Dieser ungehobelte Iulius! Silana musste sich beherrschen, diesem nicht mit einer flachen Hand ins Gesicht zu schlagen. Diese ungerechte Art, wie er sein persönliches Befinden über andere stellte. Er war arrogant, selbstgerecht und sicherlich nicht so erhaben, wie er gerade tat. Ihr selbst entglitten die Gesichtszüge, so dass die Frau gar an gewisser Schönheit verlor, da ihr das Entsetzten im Gesicht stand. Wütend ballte sie beide Hände zu Fäusten, um ihrem Zorn Raum zu geben. Dieser Mann war eine Schande und hatte nicht nur sie beleidigt, sondern auch das römische Leben selbst! Silana wollte sich abwenden, nun wirklich gehen und diese Person durch schlichte Ignoranz abzustrafen. Dieser Iulius hatte versagt und würde eines Tages vor ihr Rechenschaft ablegen können oder ihrem Großvater. Doch eine überraschende Entwicklung zeichnete sich ab, die Silana warten ließ. Vorsichtig wandte sie sich um und lauschte den Worten der jungen Frau, die der Sänfte entsprungen, um den Iulius zurecht zu weisen. Ein böses Grinsen legte sich auf Silanas Lippen, denn nun erhielt dieser Schuft seine gerechte Strafe wohl aus dem Munde einer Verwandten. Die junge Claudia erlaubte sich, dieses Schauspiel zu beobachten. Eine grundlegende Gehässigkeit offenbarte sich bei ihr, da sich die Augen nicht mehr im Zorn badeten, sondern in gediegener Freude. Silana traute sich sogar wieder einen Schritt heran, verschränkte triumphierend ihre Arme hinter dem Rücken und zwinkerte dem Iulius frech zu, als sich die Iulia näherte. Einige Worte hatte sie aus dem Streit entnehmen können, so dass Silana nun wusste, dass es wirklich eine Iulia war und wohl Cousine. Die verletzte Frau wurde gerettet und Silana hatte gewonnen. Dieser Tag entfaltete sich doch noch in gewisser Gerechtigkeit, die sich offen zeigte. Die junge Frau wurde erneut in der Ansicht bestätigt, dass man stets das erhielt, was man sich verdient hatte. Zumindest in moralischen Fragen. Mit einem hektischen Seitenblick verfolgte Silana, wie die arme Dame in die Sänfte gehoben wurde und das gehässige Lächeln fand Erlösung in einem sanften sowie schönen Grinsen. Die Claudia fand wieder zu einem geordneten Angesicht zurück, welches sie nun Iulia Phoebe präsentierte, die sie nun konkret ansprach. "Ich komme gerne mit aber ich gehöre nicht zu ihr. Ich habe nur geholfen, weil es wichtig ist, dass wir einander helfen," erklärte Silana überzeugt, fast in einem bescheidenen Plauderton. Es war die besondere Genugtuung dieses Sieges, den Iulius noch die ihre Anwesendheit in der Familiensänfte zu verhöhnen. Silana genoss dies erheblich. "Dein Vetter ist ...," wollte sie den Iulius öffentlich einordnen und eine Definition finden, doch unterließ dies, da ihr dies nun unpassend erschien. Silana senkte ihr Haupt bedächtig vor der Iulia, um sich ehrlich zu bedanken, wie es in gehobenen Kreisen üblich war. "Danke aber es war kein Mut, sondern schlicht das, was uns Römer ausmacht," meinte sie und wies das Lob etwas zurück, da sie mit Lob nicht gut umgehen konnte. Sofort erröteten sich ihre Wangen und sie spürte eine Wärme in ihrem Gesicht. Sie und mutig? Vielleicht war dieser Ausflug mehr als nur eine Erweckung. "Hauptsache, der Frau geht es gut," versicherte sich die Claudia und deutete zur Sänfte. Insofern gab sie ihre triumphale Pose auf und war bereit zur Sänfte zu gehen.
Beiträge von Claudia Silana
-
-
http://imperiumromanum.net/for…?postid=895043#post895043
Ich hoffe, dass dieser Brief nicht vergessen wurde.
Die Postboten-ID hat ebenso eine fragende PN erhalten.
-
Wollte sie dieser aufsässige Schnösel veralbern? Silana wirkte nun erbost, da sie nicht zwischen Leben unterscheiden und auch nicht unterschiedlich bewerten wollte aber sie tat es doch. Ihr wurde in dieser Sekunde klar, dass sie es stets getan hatte. Als Frau von Reichtum und Stand hatte sie stets auf niedere Personen herabgesehen und sich sogar an deren Leid erfreut. Nicht im bösen Sinne daran erfreut, sondern ihren Nutzen daraus gezogen. Silana dachte nach aber ihr wurde schnell klar, dass ihre Entscheidung auf Vernunft fußte. Nicht auf irgendeiner falschen Überlegung oder willkürlichen Überzeugung. Die Frau war schwerer verletzt als der Rest, der sich am Brunnen gesammelt hatte. Die meisten würden ohne Hilfe zu ihrem Zuhause gelangen aber diese Frau nicht. Es war eine rationale Erwägung, dass diese Frau dringend ihre Hilfe benötigte aber dennoch war sie beschämt über den Gedanken, dass auch sie wertete. Das Leben nahm eine Wendung, die sie überraschte aber nicht im Guten. Schnell verstellte sie ihren Blick zur Seite und die Traurigkeit über ihre Erkenntnis, ließ auch ihre Augen in melancholischem Dunst zurück, während sich ihre Gedanken sortierten. Ja, sie musste antworten. "Weil sie so stark verletzt ist, dass sie nicht mehr gehen kann," war schließlich ihr überzeugter Satz. Sie wollte sich jetzt noch auf philosophische Streitfragen einlassen. Es ging hier nicht um ein Detail oder eine Beobachtung, sondern um echtes Mitgefühl, welches sie nicht bereit aufzugeben. Die moralischen Feinheiten würde sie später erörtern können und notfalls suchte sie wieder Halt in den alten Niederschriften von Epikur. "Wenn du nicht helfen willst, lass' es!" - schimpfte sie zickig und ihre Stimme fiel um eine Oktave ab, so dass sie fast gebrochen plärrte. Ihr Gesicht verharrte immer noch in gewollter Melancholie. Silana war überzeugt, dass dieser selbstgerechte Iulius kostbare Zeit verschenkte. Mal wieder zeigte sich, dass Ignoranz auch in behänden Worten daherkam. Die Claudia holte erneut Luft, zog einmal beide Hände durch ihre Haare, um sich zu beruhigen, da sie einen Zorn in sich aufsteigen spürte, der nun wahrlich Fehl am Platze war. Gerade wollte sie sich umwenden aber hielt noch einmal inne. "Es ist deine Entscheidung aber ich werde eines Tages auf deine Spitzfindigkeiten zurückkommen," drohte sie ehrlich. Silana vergaß Dinge selten vollens; manchmal verlor sie diese aus den Augen aber niemals aus dem Sinn.
-
Jetzt wusste sie wieder, warum sie Soldaten nicht mochte. Sie waren ungehobelt und sahen nicht, was wirklich passierte, sondern folgten stupide ihren Befehlen. Silana war nun wirklich keine Bedrohung, sofern sie dies selbst einschätzen konnte. Warum sollte sie auch eine Bedrohung sein? Sie war eine zierliche und überaus jugendliche Frau, die mit Sicherheit keine ausgebildete Kämpferin war. Ihre Arme waren schmal und auch ihr Gesicht wirkte nicht kriegs-erhärtet, wie es jene Gesichter der Soldaten war. Silana verstand nicht, warum ein Hilfeersuchen ein Angriff sein sollte, den es abzuwehren galt. Das war nicht ihr Rom und schnell verstand die junge Claudia, dass sich nicht nur eine Mauer um Rom zog, sondern auch durch die Schichten. Niemals hatte sie bewusst daran gedacht oder diese Grenze gesucht aber nun begriff sie eindringlich, dass Rom weitaus komplexer war, als sie bisher angenommen hatte. Die Frau hatte immer gewusst, dass es Unterschiede gab aber das diese Unterschiede so einschneidend waren, war ihr ein Übel: immerhin war sie nun selbst davon betroffen, da man sie für eine Einfache hielt. Sie fühlte sich ungerecht behandelt und ließ die Arme verängstigt fallen, um diese leblos baumeln zu lassen. Silana war nicht dumm und würde sich nicht mit Bewaffneten anlegen, denn sie wusste auch, dass diese Männer herzlos sein konnten. Sie würden sie schlicht abstechen und in den Tiber werfen. Davon ging sie fest aus oder glaubte es zumindest, denn sie heute viel Leid erlebt und gesehen. Sie schmeckte inzwischen den Staub sowie die Asche, die über den Tiber wehte. Ihre Zunge wurden trocken und auch ihre Lippen, die fürchterlich bebten. Nicht nur aus Angst und Wut, sondern auch aus schlichtem Mitgefühl für die arme Frau, die dringend Hilfe brauchte oder zumindest ihr Zuhause erleben sollte. Für Silana war ein Zuhause immer eine Schutzburg gewesen, die der Seele einen Raum zur Erholung bot. Silana, nicht dumm aber naiv durch ihr illustres Leben ohne finanzielle Sorgen, konnte erst jetzt begreifen, was Leben mit wirklichen Sorgen war. Wenn Leid so einfach verbreitet wurde, konnte sie nicht einfach in jenen sorgenfreien Zustand der Trägheit ihrer alten Welt zurückkehren. Ihr altes Selbst erschien ihr seltsam träge, fast bösartig im Umgang mit der Welt, die sie so selbstgerecht aus der Ferne betrachtet hatte. Ihre Schwester würde sie nicht verstehen und nicht einmal ihr geliebter Opa. Sie selbst verstand nicht ganz, was sie von nun an als Person war. War sie gutherzig? War sie mitfühlend oder war dies auch nur wieder eines ihrer Spiele um Erkenntnis? Silana spielte mit und in der Welt, um ihre eigenen Träume, die sich jetzt gerade als Albtraum zeigten. Die junge Claudia wollte sich verstecken, ganz und gar verkriechen und erst wieder auftauchen, wenn sie wusste, wer sie war. Silana war zerissen zwischen ihren Gefühlen, die sich aus den Erfahrungen speisten. Ihr Herz schlug heftig und ließ die Lippen zartrot erstrahlen, während sie ihre Pupillen weiteten. Sie fühlte sich gerade, wie einem Käfig, der ihr Leben erstickte. Mühevoll zog sie Luft durch ihre Nase und hob ihre Lungen mit Allmacht um, da sie nicht ersticken wollte. Nicht nur an der vorbeiziehenden Asche, sondern an der Angst, die sich ihrer bemächtigen konnte. Zu ihrem Glück etablierte sich der Fremde, der aus seiner Sänfte entstiegen war und die Soldaten einbremste. Seine Worte durchbrachen ihre eigene Starre, die ihr Käfig war und somit entflogen ihre Sorgen, einem Vogel gleich durch einen seltsamen Blick der Erlösung und Neugierde, der dem Erstaunen gleich, ganz dem Iulius galt. Silana schaute zu ihm auf. Dennoch störte sie etwas. Ihr Stolz kehrte wieder in den freien Platz ein, den die Angst hinterlassen hatte. "Ich bin nicht wichtig, Mann," erklärte sie und konterte frech mit einer ebenso einfachen Ansprache, da ihr das Wort Weib missfiel, da sie einerseits noch nicht verheiratet war und sicherlich noch nicht in einem derartigen Alter war, das Weib gerechtfertigt war. Ihr Stolz war verletzt und so biss sie sich nervös auf die Unterlippe, bevor sie weiter antwortete. Ja, sie war wirklich nicht wichtig. Immerhin war dort eine verwundete Frau, die dringend Hilfe brauchte. Schnippisch schnippte sie eine Haarsträhne zurück. Immerhin garantierte er für ihre Sicherheit, solange sie sprachen. Eine kuriose Einschränkung, die dieser Iulius von sich gab. Ein Iulius. Silana überlegte schnell, was sie über die Iulier wusste und verkniff dabei leicht die Augen. Leicht neigte sie ihren Kopf zur Seite, um noch einen Blick auf die Sänfte zu erhaschen, bevor sie wieder zum Iulius blickte. Ihre Augen öffneten sich wieder weit und dann sprach sie weiter: "Dort ist eine Bürgerin verletzt und ich wollte fragen, ob wir eure Sänfte benutzen können, um sie in Sicherheit zu bringen, Iulius!" Ein ernstes Anliegen, was sie mit einem starren Nicken unterstrich. Silana war es wirklich ernst, so dass sie sogar vorsichtig ihre Hand in die Richtung des Iulius ausstreckte; eine vertrauensvolle Geste der Nothilfe. Die zarten Finger zitterten und brachen leicht in der Länge ein. Ihr Stolz trat wieder zurück und die einfache Silana brach durch, die hier nicht aus ihren Wünschen agierte, sondern aus überzeugtem Mitgefühl.
-
Silana, noch immer gefangen von einer teilnahmslosen aber neugierigen Angststarre gegenüber dem Erlebten, wollte sich befreien und helfen. Nicht, weil sie wirklich überzeugt davon war, dass Hilfe wirklich hilfreich sein konnte, sondern - weil sie daran glaubte, dass Römer einander helfen mussten. Mühsam presste sie beiden Augen zu und versuchte die Kraft zu finden, die sie einst besessen hatte. Sie suchte jenes Licht im Dunkeln, welches ihr stets gefolgt war. Ein natürlicher Kompass für Richtig und Falsch. Dieser moralische Wegweiser, manchmal verwirrt durch junge Anleihen, wollte Silana antreiben und schon gelang es, dass sie sich aufraffte. Mit beiden Händen griff sie nach einem Eimer, um diesen im Brunnen, welcher schön gefertigt war, zu befüllen. Sie wollte wirklich helfen und näherte sich mit dem Holzbehältnis den armen Opfern, die ihre Wunden versorgten. "Hier," sagte sie und kniete sich neben einer verletzten Frau ab, die sich nicht mehr bewegen konnte. Ihre Beine waren aufgerissen und scheinbar durch Splitter verletzt worden. Silana, unerfahren und naiv, wusste nicht damit umzugehen und erinnerte sich nur daran, dass man Wunden waschen sollte. "Darf ich?" - fragte die junge Claudia ängstlich. Die Frau mittleren Alters nickte still. Bedächtig kippte Silana jenes Wassergefäß über die Beine, so dass sich sanfte Fluten über die Wunden bahnten. Blut wusch aus und färbte den Boden. Jene verdünnte Flüssigkeit sammelte sich an auch Silanas Sandalen, so dass diese ein wenig der roten Farbe annahmen und die Flechtmuster über ihren Zehen an morbider Schönheit gewannen. Silana notierte dies kaltherzig, denn es gab nun Wichtigeres als verblendete Eitelkeit. Die junge Patrizier lernte schnell, was Leben war und wie verwundbar es doch war. Die einfache Tunika trennte sie nicht von den anderen Bürgern und machte sie sogar gleich, dass es nicht wirklich auffiel, dass sie von anderem Stand war. Vielleicht waren es ihre gepflegten Haare, welche nicht ganz zur Aufmachung passten und sie verraten konnte. Dennoch kümmerte Silana diese Gefahr nicht. Es gab hier keine wirkliche Gefahr mehr, sondern nur noch Leben. Die junge Frau fühlte sich das erste mal in ihrem Leben lebendig, durch die Hilfe, die sie nun anderen gab. Ihre Erfahrungssuche hatte sie an diesen Ort gebracht und ihr etwas sehr wichtiges gezeigt: Mitgefühl. Etwas, was sie stets besessen hatte aber verborgen, um nicht unschicklich durch ein Muster zu fallen, welches jeder Oberschicht gemein war. Es fehlte ihr an Bezug zum Leid der anderen. Doch nun hatte sie diesen Bezug. "Danke," sagte die verletzte Frau und Silana stellte den geleerten Eimer ab. Beide lächelten in Dankbarkeit. Die Frau hatte Linderung gefunden und Silana eine erwachende Erkenntnis gewonnen. Eine Sänfte näherte sich aus dem Blickwinkel der jungen Claudia. Ihre Arme waren inzwischen schwer und sie war nervös. Nicht über das Erscheinen einer Sänfte, sondern weil sie nun etwas tun wollte, was sie ansonsten nicht getan hatte. In der Tat näherten sich Männer aus der Seitenstraße, brachten aber keine Gefahr, sondern Hilfe. Sie trugen Verbände und verschiedene Gegenstände der Notwendigkeit bei sich, um den armen Seelen zu helfen. Auch Silana nahm sich daran ein Beispiel und wollte handeln. Die junge Frau erhob sich und rannte zur Sänfte, wobei ihre Arme wild ruderten. In dieser Sänfte konnte sie die arme Frau zu ihrem Zuhause bringen oder zumindest in Sicherheit. Es war ihr ein festes Anliegen. "Ihr da," stammelte sie und rief den Passagieren der Sänfte zu, die wohl nur minder aus dem Gefährt blickten. "Ich brauche Hilfe," rief sie und ihre Augen loderten in ernster Absicht. Hier ging es um mehr als bloßes Abenteuer. Ihr Herz verlangte eine neue Gerechtigkeit nach dieser Erfahrung und den noch immer tobenden Geräuschen, welche entfernt Unheil brachten. Noch war die Claudia nicht an der Sänfte angekommen und doch näherte sie sich schnellen Schrittes, so dass nun auch ihre Haare im Winde verwehten und im Zusammenspiel mit ihren Armen ein belustigendes Bild abgaben, welches im starken Kontrast zum Bild am Brunnen stand. Unbeholfen war Silana in der Handlung aber ernst im Willen.
-
Ich verweise hier gerne auf die einstmals groß bespielte Insula mit ihren Wohnparteien.
-
Sim-Off: Ich grabe mal diesen alten Thread aus, um den Namen nicht doppelt zu verwenden.
Silana streunerte in einfacher Gewandung durch die zerstörten Straßenzüge der Stadt. Ihr war es nach Erkundung und Erfahrung, denn nachdem sich die ersten Aufständischen verzogen hatten, schien ihr die Gefahr gering genug, um sich heimlich durch die Stadt zu bewegen. Sie wollte wissen, wie es sich anfühlt, von diesem Terror umgeben zu sein. Nicht, weil sie in Gefahr schweben wollte oder wirklich den Tod bestaunen wollte. Sie hatte Mitleid und sogar Mitgefühl mit den Opfern dieser Tage. Doch ihre Neugierde und Wissenshunger, ließen sie aufbrechen. Nicht ohne Vorbereitung. Silana war nicht dumm und hatte sich möglichst unauffällig gekleidet, war durch die Hintertür aus der Villa Claudia aufgebrochen, nachdem sich die ersten Rauchnebel verzogen hatten. Sie hatte ihrem Großvater versichert, schlafen zu gehen und sich dann aufgemacht. In den Sklavenquartieren fand sie einfache Kleidung, die sie als Tarnung nutzen konnte. Ihren Schmuck und Wertgegenstände hatte sie in der Villa zurückgelassen.
Sie war bereits einige Stunden unterwegs und erreichte die bekannte Tiberbrücke, die mit Trümmern blockiert war. Scheinbar hatte eine unbekannte Fraktion eine Barrikade errichtet, die sie am Weitergehen hinderte. Vielleicht auch zum Besseren, denn die Schlachtgeräusche schallten über den Tiber. Diese Geräusche ängstigten sie erheblich, so dass sie sich in einer Menge an einfachen Bürgern versteckte, die aus ihren Häusern geflüchtet waren und sich um einen Brunnen geschart hatten. Dort versorgten sie einfache Wunden und hofften auf Hilfe. Silana beobachtete die Menge und die Gesichter der armen Seelen, während sie ihre Eindrücke verarbeiten musste.
-
Eine Sklave brachte diesen Brief aus der Villa Claudia.
Tribun Manius Flavius Gracchus Minor
Castria Legio II
Mogontiacum
Germania SuperiorClaudia Silana M' Flavii Gracchi Minoris s.p.d.
Hatten wir denn einen Disput? Ich erinnere mich nicht an eine Streitigkeit, sondern an einen konkludierenden Meinungsaustausch, Flavius. Dennoch freue ich mich sehr über diesen Brief, der meinen Alltag erheblich bereichert hat. Rom, trotz seiner vielen Facetten und Menschen, kann meine Welt nicht vollens besänftigen und beruhigen.
Ich bleibe neugierig und hungrig nach Erfahrungen. Ich suche sehnsüchtig nach einer Weisheit, die uns alle verbindet und finde trotzdessen nur Trennung sowie Grenzen. Du hälst mich für eine Anhängerin des Epikur? Du liegst falsch. Ich vertiefe vielerlei Ansichten und versuche über jene Grenzen brechen. Ich bin bereit Brücken zu schlagen und über die übliche Begrenzung einer Denkstruktur hinauszugehen. Du scheinst mir auch ein Suchender zu sein? Warum solltest du einer närrischen Frau sonst mit Absicht schreiben? Ich frage mich, was dich wirklich bewegt. Ist es wirklich Fürsorge vor falschen Lehren, die sich selbst eitel sind? Epikur ist keine falsche Lehre. Wie auch andere Lehren nicht falsch sind. Jeder Lehre wohnt eine Tugend inne.
Durch Ausschluss verlieren wir Weitsicht und Horizont. Ich gestand dir, dass ich Epikur vertieft habe und weite Teile seiner aufgeklärten Sicht teile. Frage dich selbst, was ist diese Welt? Was verläuft zwischen uns und den Dingen, die wir nicht sehen? Hast du dir nie die Frage gestellt, dass Existenz auch nur ein Traum sein könnte? Ein geisterhaftes Wesen in den träumenden Augen eines Leviathan? Ich will nicht abschweifen oder gar verrückte Dingen anbringen aber dieser Kosmos ist zu groß, um sich auf eine Lehre zu beschränken, die allein Pflicht und Gehorsamkeit kennt. Grenzen werden stets durchbrochen. Wichtig ist, dass wir es mit Herz und Verstand tun. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Herzen in Liebe schlagen und einst durch die Liebe einer Mutter auf diese Welt gebracht wurden. Hast du ebenso, wie ich, etwas verloren, was dich festen Halt suchen lässt? Ich habe meinen Halt früh verloren und dennoch erkenne ich, dass Halt nicht notwendig ist. Wir alle stürzen durch die Zeit, bis unsere Zeit verloren ist. Du selbst dienst gerade in einer traurigen Region fern der Wärme unserer Stadt. Was lehrt dich dein Dienst fern von hier? Was zeigt dir diese Region? Sind die Menschen dort anders oder auch von selben seelischen Leiden geplagt, wie wir? Du suchst dort Tugend und Tapferkeit und doch wirst du unter den Waffen keinen Frieden finden. Frieden findest du nur in dir selbst, Flavius.
Du versucht mir klarzumachen, dass du Dienst tust. Du versuchst mir zu zeigen, dass du ein guter Römer bist aber zeigst mir nur, dass du daran zweifelst. Du bekräftigst selbst, was du sein möchtest aber noch nicht bist. Wahrhaftigkeit findest du nicht in Worten oder Handlungen, sondern in deinem Gewissen. Stelle dich dir selbst in deinem Traum. Stell dich dir und erkenne, wie einst ich, dass wir uns selbst begrenzen und einschränken, um guten Idealen zu folgen, die oft nur Worte sind. Ideale ohne Seele sind leer. Römische Tapferkeit erwächst nicht aus verblichenen Handlungen, sondern aus Herzenskraft. Unsere Ahnen erbauten diese Stadt und unser Imperium durch Willen und Wahrhaftigkeit. Sind wir noch wahrhaftig oder verstecken wir uns hinter Worten? Reflektiere deine Position und dich selbst darin. Mache dich nicht zu willfährigen Handlanger einer Idee, sondern werde zum Schöpfer einer eigenen Idee. Erlaube dir einen Traum und Fantasie, die du haben kannst!
Ich vergesse dein Angesicht nicht und deine illustren geistreichen Worte, die nach mehr hungerten. Du hungerst nach Aufklärung, wie meine Person. Dennoch begrenzt du dich, Flavius. Wo ist dein Traum?
Achte auf dich auf! Insbesondere bei dieser Mission! Ich mag dich nicht verlieren, da ich gedenke, diese Standpunkte mit dir zu erörtern und dir wirklich einen Traum zu zeigen. Du kannst träumen. Mögen die Götter auf dich achten und dich zu mir zurückführen!
Claudia Silana
Sim-Off: * Einmal auf die Familienwertkarte, bitte!
-
Ein wenig verzögert tauchte Silana auf, die immer noch an ihren Handgelenken roch, um sicher zu gehen, dass sie nicht mehr stank. Doch ihre Angst vor diesem Gestank hatte sich bereits zu einer Manie gesteigert, dass sie nun auch an ihren Haaren roch, die eindeutig nach überteuertem Parfüm rochen und somit anders stanken, da die wilde Mischung aus verschiedenen Duftwässern und Ölen sicherlich nicht einen wohltuenden Duft erschuf. Auch verschaffte ihr diese Riechtherapie eine solide Ablenkung von den Ereignissen, die gerade die Stadt heimsuchten. Silana war keine ängstliche Person aber auch sie wusste um die Gefahren, die lauerten. Sie stellte ihre Riechbemühungen ein und stellte fest, dass sie nicht mehr nach Grube roch. Das musste reichen. Nun bemerkte sie doch die Rauchsäulen am Horizont. "Das sieht böse aus," meinte sie beiläufig, während sie sich neben ihren Bruder stellte.
-
Verdammt! Das war doch garnicht ihre Absicht gewesen... oder vielleicht doch ein bisschen. Ein wenig machte es ja immer Spaß, Menschen zu manipulieren und insbesondere Männer, die oft in einfachen Mustern dachten und somit leicht zu durchschauen waren. Viele Männer sahen in einer Frau wohl keine Bedrohung und so hatte sie oft genug leichtes Spiel gehabt. Für Silana waren diese Erlebnisse nur Spiele, die sie gerne spielte, um sich selbst in Kontrolle und Eloquenz zu schulen. Silana musste in der Tat überlegen, was sie tun sollte. Sie folgte mit ihren Augen der Bewegung ihrer Schwester, die am Fenster endete. Schließlich wandte sich Sassia zurück. Silana selbst weitete die Augen, da ihr gerade wirre Gedanken durch den Kopf zogen. Nicht unbedingt auf den Flavius bezogen, sondern auf einige Erlebnisse, die mit dieser Erfahrung koalierten. Ihre Schwester sprach den Octavius an, der sich hals-über-kopf verliebt hatte und ihr eine Weile nachgelaufen war. Er war nett und sogar recht süß gewesen, was Silana dennoch nicht darin hinderte, ihr Spiel zu spielen. Noch war sie nicht wirklich verliebt gewesen und hatte somit auch kein Problem damit, Menschen nach ihren Belieben einzuteilen. Nein, sie meinte es selten böse und war von ihrem Wesen auch nicht bösartig aber in mancherlei Dingen war sie einfach anders als die übliche Wesenheit dieser Zeit. Klüger als andere Frauen und vielleicht auch frecher und verrückter, suchte sie ihren Weg zwischen ihrer Neugierde und dem Hunger nach Freiheit, der nur über die Kontrolle gelingen konnte. Nur wenn sie lernte, die Zwänge und Ketten zu erkennen, würde sie wirklich frei sein können. Und vielleicht sogar echte Liebe finden, sofern es diese gab. Dennoch war echte Liebe in ihren Kreisen nicht von Interesse. Insofern machte sich Silana keine Illusionen, dass ihre Ehe von wirklicher Liebe gezeichnet sein würde. "Ich weiß," antwortete die junge Claudia nachdenklich und lehnte sich an die runde Lehne ihres Sedes. Ihre Hände fuhren nervös zu den Haaren hinauf, wo sie Halt suchten. Ihre Hände klammerten sich gar in ihre Haarpracht. Ein Zeichen, das Silana nicht sicher war und andersartig Halt suchte. Ein deutliches Zeichen von Instabilität und Unsicherheit. "Er ist kein Trophäe," konterte Silana dann und blickte zu Boden. Auch der Octavius war keine Eroberung. Es war ein Spiel, welches aus Silanas Sicht keine Verlierer kannte. Jeder fand etwas darin. Sie achtete darauf, nicht zu grausam zu sein und jeder Begegnung einen tieferen Sinn zu geben. Nur war dieser Sinn nicht immer klar zu erkennen. Selbst für Silana nicht. "Ernst?" - erhob sie ihr Haupt wieder und blickte Sassia verstört an, so dass sie sich gar auf die Unterlippe biss. Diese legte ihren Kopf schief und gab eine andere Geste ab. Silana atmete erleichtert aus, als ihre Schwester mit jenem Satz über ihren Großvater beruhigend einwirkte. "Ich muss es wohl...," erklärte der freche Windgeist, bevor die Hände von den Haaren fielen und sie ihre gewohnte Sicherheit wiederfand. "Und möchte es auch," stellte sie klar. Immerhin war dieser Flavius einer der wenigen Männer, der ihren Worten standgehalten hatte und sich nicht geflüchtet hatte. Er war anders und somit sicherlich besser als langweilige Standesgenossen, die sich in falschen politischen Debatten und eintönigen Standesdünkeln vergaben. Wenn es ernst wurde, würde es eben ernst werden aber er war sicherlich besser als dieser komische Soldat, den sie einst treffen musste. Sie mochte keine Soldaten. Denn Soldaten war oft seelisch erkaltet und hatten keine warmherzigen Antworten auf diese Welt. Sie stillten nicht ihre Sehnsucht nach Erfahrung, sondern zeigten nur Leid und Narben dieser Welt.
-
Wieder frei! Immer diese faulen Sklaven... Aber ich... Mist.
-
Die Zeit überschlug sich und ehe Silana in die schützenden Hände ihres Großvaters greifen konnte, näherten sich andere Figuren aus ihrer bekannten Umgebung. Silana, die immer noch seltsam verwirrt war, konnte nicht ganz erfassen, was geschah, denn ihre Nase suchte immer noch nach jenem Geruch, der ihr Unheil geworden war. Zum Glück war auch ihr geliebter Bruder dabei, der sich eine seltsame Krankheit zugezogen hatte und die Tage an einem fernen Ort verbracht hatte, um Silanas Spott zu entgehen. Seine dubiose Magenerkrankung sorgte bei Silana schon bei dem Gedanken daran, für ein breites Grinsen, welches sie ihrem Bruder, wie eine Waffe, entgegen warf. Doch im gleichen Atemzug wurde ihr klar, dass auch sie in einer stinkenden Flüssigkeit untergegangen war und sicherlich nun mit ihrem Bruder gleichgezogen hatte. Die Götter spielten ein merkwürdiges Theater. Silana stellte sich neben ihr Großvater, schwieg wortlos und hielt sich vorerst zurück, da das Gespräch bereits ohne ihr Zutun in eine Richtung gedrängt war. Dann blickte sie schulterzuckend zur Aurelia, die nun, wie sie selbst, an den Rand des Gespräches bewegt worden war. Silana missfiel dies, so dass sie böse ihre Lippen übereinander schob aber nicht unfreundlich zu ihrem Großvater aufblickte. Sisenna berichtete von einem Zwischenfall. Im Grunde berichtete sie Außergewöhnliches. Scheinbar war doch mehr im Gange. Silana überlegte kurz, ließ die Lippe zurücksinken, so dass ein leicht geöffnetes Staunen entstand. Es war kein positives Staunen, sondern eher eine Form der Sprachlosigkeit. "Ich komme klar," antwortete sie, als sich Sabinus mit der Aurelia nach Aufforderung ihres Großvaters entfernte. Sie wollte jetzt nicht weichen und sich den Fakten stellen. Sie brauchte keine Schonung. Es war diese konfuse Neugierde, die Silana gerade antrieb. Kuriose Dinge interessierten sie schon immer. Diese Welt war ein Abenteuer und für Silana umso mehr, die sich gerne die Hände verbrannte. Mitunter auch aus Tollpatschigkeit. "Ich habe nicht die Absicht alleine zu gehen," bekräftigte sie, obwohl sie sich selbst eine Hintertür offen ließ. Silana gab ungerne konkrete Versprechen ab, da sie selbst sehr sprunghaft war. Ja, sie hatte aufmerksam zugehört. Nur traf sie eine Auswahl an Verarbeitung des Gehörten.
Sim-Off: Ich bin gerade etwas verwirrt. Ist Silana nun mit in den Garten gegangen ode geht es hier noch weiter? Man verzeihe mir meinen wirren Geist!
-
Nun musste Silana ihre Worte und Gedanken sortieren, da sie den Brief zwar mehrfach gelesen hatte aber ihn sicherlich nicht so erfasst hatte, wie sie ihn erfassen sollte. Die junge Frau war von einer Freude umfangen, die sicherlich nicht zum Wohlgefallen ihrer Vernunft geriet. "Flavius Gracchus Minor," antwortete Silana eifrig und übergab den Brief an ihre Schwester, damit diese ihn ebenfalls lesen konnte. "Hier," sagte sie mit einem breiten Lächeln, während ihre zarten Finger vom Pergament abließen. "Er ist schwierig zu lesen," meinte sie beiläufig über jenen Schreibstil und nickte Sassia zu. "Lies erstmal, dann reden wir," erklärte Silana und suchte sich einen Sedes unweit ihrer Schwester, um ein wenig zur Ruhe zu kommen.
-
Silana war als erstes, nachdem sie tausendfach bei ihrem Großvater bedankt hatte, ins Balneum verschwunden, um sich des Schmutzes zu entledigen und wahrlich angenehmere Gerüche aufzunehmen. Sie hatte nicht mehr viel Zeit verschwendet und war direkt dorthin aufgebrochen. Sklaven putzten bereits hinter ihren Spuren her, um die Fußabdrücke und die ekeligen Tropfen ihres Aufenthaltes in der Grube, vom Marmorboden zu entfernen. Man konnte sagen, dass man hinter ihr aufräumte und aufwischte, da sie immer noch Müllreste verlor, wie alte Apfelscheiben oder vergammelte Brotstücke, die aus ihrem Kleid regneten; neben anderen Flüssigkeiten und uneleganten Brocken tierischer Produktion. Es dauerte eine Weile, denn Silana warf sich mitsamt der Kleidung ins Wasserbecken und entkleidete sich erst in diesem. Das Wasser färbte sich fast schwarz und nicht einmal die edlen Öle konnten ganz den alten Gestank verbergen, den sie mitgebracht hatte. Zwei erfahrene Sklavinnen hatten rechte Arbeit mit ihr, denn selbst die Bürsten und feinen Tücher konnten nicht so schnell den Schmutz entfernen. Insbesondere die wallenden Haare brauchten besondere Hingabe, so dass man ganze zwei Knochenkämme verschliss und diese danach unachtsam in der Raumecke entsorgte. Erst nach einer langen Prozedur aus Schrubben und dem Auftragen sowie Abwaschen von wertvollem (Seifen-)Sand, konnte sich Silana aus dem Becken erheben und wurde neu eingekleidet. Doch Silana bestand auf einfache Kleidung, denn sie befürchtete immer noch Gerüche abzugeben und wollte bessere Seide nicht damit vergiften. Zum Abschluss übergoss sie sich selbst mit einem Becher Lavendelwasser und Rosenduft, um das eigene Gefühl zu beruhigen. Sie wollte einfach nicht mehr stinken. Noch immer zitterten ihre Hände und Unterarme von der Kraftanstrengung. Mit den einfachen Sandalen schlurfend, begab sich zurück ins Atrium, wo sie ihren Großvater und andere vermutete. Sie brauchte nun menschliche Gesichter und Ablenkung, um diese schamerfüllten Gedanken abzuwerfen. Ein schrecklicher Tag war dies. Immer wieder kontrollierte sie ihren Geruch, indem sie an ihrem Handrücken roch. Für eine Weile würde sie diese Geruchsparanoia behalten.
-
Silana war aufgeregt, überaus aufgeret sogar, denn ein Flavius hatte ihr geschrieben. Sie hatte den Brief eben durch Sklavenhand erhalten und war völlig überrascht, dass dieser Flavius ihr schrieb. Sie erinnerte sich gut daran, dass er mit ihr philosophiert hatte und man sich ein paar mal über den Weg gelaufen war. Dennoch hatte sie nicht damit gerechnet, dass er ein derartiges Interesse hatte, welches dieser Brief auszudrücken schien. Zwar war der Brief auf eine gewisse Art kryptisch und verbarg hinter vielen eine einfache Botschaft aber zeigte der jungen Claudia, dass dieser Flavius zumindest ein wohlwollendes Interesse am Leben von Silana hatte. Mit dem Brief in beiden Händen vor sich her tragend, schwärmte sie wuchtig in das Schlafgemacht ihrer Schwester, die sich gerade die Haare frisieren ließ oder, zumindest laut Aussage des Hauspersonals dort anwesend war. Immerhin war sie noch nicht verheiratet und gehörte noch zum Hausstand. Silana wollte ihr Schwester so schnell auch nicht verlieren, denn mit wem sollte sie sonst solch' wichtige Dinge besprechen? Es ging hier um einen Brief, der an sie gerichtet war! Ihr Herz sprang auf und ab, über jene Wertschätzung aber vergaß auch nicht die fromme Kritik, die in ihm lauerte. "Sassia," frohlockte Silana mit überschlagener Stimme, als sie mitten im Raum stand. "Ich habe einen Brief erhalten!" Sie gedachte, nach der üblichen Rücksprache mit ihrer Schwester, schnellstens zu antworten.
-
Zitat
Original von Herius Claudius Menecrates
Nachdem Silana ihre Zustimmung gab, wurde sie das erste Stück nach oben bugsiert. Menecrates schaute lieber nicht allzu genau hin, denn ohne das Nähern an durchaus intime Körperstellen ging es nicht. Immerhin hatte Marco vorher gefragt und Silana ihre Zustimmung gegeben. Zugegeben - eine Wahl gab es auch nicht. Das erste schwierige Stück lag hinter ihnen, als Silana nicht mehr auf die helfenden Hände angewiesen war. Sie konnte Marcos Körper selbstständig als Stütze benutzen. Es blieb jedoch nicht aus, dass der Hilfegebende all das abbekam, was vom Rocksaum der über ihm befindlichen Person hinuntertropfte. Es lagen keine normalen Umstände vor, also registrierte das auch niemand.
Menecrates verfolgte vielmehr das Emporklimmen, das in dem Moment ins Stocken kam, als Marco nicht mehr schob. Niemand erwartete von Silana, selbstständig an einem improvisierten Seil hochzuklettern.
Er beugte sich soweit es ging vor und riet: "Gut festhalten!" Er hoffte, die Kräfte seiner Enkelin würden reichen. Viele Personen wuchsen in Gefahrensituationen über sich hinaus, aber Silana konnte auch schon weitgehend entkräftet sein. Der alte Claudier wusste es nicht einzuschätzen. "Zieht!" Sein Befehl hallte bis in den Graben hinein, obwohl er nur die Liktoren neben sich erreichen brauchte. "Aber nicht ruckhaft!" Hauptsache, Silanas Hände rutschten nicht ab, dachte er noch bei sich, als sie schon in seine Nähe kam. Er hielt sich mit einer Hand am Geländer und reckte die andere Silana zu. Sobald er konnte, fasste er ihr Handgelenk und schraubte seine Finger darum. Er wollte auf keinen Fall riskieren, dass sie abglitt. Über Druckstellen dachte er nicht nach.
Er ließ auch nicht los, als Silana längst über das Geländer geholfen wurde.
"Kind, hast du mir einen Schrecken eingejagt", rutschte es aus ihm heraus - kein Vorwurf, sondern das Lösen von Anspannung. Ungeachtet der unappetitlichen Aufmachung seiner Enkeltochter legte er den Arm um sie, zog sie an seine Seite und drückte ihre Schulter fest.
"Du bleibst jetzt genau so bei mir, bis wir zu Hause sind." Sein freier Arm wies Richtung Ausgang, was das Zeichen für die Liktoren war, für sie den Platz zu schaffen, sodass sie sich in den Strom der Flüchtenden wieder einreihen konnten.Viele Dinge waren der jungen Frau durch den Kopf gegangen, als sie sich auf dem Weg nach Oben befand. Im diesigen Dunst des Abgrundes, aus dem sie befreit wurde, setzte eine gedankliche Metamorphose ein, in der sie sich selbst hinterfragte. Im Sturz hatte sie bereits mit ihrem Leben abgeschlossen und war durch einen Berg entsorgter Exkremente gerettet worden. Der Müll und die Überreste von Tieren und Menschen hatten sie vor dem sicheren Sturztod bewahrt, was nicht einer Ironie entbehrte. Silana musste ihr altes Leben hinterfragen, was sie war und was sie bisher erlebt hatte. Im Sturz hatte sie bereits einen letzten Gedanken ertragen, ob dies nun alles war. Sie wurde von diesem Gedanken, der sich nun frei entfalten konnte, aufgefressen. War dies ihr ganzes Leben? War dies alles, was sie war und war es wirklich so einfach vorbei? Sie fragte sich, wie sich die Welt verändert hätte, wenn sie nun fehlen würde aber fand darauf nur eine ernüchternde Antwort. Ihre Lungen füllten sich wieder mit atembarer Luft, die keinen Würgereiz auslöste, obwohl der Gestank sie noch immer durchfuhr sowie umgab. Silana schluckte mehrfach, da sie nun wieder frei atmen konnte. Ihre einstig schönen Haare waren durchsetzt mit Überresten und gänzlich mit brauner Flüssigkeit durchzogen, die dezent antrocknete und die Strähen verklebte. Ihre abgeschiedenen Gedanken durchbrach ihr Großvater, der sich aufforderte, sich gut festzuhalten. Ja, festhalten. Seine klare Stimme erdete die verlorene Silana und sie umschloss das improvisierte Seil mit beiden Händen. Sie klammerte sich daran und nickte ihrem Großvater aufrichtig zu. Silana fand wieder ihre alte Courage, die sie einst tapfer durch die Welt getragen hatte. Erschöpfung wollte sich nun breitmachen, sie dazu zwingen, sich erneut fallen zu lassen aber Silana widerstand. Nicht noch einmal, wollte sie dieses Leben verlieren. Es gab noch so viel zu entdecken. Auch gegen den Spott und Hohn dieser Welt. Mehrfach schloss Silana ihre Augen, hoffte eine himmlische Macht aber fand nur sich selbst. Mit Zuversichert öffnete sie ihre Augen fest und fixierte die heilsbringende Hand ihres Großvaters, welche diese ihr entgegen reckte. Müde hob Silana einen Arm aus der Umklammerung des Seils, um diese zu Menecrates zu führen, war aber zu schwach, um die Strecke ganz zu überbrücken. Sie jaulte leicht als sich ihr Körper gegen den erneuten Absturz wehrte und sich der verbliebene Arm ganz um das Seil schraubte. Doch ihr alter Soldatengroßvater konnte die Situation rechtzeitig lösen und sobald er konnte, fasste er ihr Handgelenk und legte überaus fest seine Finger darum. Silana spürte den Druck und verzog das Gesicht lautlos, da sie nun ganz ausgeliefert war. Es gab kein Zurück mehr und ein erneuter Sturz schien ausgeschlossen. Sie war dankbar erlöst zu sein aber auch unangenehm angespannt, wie sie die neue Welt erwarten würde. Man half ihr über das Geländer, dass sie gebückt überbog und zum Teil auch von ihrem Großvater gezogen wurde. Er hatte einen erheblichen Anteil daran, dass sie es geschafft hatte. Er schien nicht loszulassen, was ihr Halt gab, da sie sich seltsam entrissen fühlte. Irgendwie passte sie nicht mehr ganz in diese Welt; nicht nur durch Verschmutzung, sondern auch durch diese Erfahrung. "Nicht mit Absicht," versuchte Silana im Scherz zu antworten, während sie sich für einen Moment auf das Geländer lehnte, um Luft zu holen. Schließlich legte ihr Großvater trotz der braunen Suppe, jener stinkenden Brühe und den Resten an Speisen und diversen vermoderten Überresten, seinen Arm um sie. Silana konnte kurz lächeln und ihre Augen strahlten erleichtert, während sie bei einer kleinen Bewegung doch ihr Gesicht verziehen musste. Ihr Rücken schmerzte erheblich und auch ihr Allerwertester, auf jenen sie gefallen war. Menecrates drückte seine Enkelin fest an sich, was sie erleichtert und wirklich liebend aufnahm. Ihr Herz konnte sich erholen und fand Sicherheit bei ihm, der mehr Herz gezeigt hatte, als sie jemals erwarten konnte. Immerhin hielt sie ihn manchmal für zu kaltherzig oder berechnend aber heute hatte er alle Sorgen um diesen Zustand vertrieben. Der Sturz hatte auch die Familienprobleme beseitigt, da Silana sich nun eine Bringschuld sah, diesen heroischen Akt zu vergelten. Bei Marco würde sie sich gesondert bedanken, da er für einen Sklaven auch unüblich gehandelt hatte aber die moralische Brindschuld lag allein bei ihrem Opa. "Danke," sagte Silana leise und versuchte den Gestank zu ignorieren. "Ja, das bleibe ich," versicherte die Frau erlöst.
ZitatOriginal von Aurelia Lentidia
[...]
Mittlerweile hatte der Senator eine Art Rettungsleine gebastelt, ein Sklave half Silana von unten stützend aus der Grube und die Liktoren zogen, um die junge Claudia aus ihrer misslichen Lage zu befreien. "Alexandrinus, tu doch was!" fuhr sie ihren Custos Corporis eher flehend als richtend an, woraufhin sich dieser in die Kette der Liktoren einreihte. Dann ging alles ganz schnell. Die mit Scheiße, Essensresten und Sonstigem überzogene Silana fand sich in den Armen ihres Großvaters wieder. Der Senator hatte sich um die Rettung seiner Enkelin gekümmert, worum konnte sich Lentidia kümmern? Ja, natürlich! Um die Würde ihre neuen Bekannten Schrägstrich Freundin. Sie wies ihr Gefolge - welches sich irgendwie sichtlich ausgedünnt hatte, da einige die Chance nutzten, um sich der aufständischen Meute anzuschließen - an, ihr zu helfen, sich ihrer Palla zu entledigen. "Silana, nimm meine Palla!" Das 'nimm' war mehr Formulierungssache als Aufforderung, denn Lentidia brachte es wirklich fertig ihre Verhaltensweisen über Bord zu werfen und der jungen Claudia völlig selbstlos ihre Palla über die Schultern zu legen, damit Silana wenigstens ihren mit der braunen Masse überzogenen Oberkörper überdecken konnte, wobei sie sich natürlich auch etwas schmutzig machte.
Was war das für ein Gefühl, was sie da empfand? Sie kümmerte sich um einen Menschen... ob Lentidia später darüber nachdenken würde - unwahrscheinlich. Vermutlich würde sie dieses Gefühl wieder verdrängen. Jetzt in diesem Moment hingegen fühlte es sich einfach nur gut an und sie schenkte ihrer Bekannten Schrägstrich Freundin ein kurzes aufmunterndes Lächeln und versuchte sie etwas zu beruhigen, "Wir packen das!", bevor sich wieder die claudische Menschenkette bildete, sodass sie, angeführt von Senator Menecrates und beschützt von seinen Liktoren, wohlbehalten ihre Flucht fortsetzen konnten.
Und nicht ihr Großvater zeigte eine große Geste. Auch ihre neue Bekannte tat ihr Beiwerk, dass Silana sich besser fühlen konnte. Die Aurelia gab ein wertvolles Kleidungsstück auf, um Silanas Würde zu schützen, was sie mit strahlend-dankenden Augen entgegnete. "Aber...," versuchte sie zu antworten aber fand keine Worte mehr, da die Entkräftung und auch die gesamte Situation ihren Tribut forderte. Die junge Claudia nickte Lentidia aufrichtig und liebevoll zu, wobei ihre Augen voller Achtung funkelte. Diese Aurelia fand im Angesicht von Silana wirklichen Dank und Menschlichkeit. Es gab keine Maske mehr. Die Palla gab Silana für den Moment das Gefühl nicht der gesamte Blöße alleinig ausgeliefert zu sein. Diese Geste war wirklich unerwartet und wertvoll. Ja, sie packten es und Silana fand wieder den alten claudischen Mut, der die Gens durch viele Zeiten gebracht hatte. Mit ihm fand sie auch wieder Worte: "Ja, wir packen das," sagte sie frech und folgte dann, auch durch die Hand ihres geliebten Großvaters geführt, in die sichere Rettung. Im Gehen verlor Silana noch ein paar Reste des Berges, welcher eingetrocknet von ihrer Kleidung fiel und sich stillschweigend vom Saum ihrer Kleidung verabschiedete.
-
Zitat
Original von Claudia Sassia
Natürlich verfolgte Sassia die Prozession ihres Großvaters. Endlich gab es mal wieder einen Grund befreit aufzuatmen. Die Tage während und nach dem Aufstand waren unschön gewesen. Sassia steckte der Schock immer noch in den Knochen. So war sie froh, heute hier zu sein und ihren Großvater zu beobachten, der den Zug anführte. Sassia selbst hielt die Hand ihrer Schwester, die während der Spiele im wahrsten Sinne des Wortes in der Scheiße gesessen hatte. Aber heute sah man ihr nichts mehr davon an. Wenn der Zug vorüber war, würden sie sich natürlich anschließen um als Zuschauer das Opfer zu verfolgen.Silana fühlte sich noch immer unsauber und unsicher. Nach jenem Vorfall war sie nicht mehr ganz die Gleiche, obwohl immer mehr ihr altes Ich durchschien. Es verbarg sich schlicht unter den Eindrücken, die sie noch nicht ganz verarbeitet hatte. Immer noch hatte sie das Gefühl, unangenehm zu riechen und hatte sich mit allerhand Parfümen sowie Duftölen übergossen, so dass sie nun positiv unangenehm roch, da die Gerüche wild durcheinander gingen; von Rose bis Lavendel. Wortlos hielt sie die Hand ihrer Schwester und entschied sich vorerst mit einem Kommentar zu warten. Sie war aus Standesgefühl mitgekommen und wollte eigentlich lieber noch drei Woche im Balneum verbringen. Durch ihre Position in der Menge konnte sie nicht viel erkennen aber das störte sie auch nicht, da sie die Worte ihres Großvaters halbleise im Gemenge vernehmen konnte, der wohl unweit sein Ritualwerk verrichtete. Sie würde später, wenn der offizielle Teil vorbei war, mit ihm sprechen; eben jenem Teil, wo Frauen wieder in die erste Reihe drängen konnten. Noch war es ihnen ja verboten, in die Nähe des Rituals zu gelangen oder wirklich daran teilzunehmen. Silana fand dies nicht irritierend, da es schon immer so war. Innerlich hatte sie ohnehin andere Sorgen. Wirklich andere Sorgen, denn dieser Geruch wollte nicht aus ihrer Nase verschwinden.
-
Zitat
Original von Claudia Sisenna
Gefühlt bekam Sisenna in ihrem gesamten Leben noch nichts geschenkt, eher weggenommen. Für alles, was blieb oder dazukam, musste sie sich anstrengen. Sie war nicht davon ausgegangen, dass ihr ein Grundstück geschenkt werden würde, deswegen wollte sie ja in Erfahrung bringen, was sie dafür tun müsste. Es hätte fleißige Arbeit sein können, Betreuung eines Kindes oder auch das Bezahlen eines sehr hohen Preises. Aber der Kaiser nahm, sie nicht ernst und würdigte sie nicht einmal einer Antwort. Sie kam sich klein, unwichtig und nicht achtenswert vor. Ihre Augen konnten die Tränen nicht mehr halten und bevor jemand die Spuren sah, machte die kleine Claudia kehrt und lief zurück in den Garten.Als sie außer Hörweite war, murmelte sie: "Die sind alle so gemein. Wenn ich groß bin, werde ich so reich sein, dass ich niemals wieder jemand um Hilfe bitten muss." Sie krabbelte durch Oleanderbüsche in eine geschützte Ecke, die wie ein Versteck wirkte und die sie öfters aufsuchte, wenn nicht gefunden werden wollte. Hier ließ sie den Tränen freien Lauf.
Sisenna glaubte, es auch später nicht schaffen zu können, dass ein Mann von selbst ihre Wünsche erfüllte. Wie auch immer die Kaiserin das schaffte, Sisenna war das zu kompliziert.
Silana mit tastenden Schritten suchte die Kleine und rief suchend immer wieder den Namen des traurigen Vogels, welcher entfliegen wollte: "Sisenna!" Silana achtete darauf, dass ihre Stimme vertrauensvoll und nicht schimpfend klang. Immerhin wollte sie, dass Sisenna aus ihrem Versteck kroch. In gewisserweise hatten sie beides etwas gemeinsam; denn auch Silana wollte diesem Tag entfliehen. Auch Silana gefiel der Verlauf dieses Tages nicht aber sie selbst konnte sich nicht einfach verstecken, so gerne sie es auch wollte. "Sisenna," wiederholte Silana und trat mit ihrem bekannten vorsichtigen, manchmal unbeholfenen Schritten, durch die Anlage. Ihre Augen, mitsamt ihres Kopfes, fuhren suchend umher, während ihre Arme schlendernd baumelten.
-
Zitat
Original von Herius Claudius Menecrates
[...]Kaum befürchtet, schon geschah es: Schneller als Menecartes handeln konnte, wurde ihm Silana entrissen und über ein Schutzgeländer gedrängt. Ihr Ruf ging ihm durch Mark und Bein, ehe sie aus seinem Blick verschwand.
"Consistite!", brüllte Menecrates. Zum einen, weil er militärische Befehle in seiner aktiven Zeit stets brüllen musste und er sich - ohne es zu wollen - in diese Zeit zurückversetzt fühlte. Zum anderen, weil der Geräuschpegel derart hoch war, dass ihn nur ein Brüllen übertreffen konnte.
Weitere Befehle ersparte er sich. Er drängte sich zur Brüstung vor und warf einen Blick hinunter. Er schätzte die Tiefe ab, dann fasste er einen Entschluss. „Halte durch, dir wird gleich geholfen“, rief er zu Silana, während er sich in wenig schonenden Handgriffen seiner Toga versuchte zu entledigen.
"Marco, hilf mir!" Er wollte die sechs Meter Stoff schnellstmöglich ablegen, während die Liktoren einen Schutzwall um sie bildeten. Menecrates trug eine Kombination aus Toga praetexta und Toga rasa - insgesamt nicht eben bequem, aber immerhin der Jahreszeit geschuldet aus einem dünneren Stoff. Praktischer Weise kam darunter eine Tunica laticlavia zum Vorschein.Des Stoffes entledigt drehte ihn Menecrates zu einer Art dickem Seil. Die Breite des Stoffes - immerhin zweieinhalb Meter - glichen sein dünneres Material aus und machten es sogar griffiger. Vielleicht keine Frauenhand, aber Marcos Hände konnten den gedrehten Stoff gut umschließen.
Menecratres beobachtete von oben. In seinem Alter brachte man keine körperlichen Höchstleistungen mehr zustande, aber Koordination und Strategie lagen ihm von Jugend an im Blut.Die Nebel des Abgrundes, indem sie sich befand, taten ihr Übriges, dass sie nicht sofort zu ganzen Sinnen kam. Ihre Hände suchten den Untergrund, um sie herum, ab und griffen in die weiche bis feste Substanz, welche immer mehr in ihrem Geruchssinn eine dämonische Präsenz einnahm. Es war ein grausamer Geruch, der ihr gar die Luft zu atmen nahm. Endlich wurde ihr bewusst, wo sie sich befand und erschreckt schrie sie auf, wobei ein wenig der abtropfenden braunen Flüssigkeit in ihr Gesicht fiel, als sie erschreckt beide Hände hoch riss. Silana musste sich beherrschen, während sich ihr Brustkorb in Panik hob und senkte. Ihre Atmung wog schwer. Erst der Anblick ihres Großvaters, der über die Brüstung blickte und ihr versicherte, dass ihr gleich geholfen werde, konnte sie ein wenig beruhigen. Noch hatte sie keine Worte, während sie immer weiter im Berg der tierischen Überreste einsank. Ihre Haare hatten sich bereits um einen alten Apfel gewickelt, welcher angekaut und achtlos hier versenkt wurde. Hilflos streckte sie ihre linke Hand ihrem Großvater entgegen, während sie Stück für Stück im braunen Nichts verschwand. Todesangst vermischte sich mit dem unheiligen Stolz, nicht so enden zu wollen: in einem Berg Fäkalien und Müll. Mit Mühe, da ihre Augen durch den Gestank tränten, beobachtete sie die Aktionen ihres geliebten Opas, was ihr Hoffnung gab. Sie wollte sich nicht zu viel bewegen, da sie ahnte, dass dies den Untergang in diesem Albtraum beschleunigen würde.
ZitatOriginal von Marco
Das Anlegen einer Toga gehörte nicht zu Marcos Aufgabenbereich, aber für das Ablegen brauchte er keine Übung und keine Anleitung. Sie beeilten sich, auf Schönheit und Erhalt des Kleidungsstücks kam es nicht an. Der abgewickelte Stoff gelangte zuerst auf seine Arme, bevor er nach und nach gedreht und hinab gelassen wurde. Ein Knoten am Anfang einer dazwischen und einer am Ende, damit die Hände mehr Halt fanden. So kletterte Marco hinab."Wenn es recht ist, stütze ich dich von unten?" Im Normalfall eine undenkbare Position zwischen Domina und Sklave, aber die Situation erforderte es. "Einfach am Stoffseil festhalten, ich stütze dich, du kannst auch auf meine Schulter treten und das Reststück wirst du hochgezogen." Ein Vorschlag, der von Silana angenommen oder abgelehnt werden konnte.
Aber nicht ihr Großvater seilte sich herab, sondern der bekannte Haussklave und Leibwächter Marco. Silana wusste, dass ihr Opa nicht mehr wirklich der jüngste Streiter war aber im Grunde war es die richtige Entscheidung. Sie war nicht böse, sondern eher überrascht. Dennoch konnte sie in ihrer misslichen Position nicht wählerisch sein. Sie wollte und musste hier raus. Egal, wer sie nun retten würde und die Planung und Durchführung lag ja festen in den Händen des weisen Claudius. Silana richtete sich sanft auf, wobei der alte Apfel sich aus ihren Haaren wickelt und abgehalftert zu Boden rollte, wo sich ein paar Würmer aus ihm lösten, um sich schnell im Dreck des Boden zu vergraben. Silana schauderte dieser Anblick, doch es war keine Zeit für Ekel, sondern für eine Entscheidung, da Marco bereits angelandet war. "Einverstanden," rief Silana lautstark, da sie garantiert gehört werden wollte, wobei die Frau ein wenig braunen Drecksaft in den Mund bekam, welcher über ihre Wange lief. Sie spuckte diesen undamenhaft einfach aus und schien sogar leicht zu erbrechen, da mehr Flüssigkeit aus ihrem Munde kam, als hineingelangt war. Die junge Claudia rang um Beherrschung, als die diesigen Nebel dieses Abgrundes von ihrem Kleid aufstiegen, welches die Farbe zu einem Braun und Schwarz gewechselt hatte. Sie wollte sich nicht ins Gesicht fassen und ließ Marco gewähren, so dass sie mit seiner Hilfe das improvisierte Seil erreichen konnte. Wie er es angedeutet hatte, führte sie seine Empfehlung aus aber auf halbem Wege verließ sie ihre Kraft und der Seilhaltende musste sie das letzte Stück hinaufziehen. Mit erlösten Augen suchte sie das Gesicht ihres Großvaters. Immer wieder tropfen würfelige Reste der Abgrundsubstanz von ihrem Körper und Kleidung hinab zurück in jenen Albtraumabyss, dem sie nur knapp entronnen war; welcher aber auch insgeheim ihr Leben gerettet hatte.
-
Ich kann mich nur anschließen! Das IR lebt ja von Geschichten, Überraschungen und Abenteuern! Ein dickes Lob an alle kreativen Geister!