Beiträge von Decius Germanicus Corvus

    “Ich danke dir, Tribunus Iunius Silanus!“, antwortete Germanicus Corvus.


    Er straffte sich und saß nun sehr aufrecht im Sattel. Sein Blick wanderte über die Reihen der Soldaten. Er schaute in ihre Gesichter und glaubte in einigen gespannte Erwartung zu entdecken. Andere wirkten dagegen sehr stoisch und gelassen. Das waren vor allem die Älteren unter ihnen, die Veteranen, die bereits sehr viel mitgemacht hatten und die nur noch wenig in Rage bringen konnte.


    Alle erwarteten wohl nun von ihm, dass er mit seiner Ansprache beginnen würde. Aber das tat er nicht, sondern dehnte die Pause. Er wollte die Männer spüren lassen, dass dieser Appell anders als die sonst üblichen war...


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    Gemäß den Bestimmungen des Codex Militaris
    wird der Probatus
    QUINTUS IULIUS AQUILA
    wegen grober Verletzung seiner Pflichten
    mit Wirkung vom
    ANTE DIEM XVI KAL MAR DCCCLVIII A.U.C.
    (15.2.2008/105 n.Chr.)
    aus dem Dienst bei der
    LEGIO XXII DEIOTARIANA
    UNEHRENHAFT ENTLASSEN.


    Der kam kurz nach den Stabsoffizieren auf den Campus und zwar auf dem Rücken seines dunkelbraunen Hengstes. Er lenkte sein Pferd im langsamen Schritt auf das weite Feld. Ein wenig entrückt und würdevoll sollte das an diesem Tag erscheinen, so hatte er es sich aus gegebenem Anlass vorgenommen.
    Zentral vor den Reihen der angetretenen Soldaten brachte er das Tier zum Stehen, um die fällige Meldung entgegen zu nehmen.



    IN NOMINE IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
    ET REGIS AEGYPTI ET DOMINUS ORBIS TERRARUM


    Gemäß den Bestimmungen über das Niederlassungsrecht in Basileia vom ANTE DIEM XVIII KAL SEP DCCCLVII A.U.C.
    (15.8.2007/104 n.Chr.), erteile ich LUCIUS IUNIUS SILANUS hiermit die Erlaubnis, sich in Basileia niederzulassen.
    Die verlangte Grundsteuer wurde entrichtet.



    ALEXANDRIA – ANTE DIEM XVI KAL MAR DCCCLVIII A.U.C.

    (15.2.2008/105 n.Chr.)

    Die Urteilsfindung nahm denkbar wenig Zeit in Anspruch, viel kürzer, als es dauerte, dass Urteil nieder zu schreiben. Als das getan war, wurde es vom Präfekten selbst verlesen:




    IN NOMINE IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
    ET REGIS AEGYPTI ET DOMINUS ORBIS TERRARUM


    IUDICIUM ALEXANDRIAE
    IUDICATIO
    IUD ALEX I/DCCCLVIII


    Mit Wirkung vom
    ANTE DIEM XVI KAL MAR DCCCLVIII A.U.C.
    (15.2.2008/105 n.Chr.)


    im Strafverfahren
    ALEXANDRIA
    gegen
    QUINTOS ALEXANDREUS
    und SABOS AUS MEMPHIS


    vom
    ANTE DIEM XII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C.
    (21.1.2008/105 n.Chr.)


    hat das Iudicium Alexandriae durch Iudex Prior Praefectus Alexandriae et Aegypti Decius Germanicus Corvus und Iudex Agoranomos Leonidas Philotantos nach mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:
    Die Angeklagten werden der Anklage gemäss § 1 (5) Katastasis Alexandres, § 73 Cod. Iur und § 104 Cod. Iur. für schuldig befunden.
    Das Gericht verurteilt die Angeklagten hiermit zum Tode ad crucis.


    Entscheidungsgründe:
    Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Angeklagten mit anderen eine Gemeinschaft gebildet haben, deren ausschließliches und vorsätzliches Ziel es war, Straftaten zu begehen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Angeklagten an der Ermordung des Epistates tou Mouseiou Tychios von Chalkis am ANTE DIEM V KAL OCT DCCCLVII A.U.C. (27.9.2007/104 n.Chr.) tätig beteiligt waren. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Angeklagten mit ihren Taten das Ziel verfolgten, die festgeschriebene Grundordnung Alexandrias zu ändern oder abzuschaffen. Keine dieser Handlungen wurde von den Angeklagten bestritten und sie ließen keinerlei Anzeichen für Reue, Einsicht oder Abkehr von ihren Zielen erkennen, weshalb das Gericht hinsichtlich der Bestimmungen von § 73 und § 104 Cod. Iur. auf eine besondere Schwere der Schuld erkennt.


    Rechtsmittelbelehrung:
    Gegen dieses Urteil des höchsten Gerichts von Alexandria kann keine Berufung eingelegt werden. Das Urteil ist unverzüglich zu vollstrecken.



    [Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.de/~harm/ImperiumRomanum/Alexandria_et_Aegyptus/Unterschrift_Corvus_PAeg_Papyrus.png]


    Germanicus Corvus wartete einen Augenblick, damit das Gesagte seine Wirkung entfalten konnte, dann fuhr er fort:
    “Die Angeklagten sind schuldig und ihre dreifache Schuld kann nur mit dem Tod vergolten werden. Aber innerhalb der Mauern dieser Stadt soll kein Blut vergossen werden.
    Sie werden deshalb vor der Stadt, an der Straße nach Nikoplis ans Kreuz gebunden werden. Man wird ihnen ihre Bäuche öffnen und ihre Leichen wird man herunter holen, in Säcke nähen und in der Mitte des Sees Mareotis versenken, damit nichts bleibt, was von ihrem schändlichen Leben kündet.
    Centurio Octiavius Augustinus Minor; Du hast gehört was getan werden muss. Du wirst mit deinen Männern das gerechte Urteil dieses Gerichts vollstrecken.“

    “Nicht das es den Praefectus Castrorum der Vigiles in Rom etwas angeht, nicht wahr? Aber wenn du deinem Bruder einen privaten Brief schreibst, dann sage ihm, dass die Legio XXII treu zum Kaiser steht und das auch über den Tod hinaus. Darum werden wir seine Wünsche respektieren und unseren Eid auf seinen Sohn erneuern, so wie er es wollte und wie ich es eben angekündigt habe. Und sage ihm auch, dass er klug beraten wäre, es uns gleich zu tun. Alles andere wäre schließlich Hochverrat.“


    Germanicus Corvus wusste natürlich nur zu genau, dass 'Hochverrat' nicht nur eine Frage des geschriebenen Gesetzes war, sondern auch der wahren Machtverhältnisse und die wurden vor allem von den Legionen bestimmt. Aber er glaubte nicht, dass sich jemand gegen den Sohn und designierten Nachfolger des verstorbenen Kaisers erheben würde.
    An diesem Tag sah für ihn alles nach einer einfachen und klaren Sache aus. Zumindest so einfach und klar, wie eine Thronfolge im Imperium Romanum überhaupt nur sein konnte.

    Germanicus Corvus hatte eigentlich wenig Neigung, sich mit den finanziellen Verhältnissen eines seiner Offiziere näher zu befassen. Das war nicht seine Sache.
    Andererseits konnte es aber auch nicht schaden, sich diesen Mann noch mehr zu verpflichten und sei es durch eine finanzielle Gefälligkeit. Außerdem lebten bisher nur sehr wenige angesehene Römer in Basileia. Für Aelia wäre es aber bestimmt sehr schön, ein paar Freundinnen in der Nähe zu haben.


    Das ging ihm durch den Kopf, während er einen Augenblick über das Gesagte nachdachte. Durch seine Statthalterschaft war er ein wohlhabender Mann geworden. Großzügigkeit fiel ihm also leicht und darum auch seine Antwort.


    “Manchmal sind die Hände die von einem nehmen gieriger, als die Hände die einem geben großzügig sind, ich kenne das. Aber du musst dir keine Sorgen machen, ich werde dir das Geld leihen. Du kannst es mir dann in mehreren Teilbeträgen zurück zahlen. Die Steuer musst du dann in einem Betrag an die Kasse der Provincia Alexandria et Aegyptus entrichten.“

    “Ich habe dazu bisher weder etwas aus Rom gehört, noch aus Germania. Ich glaube nicht, dass man dort sehr viel früher als wir erfahren hat, dass Ulpius Iulianus gestorben ist.
    Im Übrigen hat er seine Nachfolge zu Lebzeiten klar geregelt und sie meines Wissens kurz vor seinem Tod noch einmal bekräftigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Senat, einer der Reichspräfekten oder der Statthalter von Germania dagegen auflehnen wird.
    Das wird in Alexandria hoffentlich nicht anders sein. Dennoch müssen wir gerade jetzt besonders wachsam sein. Alexandrinische Separatisten könnten den Tod des Kaisers zum Anlass nehmen, Alexandrias Loslösung von Rom zu propagieren. Wenn das geschieht, dann muss jeder Versuch dieser Art im Keim bekämpft und erstickt werden.“

    Eine einsame Gruppe junger Probati übte in einer Ecke des Exerzierplatzes das Marschieren im Gleichschritt. Die meisten von ihnen waren junge Bauernburschen aus der Provinz und sie waren ungelenk und nicht sehr diszipliniert. Aber das würde sich ändern, ganz gewiss würde es das, nach einigen Wochen unter den Argusaugen ihres Centurios und den Schlägen seines vitis.


    Ansonsten war die weite Fläche leer. Aber auch das würde sich ändern und zwar sehr viel früher, denn es war der Befehl ergangen, dass sich die gesamte XXII. Legion hier versammeln sollte...

    Als der Tribun ihn in dieser Frage um einen privaten 'Ratschlag' bat, wusste Germanicus Corvus sofort worauf er hinaus wollte.
    Er ließ sich nicht lange bitten und antwortete deshalb ohne große Umstände:
    “Die Lochias-Halbinsel, also das Königsviertel Basileia, ist der mit Abstand angenehmste Ort in Alexandria. Die Luft ist gesund und frisch, die Gerüche sind weniger penetrant und die Mauer um das Viertel schützt einen vor dem Gesindel der Stadt. Davon gibt es leider noch immer viel zu viel.
    Ich könnte es sicherlich einrichten, dass deine Verwandten dort ein angemessenes Haus bekommen. Aber dieses Wohnrecht in Basileia ist mit einer Steuer belegt, von der ich sie leider nicht befreien kann. 5000 Sesterzen.“

    “Ich habe nur gehört, dass der Kaiser im Kampf verwundet wurde und schließlich dieser Verletzung erlegen ist. Die Berichte sagen nichts über eine Niederlage. Ob der Krieg nun vorüber ist, oder weiter gehen soll, dass kann ich auch nicht sagen. Zumindest war bisher noch nicht die Rede davon, dass die XXIII. nach Nikopolis zurückkehren soll. Sie ist in Syria und sichert die Nachschubwege. Wenn der Krieg vorbei wäre, dann würde man mir bestimmt ihre Rückkehr ankündigen. Aber die Nachrichten aus Parthia fließen leider nur spärlich. Ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Wochen noch mehr erfahren werden.“

    “Der verstorbene Imperator Caesar Augustus hat einen Nachfolger benannt. Es ist sein Sohn, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus.
    Ich muss wohl nicht betonen, dass eine schnelle und reibungslose Thronfolge auch in unser aller Interesse liegt. Der Wunsch des verstorbenen Kaisers ist uns eine Verpflichtung. Ihm gegenüber, aber auch gegenüber seinem Sohn, dem Caesar, und künftigen Imperator Caesar Augustus.
    Darum lasse ich die Legio XXII morgen früh auf dem Campus antreten. Ich werde die Männer über den Tod des alten Kaisers unterrichten und dann werden wir alle gemeinsam unseren Eid auf den künftigen Kaiser ablegen.“


    Germanicus Corvus machte eine Pause, während der er seine Offiziere musterte.


    “Ihr könnt frei sprechen. Fragen? Anmerkungen?“