Wie jeden der vergangenen Tage beobachteten sie das südliche Stadttor von Eburum. Corvus befragte Neuankömmlinge, ob sie etwas gesehen oder zumindest gehört hätten. Von einem Bruttier aus Muranum hatte er so erfahren, dass die Verräter inzwischen wohl Grumentum belagerten, ja, vielleicht sogar schon eingenommen hatten. Aber von einer Gruppe fremder Legionäre wusste bislang niemand zu berichten.
Gegen Mittag brachte einer seiner Männer ihm einen Schlauch mit stark verdünntem Wein und ein flaches Brot mit gehackten Würsten und Oliven. Er wollte sich gerade setzen und anfangen zu essen, da wurde seine Aufmerksamkeit von einem Reiter in Beschlag genommen.
Man sah ihn in schnellem Galopp die Strasse kommen. Bald erkannte man das gehetzte Gesicht des Mannes und die schweißbedeckten Flanken des Pferdes. Er musste ohne Rücksicht auf das Tier hierher geritten sein. Der Reiter war kein richtiger Legionär und auch kein Soldat einer Auxiliareinheit, wie Corvus erkannte. Trotzdem trug er eine leichte Uniform, war also vielleicht ein Centurio Statorum oder Soldat einer örtlichen Stadtwache. Auf jeden Fall hatte er was zu erzählen und so wie es aussah, würden es wichtige Neuigkeiten sein.
Kurz vor dem Tor zügelte der Reiter sein Pferd und schwang sich herunter. Er wollte gerade zur Torwache weiter, da trat ihm Corvus in den Weg.
“Wohin?“
“Ich muss zum Magistrat, lass mich durch.“
“Ich bin von den Cohortes Praetoriae. Wenn du neues über die Verräter im Süden weißt, dann sag es mir. Zum Magistrat dieses Nestes kannst du noch früh genug.“
Der vollkommen erschöpfte Mann sah an der Uniform des Prätorianers herab. Inzwischen waren vier von Corvus Raufbolden hinzugekommen und umringten ihn.
“Ähh… gut… Wir sind überfallen worden. Ich bin ein Mitglied der Stadtwache von Atina, dass ist rund 35 Meilen die Straße weiter. Wir waren auf einer Patrouille, als sich uns eine Gruppe Berittener entgegenstellte. Es waren Soldaten, Legionäre. Mein Kommandeur hieß mich, sobald es zum Kampf käme, so schnell wie möglich nach Eburum zu reiten, dass man es dem Heerlager der Kaisertreuen melden könne.“
“Den Umweg können wir nun sparen. Du sagtest, es wären Legionäre gewesen. Welche Legion?“
“I….ich weiß es nicht. Aber sie sahen wild aus. Ihr Anführer aber… Der war ein großer Kerl, sehr adrett und bestimmt kein Decurio.“
Corvus wurde hellhörig: “Kein Decurio sagst du?“
“Nein, sicher mehr. Der hatte einen festen Brustpanzer an und war prächtig ausstaffiert. Bestimmt ein Tribun, wenn nicht gar ein Legat.“
“Wie ist es deinen Leuten ergangen?“
“Das kann ich nicht sagen, ich habe zugesehen, dass ich weg kam. Man hat mir nachgesetzt, doch ich konnte sie abschütteln.“
“Wo hat sich das ganze zugetragen?“
“Auf der Via, zwschen Atina und Popili.“
“Also 30 Meilen, in etwa?“
“Ja.“
“Und die anderen kamen von Norden?“
“Nein, wir kamen von Norden, die kamen von Süden.“
Der Prätorianer wies zwei seiner Männer an, den Stadtwächter zum Magistrat von Eburum zu beleiten. Sie sollten ihn nicht aus den Augen lassen und er schärfte ihnen ein, dass der Mann nicht wieder fort dürfe, ehe er es genehmigt hätte.
Dann eilte er zu ihrem provisorischen Lager um den Rest der Männer zusammenzutrommeln.