gedränge und Gewusel, war das immer so? Ich konnte mich nicht erinnern. Sicher sagte ich mir, es war ja nun auch wärmer, als ich hier ankam war begann die kühlere Zeit des Jahres, dachte ich mit Grausen zurück. Cossus Malleus hatte sichtlich Mühe einen Weg für den Aedil frei zu bahnen, dass bedeutete schon etwas bei solch einem großen Kerl. Wogegen ich mir vor kam wie ein hüpfendes Kind, was sich durch die Masse schlängelt.
    Diesem Umstand hatte ich es dann auch zu verdanken, dass es zeitweise schwierig war das Gespräch aufrecht zu halten, da wir des öfteren getrennt wurden.


    Ich bekam so gerade noch mit wie der Helvetier fragte: „Gefällt dir denn die Arbeit in Alpinas Taberna Medica? „
    Schaute mich aber wo unsere Begleiter waren, hatte da eben der Custos etwas zu Acanthos gerufen? Da ich ihn aber nicht sah, wandte ich mich wieder dem Aedil zu. „Ja sehr und ich möchte noch mehr von ihr und über die Medicin lernen, wenn es eben möglich ist. Alpina hat mir auch schon zugesagt mir weiter zu helfen“, antwortet ich mit einem Lächeln, mit Rückblick auf unserem Gespräch. „Im Nachhinein, bin ich noch immer froh, dass ich mich dazu entschlossen habe, dich damals bei deinen Wahlreden angesprochen habe.“
    Schon drohte sich der Weg vor uns wieder gänzlich zu schließen. Suchend schaute ich mich nach unserem großen Kerl um, der es für gewöhnlich schaffte den Weg frei zu halten. „Ich wusste gar nicht, dass es so viele Menschen in Mogontiaci gibt“, wandte ich mich zu dem Helvetier. Es scheint so, das ganz Germanien sich her versammelt hat“. Dabei hatte ich überhaupt keine Vorstellung wie groß dieses Germanien überhaupt war.
    Schon war er wieder aus meinem Blickfeld, dafür sah ich jetzt aber Acanthos und hörte die Stimme des Custos.

    Ich war nach Runas Antwort doch sichtlich erleichtert. Nicht, dass ich kein Vertrauen zu ihr hatte, ganz im Gegenteil, doch würde ich niemals ein gegebenes Wort, eine Abmachung brechen. Das wäre allen Beteiligten gegenüber unehrlich, eines Römers nicht würdig. So viel stolz besaß ich noch, auch wenn ich sonst oft an mir zweifelte.
    Mir mit den Fingern an den Halsausschnitt greifend, ein wenig nach vorne ziehend, ganz als ob mir auf diese Weise Hitze entweichen müsste, nickte Runa mehrmals sichtlich erleichtert zu, bei ihren Worten über die Zukunft.
    „Nun ja, fing ich an, ich möchte zuerst noch mehr von Alpina lernen, das Wissen über Kräuter und Heilpflanzen birgt noch viele Geheimnissen. Außerdem reizt es mich noch mehr über die Heilkunst zu erfahren. Vielleicht auch über den Beruf des Chirurgicus.“ Letzteres fügte ich verlegen lächelnd hinzu. „Für mich wäre es unvorstellbar, anderen Menschen meine Ware an zu bieten und zu feilschen, ebenso sehe ich mich nicht in Amtsstuben als Scriba. Zum Militär, der Traum meiner Kindheit? Nein ich glaube auch das wäre nichts für mich.“

    Für mich war dies eine ganz besonderer Tag, ich durfte den Helvetier in seiner Funktion als Aedil begleiten. Mehr noch ich konnte die Debatte verfolgen. Mir, wie bestimmt jedem anderen sterblichen Civis in Rom, war nicht bewusst, mit welchen, Aufgaben, Entscheidungen sich die Verantwortlichen einer Stadt, herumplagen mussten. Alles musste genau, durchdacht, besprochen, geplant und durchgeführt werden. Wie Arbeitsintensiv alles war und wie musste es bei den verantwortlichen für die verschiedenen Regionen, Provinzen und gar erst für das ganze römische Reich sein. Wie stolz konnte man sein, wenn man dabei mit helfen durfte,
    Dies und vieles mehr ging mir durch den Kopf, als der Helvetier, nachdem er sich von seinen Begleitern verabschiedet hatte, direkt fragte.
    Nach kurzem überlegen versuchte ich meine Gedanken dazu in die richtigen Worte zu kleiden. „Es war sehr interessant und sicherlich würde es manch einem Bürger gut tun, solch eine Sitzung einmal zu verfolgen, damit sie sehen, mit welch einer Hingabe viele ihre Aufgaben erfüllen.“ Nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu, „ich finde es sehr schade, dass deine Amtszeit nun endet, jetzt wo ich gerade erst wirklich erkenne worin deine Arbeit besteht. Auch wenn ich es bewundere, so wäre es aber bestimmt nicht mein Weg.“

    Zuerst kam nur ein großes „OH“ über seine Lippen. Das musste er erst einmal verdauen. Um aber nicht sonderlich auf zu fallen, meinte er dann noch „Ach so“, was auch nicht mehr war wie sein OH.
    Eins war jetzt aber sicher, das Päckchen kam von seiner Angebeteten und er würde sie besuchen, ja da gab es einfach nichts, was ihn davon abhalten konnte.
    Schnell trank er seinen Becher leer und ging zu seinem Cubiculum

    „Wie? Ach so, ja sicher,“ antwortete ich erschrocken auf ihre Frage, obwohl ich doch gehofft hatte, dass ich angesprochen wurde. Schnell trank ich einen Schluck Wasser und hätte mich dabei fast verschluckt.
    Tief Luft holend begann ich, möglichst nichts ausdrückend, wenigstens bildete ich mir das ein. „Sag mal, wer war denn die Besucherin, vor ein paar Tagen, die mit der seltsamen Leibsklavin?“
    Meine Frage losgeworden, setzte ich mich schnell hin und entdeckte entsetzt, die neuen Stiefel waren zu groß. Gerade noch rechtzeitig unterdrückte ich die Frage, wieso habe ich das denn vorhin nicht bemerkt?

    Bei dem hin und her Gerenne zum Atrium und zurück zu meinem Cubiculum war ich mir plötzlich gar nicht mehr sicher, das Stiefel und Botschaft wirklich von der schönen Fremden kamen. Warum sollte sie etwas von mir wollen, mich kennen lernen wollen, mich erwarten? Mit Vorfreude zu einer Cena einladen. Das war bestimmt ein Irrtum. Aber nein sie hatte doch geschrieben, „mein lieber Kaeso“, das war eindeutig ich.
    Eine plötzliche Kehrtwende machend ging ich zur Culina, bestimmt waren dort noch Liam und Gwyn oder wenigstens einer der beiden. Die wollte ich jetzt fragen wer die Fremde gewesen war. Ich holte mir einen Becher Wasser und räusperte mich.

    Für den heutigen Abend hatte ich mir vorgenommen ein Rezept aus dem Gedächtnis heraus auf eine Tabula zu schreiben, um dies dann am nächsten Tag Alpina zur Kontrolle zu zeigen. Ich brauchte solche Aufgaben zum einschlafen, die Begegnung mit der schönen Fremden beschäftigte mich fast Tag und Nacht. Aus einer Scheu heraus, man könnte mir das Interesse an ihr anmerken, hatte ich bisher noch niemanden über sie ausgefragt. So wusste ich noch immer nicht wer sie war. Auch wenn die seltsame Sklavin mir ihren Namen genannt hatte, so konnte ich mich nicht an ihn erinnern, zu sehr war ich mit der inneren Abwehr beschäftigt gewesen.


    Als ich nun mein Cubiculum betrat meinte ich ihren Duft zu riechen. Einen Narren schalt ich mich selber, während ich gleichzeitig das Päckchen auf meinem Bett sah. Alpina?! Wieso aber gab sie es mir nicht selber und wieso benutzt sie auch das Parfümöl.
    Zuerst einmal setzte ich mich neben diesem seltsamen Päckchen und betrachtete es eine ganze Weile, mit einer gewissen hab acht Stellung, ganz so, als ob im nächsten Augenblick eine Schlange daraus hervor schießen könnte. Der Duft verwandelte die Vorsicht langsam in immer größer werdende Neugierde. Schließlich hob ich das Päckchen auf und schnupperte daran, ehe ich mich versah hatte ich den Inhalt aus dem Tuch gewickelt und starrte ihn an. Fasziniert wollte ich die Stiefel aufheben, dann jedoch hatte ich die Tabula in der Hand.


    Wie oft ich die Nachricht gelesen hatte konnte ich im Nachhinein nicht mehr sagen. Ich brauchte sehr lange ehe alles in mein Hirn vor drang.
    Ich sollte den Text löschen? Das geht aber nicht, wenn ich den Inhalt oder einen Teil davon vergesse, etwas verwechsele, sagte mein Inneres. Legte ihn beiseite und betrachtete, bevor ich sie in die Hand nahm die Stiefel. Meine Finger glitten über das weiche Oberleder. Trotz des Ledergeruches meinte ich auch an ihnen den Duft des Parfümöls zu riechen. Mit hastigen Griffen zog ich sie an, sie passten, sie würden mir immer passen. Mit paar Schritten maß ich meinen kleinen Raum hin und her, hatte schon die Türe geöffnet und wollte bis zum Atrium und wieder zurück. Gerade noch rechtzeitig fiel mir die Tabula ein, ich packte sie vorsichtig in das Tuch und verstaute beides in meine Truhe, unter der alten Tunika.

    Eine ganze Weile saß ich da und dachte über Alpinas Worte nach, bis ich schließlich das Gefühl hatte ihre Augen würden mich durchdringen wollen, mich zu einer Reaktion auffordern wollen.
    Es dauerte wieder seine Zeit ehe ich mich zu einer Antwort aufraffte. Mir war klar geworden, ich musste mich jetzt nicht entscheiden, es waren nur Anregungen, helfende Hinweise, die mir aufzeigten, dass das Feld der Heilkunde groß war und ich die verschiedensten Möglichkeiten hätte.
    Sie würde mir weiterhelfen und ich egal wohin mein weg mich führen würde weiter unterstützen.
    Mir fiel ein Satz ein der mir besonders gefallen hatte. „Wenn du möchtest höre ich mich nach anderen, nicht militärischen Heilkundigen um“ Ja bitte, höre dich bei anderen Heilkundigen um, dies würde mich sehr interessieren. Vielleicht aber auch die Chirurgicus.“
    Schnell stand ich auf, mir war eingefallen Alpina hatte noch einen Termin. „Bitte entschuldige, du hast einen Termin und musst dich jetzt wegen mir beeilen.“ Ich reichte ihr die Hand, um ihr auf zu helfen. Warum ich das jetzt machte wusste ich selber nicht, es war mir gerade in den Sinn gekommen.

    Bedröppelt? Hatte Cossus Malleus wirklich gesagt ich würde bedröppelt schauen? Schon möglich, doch das nicht wegen den provozierenden Worten jenes Gurox. Nein eher weil ich hilflos daneben stand stehen musste. Hatte ich für kurze Zeit gedacht jetzt würde ich endlich in der Erwachsenen Welt angekommen sein, so war ich eben auf dem Boden der Tatsache gelandet. Selbst wenn ich die richtigen Worte gefunden hätte, was ich aus mangelndem Wissen in den Angelegenheiten nicht konnte, so hätte man bestimmt erst gar nicht auf die Worte eines Kindes gehört. So kam ich mir wenigstens gerade wieder vor, auch wenn meine Stimme in den letzten Wochen mindestens zwei Oktave tiefer geworden war.
    Fast automatisch hatte meine Hand, nach der Aufforderung einen Apfelring gegriffen und kaute darauf herum, als wenn zähes Hühnerfleisch wäre.
    Was ich einfach nicht verstand war, wieso keiner von den Anwesenden etwas dagegen gesetzt hatte. Vorher schien ihr Redefluss fast unendlich gewesen zu sein. Jedoch kaum waren die ersten aufwiegelnden Worte zu hören, schwiegen sie und ich meinte in manchen Augenpaare, die sich auf den Helvetier richteten, so etwas wie Spott gesehen zu haben oder war es gar Schadenfreude?
    Für mich war dies nur Neid und Missgunst, was aus ihnen sprach.
    „Wie kann es nur sein?“ fragte ich in die plötzlich eingetretene Stille hinein. Ich meinte nicht das Publikum damit, ich meinte den Helvetier. Dann wiederholte und ergänzte ich bewundernd. „Wie kann es sein, dass man bei solchen Provokationen, so die Ruhe behält? So gelassen wirkt.“

    Fassungslos beobachtet ich was da gerade geschah. Von einem Moment zum anderen war da etwas anderes in der Luft. Ganz so, als ob da etwas lauerte, um mit wenigen Funken entzündet zu werden.
    Egal ob in Rom oder in Germanien, es würde immer wieder Menschen geben, die mit dem, was und wie sie etwas äußerten, andere in ihren Bann schlugen, sie aufwiegelten, aufhetzten und manchmal zum äußersten brachten. Dies hatte selbst ich schon mehrmals in Rom erlebt. Ihr bestreben schien nur zu sein, Unfrieden und Aufwieglung zu säen.
    Ob dies hier so ein Mensch war wusste ich nicht, in einem war ich mir aber sicher, er war nicht das was er vorgab zu sein.
    Der Helvtier zeigte nach außen Ruhe und Gelassenheit. Es war keine Verteidigung mit der er antwortete, es war mehr eine Erklärung für die, den Umständen entsprechenden zweckmäßigen Handlungsweisen der Verantwortlichen. Bewundernd sah ich zu ihm.
    Zum Schluss erteilte er dem Provozierer noch eine Lektion, in dem er ihm erklärte, wie er sein Eigentum besser schützen könne. Gespannt schaute ich zu dem Fremden, denn dass der jetzt so einfach zurückstecken würde bezweifelte ich. Solche Typen sonnten sich zu gerne im Rampenlicht.

    Ich muss sagen, ich war schon in wenig aufgeregt an diesem Morgen. An dem mit Curio vereinbarten Morgen, an welchem ich ihn zum Barbier begleiten durfte. Bei der Vorstellung mit ihm gemeinsam bei dem Barbier ein zu treten hatte wirklich etwas besonders.
    Aufgeregt hatte ich immer wieder gelauscht wann ich die Schritte des Helvetiers hören würde. Endlich war es so weit.


    Es war eine andere Welt die ich betrat, eine Männerwelt. Für viele schien es wichtig zu sein an solchen Orten gesehen zu werden. Die Gründen waren sehr unterschiedlich. Neben dem Hauptgrund Haare schneiden, sowie rasieren lassen, waren noch wichtige Gründe, Volksnähe zu Demonstrieren aber auch der umgekehrte Grund, von Persönlichkeiten bemerkt zu werden, Aufmerksamkeit zu erhalten. Neugier war noch ein wichtiger Grund, wie auch, was oft nicht bedacht wird, die Klatschsucht der Männer. Hier war ein Ort an dem man Gerüchte verbreiten und Meinungsmache unterstützen konnte.
    All diese Erkenntnisse kamen mir während voller Spannung in der Nähe des Aedils dem ständigen Themenwechsel verfolgte.
    Überfälle? Ja natürlich, die Reise- und Händlergruppen waren gut bewacht, dass hatte ich selber mitbekommen.
    Curio wollte nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidieren?
    Von allen diesen Dingen hatte ich in meiner behüteten Welt, in der Casa Helvetia nichts mitbekommen. Zu sehr hatten mich die verschiedensten Aufgaben und das Lernen beansprucht. Es hatte mir Freude gemacht doch ich durfte mich nicht allem anderen verschließen.
    Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich seit dem Weggang von Rom, jemals wieder so vielen Gesprächen gleichzeitig gelauscht hatte. Ja es war eine andere Welt die der Erwachsenen und ich kam mir wieder einmal klein, unwissend und unbedeutend vor.

    Jetzt habe ich die Gelegenheit, die ich suchte, dachte ich bei dem freundlichen Winken der Sklavin, doch was dann kam gefiel mir weniger, zu oft hatte ich in Rom die Sprüche gehört, von wegen hübscher Jüngling. Nein das gefiel mir nicht. Ich ging zwar näher zu ihr hin, nickte zu ihren Ausführungen wer sie wäre und was sie hier machte. Meine Antworten auf ihre Fragen waren aber nur kurz. „Mein Name ist Kaeso und ich bin Gast hier in dem Haus.“ Ich fand das reichte, alles andere ging diese aufdringlichen Person nichts an. Da war ihre Herrin schon etwas ganz anderes. Ob die wusste was diese Sklavin so trieb? Sollte sie sich wen anderes suchen.
    Meine Reaktion, nachdem sie mich einfach zu sich heran gezogen hatte, war auch dem entsprechend. „Ich muss weiter, man erwartet mich“, wo würde ich ihr bestimmt nicht sagen. Schon drehte ich mich um und lies sie einfach stehen, ehe ich in der Vorratskammer der Taberna verschwand.
    Verärgert räumte ich alles mögliche hin und her. Jetzt hatte das Weibsstück mit ihrer plumpen Anmache, mir glatt mein Stimmungsbild zerstört.

    Meine Gedanken wirbelten durcheinander während ich hinter Runa her stapfte. Ich verstand einfach nicht was das hier sollte. Zuerst nahm ich ja noch an, wir würde aus mir einem im Moment nicht erklärbaren Grund, Pflanzen sammeln, vielleicht um Alpina zu helfen oder so. Dann jedoch bemerkte ich der Korb war nicht leer, bestimmt ein besonders Anschauungsstück oder so.
    Plötzlich als Runa begann ihre Vorbereitungen auf der Lichtung zu treffen bekam ich ein mulmiges Gefühl. Normalerweise war essen etwas wichtiges für mich aber jetzt konnte ich mich nicht dafür begeistern.
    Mein Gefühl hatte sich als richtig erwiesen, ich kam mir vor wie eine Maus in der Falle. Ich mochte Runa nicht nur, da war noch mehr wenn ich sie so betrachtete, da wurde mir schon mal ganz anders. Doch das hier, da kroch mir wieder einmal die Röte vom Hals an hoch.
    Plötzlich war der zauber des vielleicht des etwas schön werdendes zerstört, jetzt wollte ich lieber in den Gassen Roms untertauchen.
    Ganz vorsichtig, so als ob ich Angst hätte, ich könnte etwas zerbrechen setzte ich mich hin. Verdammt noch mal, was war ich froh gewesen, dass Runa mich bisher nicht weiter gefragt hatte, warum machte sie das? Warum zerstörte sie das? Ich hasste sie. Zorn stieg in mir hoch. Diese Weiber, meine Fäuste ballten sich, wie gerne hätte ich auf etwas eingeschlagen.
    Ich wandte mich ein wenig ab, so dass meine Augen von ihr nicht gesehen wurden, denn ich spürte Tränen in mir aufsteigen, ehe ich mit belegter Stimme anfing.


    "Das ich aus Rom komme weißt du, wir wohnten in der Subura in einer der billigsten Ecken in einem Zimmer. ….Meine Eltern, drei jüngere Schwestern, zwei kleine Brüder und das Baby …... und ein paar Totgeburten.“ Warum ich das Letzte hinzufügte wusste ich nicht. Vielleicht um Runa abzuschrecken.
    „Was mein Vater machte außer trinken wusste ich nicht“.
    Hastig kam ich zum Schluss meiner Geschichte, schnell weiter um das wichtigste zu vergessen zu überspringen, das mit der Gewalt und den Folgen.
    „Mir wurde das alles zu viel und so beschloss ich fort aus Rom zu gehen und fand einen Weg hierher zu kommen“. Mit kaltem Blick drehte ich mich zu Runa. „Den Rest kennst du ja schon.“

    Mit der Idee im Kopf, wie ich am Abend mehr über Runas Besuch erfahren konnte, stand ich auf und näherte mich vorsichtig dem Triclinium. Aufmerksam lauschend, nicht um zu belauschen, sondern um zu erfahren wo genau Runa sich mit der Fremden aufhielt. Ich wollte mich nämlich so schnell wie möglich zur Culina, die ganze Aufregung hatte mich durstig gemacht.
    Erleichtert hörte ich. Dass die Beiden in ein Gespräch vertieft waren, dass bedeutet für mich, ich konnte hoffentlich unbemerkt vom Kräutergarten zum Atrium und weiter zur Culina gelangen.
    Dies war aber wie ich bald bemerkte leichter gedacht als getan. Zwar war ich ohne Zwischenfall ins Atrium, dort stand aber eine und beobachtete mich. Liebend gerne wäre ich wieder zurück in die sichere Ecke des Kräutergartens, doch nach meinem dafürhalten gab es dahin kein Weg zurück.
    Mir einen innerlichen Ruck gebend ging ich weiter. Wer war die Besucherin? Warum stand sie hier so alleine rum? Wieso hatte Liam sie dort abgestellt und überhaupt wo war er?
    Was sollte ich also tun, zumal es mir ja nicht zustand , diese Fremde zu fragen, wer sie sei und wohin sie wolle. Freundlich lächelnd, was bestimmt eher nach einem dümmlichen Grinsen aussah, wollte ich an ihr vorbei. Da endlich kam es mir, fast hätte ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn geklatscht. Natürlich, das war die Sklavin von der schönen, aufregenden Besucherin. Ob ich sie fragen sollte? Nein, das konnte ich doch nicht machen.
    „Salve“, kam dann krächzend über meine Lippen, ehe ich mich an ihr vorbeischieben wolltein Richtung Culina zu verschwinden.

    Nur nicht das ganze gelernte wieder zu irgend etwas verarbeiten, das hatten wir schon mal, ging schief. Mit diesen Überlegungen lauschte ich, fast schon mit angehaltenem Atem Runa. Was kam jetzt? Doch wozu der Korb? Wollte sie mit mir Pflanzen sammeln? Dann ihre Frage, was ich denken würde, wenn sie wüsste. Deshalb kam ein, wie ich hoffte, völlig wertungsfreies, „frische Luft ist immer gut“. Da muss du durch, das wird schon, versuchte ich mir selber Mut zu machen.

    Jetzt gab es wieder das typische Chaos in meinem Kopf, alles schien auf mich einzustürzen, Fragen über Fragen kamen auf. Zum Teil fühlte ich mich von Alpina verstanden, gleichzeitig hatte ich aber auch das Gefühl sie plante zu viel vor, sah vielleicht etwas in mir, was nicht da war.
    Worin ich mir aber absolut sicher war, sie versuchte alles möglich um mir zu helfen.
    Nachdenklich saß ich neben ihr auf dem Boden, fuhr immer wieder mit der Hand darüber, zupfte von Zeit zu Zeit an einem Halm herum und dachte über das was sie gesagt hatte nach. Noch mehr aber über meine Antwort, ob ich ihr verdeutlichen konnte wozu ich jetzt fähig war und was ich gerne machen würde?
    „Ob es mir wirklich um eine glorreiche Zukunft geht weiß ich nicht, was mich an den Eintritt in die Cohorte reizte, war mit meinen Freunden zusammen zu sein und dem Zuhause zu entkommen. Vielleicht, wenn ich der CU beigetreten wäre, hätte dies meinem Vater Respekt abgezollt und er hätte meine Familie in Ruhe gelassen.“


    Es dauerte eine Weile ehe ich fortfuhr. „Ich würde mich freuen dich zu den Händlern zu begleiten und dabei zu lernen. Ich glaube aber nicht, dass mir irgend einer deiner vielen guten Vorschläge gefallen würde.“
    Nun schaute ich Alpina fest an, „sag, gibt es auch Männer die so etwas wie du machen?“ Hastig fügte ich hinzu, „natürlich, nicht die Geburtshilfe. Aber alles andere und wenn wo? Wer sind sie kann ich sie kennen lernen? Zuerst aber möchte ich alles lernen was du weißt.“ Verlegen sprang ich auf, „ich möchte noch nicht von dir und den anderen weg.“

    Obwohl der Kräutergarten zu diesem Zeitpunkt leer war, eilte ich in die hinterste Ecke und schaute mich suchend nach einem Versteck um, damit ich mich zur Not verbergen konnte. Warum konnte ich im nachhinein auch nicht mehr sagen. Denn außer dass ich einen Kopf, rot wie eine Tomate hatte, dies konnte auch von einer körperlichen Anstrengung herrühren, was ich gelegentlich beobachte hatte, konnte ein plötzlich Eintretender nichts besonderes an mir merken. Außer Runa , die ja um meinen Zustand wusste, ebenso wusste sie, wieso es dazu kam. Ich würde ihr in den nächsten Tagen besser aus dem Weg gehen, zumal ich mich gleich zu Anfang sehr unpassend benommen hatte.
    Diese Erkenntnis stritten in mir mit einem anderen Gefühl und ich ahnte das es mir noch sehr viel einbringen würde, ob zum Guten oder Schlechten würde sich zeigen. Jetzt war etwas anderes aber vordergründig. Fragen wie, wer war die Frau, wo wohnte sie, zu wem gehörte sie und warum wurde sie von Runa eingeladen und empfangen, wo selbst ich spürte, daran war nichts echtes, alles hatte wie aufgesetzt gewirkt.
    Langsam hatte ich mich etwas beruhigt und festgestellt ich war seit ich diesen Teil des Kräutergartens betreten hatte hin und her gerannt, wie ein gefangenes Tier. Ich setzte mich auf eine der Gartenbänke, stützte das Kinn in meine Hände, während die Ellbogen auf meinen Knien abgestützt waren.
    Nach langem grübeln, kam mir dann eine Idee, vielleicht sollte ich dort anfangen, ja das würde ich machen, gleich heute Abend.