Beiträge von Aulus Claudius Sabinus

    In der großen Villa Claudia konnte man sich tatsächlich verlassen fühlen. Sabinus jedoch fühlte sich hier pudelwohl, denn er machte sich mit jedem Tag im Herzen des Reiches klarer, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er zu den Großen des Reiches aufsteigen würde. Entsprechend war er darauf bedacht, Kontakte zu knüpfen, was mit Flaviern sogar schon recht gut funktioniert, aber auch seinen Lebensplan zusammenzustellen, zu dem nicht bloß die politische Betätigung im Rahmen des Cursus Honorum gehörte, sondern auch ein militärisches Kommando in einer der Provinzen. Er hatte also noch viel vor sich und mit dem Kauf des Sklaven hatte er sich einen Assistenten verschafft, der ihn auf diesem Weg begleiten sollte.


    Einige Augenblicke hatte Magrus derweil im Atrium gestanden, bevor Sabinus mit seine bisherigen Begleiter Memnon dazukam. Etwa zwei Armlängen von Magrus entfernt blieb Sabinus stehen, hob das Kinn ein wenig hoch und begann den neuen Sklaven zu mustern. Memnon hielt sich einen Schritt hinter dem Claudier und trug eine kleine Holztafel in der Hand, eine ähnliche, wie er selbst um den Hals trug. Sabinus schien den Sklaven hinter sich nur peripher zu beachten, bevor er sich nun erneut in Bewegung setzte und eine Runde um den Sklaven drehte, während er sprach.


    Dein Name ist Magrus, du bist nun ein Sklave der altehrwürdigen Gens Claudia und ihres Sohnes Aulus Sabinus. Die Gens Claudia ist eine alte Familie, aus der auch bereits einige Kaiser hervorgegangen sind. Wir gehören zu Granden des Imperium Romanum und waren dies schon zu Zeiten der Republik. Du bist nun als Sklave ein Teil der glorreichen Geschichte meiner Gens, doch kommen damit auch zahlreiche Pflichten auf dich zu.


    Sabinus hielt inne und nickte Memnon kurz zu, der auf den neuen Sklaven herantrat und ihm die Holztafel hinhielt, die an einem Band hing, das man sich um den Hals legen konnte.


    Du wirst diese Tafel nun tragen, Tag und Nacht, bei allen Aufgaben die du erledigen wirst. Sie weist sich als Sklave der Gens Claudia aus sowie als Teil meines Besitzes. Mit dieser Tafel erspare ich dir die Qual eines Brandzeichens. Sollte mir allerdings zu Ohren kommen, dass du diese Tafel regelmäßig ablegst, besonders dann, wenn du das Haus in meinem Auftrag verlässt, habe ich kein Problem damit, dir dieses Privileg auch wieder zu entziehen.. Hast du das verstanden?

    Sabinus wusste nicht so ganz, ob es ihm gefiel, dass Sassia hier einen Kleiderwechsel vornehmen wollte. Ein Blick zu seinem Großvater reichte, um zu wissen, dass der alte Senator wahrscheinlich ähnlich dachte, und doch war die Cena hier ja ein wichtiger Pfeiler in der Pflege der Beziehungen zu den Flaviern und nur weil ein dummes junges Ding ungeschickt war, mussten sie diese Möglichkeit ja nicht einfach verstreichen lassen. Jedenfalls schien Sassia grade in ihrem Element zu sein, denn nachdem sie zurückgekehrt war und Flavius Scato sich in weitschweifenden Worten entschuldigt und Sabinus Schwester quasi einen Freifahrtsschein in der Wiedergutmachung übergeben hatte, machte sie ihren Vorschlag, der das junge Ding wohl endgültig demütigen würde. Sabinus nickte seiner Schwester nur kurz zu, ignorierte das leise Murmeln der Sklavin, die offensichtlich nicht bloß ungeschickt, sondern auch noch schlecht erzogen war und nahm dann die Themenwechsel freudig zur Kenntnis. Die plötzliche offensive Jovialität und Geschwätzigkeit seiner Schwester bedachte er aber vorher noch mit einem tadelnden Blick.


    In der Tat habe ich mir den Tag der Eröffnung des Ulpianums freigehalten. Wie meine Schwester schon sagte, kann man sich so ein Ereignis ja nicht entgehen lassen. Ich hoffe doch, dass wir euch auch dort sehen werden?


    sagte er, trank einen Schluck Wein und presste dann kurz die Lippen zusammen. Natürlich war die Schwangerschaft der Kaiserin Stadtgespräch, doch hatte er sich, obwohl er ja zu den ersten beiden Menschen gehört hatte, die außerhalb des kaiserlichen Haushalts davon erfahren hatten, bislang zurückgehalten darüber zu sprechen. Informationen sind Macht, hatte sein alter Lehrer in Cemenelum immer gesagt, und deren unkontrollierte Weitergabe lediglich eine Schwächung der eigenen Position. Seine Schwester schien sich aber auf das allgemeine Stadtgeflüster stützen zu wollen, weshalb sich Sabinus bemüßigt sah, sie ein ein wenig zu bremsen.


    Meine liebe Sassia, wir sprechen doch hier über Dinge, die wir nicht wissen können. Wenn die Kaiserin eine Tochter bekommt, steht dies gar nicht zu Debatte, sondern höchstens, welche patrizische Familie mit einer Kaisertochter gesegnet wird. Und selbst wenn es ein Junge werden sollte, wird der Kaiser schon wissen, wen er zu seinem Nachfolger macht und dies mit aller Deutlichkeit klarstellen, bevor es zu ernsthafteren Problemen kommen wird.

    Entspannt verfolgte Sabinus die Versteigerung aus der Sänfte heraus, während sich Sassia und ihre Sklavin aus für ihn unererfindlichen Gründen unter die Plebs mischte. Na ja, ihm war das egal und er quittierte mit einem zufriedenen Nicken, dass sein Gebot nicht nur das höchste, sondern auch das einzige blieb, sodass er den Sklaven für einen Spottpreis erhielt, der dem Sklavenhändler nicht gefallen konnte. Der Claudier würde sich aber nicht beschweren und hatte ohnehin nicht vorgehabt, hier irgendwelche Geschenke zu verteilen, da er ein klares Limit gehabt hatte.


    Mit interessiertem Blick wartete er nun ab, dass der Sklave zu seiner Sänfte gebracht wurde und vor allem darauf, dass Sassia und ihre Sklavin zurückkehrten, da es nun am Ende der Versteigerung ja keinen Grund mehr gab, sich draußen rumzutreiben, wo sie unter anderem den flinken Fingern von Taschendieben ausgesetzt waren. Als der Schrank des Sklavenhändlers bei ihm ankam, zählte er schnell vier Aurei ab, die er dem großgewachsenen Mann in die Hand drückte*, der daraufhin die Fesseln des Sklaven lockerte.


    Dein Name ist also Magrus.


    sagte der Claudier, während sein Gesicht noch hinter einem der Vorhänge verborgen blieb, den er aber nun zurückzog.


    Du bist nun im Besitz von mir, Aulus Sabinus von den Claudiern. Wir werden nun gleich in die Villa Claudia zurückkehren.


    erklärte der junge Mann. Über die konkreten Aufgaben wollte er erst zu Hause sprechen, jetzt grade wartete er nur noch auf Sassia und Cara.


    Sim-Off:

    *Betrag wird durch Opa Menecrates beglichen.

    Ovid hatte Sabinus immer schon gelangweilt und warum da jetzt unbedingt dieser Dichter rezitiert werden sollte, war ihm schleierhaft. Zudem war sich der Claudier grade nicht sicher, ob da ja auch jeder Vers auch wahrhaft richtig über die Lippen des jungen Galliers gekommen war. Dennoch wollte er nun einmal schauen, wie es um das Interesse anderer Bieter bestellt war, winkte einen Träger heran, den er ab jetzt mit dem Bieten beauftragen würde und raunte ihm etwas zu, bevor er sich seiner Schwester zuwandte.


    Ja, sehr interessant für uns, Sassia. Auch wenn ich ihm den Ovid noch austreiben müsste.


    sagte er ruhig, bevor sein Sklave nach vorne trat und rief:


    Vierhundert Sesterzen von meinen Herrn!

    Sabinus schmunzelte ob des Scherzes von Scato und es entging ihm natürlich nicht, wie er sich dabei gleichzeitig mit Sassia gemein zu machen versuchte. Er glaubte, dass seine Schwester hier wohl ihren ersten Verehrer gefunden hatte, wobei sie allerdings auch noch Zeit hatte, eine Ehe einzugehen und sie es mit ihr auch nicht überstürzen mussten.


    Es gehört zweifellos zu den Qualitäten eines guten Feldherrn, wie auch eines guten Politikers, zu erkennen, wann er die Schlacht verloren hat.


    antwortete Sabinus mit einem dezenten Lächeln in Richtung des Flaviers und trank dann einen Schluck Wein, der wahrscheinlich zu den besseren aus dem flavischen Weinkeller gehörte. Allerdings kamen dabei schon die Fragen seines Großvaters und Scatos auf ihn zu, die er auch gleich beantworten wollte.


    Gerne würde ich einen Stabsposten in einer der Legionen übernehmen, Großvater. Doch steht mir ein solcher leider noch nicht in Aussicht, Scato. Ich bin mir auch grade unsicher, inwieweit das schon möglich ist, aber das müssen wir wohl erstmal abwarten ob...


    Sabinus brachte den Satz nicht zuende, da plötzlich ein spitzer Aufschrei ertönte und sich im nächsten Augenblick Wein über das Kleid seiner Schwester verteilte. Sabinus richtete drückte den Rücken durch und fixierte die röthaarige Sklavin mit einem bösen Funkeln in den Augen. Einen Wutausbruch unterdrückte er. Das Mädchen war keine claudische Sklavin und wäre sie es gewesen, hätte sie sich eine saftige Ansprache abholen können. Als flavische Sklavin oblag es aber freilich den Flaviern selbst, die Aufgabe zu erfüllen.

    Langsam ruckelte die claudische Sänfte über den Sklavenmarkt und kam an dem Stadt des Sklavenhändlers zum stehen. Sabinus saß darin mit seiner jüngeren Schwester und ließ nun einen Vorhang beiseite gleiten, damit sie beide einen Blick auf die heutige Ware erhaschen konnten. Einer der Sklaven, ein Gallier, erweckte das Interesse von Sabinus, er hörte sich die Beschreibung des Händlers an, hielt sich aber noch mit einem Gebot zurück. Vielleicht würde er noch bieten, vielleicht auch nicht, aber im Moment wollte er einfach nur die Atmosphäre des Marktes aufnehmen und abwarten, wie sich die ersten Gebote entwickelten.

    Nun so direkt angesprochen zu werden, war absehbar gewesen. Und dennoch traf es den jungen Claudier ein wenig unerwartet, dass sein Großvater hier so schnell Nägel mit Köpfen zu machen schien. Sabinus war gut genug für solche Gespräche vorbereitet worden und wäre es nicht der Kaiser, der hier säße, er würde wahrscheinlich deutlich souveräner wirken als jetzt, wo er seine Worte genau wählen wollte, da diese wohl zwangsläufig irgendwelche weitereichenden Konsequenzen nach sich ziehen würde, in welcher Form auch immer.


    Ich danke dir, dass du es zur Sprache gebracht hast, Großvater. In der Tat lebe ich nun schon kurze Zeit in der ewigen Stadt und hatte eigentlich geplant, mir zeitnah einen Senator für die Ableistung des Tirociniums fori zu suchen. Allerdings war dieser Plan nicht in Stein gemeißelt.


    erklärte er und erinnerte sich dann aber schnell daran, dass er hier nicht zu blumig werden sollte, da der Kaiser ein vielbeschäftigter Mann war und wegen der guten Nachrichten seiner Frau ja auch auf heißen Kohlen saß.


    Sollte es also neuerdings Bedarf an einem Tribunus Laticlavius in einer deiner Legionen geben, würde ich mit dem Einverständnis meines Großvaters um die Ableistung des Tribunats bewerben.


    Das Einverständnis war zwar eigentlich bereits gegeben, da sein Großvater ja mehr oder weniger der Urheber dieser Idee war, aber dennoch wollte Sabinus auf sein Traditionsbewusstsein hinweisen, durch das er die patria potestas seines Großvaters achtete und ihn nicht vor vollendete Tatsachen stellte. Auch war das hier freilich alles sehr spontan und er würde wohl noch einige Vorbereitungen treffen müssen*, falls er in das Tribunat starten konnte, aber dadurch hätte sein Großvater noch Zeit, die Senatorenschaft nach geeigneten Patronen für das Tirocinium fori zu durchforsten, damit Sabinus nach einem Tribunat umgehend mit der den Vorbereitungen auf den Cursus Honorum beginnen könnte.


    Sim-Off:

    *Ich muss in jedem Fall noch den SOK Militär ablegen.

    Sabinus musste ob dem kurzen unfreiwillig komischen Moment des beleibten Flaviers schmunzeln, ging allerdings nicht darüber hinaus. Es lag ihm fern, sich über den jungen Mann lustig zu machen, ging er doch weitgehend mit ihm konform, was die Meinung zu einem Militärdienst anging.


    Ich stimme die vollkommen zu, Flavius Gracchus. Ganz abgesehen davon muss man doch wie gesagt auch erstmal herausfinden, worin man gut ist, denn auch wenn jemand davon überzeugt ist, dass er ein hervorragender Soldat ist, muss dies ja keineswegs der Wahrheit entsprechen. Zum "Erkenne dich selbst" gehört es daher meiner Meinung nach unbestreitbar dazu, dass man seine eigenen Vorstellungen an der Realität messen muss.


    Er hatte schon einige Männer kennengelernt, die sich für hervorragende Politiker, Soldaten, Beamte hielten, dann aber, mit der Realität konfrontiert, grandios scheiterten. Selbsternannte große Politiker brachten vor den Bürgern keine drei zusammenhängenden Sätze zusammen, Soldaten waren nicht mal in der Lage die Disziplin in ihren Einheiten aufrecht zu erhalten und Beamte schafften es nicht, ein einfaches Memo für ihren Vorgesetzten zu schreiben. Selbst der große Pompeius hatte sich ja bekanntlich für den größten Heiratsvermittler und Gesellschaftspolitiker Roms gehalten, war dann aber an der Sturheit des jüngeren Cato gescheitert.


    Nichtsdestotrotz würde ich es am Ende jedem Patrizier selbst überlassen, ob er diese Erfahrung als gewinnbringend für sich selbst erachtet. Einen Zwang zum Kriegsdient, wie er für Plebejer besteht, muss für uns nicht gelten. Aber selbst, wenn wir nicht müssen, heißt es ja nicht, dass wir es nicht freiwillig tun können, um unseren Horizont zu erweitern und für einen angehenden Senator, zumal einem aus einer uralten patrizischen Familie wie der unseren, ist doch zumindest das grundsätzliche Wissen über den Exercitus kein triviales Wissen, sondern durchaus hilfreich und sinnvoll.

    Endlich konnten sie sich setzen, aber entsprechend seiner Erziehung ließ er natürlich den beiden Männern den Vortritt, sich zuerst auf die Klinen zu legen, bevor er sich als jüngster Anwesender der Runde auf seinen Stuhl setzte und das Gespräch durch seinen Großvater eröffnet wurde. Sabinus hörte zu, doch um noch konkrete Erinnerungen an den Bürgerkrieg zu haben, dafür war er schlicht zu jung. Er wusste nur, dass sein Vater den Folgen der hektischen Flucht zu Beginn des Krieges zum Opfer gefallen war und so lag es ihm auch fern, sich eine Meinung über Männer zu bilden, die seinerzeit irgendwas getan hatten, was sie jetzt wahrscheinlich disqualifizierten, als Vorbilder zu dienen. Dem Kaiser ging es offenbar ähnlich, denn er war zu dieser Zeit weit weg von Rom gewesen. Viel Stoff gab dieses Thema daher auch offensichtlich nicht, sodass er nun erwartete, dass sein Großvater das nächste Thema ansprechen würde - wobei Sabinus von diesem nicht in die zu besprechenden Themen vorbereitet worden war, weswegen er ebenso wie der Kaiser gespannt darauf war, was sein Großvater eigentlich bespechen wollte und ob er Sabinus nur mitgenommen hatte, um ihn auf dem Palatin vorzustellen oder es auch irgendeine Angelegenheit gab, die ihn selbst betraf.


    Doch noch kamen sie nicht soweit, denn plötzlich sprang die Tür auf und eine eher derangierte junge Frau stürzte in den Raum. Der vertraulichen Anrede nach musste sie eine Verwandte des Kaisers und schon im nächsten Satz wurde klar, dass sie dessen Frau war. Während sich die beiden älteren Männer auf den Klinen aufrichteten, stand er von seinem Platz auf und kam nicht umhin, die feinen Gesichtszüge der jungen Frau zu mustern. Einer August würdig, wie der junge Claudier fand, auch wenn ihr Auftritt äußerst unorthodox war. Die Stimmung des Kaisers schien derweil Achterbahn zu fahren. War er zuerst ungehalten über die Störung gewesen, erhellte sich dessen Miene, als er den Grund der harschen Unterbrechung erfuhr. Die Kaiserin war schwanger. Sabinus hörte, wie sein Großvater gratulierte und betonte, dass die Audienz nicht allzu lange dauern würde (was aber nach der Versicherung des Kaisers, dass das Gespräch nicht lange dauern würde, ohnehin bereits beschlossen war).


    Da sein Großvater aber nun bereits gratuliert hatte und damit ja auch praktisch für die ganze Familie sprechen konnte, sagte Sabinus nichts mehr, sondern hielt sich bedeckt und wartete grade eigentlich vor allem neugierig darauf, dass die Audienz weiterging - auch wenn er grade Zeuge eines vielleicht historischen Moments geworden war.

    Natürlich ließ Sabinus sich das Opfer nicht entgehen, zumal er ja auch seine Zukunft im Cultus Deorum sah. Ganz besonders stolz war er allerdings auf seine Schwester die dort oben an der Seite der Opferherrin das Opfer zu Ehren der Venus vollziehen würde. Der Claudier hielt sich allerdings ein bisschen abseits der Menge, die ihm doch immer ein wenig unheimlich war, am Rande des Tempelvorplatzes, von wo aus er zwar einen guten Blick auf den Opferaltar hatte, dabei aber nicht vom Mitgliedern der Plebs hin und hergeschubst werden konnte.

    Es war natürlich eine unangenehme Situation, dass sein Kommen nicht angekündigt worden war. Aber nicht nur deswegen fehlten dem jungen Claudier einige Augenblicke die Worte, als der Kaiser in das Zimmer trat. Er wirkte kraftvoll und ihn umgab eine machtvolle Aura, die wahrscheinlich mit dem Amt einherging. Zum Glück war es Sabinus' Großvater, der zuerst das Wort ergreifen musste, nachdem der Kaiser die Begrüßungsworte gesprochen hatte und nachdem ein weiterer Stuhl herbeigebracht worden war, musste sich Sabinus nun auch wieder auf seine Stellung konzentrieren.


    Ave, Augustus.


    grüßte er daher, nicht mit der militärischen Anrede, die sein Großvater benutzt hatte, sondern der zivilen, ohne sich groß darüber Gedanken gemacht zu haben. Schließlich war der Name August sowohl Amts- wie auch Ehrentitel für den ersten Mann im Staat, der aber doch in der Geschichte nur Primus inter pares war, wenn es um die Gemeinschaft der Senatorenschaft ging. Und dennoch wussten auch alle, dass es natürlich viel mehr, was den Kaiser ausmachte. Er war Volkstribun, Censor, Pontifex Maximus, oberster Befehlshaber des Exercitus Romanus, kurz: Ein mächtiger Mann, dem Sabinus nun gegenüberstand.

    Sabinus brachte die allgemeinen Begrüßungsrituale mit der patrizischen Gelassenheit hinter sich, gehörten sie doch schon seit seinen jüngsten Jahren zu seiner Ausbildung durch Mutter und Großvater in Cemenelum, sodass er auch bald auf einer der bequemen Klinen zu liegen kam. Sein Großvater war natürlich gleich wieder bei einem seiner Lieblingsthemen, dem Militär, so viel hatte Sabinus bereits verstanden und nachdem der kleine Kreis nun schon fast vollständig Meinungen ausgetauscht hatte, wollte er nun auch noch seinen Beitrag dazu leisten.


    Seit jeher ist die Grenzen zwischen der Religion und des Militärs eng. Schon die großen Generäle der Republik waren oft genug später in Priesterbruderschaften engagiert. Zudem opfert auch jeder Kriegsherr vor der Schlacht den Göttern, um sie während der Schlacht auf seiner Seite zu wissen und während die Soldaten für eine Pax Romana kämpfen, bemühen sich die Priester um die Sicherung der Pax Deorum, so weit sind diese beiden Professionen also gar nicht auseinander, wie schon die Wortwahl zeigt.


    gab er einigermaßen wortreich wieder, was er während des Unterrichts in Cemenelum gelernt hatte, bevor er dann zu seiner eigenen Meinung kam.


    Ich denke, dass es zur Ausbildung eines Römers schon dazugehört, zu wissen, wie militärische Führung funktioniert und auch wenn unser Stand offiziell von dieser Pflicht befreit sind, kann es uns doch nicht schaden, wenn wir die vorgesehene Zeit bei einer militärischen Einheit verbringen. Ich stimme Flavius Scato und Flavius Gracchus zu, wenn sie sagen, dass nicht jeder für den Militärdienst geeignet ist, um diese Erkenntnis zu erlangen, muss man diesen Dienst allerdings erstmal erlebt haben.

    Natürlich war Sabinus nervös. Er sollte heute den Kaiser treffen, den höchsten und mächtigsten Mann des Staates. Zum Glück musste er nicht alleine auf den Palatin, sondern konnte sich an seinem Großvater halten, der ja schon einige Kaiser hatte kommen und gehen sehen und mit der Situation deutlich gelassener umzugehen schien. Er selbst jedenfalls hatte seine beste Toga angezogen und hielt sich ein wenig an der Tabula mit der Einladung fest, die er nun dem Wachsoldaten vorzeigte, ansonsten aber schwieg. Überhaupt wollte er sich weitgehend zurückhalten und natürlich nur sprechen, wenn man ihn dazu einlud.

    Einen Schritt hinter seinem Großvater und neben seiner hübsch zurechtgemachen Schwester trat Sabinus in das große Triclinium der Flavier ein. Er trug eine wertvolle strahlend weiße Tunika und hatte sich am gleichen Tag von einem Barbier frisieren lassen. Die Einladung war an sich keine große Überraschung gewesen, da die Claudier und Flavier beide zu den alten urpatrizischen Gentes Roms gehörten und daher auch seit jeher miteinander verbunden waren. Lediglich die Art und Weise der Einladung hatte den jungen Claudier überrascht, war sie doch direkt vom Senator Flavius Scato an seine kleine Schwester Sassia auf dem Markt ausgesprochen worden, was natürlich immer Anlass für Gerüchte, aber auch für Überlegungen bei Sabinus war. Sollte sich da etwa eine mögliche Verbindung ankündigen? Theoretisch hatte Sassia noch Zeit, bevor er eine Verlobung drängend wurde, aber aus Sicht von Sabinus war Scato sicherlich keine schlechte Partie. Allerdings wusste Sabinus nicht, wie sein Großvater dazu stand und auf dessen Meinung kam es ja am Ende an.


    Das Triclinium war für die Gäste schön geschmückt worden. Der Raum stand den entsprechenden Räumlichkeiten in der Villa Claudia in nichts nach und zeigte, dass sie keine unbedeutenden Plebejer waren, sondern Mitglieder der ältestens Familien des Rmischen Reiches. Allerdings erhob Sabinus natürlich nicht als erster das Wort, sondern überließ es seinem Großvater die Dankesworte für die Einladung zu sprechen.

    Sabinus sprach grade mit seinem Großvater über ein familiäres Thema, als Sassia ins Arbeitszimmer trat. Es war offensichtlich, dass die beiden jungen Leute wieder Leben in die Villa brachten und zudem auch wieder die Kontakte zu den anderen patrizischen Familien aufnahmen. Nun schaute Sabinus aber zu seinem Großvater, der grade unterbrochen worden war und ja letztlich auch das letzte Wort dabei hatte, ob er seinen Gedanken noch fortsetzen wollte oder das Wort an Sassia weitergab.

    Sabinus Blick folgte den Bewegungen seines Großvaters. Er schien mit einer Entscheidung zu hadern und in seinen folgenden Worten erklärte er auch warum. Sabinus hörte aufmerksam zu, blieb aber sitzen, da der alte Senator und ehemalige Legatus noch insgesamt bei guter Gesundheit war, also ließ er ihn ausreden bevor er antwortete.


    Wenn du noch keinen geeigneten Senator im Auge hast, werde ich natürlich noch ein bisschen warten, Großvater. Schließlich geht es ja darum, dass ich auch eine gute Einführung erhalte von einem Senator, dem du traust. Wir können also auch langsamer voranschreiten.


    Schließlich wollte er sich dem Urteil seines Großvaters anschließen und ncht einfach aktionistisch voranschreiten, nur um möglichst schnell seine Karriere starten zu können. Manchmal musste man eben Geduld haben und das hier war wohl eine Möglichkeit für Sabinus zu zeigen, dass er sich auch in Geduld üben konnte, wie es sich für einen Patrizier ziemte.


    Danach stockte Sabinus allerdings der Atem. Hatte er richtig gehört? Er sollte tatsächlich mit zum Kaiser kommen?


    Also, natürlich Großvater, es wäre mich eine Ehre, dich zum Kaiser zu begleiten.


    antwortete er nach einem kurzen ungläubigen Zögern.

    Sicherlich würde jeder erwachsene Römer gerne von sich behaupten, dass er sich nicht von seinen Überzeugungen abbringen lassen würde. Sabinus war aber noch jung, und letztlich abgesehen von dem Tirocinium fori in Cemenelum, das sich noch auf Verwaltungsfragen konzentriert hatte, weitgehend unerfahren auf dem Gebiet der höheren Politik. Er war noch formbar, auch wenn seine Erziehung abgeschlossen war und er sich zu nichts zwingen lassen würde, was gegen ebenjene verstieße, aber dennoch musste er hier in Rom, dem Zentrum der Macht, eben auf das verlassen, was der Senator, der sein Mentor sein würde, ihm erzählte. Natürlich könnte er hinterfragen, und hoffentlich bekäme er auch die Möglichkeit dazu, da doch grade in der Politik der kritische Moment eine wichtige Rolle spielte, aber sein Wissen war nunmal nicht so groß, dass er bereits mit einem Senator auf Augenhöhe stehen würde. Daher war es natürlich auch erstmal bedauerlich, dass sein Großvater als Mentor wohl nicht in Frage kam, da er bei ihm wohl am besten lernen würde, wie sich ein Senator aus dem Geschlecht der Claudier benehmen musste und welche Themen und Interessen er zu vertreten hatte.


    Daher folgte er auch den ausgesprochenen Überlegungen des alten Senators, und antwortete schließlich auf die Fragen seines Großvaters nach bestem Gewissen.


    Meine Menschenkenntnis halte ich für gut genug, um entscheiden zu können, was gut und was schlecht für mich und unsere Familie ist. Und ich halte mich nur insoweit für formbar, als dass es meine Erfahrungen in den höchsten Kreisen der stadtrömischen Poitik geht.


    Letztlich wusste Sabinus zwar, dass sein Stand von Intrigen durchschüttelt wurde, allerdings glaube er nicht daran, dass man ihn persönlich treffen wollte. Er wollte sich gemäß seiner Erziehung benehmen und nichts tun, was sein Vater, seine Mutter oder seine Großväter ebenfalls nicht getan hätten oder tun würden. Doch dafür würde er in jedem Fall noch eine Einführung seines Großvaters in die grundsätzlichen Familieninteressen hier in Rom benötigen. Denn Haltung und Erziehung waren gut und wichtig, ohne das nötige Unterfutter war er aber trotzdem nicht mehr als warmer Wachs in den Händen falscher Männer.

    Langsam trat Sabinus ins das Arbeitszimmer seines Großvaters und setzte sich auf einen der Stühle. Er hatte als Kind viele Geschichten über den Senator gehört, denn auch wenn sein Vater früh gestorben gestorben war, hatte seine Mutter ihn immer wieder daran erinnert, dass er aus der Familie der Claudier stammte, einer uralten Patrizierfamilie, die das Römische Reich groß gemacht hat. Grade die Senatoren arbeiteten an höchster Stelle am Gelingen des römischen Reiches mit und durch diese Erzählungen stieg natürlich auch seine Ehrfurcht vor den großen Väter der Claudier und natürlich auch seinem Großvater gegenüber, den er vor ein paar Monaten nun endlich hatte kennenlernen können.


    Wie du weißt möchte ich gerne den Traditionen unserer Familie folgen und mich auf den Cursus Honorum vorbereiten. Aus diesem Grund möchte ich dich fragen, ob du mir einen Senator empfehlen kannst, bei dem ich mein Tirocinium fori absolvieren kann.


    sagte der junge Claudier und ging damit gleich in medias res. Er wusste nämlich nicht, ob der Senator heute noch Termine hatte.