Beiträge von Publius Gavius Balbus

    Balbus hatte also zugestimmt, den zwei Schwestern an der Via Confluentes einen Besuch abzustatten. Er war zunächst auch Feuer und Flamme, wenn ihn in der Nacht vor dem Lupanarbesuch leider auch wieder erotische Träume von Bato heimsuchten. Der Morgen begann entsprechend mit einem scharfen Schmerz in der Lendengegend.


    Im Laufe des Tages jedoch wurde es besser. Zu seinem Glück sah Balbus den Lanista an diesem Tag gar nicht im Ludus. Er war auf einem Sichtungsbesuch bei einem potentiellen neuen Auftraggeber. Ein Kämpfchen auf einer privaten Jubiläumsfeier. Nichts von Bedeutung aber immerhin war er nicht da.


    Als Balbus seine Aufgaben für diesen Tag erledigt hatte. Rief er Kaeso zu sich.
    "So, mein junger Freund. Ich denke wir sollten in die Therme gehen, bevor wir uns den zwei Schwestern nähern. Ich könnte eine Rasur und einen neuen Haarschnitt brauchen und du auch, so wie du aussiehst. Ich habe heute die Spendiertunika an. Ich lade dich ein. Komm, Kaeso!"

    So ganz hatte Balbus den Gedanken noch nicht abgeschlossen, dass die Kräuterfrau schuld an seiner libidinösen Beziehung zu Bato hatte.
    "Diese kleine rätische Hexe war hier und hat versucht mich betrunken zu machen. Wer weiß was sie getan hat als dieses Gerangel mit ihrem Sklaven und Maximus war. Da war ich so abgelenkt. Vermutlich hat sie mir was in den Wein getan."


    Der Chirurgicus grübelte. Dann entschied er zunächst einmal auf Kaeso zu hören.
    "Den Vorschlag von dir finde ich aber nicht schlecht. Ich denke ich muss es einfach mal wieder probieren mit einem echten Weibsstück. Mit einer Könnerin. Ich habe meine Rute zu lange rosten lassen. Lass uns die Schwestern ausprobieren! Wenn sie so gut sind wie du sagst, dann werde ich hoffentlich über diesen treulosen Kerl hinwegkommen."


    Doch kaum sprach Balbus es aus und dachte einen Augenblick an Bato, da fuhr ihm schon wieder ein Schmerz in die Lenden, dass er Aufschrei und sich den Unterleib hielt.
    "VERFLUCHT", schimpfte er. "Hoffentlich tut mein Freund nicht so weh wenn die Lupe die Beine breit macht, sonst vergehe ich vor Pein und Scham."

    Balbus hörte so aufmerksam zu, wie ihm sein durch den Wein vernebelter Geist es ermöglichte.
    "Eine Vergewaltigung durch einen Mann. Ja, das ist nicht schön, das kann ich mir denken."


    Der Chirurgicus wusste, dass es gerade unter den Gladiatoren schon mal vorkam, dass homophile Regungen ausgelebt wurden. Und sicher nicht immer wollte ein körperlich Schwächerer das auch so haben. Jedenfalls hatte er schon mitbekommen, dass es zu Vergewaltigungen gekommen war. Ihn hatten die Kerle bislang verschont. Doch die Gerüchte, die durch sein Verhalten Bato und durch Kaesos Häme in Gang gesetzt worden waren, könnten ihn zum Opfer machen. Nicht auszudenken!


    Ja... Phryne.... die hatte ihn auch erregt. Aber das war vor diesem komischen Erlebnis als die raetische Kräuterfrau da war. Die Kräuterfrau.... ein Gedanke poppte in Balbus vernebeltem Gehirn hoch. Hatte sie ihm was in den Wein gemischt? Was Alpina schuld an seinem Zustand?


    Kaeso bombadierte ihn mit Fragen. Balbus versuchte sich darauf zu konzentrieren.
    "Ich habe seither keine Frau gesehen. Ich bin doch nur hier in diesem Männercircus! Eine Lupa... ja vielleicht sollte ich... ja, dass wäre wohl ein Test... aber was, wenn ich dann nicht kann? Dann weiß es bald die ganze Stadt!"
    Der Chirurgicus malte sich die schlimmsten Szenarien aus. "Ob ich Frauen ablehne? Wie meinst du das?? Mir kommt da gerade so eine Idee. Andere Männer?? Dich zum Beispiel würde ich mit der Beißzange nicht anfassen oder die anderen... Maximus zum Beispiel oder Astivus... irgendwas stimmt nicht mit mir! Seit Alpina hier war! Sie muss mich verhext haben! Die kleine raetische Kräuterhexe hat mir was in den Wein getan!"


    Schwankend stand Balbus auf. "Der werde ich helfen! Das kannst du mir glauben! Morgen kaufe ich sie mir! Dieses Luder!"

    Gern kam der Chirurgicus der Aufforderung nach und begann mit seiner Gewissensbeichte.
    "Weißt du, Kaeso, ich weiß ehrlichgesagt nicht, wem ich mich sonst anvertrauen könnte. Ich bin am Ende, völlig verzweifelt!"


    Mit leichtem Zungenschlag kam Balbus Lamento hervor. Er ließ den Kopf hängen, schüttelte ihn immer wieder ungläubig, dass er nun in der Kammer seines Gehilfen saß, der ihn gemeinschaftlich mit den anderen Bewohnern des Ludus verspottet hatte. Doch es half nichts, irgendwem musste er sein Herz ausschütten.
    "Ich schlafe kaum mehr und wenn, dann habe ich erotische Träume, die sich immer und immer wieder um Bato drehen. Dabei versuche ich ihm schon aus dem Weg zu gehen, wo ich kann. Aber wenn ich ihn nur sehe, fährt mir ein scharfer Schmerz in meine Lenden und ich spüre, wie sich ein Körperteil von mir selbständig macht. Nicht, dass ich sowas noch nie erlebt hätte, aber...." er schüttelte erneut den Kopf. "Immer im Bezug auf Frauen. Eine schöne Frau, so wie deine rassige Priesterin, die konnte meine Lenden immer in Bewegung versetzten. Doch nun ist es ein Mann, der mich erregt. Ich verstehe das nicht, Kaeso!"


    Verzweifelt sah er den Gehilfen mit tiefdunklen Augenringen an.
    "Kannst du das nachvollziehen? Hattest du jemals erotische Gefühle gegenüber einem Mann? Also ich meine, nicht nur, dass man einen hübschen jungen Mann einfach gerne ansieht, wenn er einen schönen Körper hat. Das kenne ich, aber ohne die dazugehörenden Regungen. Jetzt aber ist es anders. Ich verzehre mich nachts, träume... liege wach. Alle Gedanken drehen sich um diesen Mann. Und dabei mache ich mich lächerlich. Zum Gespött der Gladiatoren! Ich werde zur Witzfigur! Und ich merke doch auch, dass Bato gar nichts von mir will. Ich möchte dass es aufhört! Ich will wieder ich selbst sein!"


    Nun tropften tatsächlich Tränen aus Balbus Augen. Er schniefte, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und trank einen kräftigen Schluck Wein. Sofort schenkte er sich nach und warf einen Blick in Kaesos Becher, ob er auch diesem nachschenken könne.

    Balbus machte grimmig seine Arbeit. Er fand faule Zähne und riss sie. Kaum ein Gladiator kam ungeschoren aus dem Behandlungszimmer und in den kommenden Tagen würde man einige mit dicken Backen herumlaufen sehen.
    Kaeso ließ der Chirurgicus nicht aus den Augen. Was er gesagt hatte nagte an ihm. Umso mehr als er Nacht für Nacht wach wurde, von schmerzenden Genitalien geplagt und von erotischen Träumen verfolgt. Er schmachtete Bato an, wenn er ihn sah. Da dieser jedoch so schroff und abweisend zu den Chirurgicus war, litt Balbus Qalen. Er zog sich zurück, ging Bato aus dem Weg und ertränkte abends seinen Frust im Wein.


    Eines Abends als er schon ziemlich angetrunken war, klopfte er an Kaesos Kammer. Er hielt dem Gehilfen einen Becher hin, setzte sich auf die Bettkante und seufzte. Dann nahm er einen kräftigen Schluck und seufzte erneut.
    "Kaeso, kann ich dich etwas fragen? Ich brauche jemanden zum Reden!"

    Wütend über sich selbst, wurde Balbus laut. Um alle abzulenken von der peinlichen Situation brüllte er über den Hof des Ludus.
    "Schluss jetzt, ihr Pack! Ich sehe jeden einzelnen von euch nacheinander in meinem Behandlungsraum! Aber flott!"


    Dann packte er Kaeso am Oberarm. "Komm mit und tu, wofür du mein Gehilfe bist. Und wehe du hältst dein Schandmaul nicht, dann wirst du mich kennenlernen!"


    Er winkte Astivus und Maximus zu sich. "Ihr macht den Anfang! Du, Maximus bist der Erste!"


    Im Behandlungsraum angekommen war Balbus ganz Routinier. Er kommandierte Kaeso herum.
    "Zange und Sonde, eine Schale für Blut und Zähne und eine große Karaffe Wein. Dazu Verbandmaterial! Los geht´s!"


    Er verfrachtete Maximus auf den Stuhl vor sich während Kaeso die Materialien zusammensuchte. "Machs´Maul auf!", knurrte er.
    Dann begann er die Zähne des Muskelberges zu untersuchen. Ein einziger zeigte ein kleines Loch, nichts von Belang, aber Balbus war so wütend auf Maximus, dass er wild entschlossen war, ein Exempel zu statuieren. Der Chirurgicus keifte Kaeso an.
    "Zange her! Und du, Kaeso, halte ihm den Mund auf!"


    Die Angst geweiteten Augen des Gladiators befriedigten Balbus Wut ein wenig. Er setzte die Zange an. Maximus versuchte etwas zu sagen, doch kam nur ein gurgelnder Laut hervor.
    "Überlege dir gut, ob du mich noch einmal so veräppelst, Maximus. Du hast da noch ein paar hübsche Zähnchen und wenn ich Bato davon überzeuge, dass die alle faul sind, dann frisst du bald nur noch Puls wie ein Mümmelgreis!", zischte Balbus böse.


    Dann riss er mit einer heftigen Bewegung den gesunden Zahn an seiner Wurzel aus dem Unterkiefer des Gladiators. Das Blut spritze und ein Schrei gellte durch den Ludus. Balbus grinste böse.
    "Jetzt darfst du mit Wein ausspülen. Nur ausspülen, mein Bester!"
    Das Blut-Wein-Gemisch füllte bald die Schüssel in der oben auf ein strahlend weißer Zahn schwamm.


    Der warnende Blick des Chirurgicus traf nun Kaeso. "Du glaubst gar nicht wie viele faule Zähne in so einem Schandmaul schlummern. Sei gewarnt, dass es nicht deines ist, das ich mir als nächstes vornehme!"


    "Der Nächste bitte!"

    Sie waren kaum zur Tür raus als Kaeso anfing Balbus aufzuziehen.
    "Ich auf Männer stehen? Spinnst du?" fauchte der Chirurgicus zurück. Doch schon ging Kaeso in die nächste Runde.
    "Ein Kleid? Halt die Klappe. Verflucht! Sei still!!!"


    Der Junge schrie es laut über den ganzen Platz. Astivus und Maximus sahen überrascht herüber. Balbus wurde würtend, stinkwütend. Er packte Kaeso und ging ihm an die Gurgel. Schnell waren die beiden Gladiatoren zur Stelle. Astivus hielt Balbus zurück, der seinen Griff lockern musste.
    "Was sagst du da, Kaeso? So ein Blödsinn! Erst gestern haben wir ihn mit dieser kleinen Hebamme erwischt. Die hat er bestimmt noch flachgelegt. Balbus ist kein Schwuchtel, ganz sicher nicht. Wie kommst du darauf so was zu behaupten?"


    Maximus stellte sich in eine urwitzige Pose und wackelte mit den Hüften.
    "Guck mal, Balbus! Siehst du meinen süßen Hintern? Gefällt er dir?"


    Der Chirurgicus winkte ab. "Hör auf, du Blödmann! Was soll der Unsinn?"


    Astivus hielt Kaeso die Faust unter die Nase. "Was erzählst du für Lügen? Ich ramme dich ungespitzt in den Boden wenn du weiterhin solche Lügen erzählst!"


    Balbus entspannte sich sichtlich. In diesem Moment trat Bato vor die Tür.
    "Was ist hier los? Hast du etwa schon angefangen mit der Behandlung? Hier im Hof? Mach das gefälligst in deinem Behandlungsraum!"
    Giftig fuhr der Lanista den Chirurgicus an. Balbus wurde Puterrot. Er flötete in Batos Richtung.
    "Nein, nein, Bato. Alles gut. Wir hatten nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Nichts von Belang. Geh nur wieder rein und erhol dich gut vom Prandium. Kaeso und ich fangen mit Astivus und Maximus an. Bis später dann!"


    Der letzte Satz kam so irrwitzig säuselnd herüber, dass selbst Balbus sich auf die Lippen biss. Verflucht, was war los mit ihm? Was bei Venus und Amor war in ihn gefahren?

    Bato bellte Balbus an. Es tat weh. Der Chirurgicus schluckte. Ja, Bato hatte recht. Was war in ihn gefahren? Der Lanista hatte ihm einen Auftrag erteilt, es war seine Aufgabe, sich um die Gesundheit der Gladiatoren zu kümmern. Balbus spürte ein wühlendes Gefühl in der Magengrube. Er wollte Bato um jeden Preis gefallen, auf gar keinen Fall wollte er, dass der Lanista sauer auf ihn war. Also sprang Balbus dienstbeflissen auf.
    "Natürlich, Bato! Entschuldige bitte, ich weiß auch nicht... da ist was mit mir durchgegangen. Komm, Kaeso! Wir machen uns sogleich ans Werk. Ich komme später und berichte dir von den Ergebnissen der Untersuchungen, wenn´s recht ist?"


    Der Lanista beäugte den Chirurgicus misstrauisch. Dann nickte er bedächtig.
    "Ja, es ist recht. Und geh nicht zimperlich mit ihnen um!"


    Balbus machte beinahe einen Diener, so tief neigte er den Kopf vor Bato. Aus den Augenwinkeln versuchte er einen Blick auf die kräftige Statur des Lanista zu werfen. Was für ein Kerl, was für ein anbetungswürdiger Mann!



    Nur mühsam riss sich Balbus vom Anblick seiner Begierde los. Vom Anblick seiner Begierde? Einen kurzen Augenblick funkte ihm ein Gedanke durch das Hirnstübchen. Was ist los mit mir? Ich bin ein Weiberheld! Ich habe dutzende Frauen flachgelegt! Wie kann es sein, dass ich jetzt so auf Bato stehe?
    Doch schon im nächsten Augenblick, bereits an der Tür angekommen, schenkte er dem Lanista einen süßen Blick. Er konnte sich gerade noch zusammenreißen ihm keinen Kussmund zuzuwerfen.
    "Bis später dann, Bato", hauchte Balbus und schloss die Tür hinter sich. Sein Herz schlug bis zum Hals. Irgendwas stimmte nicht mit ihm.

    Bato ließ beide eintreten. Er saß zu Tisch und tafelte. Mit vollem Mund murmelte er etwas Unverständliches, dann wies er auf die beiden Sessel ihm gegenüber. Balbus nahm Platz. Er saß unbequem. Sein Gemächt schmerzte und er hatte das Gefühl keine Position finden zu können, in der es nicht brannte wie Feuer.


    Der Chirurgicus sah dem Lanista beim Essen zu. Ein Unbeteiligter wie Kaeso musste wohl eher Anstoß nehmen an Batos Tischsitten doch der Fluch tat bereits seine Wirkung. Balbus begann verschmitzt zu lächeln. Bato hatte etwas putziges, wenn er sich die Backen so vollschob. Sonst war doch alles an ihm eher bewundernswert knackig... ja, und wie! Der Chirurgicus betrachtete versonnen, die Muskeln, die sich differenziert abhoben. Was für ein kräftiger und gutaussehnder Kerl er doch war! Ein wenig gereift... aber eigentlich machte ihn das nur attraktiver...


    Balbus Stimme klang eigenartig fremd als er den Lanista ansprach.
    "Na du, Bato? Scheint dir zu schmecken, was?"


    Er setzte sich in Positur und schenkte dem Lanista ein strahlendes Lächeln. "Weshalb wolltest du uns sprechen?"


    Bato betrachtete den Chirurgicus in wachsendem Unglauben. Was war los mit Balbus? Ging es ihm nicht gut?
    "Also ich wollte dich bitten mit deinem Gehilfen die Zähne der Gladiatoren zu überprüfen und rigoros rauszureißen wenn sie faul sind. Kranke und geschwächte Gladiatoren kann ich nicht brauchen!"


    Balbus kicherte. "So, die Beißerchen überprüfen. Na klar, machen wir. Sollen wir bei dir anfangen?"


    Er freute sich darauf, Bato anfassen zu dürfen. Oh ja und wie!


    Der Lanista guckte überrascht. Dann wurde er rot vor Wut. "Sag mal, spinnst du Balbus? Meine Zähne sind in Ordnung. Du sollst dich um die Kerle kümmern. Was ist eigentlich los mit dir? Stimmt was nicht? Was siehst du mich so an? Habe ich eine Warze im Gesicht oder was?"

    Da kam er endlich, sein Assistent. Er sah so ekelhaft selbstzufrieden aus. Klar, schließlich war er die Nacht zuvor bei seinem Prachtweib gewesen, während er vergeblich versucht hatte, dieses Mauerblümchen von Alpina ins Bett zu bekommen. Balbus war schlecht gelaunt.
    "Salve, Kaeso. Wie war deine Nacht?"


    Wollte er es wissen? Wollte er wirklich wissen wie Kaesos Nacht mit Phryne gewesen war? Schon beim Gedanken an die schöne Phryne fuhr ein stechender Schmerz in Balbus Gemächt. Er krümmte sich. Dann zwang er sich an etwas anderes zu denken.


    "Ich brauche deine Hilfe. Bato wollte mich sprechen heute. Er hat schon nach uns geschickt. Also komm!"
    Immer noch reichlich unkonfortabel mit leichter Vorneigung und breitbeinigem Gang überquerte Balbus den Gang und betrat nach kräftigem Klopfen die Privaträume Batos.

    Kaum in seiner Kammer angekommen, riss sich Balbus das Lendentuch weg und die Tunika aus. Im Schein der Lampe und später auch mit einem Spiegel bewaffnet betrachtete er sein bestes Stück und das Gehänge dahinter von allen Seiten. Nichts! Keine Rötung, keine Schwellung! Also kein Grund für die brennenden Schmerzen, und die Stiche, die ab und an wie ein Dolch in seine Weichteile fuhren. Kühle Umschläge halfen nichts, ebensowenig die Wärme der Hände.


    Verzweifelt wälzte sich Balbus die gesamte Nacht von einer Seite auf die andere. Er versuchte es auf dem Rücken und auf dem Bauch. Auf beiden Seiten, es half nichts. Der Chirurgicus fand keinen Schlaf.


    Gerädert und über alle Maßen aggressiv kam er am Morgen aus seiner Kammer auf der Suche nach seinem Gehilfen Kaeso.
    "Kaeso! Kaeso, beim Mars! Wo bist du?"

    Fast von Sinnen vor Schmerz sah Balbus zu der Kräuterfrau auf. Die Lust sie flachzulegen war dem Chirurgicus schlagartig vergangen. Im Gegenteil, ihre Fragerei was los sei nervte ihn. Was sollte er ihr sagen? Dass sein bestes Stück wie Feuer brannte? Dass es sich anfühlte als ob jemand versucht hätte ihn zu kastrieren?


    Balbus wimmerte. Dann rollte er sich auf die Knie. Mit vor Schmerz verzerrter Stimme presste er hervor.
    "Es ist wohl besser, wenn du jetzt gehst, Alpina! Ich werde über deine Tipps nachdenken. Für mich ist es jetzt wohl besser, wenn ich mich hinlege. Ein plötzliches Unwohlsein... du verstehst... Vale"


    Er zog sich an der Stuhllehne hoch und wankte vornübergebeugt aus dem Behandlungsraum. Die verdutzte Hebamme beachtete er nicht weiter. Sie hatte ja ihren Sklaven. Der würde sie schon nach Hause bringen.

    Zufrieden rutschte Balbus auf die Kräuterfrau zu. Sie sah nicht so aus als wenn sie sich großartig wehren würde. Im Gegenteil, Balbus meinte so etwas wie Zuneigung zu verspüren.


    Doch urplötzlich fuhr ihm ein stechender Schmerz in den Unterleib. Er zuckte zurück, hielt den Atem an.
    "Ahhhh! Was bei allen Göttern ist das?"
    Balbus krümmte sich. Ihm wurde schlecht. Der Schmerz übermannt ihn. Er sank in sich zusammen und rutschte vom Stuhl.

    Wein trinken. Das ließ sich Balbus nicht zweimal sagen. Er goss zwei Becher ordentlich voll und stieß mit der Hebamme an.
    "Zum Wohl, Alpina."


    Mit mehreren kräftigen Schlucken war der Becher halbleer. Er sah neugierig wieviel die Räterin getrunken hatte. Leider hatte sie nur genippt. Balbus hatte vor, Alpina betrunken zu machen, um sie dann leichter verführen zu können. Sie lenkte das Gespräch wieder auf die Kräuter und er miemte Aufmerksamkeit. Hopfen und eine Pflanze namens Agnus Castus sollten den Trieb hemmen? Sowas brauchte doch kein Mensch! Im Gegenteil. Aphrodisiaca waren interessant.
    "Sag, wenn es schon Pflanzen gibt, die den Treib hemmen, gibt es auch welche, die einen so richtig in Fahrt bringen? Ich meine, du hast sowas nicht nötig... aber es soll ja immerhin manchmal nötig sein..."


    Das Gespräch entwickelte sich gut. Alpina griff zu und aß mit Freude die von ihm aufgetischten Leckerein. Außerdem schenkte Balbus wieder und wieder nach. Er war zufrieden. Schon meinte er ein leichtes Zungenstoßen in ihrer Stimme wahrzunehmen. Bald, bald bist du dran, meine Süße! dachte der Chirurgicus. Das Blut pulsierte in seinen Lenden. Immer wieder wanderte sein Blick auf ihre Brüste, die sich leicht unter der Tunika abhoben.

    Ein wenig spröde war sie schon die kleine Räterin. Sie wies ihn in seine Schranken. Nun denn, er trat einen Schritt zurück. Nur mit einem Ohr hörte er zu, was sie an seinem Medikamentenkästchen auszusetzen hatte. Er überlegte fieberhaft wie er sie verführen konnte ohne sie vergewaltigen zu müssen. Denn natürlich wollte er sie flach legen, andererseits es sich nicht mit ihr verscherzen. Er mochte Alpina und hielt eine Menge von ihren Fähigkeiten. Langfristig könnte man ein gutes Team abgeben.


    Entsprechend zuckte er unschuldig die Achseln. "Du fragst ob das alles ist und ob es hier noch was anderes gibt außer dem Inhalt des Kästchens?"


    Balbus trat näher. Er legte beide Hände auf Alpinas Hüften und zog sie sanft zu sich her. "Es gibt hier schon noch mehr für dich... viel mehr, wenn du willst...."


    In diesem Moment hörte Balbus einen lauten Tumult vor der Tür des Behandlungsraumes. Es klang nach einem Wortgefecht und dann einer Schlägerei. Wutentbrannt in seinem Vorhaben gestört zu werden, stürzte der Chirurgicus zur Tür.
    "Was beim Mars ist hier los?"


    Vor der Tür fiel er beinahe über ein Knäul auf Männern. Astivus und Maximus hatten sich den Leibwächter Alpinas geschnappt und unterzogen ihn einer Härteprobe. Verdutzt sah Balbus drein. "Lasst den Kerl los!"


    Astivus befreite sich am Schnellsten aus dem Knäuel und sprang auf die Füße. Er schob den Chirurgicus in den Behandlungsraum. "Siehe da, Balbus, Frauenbesuch? Du willst sie wohl nicht teilen sondern ganz für dich haben, was?"


    Das hatte er gerade noch gebraucht. Die beiden Muskelprotze machten Anstalten ihm sein Stelldichein zu vermasseln. Alpinas Blick sprach Bände. Sie hatte sich ganz an die Wand zurückgezogen und starrte auf die Männer an der Tür. Balbus musste dringend für Ordnung sorgen.
    Zum Glück kam ihm Liam zur Hilfe. Der Leibwächter nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit seines Gegners, als Astivus Alpina entdeckt hatte, und setzte einen gezielten Magenschwinger. Maximus rollte sich gekrümmt vor Schmerzen beiseite. Liam rappelte sich auf und rannte auf Astivus zu. Solchermaßen unterstützt traute sich auch Balbus, der ja körperlich bei weitem kein Kraftprotz war, den Gladiator anzugehen. Gemeinsam packten sie Maximus und beförderten ihn nach draußen.
    "Raus aus meinem Behandlungsraum! Wisst ihr denn gar nicht was sich gehört, ihr blöden Hunde? Muss ich erst Bato holen und euch bestrafen lassen? Wenn ihr nicht gleich verschwindet, dann wird es Stockhiebe geben! Vertanden?"


    Als sich beide Gladiatoren getrollt hatten, klopfte Balbus Liam auf die Schulter. "Hervorragend gemacht, mein Guter! Du siehst, wie wichtig es ist, dass du diese Tür bewachst, damit Alpina und ich unserer wichtigen Arbeit nachgehen können."


    Mit diesen Worten schob er den gallischen Muskelberg wieder vor die Tür des Behandlungsraumes und kehrte zu der verängstigten Räterin zurück.
    "Es tut mir unglaublich leid, Alpina! Lauter Schwachköpfe! Das ist mein Los. Ich bin umgeben von Schwachköpfen. Sie könnten den Wert einer Frau nicht einschätzen. Erkennen nicht dass sie eine Fachfrau erster Güte vor sich haben."


    Balbus wusste, dass er Alpina jetzt irgendwie beruhigen und ablenken musste, sonst würde sie vermutlich reißaus nehmen. Er beeilte sich aslo mit einem Vorschlag.
    "Ich denke am besten nehmen wir auf den Schreck hin einen Schluck Wein. Ich habe uns da eine kleine Stärkung besorgt. Dabei lässt es sich ohnehin besser reden. Dann können wir gemeinsam überlegen, was ich für meine tumben Patienten hier noch an Kräutern brauchen könnte und wo und wie ich sie lagere."

    Balbus rieb sich die Hände. Wie unbedarft die kleine Räterin sein Reich betrat. Er zeigte ihr seine Instrumente und dann den kleinen Kasten mit Heilmitteln. Diese beschränken sich auf Schlafmohn, Opium, Bilsenkraut und dann einige mineralische Substanzen wie Bleioxid, Zincum, Schwefel, Silber, Pyrit und ein paar Phiolen , die laut Balbus Alaun und Essig enthielten. Ein Tiegel mit Schmalz diente als Salbengrundlage.


    Während sich Alpina über das Kästchen beugte, stellte sich Balbus dicht hinter sie. Er hatte gute Lust sie gleich zu umgreifen von hinten um seine Hände auf ihren Brüsten zu platzieren. Irgendetwas sagte ihm dass das wohl der falsche Weg wäre. Also beschränkte er sich darauf den Duft ihrer Haare einzusaugen.
    "Na was sagst du?"

    Als der Chirurgicus Alpina in Begleitung des keltischen Wachsklaven erblickte, gefror sein zunächst freudiges Lächeln augenblicklich. Er musste sehen, wie er den Kerl loswurde.
    Mit einiger Mühe schluckte Balbus seinen Groll hinunter und zauberte erneut ein Lächeln auf sein Gesicht.
    "Salve Alpina! Wie schön, dass du es einrichten konntest. Ich bin dir unendlich dankbar!"


    Er machte eine leichte Verbeugung und öffnete ihr die Tür zu seinem Behandlungsraum. Nachdem die Kräuterfrau eingetreten war, stellte Balbus dem Leibwächter mit einem warnenden Blick den Fuß vor den Durchgang um ihm unmissverständlich klar zu machen, dass ihm der Zutritt verwehrt blieb. Er zischte.
    "Wir müssen leider draußen bleiben! Dies hier ist ein medzinischer Behandlungsraum. Da hat nur Fachpersonal Zutritt. Schweigepflicht. Du verstehst?"

    Mit einer abwehrenden Handbewegung in Richtung Kaeso plapperte Balbus drauflos. Er hatte nicht vor sich seinen schönen Plan kaputt machen zu lassen.
    "Na dann sehen wir uns am Venustag. Vale, Alpina. Ruf mich wenn die Wunde der Germanien nicht heilen will. Dann mache ich nochmal auf. Fiebersenkende Tränke kennst du besser als ich."


    Balbus schob Kaeso vor sich her zur Tür der Taberna Medica.

    Am Abend vor dem Venustag hatte der Chirurgicus seinem Gehilfen für den kommenden Tag frei gegeben. "Dir schmerzt doch schon die rechte Hand weil du so Sehnsucht nach Phryne hast", hatte er gewitzelt. So war Kaeso mit seinem Beschützerinstinkt aus dem Weg.


    Den Vormittag verbrachte Balbus nach der üblichen Morgenvisite bei seinen Patienten in der Therme. Mit einer Karaffe Wein, Brot und ein paar Leckeren aus dem Thermopolium nebenan kehrte er beschwingt in den Ludus zurück. Er wartete darauf dass die Kräuterfrau erschien.

    Diese kleine Räterin war misstrauisch und nicht so leicht zu gewinnen. Kaesos wütenden Blick ignorierte der Chirurgicus. Schließlich war Kaeso mit Phryne ja mehr als versorgt, wenn es denn stimmte, dass sie das Lager mit ihm teilte. Alpina war allein und ihr Bett wohl ebenso kalt wie seines nachts. Also was sprach dagegen sich näher zu kommen.
    Balbus setzte auf Charme, also auf das, was er so unter Charme verstand.
    "Nun, tatsächlich brauchen meine Gladiatoren keine Hebamme, eher ab und an ein Kindermädchen. Sie sind oft wie ungezogene, kleine Jungs. Aber ich könnte schon ab und an ein wenig Nachhilfe in Kräuterkunde brauchen. Du verstehst wirksamere Tränken und Salben zu machen als ich. Ich verneige mich."


    Balbus deutete eine ungelenke Verbeugung an. Dann machte er einen Vorschlag.
    "Komm doch mal zu mir in den Ludus und sieh dir meine Kräutervorräte an. Dann wäre ich sehr daran interessiert was ich verbessern könnte. Was du zu ergänzen empfiehlst. Wie wäre es kommenden Venustag nachdem du deine Taberna geschlossen hast?"