"Antiope, bitte komm zu Dir! Wach auf!"
Ich hatte nicht die Kraft sie stärker zu schütteln. Also nahm ich etwas von dem Wasser und spritzte es ihr ins Gesicht.
"Wach auf, bitte!"
Ich machte mir Sorgen. Ich sah, dass sie Alpträume litt und versuchte sie zu wecken. Ich wusste, wie schlimm es war darin gefangen zu sein.
"WACH AUF!"
Beiträge von Selnya
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Ich nahm das Wasser, liess das Brot aber unangetastet. Ich hatte keinen Hunger.
"Es werden drei Jahre."
Ich seufzte traurig.
"Ich habe drei Jahre meiner Kinder verpasst."
Dann dachte ich einen Moment nach.
"ICh weiss es nicht. Vielleicht. Aber ich glaube nicht. Ich denke eher, er wird wütend sein." -
Ich erhob mich und lächelte schwach.
"ich werde mir Mühe geben."
Dann gingen wir weiter: 1 Stunde, 2, die Sonne stand schon hoch am Himmel und versandt warme Strahlen, frühlingshafte Strahlen, als ich zu stolpern begann.
Ich blieb stehen und rang nach Atem, hustete etwas und nickte.
"Nur einen Augenblick, gleich kann ich weiter." -
Ich erwiderte die Umarmung und spürte, dass Antiope auch Gedanken quälten, wie auch mich, doch ich sagte nichts.
"Lass es uns ohne das Tier versuchen. Es ist gefährlich eines zu stehlen. Wenn man Dich erwischt, dann haben wir beide keine Chance mehr. Bitte." -
Ich griff nach ihrem Arm und schüttelte den Kopf.
"Was würde es bringen? Ich kann nicht reiten."
Ich trank langsam, auch wenn es mir schwer viel, da ich großen Durst hatte.
"Es wird so gehen. Ein paar Tage noch und wir sind aus dem Imperium draussen und fast in endgültiger Sicherheit. Ich werde es mit dem Laufen halt nur etwas langsamer angehen lassen. He, ich werde jeden Tag kräftiger," was wohl eher eine Lüge war. "Ich hab es heute nur ein wenig übertrieben, weil ich mir schon zu viel zutraute."
Ich lächelte sie aufmunternd an, zumindest sollte es aufmunternd sein.
"Wir schaffen das schon so und wenn Du mir noch ein klein wenig Zeit gibst, können wir gleich weiter und schaffen heute auch noch ein großes Stück."Ich sah auf meine Hand runter, die ihren Arm fest hielt und sah sie zum ersten Mal richtig bewusst seit langem und war selber etwas erschrocken, denn man sah die Zeichen der langen Krankheit und des wenigen Essens, was ich in der Zeit zu mir nehmen konnte und der Seekrankheit. Na prima, das würde einige Wochen mästen im Sommer bedeuten, damit ich im Winter nicht so frieren würde, dachte ich halb ironisch so bei mir. Ich wusste, dass ich immer noch nicht gesund war und es wohl auch noch eine ganze Weile dauern würde, aber ich würde es werden, sobald wir da waren, wo ich hingehörte. Und für Antiope würde mir dann was einfallen.
Sie musste das Gefühl bekommen zu Hause zu sein oder ich würde sie zu sich nach Hause bringen.
Auch sie sollte glücklich werden!
Bei all dem hatte ich immer verdrängt, dass vielleicht niemand mehr da war, von meiner Familie. Aber an diese möglichkeit wollte ich nicht denken. Und das wir gefangen genommen würden? Nein, auch daran nicht. Denn wenn man uns jetzt noch schnappen würde, dann könnte ich genauso gut sterben. Es käme auf das selbe hinaus.
Aber all diese Gedanken verdrängte ich, ganz weit hinten in meinen Kopf. Sie waren nur hinderlich. Noch hinderlicher als diese verdammte Schwäche.
Ich sah Antiope an und suchte ihren Blick. Der meinige war fiebrig, aber entschlossen.
"Lass uns weiter gehen. Langsamer als vorhin aber nicht weniger entschlossen das Ziel zu erreichen. Gemeinsam schaffen wir es."
Ich versuchte zu lächeln und irgendwie gelang es mir wohl auch. -
"Nein, kein Reittier. Wo willst Du hier eins herkriegen?"
Ich drehte mich zu ihr um und sah die Welt kurz schwanken, griff nach ihr und hielt mich so gerade noch fest.
"Nur ein paar Minuten Pause und dann etwas langsamer weiter. Dann geht es schon. Ich war wohl zu ungestüm."
Meine Worte klangen müde.
Wir setzten uns hin und ich lehnte mich gegen einen Baum, mein Atem ging schnell und etwas rasselnd und ich spürte den Schweiß auf meiner Stirn, aber die Luft meiner Heimat zu atmen war gleichzeitig so belebend. Ich wollte nur einen Moment ruhen, aber ich döste nach nur wenigen Minuten ein. Aber nur kurz, ich schreckte auf und sah mich leicht gehetzt um. Antiope sah gerade woanders hin und ehe sie wieder zu mir sah, hatte ich mich wieder unter Kontrolle.
"Haben wir etwas zu trinken?"
Ich lächelte leicht und versuchte meine Müdigkeit und Erschöpfung zu verbergen. Ein Hustenreiz verlangte herauszukommen, aber ich zwang mich ihn zu unterdrücken. -
"Ja, es ist viel kälter als in Hispania oder in Griechenland. Ich war nie dort, aber meine Mutter hat mir viel von ihrer Heimat erzählt. Sei unbesorgt, im Sommer kann es hier auch sehr warm werden."
Wir gingen weiter, diesmal gab ich den Schritt vor, und er war zügig. Ich wollte weiter.
"Gut, ich schlage vor, wir gehen Richtung der Grenze und kundschaften die Region aus. Ist dort wenig Grenzkontrolle, werden wir dort das Imperium verlassen."
So gingen wir eine Weile und die Sonne kam hinter den leichten Wolken hervor und wärmte uns. Nach etwa zwei Stunden war ich völlig erschöpft, aber ich kämpfte mich weiter, nur wurde ich langsamer mit jedem Schritt. -
"Gut," log ich. "Ich fühl mich viel besser."
Ich richtete mich auf, etwas steif aber es ging.
"Ja, wir sollten weiter. Je eher wir über die Grenze kommen, um so besser wird es und um so schneller sind wir in Sicherheit. Ich überlege, ob wir gleich hier rüber sollten, zu den Cheruskern, es ist weniger weit, wenn wir auf dieser Höhe gehen, als wenn wir erst gegen Süden wandern. Aber ich weiss nicht, wie die Cherusker mittlerweile zu den Römern stehen..... Dafür bin ich schon zu lange weg.. An der Grenze zu Germania superior erscheint es mir sicherer, da ist es nicht mehr weit zu meinem Stamm."
Ich erhob mich und spürte den Schwindel mich überfallen, blieb aber standhaft gerade stehen, schloss nur die Augen. Oh nein, diesmal nicht und nie wieder! Diese verdammte Schwäche würde uns nicht die Freiheit stehlen.
"Komm!"
Ich hielt ihr die Hand hin. -
Ich liess mich führen, stolperte mehr, als das ich ging und als sie mich einwickelte, spürte ich die bleischwere Erschöpfung mich förmlich erdrücken. Als sie sich neben mich legte, schmiegte ich mich an sie und vernahm nur noch wie durch einen Schleier ihre Worte und murmelte, schon einschlafend.
"Verlass mich nicht."
Dann schlief ich ein, einen tiefen, erschöpften Schlaf, der nur durch wenige Traumbilder gestört wurde. Als ich aufwachte, fühlte ich mich ein wenig erholt, aber ich spürte die Hitze in mir brennen.
Ich verfluchte meine Schwäche, besonders beim Blick auf Antiope, die noch friedlich schlafend, so schien es, neben mir lag.
Sie durfte es nicht merken. ICh würde mich anstrengen, damit uns meine Schwäche nicht aufhielt. -
Ich schluckte und lehnte mich an sie.
"Du bist auch meine Familie," sagte ich leise. Dann schloss ich die Augen und kämpfte gegen die Tränen. Aber ich war mir sicher, dass diese fünf Worte alles sagten darüber, was sie für mich bedeutete. -
"Falls.... falls ich es nicht schaffe... bitte geh zu den Chatten, suche meine Familie... sie lebte nicht weit von der Lahn, im oberen Lahntal. Frag nach dem Dorf mit der Priesterin Selna, man wird Dir helfen können. Und suche meine Familie dort. Sag Ihnen, dass ich sie liebe und alles versucht habe zurück zu kommen....."
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Ich nahm ihn zögernd.
"Wir werden nicht getrennt und wir kommen durch."
Ich sprach mit der mir größtmöglichen Überzeugung, aber tief in mir drin wusste ich, dass ich es wahrscheinlich nicht schaffen würde. Erst war ich davon überzeugt, aber die letzten Minuten hatten mich eines Besseren belehrt. Aber ich würde Kämpfen und nicht nur jetzt.
"Antiope? Bitte versprich mir etwas..." -
Ich nahm von dem Brot und aß ein wenig, aber obwohl ich Hunger verspürte, bekam ich nur wenig runter.
"Nicht so gut, wie die Krieger, aber es reicht um mich zu verteidigen." -
Ich blieb etwas ausser Atem stehen.
"Das ist zu auffällig und ausserdem..... ich kann nicht reiten."
Dann ging ich weiter, aber nach nur wenigen hundert Metern blieb ich stehen und schwankte.
"Nur einen Moment Pause..." -
Wir gingen an Land und ich musste an mich halten nicht den Boden zu küssen. Aber noch war es nicht meine Heimat. Noch waren wir bei den Römern. Wir mussten noch eine ganze Strecke zu Fuß oder irgendwie durch Germania Inferior.
"Wir müssen zur Grenze. Aber erst raus aus der Stadt. Im Wald ist es einfacher unbeobachtet zu sein."
Ich übernahm die Führung, aber nicht lange, denn schon bald verliessen mich meine Kräfte, die mit dem Anblick Germaniens in mir gestiegen waren wieder. Die Übelkeit war weg und ich verspürte einen leichten Hunger, aber vor Allem die Erschöpfung.
"Dort könen wir rasten." -
Und plötzlich, beim Anblick der Landschaft meiner Heimat, wenn auch noch auf römischer Seite, veränderte sich etwas in mir. Ohne es zu merken richtete ich mich auf. Wie schwach ich in diesem Moment auch war, etwas in mir gab mir Kraft. Und als der Sonnenstrahl kam, war ich sicher, dass die Asen und Wanen auf unserer Seite waren.
"Meine Heimat, Antiope, mein Leben. Und das werde ich wieder."
Ich ging zur Reeling, auf sie gestützt aber nicht mehr so schwer und starrte auf den Streifen Land, der immer näher kam. Jetzt würde es nicht mehr weit sein. Bald, oh ja, bald wäre ich wieder da, wo ich hingehörte.
"Die Götter sind mit uns," sagte ich leise.
Mein Gesicht und meine fiebrigen Augen begannen trotz der Blässe zu strahlen. -
"Polyxena? Oh, ja...."
Dann überlief mich plötzlich ein Schauer. Oh nein, sie durften uns nicht gefangen nehmen, nicht so kurz vor dem Ziel und auch danach nie wieder.
"Bitte hilf mir auf.... Ich möchte es sehen... wenn wir landen." -
Ich öffnete die Augen und sah Antiope vor mir. Ich versuchte zu lächeln. Ob es mir gelang wusste ich nicht.
"Sind wir da?" Leise und so voller Hoffnung waren diese Worte und doch so schwach. Ich hatte wieder Fieber, wenn auch noch nicht stark, aber alles schwächte mich noch mehr.
Ich musste nach Hause. Dort würde ich wieder gesund werden. Ganz sicher und ganz schnell. Schliesslich waren dort die, die mich liebten, micht brauchten und die ich brauchte. Und Antiope, die würde bei uns bleiben, bis wir einen Weg fanden sie nach Hause zu bringen. Oh ja, ganz sicher würde auch sie nach Hause kommen.
Meine Hand griff nach ihrer.
"Ich bringe Dich nach Hause, lass mich nur wieder etwas stärker werden," kamen meine Worte leise und stockend. -
Nie wieder Schiff fahren, hatte ich mir das nicht geschworen gehabt nach letztem Mal? Nie wieder.....
Wenn ich noch etwas im Magen gehabt hätte, hätte ich mich vermutlich übergeben, aber ich konnte nicht mehr, lag nur da, fast apathisch. Das Einzige, was mich halbwegs noch bei Sinnen hielt war das Wissen nach Hause zu kommen. Nach Hause, in meine Heimat, meine Familie, meine Kinder, oh meine Kinder.
Wo war eigentlich Antiope? Ich hatte sie nicht mehr gesehen seit, ja seit wann? Ich wusste es nicht mehr, alles war wie ein unwirklicher Traum und ich wusste nicht so recht, ob ich wachte oder schlief. -
Polyxena weinte nur und rannte in Panik davon. Sie wusste ja, das sie es hätte melden müssen, aber es war für alle. Und hätte sie Hestia alleine lassen sollen, wo sie doch versprochen hatte auf sie aufzupassen.
Sie war so verzweifelt und hatte Angst vor weiteren Strafen von Curio oder gar Malachias, aber sie hatte nicht anders gekonnt. Schon den beiden zuliebe. Hoffentlich fand man sie nicht. Den Krach, den Kaleandra veranstaltet hatte, die alte Dame wäre zu vielem in der Lage. Oh jeee, oh jeeee, oh jeminehhhh.