Beiträge von Decius Germanicus Corvus

    “Strenger? Mmh… aber hoffentlich nicht so launisch.“, flüsterte Corvus leise zurück und grinste dabei.
    Als er bemerkte, dass ein Centurio sie zu beobachten schien, fügte er laut hinzu:
    “Auf jeden Fall macht die Legion einen guten und vor allem uneingeschränkt einsatzbereiten Eindruck auf mich. Ich freue mich bereits darauf, die Männer einmal draußen im Felde zu sehen.“

    “Sedulus Tod war auch für uns, seine Familie, ein schwerer Verlust.
    Ich war bei einer Sondereinheit der Cohortes Praetoriae, den Speculatores, als Trecenarius.“

    Er dämpfte etwas die Stimme:
    “Wie ist er denn so, der neue Legat?“

    “Salve, Tribunus Octavius Victor! In der Tat sind wir uns schon einmal begegnet.“
    Einen Moment stockte Corvus, wusste er doch nicht so recht, wie er auf diese damalige, etwas heikle Begegnung zu sprechen kommen sollte. Schließlich sagte er nur:
    “Es war bei einem Fest im Palatium Augusti in Rom.“

    Zitat

    Original von Kaeso Pollius Industrius
    "Ja ja, ein bisschen Schwund ist immer. Mal mehr, mal weniger. Die Götter haben es in der Hand. Wir können den Jungs nur beibringen, sich so gut wie möglich zu wehren." Er hat offensichtlich nicht vor, sich mit einem kleinen Rückblick auf den verlustreichen Krieg die Laune zu verderben.


    “Ja, sicher. Die Männer machen auf mich einen sehr guten Eindruck. Besser noch, als ich erhofft hatte. Zweifellos auch dein Werk.“

    “Primus Pilus!“, begrüßte Corvus den ranghöchsten Centurio.
    Jeder nannte ihn Primus Pilus, fast so, als sei dieser Titel bereits sein wahrer Name geworden.
    “Dein Gedächtnis ehrt dich. Stimmt, ich war Legionarius, als du damals zur Zweiten kamst, und bin kurz darauf zum Optio befördert worden. Lange her. Dich habe ich natürlich sofort wieder erkannt, als einen der wenigen…


    …nicht mehr viele von den alten Kameraden übrig.“

    So kam auch der neue Tribun in den Hof. Bar jedes Zeichens, dass sein Rang verraten könnte und gespannt, ob man ihn bereits erkennen würde.


    Er stellte sich in eine der, von den Fackeln weniger gut beschienenen Ecken und beobachtete, wer sich zusammengesellte, wer mit wem gut auszukommen schien, und welche Männer sich eher aus dem Weg gingen. Eine alte Gewohnheit war das, aus der Zeit, als er noch bei den Speculatores diente.

    …als ich noch Probatus bei der II. Legion war. Sedulus war mein Legat, Marcus Quintilius Drusus und Marcus Germanicus Patientiam waren Tribunen, Gaius Duccius Firmus und Tiberius Cornelius Scipio meine Kameraden und Magnus Quintilius Manus mein Ausbilder.

    Corvus zog die Augenbrauen hoch. “Ja, und ich habe über ein Jahr mit ihm geübt.“


    Er ließ Ganymed wieder an das andere Ende des Feldes traben und dann wenden. Erneut galoppierten sie los, er zog sein Schwert und sie stoben auf die Puppe zu. Wie beim ersten Versuch täuschte er eine Andere Richtung an um dann kurz vor dem Ziel zu korrigieren. Die Waffe stach nach unten und diesmal traf er die Puppe knapp unterhalb des Wangenschutzes, dort, wo bei einem Menschen die Halsbeuge gewesen wäre. Die Klinge drang mit einem reißenden Geräusch tief ein und Corvus riss sie im gleichen Winkel blitzschnell wieder heraus, bevor sie ihm aus der Hand gerissen werden konnte. Eine Handvoll Stroh wurde in die Luft gewirbelt.
    Diesmal sichtlich zufriedener brachte er Ganymed zum Stehen.
    “Das war doch schon besser.“, freute er sich.

    Corvus nickte dem Legionarius zu und schwang sich auf sein Pferd.
    “He, ihr zwei da drüben, wenn eure Knochen heil bleiben sollen, dann geht ihr jetzt ein wenig beiseite.“


    Er ließ Ganymed in einen kurzen Trapp fallen und ritt von der Puppe weg. Am Ende des Feldes wendete er und drückte dem Pferd die Fersen in die Flanken. Ganymed machte einen Satz vorwärts und sie galoppierten mit donnernden Hufen auf den Strohmann zu. Corvus zog sein Spatha und es schien so, als wolle er rechts an der Puppe vorbei reiten. Doch im letzten Augenblick änderten Ross und Reiter die Richtung auf die andere Seite. In fliegendem Galopp kamen sie an die Puppe und der Tribun stieß sein Schwert nach unten. Die Klinge verfehlte das von Corvus anvisierte Ziel und riss den Sack seitlich ein Stück weit auf. Einen Fluch ausstoßend riss er das Pferd herum und sprang schon in der Wende herunter. In wenigen schnellen Schritten war er bei seinem imaginären Feind und stieß ihm das Schwert in einer schnellen Bewegung, am Holzpfahl vorbei, in den vermeintlichen Rücken. Kaum hatte er die Klinge wieder herausgezogen, war Ganymed schon wieder an seiner Seite und er im Sattel.


    Langsam ritten sie daraufhin an Varus vorbei und Corvus tätschelte den Hals des Pferdes. “Ganymed hat nichts verlernt und weiß noch immer genau worauf es ankommt. Aber ich bin wohl etwas aus der Übung.“, meinte er säuerlich lächelnd.

    Corvus warf den zwei Faulpelzen einen bösen Blick zu.
    “Seht ihr das da drüben?“
    Er zeigte auf einen Pfahl, der an einem Ende der Bahn im Boden steckte.
    “Da bindet ihr mir den Strohsack fest und zwar plötzlich. Ich hoffe, ihr habt die Stricke nicht vergessen.“
    Erschrocken beeilte sich einer der beiden die angesprochenen Seile demonstrativ in die Höhe zu halten.
    “Gut. Also, festbinden und zwar so, dass es auch hält.“
    Er drehte sich zu Varus um, der noch immer den alten, verbeulten Helm und den Schild hielt, der ebenfalls schon bessere Tage gesehen hatte.
    “Du machst den Helm oben fest und das Schild an der linken Seite, so wie es ein Mann im Kampf halten würde. Wie war dein Name noch gleich, Legionarius?“

    Seinen Hengst Ganymed am Zügel kam Corvus auf den, vom Nachtfrost gefrorenen Reitplatz, auf der Mogontiacum abgewandten Seite des Kastells. Eigentlich war es mehr eine kurz gehaltene, recht ebene Wiese, als ein Platz. Das kurze Gras war mit einer spärlichen, fleckigen Schneeschicht bedeckt, die sicher abschmelzen würde, sobald die Sonne mehr Kraft zeigte.
    Zwei Legionäre warteten bereits am Ende des Feldes, das bei weitem nicht die Ausmaße hatte, wie man es von reinen Reiterkastellen kannte. Aber der Platz würde ausreichen, um ein paar Übungen im Galopp zu machen, zumal sie ansonsten vollkommen alleine waren.


    “Ihr zwei da, was steht ihr da so faul rum? Warum steht meine Übungspuppe noch nicht, he?“


    Die Zwei glotzten etwas unschlüssig auf den großen Sack, der zu ihren Füßen lag.