Sie sollte in Roma ein neues Leben beginnen. Das war jedenfalls der Plan ihres Bruders gewesen. Wobei seine Beweggründe weitaus größere waren als die ihren. Doch hier sah sie nicht das Leben, sondern die Gnadenlosigkeit des Todes. Wie oft hatte man ihr gepredigt, wie gefährlich es in Roma war. Und sie wusste es selbst. Man glaubte in eine Stadt zu kommen, die nur so von Ordnung und Stolz trotzt und doch wurde sie von so viel Grausamkeit heimgesucht. Caerellia war immer vorsichtig gewesen. Sie war nie alleine oder mit zu wenig beschützender Begleitung in die Stadt gegangen. Eigentlich wollte sie schon längst zuhause sein. Ja, sie nannte die Domus Iunia nun ihr Zuhause. Auch wenn ihre wahre Heimat immer Germanien sein würde. Ab wann würde man sich Sorgen um sie machen? Dieser eine Tag hatte so schön angefangen. Sie hatte sogar vorgehabt heute Abend noch einen Brief nach Mogontiacum aufzusetzen, gespickt mit all ihren Eindrücken. Vielleicht sogar mehrere? Einen an ihre Eltern und einen an ihren Cousin Seneca? Und nun? Vielleicht würde sie nie mehr in der Lage sein einen Brief zu schreiben.
Jetzt näherte sich hinter Caerellia und Catullus eine Einheit, welche in die Gruppe eindrangen und die Christen zu Boden warfen, um sie zu fesseln. Das Geschrei wurde immer lauter. Flucht war unmöglich. Immer und immer wieder schrien Christen auf und Caerellia sah wie einige der Männer mit ihren Gladii in die Menschenmenge stachen. Catullus war immer noch neben ihr. Er würde sie nicht beschützen können. Es war nicht seine Schuld, dass er ihr nicht helfen konnte. Das wusste sie. Jetzt hatte sie nur noch ihn, auch wenn sie diesen Sklaven noch nicht gut kannte und auch nicht sonderlich mochte. Doch auch das sollte sich ändern. Denn plötzlich wurde sie von einen der Prätorianern am Arm gepackt und mitgezehrt. Das alles geschah so schnell, dass sie sich gar nicht wehren konnte. "CAAAAATUUULUUUUS!", schrie sie in die Richtung ihres Custos, als sie weggezogen wurde. Aber ihr Flehen ging im Geschrei der anderen unter. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte Todesangst. Doch sie konnte sich nicht gegen den Griff des Soldaten wehren. Der Prätorianer fesselte sie und richtete sie dann auf. Ihr ganzer Körper bebte vor Angst, als sie in die Augen des Mannes blickte, der sie nun zu den anderen Christen brachte, die zusammengekauert auf ihr weiteres Schicksal warteten. Sie wurde neben einen alten Mann geschubst und sie suchte vollkommen verängstigt dessen Blickkontakt. "Fürchte dich nicht mein Kind. Wir sind niemals allein.", sagte er ruhig zu ihr. So ruhig, dass sie glaubte, er sei nicht mehr bei Verstand. Aber er war alt. Sein Leben war bald vorbei. Vielleicht lag darin seine Ruhe. Dann sah die Iunia wieder in die Richtung, aus der sie gebracht worden war. Wo blieb ihr Custos? Immer mehr Christen wurden gefesselt zusammengetrieben. Caerellia hielt immer weiter Ausschau nach Catullus und endlich wurde er zu ihnen gebracht. Der Leibwächter humpelte und Blut lief ihm über das Gesicht. Er schien sich gewehrt zu haben. Man setzte ihn auf die andere Seite der Gruppe.
Caerellia wusste weiterhin nicht, wer diese Leute waren, unter denen sie sich befand. Doch sie war einfach nicht in der Lage zu sprechen. Sie stand unter Schock und ihr war übel. So sehr plagte sie die Angst. Dann näherte sich klappernd ein Wagen. War er für sie gedacht? Wohin würde man sie bringen? Caerellia streckte sich. Sie musste wissen, was da vor sich ging. Ein Fuhrmann sprach mit einen der Männer, der hier wohl das sagen hatte. Doch was sie sagten, konnte sie nicht verstehen. Die beiden Männer sahen zu einem Haufen aus Leichen. Weitere leblose Körper wurden herangeschafft und auf den Haufen geworfen. Caerellia war entsetzt wie achtlos sie mit ihnen umgingen, als wären sie Abfall, der beseitigt werden musste. Lange konnte sie diese Handlung nicht mitansehen. Eins wurde ihr klar: In dieser kurzen Zeit hatte sie so viel Grausamkeit gesehen, wie in ihren ganzen Leben nicht.
Doch dann kam der Mann, begleitet mit weiteren seiner Gefolgsleuten, welcher eben noch mit dem Fuhrmann gesprochen hatte, auf die Gefangenen zu. Caerellia schreckte auf. Es ging weiter. Aber es konnte nur noch schlimmer werden. Denn seine Beschuldigung, die er ihnen vorwarf, traf auf keinen Fall bei Caerellia zu. Nichts von all dem hatte sie verbrochen. Sie war unschuldig. Sie gehörte nicht zu diesen Leuten. Wer immer sie auch waren, welche solch einen Hochverrat verbrochen hatten. Vor ihnen standen diese Schlächter, welche diese Menschen niedergemetzelt hatten wie Vieh. Ihr Anführer sprach von einer Gruppe, die nun aufgelöst sei. Die Inuit wusste nicht, von welch einer Gruppe er sprach. Aber lange konnte sie darüber nicht weiter nachdenken. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, die Handlungen dieser Männer zu beobachten. Was würde als nächstes geschehen? Vielleicht war das alles nur ein Albtraum aus dem sie bald wieder erwachen würde. Alle erzitterten vor den Anblick dieses Mannes und Caerellia erstarrte, als er sie als Christen bezeichnete. Nein! Sie war keine Christin. Sie? Gerade sie sollte eine Christin sein? Sie wollte den Göttern Roms dienen und keiner fremden verbotenen Gottheit. Aber diese Männer waren Soldaten Roms und sie waren nicht ihre Feinde. Ganz im Gegenteil! Man musste ihr glauben. Als hätte er ihr Entsetzten bemerkt, blickte der Prätorianer Caerellia nun direkt ins Gesicht. Er musterte sie und ihr gefiel gar nicht was er da sagte. Doch schon packte er sie. Caerellia schrie vor Furcht auf und wurde in die Gruppe der Männer gestoßen. Ein "Nein" war zu hören, welches von Catullus kam, der aber seiner Herrin nicht helfen konnte.
Warum hatte man sie ausgewählt? War das nun ihr Tod? Vollkommen verschreckt sah sie sich um, in die Gesichter dieser Männer. Was wollte man von ihr? Sie war unschuldig. Die Soldaten gafften sie an und einer von ihnen beurteilte ihre Erscheinung. Schon spürte sie einen der Knüppel an ihrem Oberschenkel. Er schlug nicht fest zu, doch sie wankte. Sie war so hilflos und hatte so viel Angst vor diesen Männern, dass ihr bereits eine Träne über die Wange lief. Aber was sagte er da, sie war doch keine Christin. Caerellia schüttelte den Kopf bei seinem Irrtum. Aber sie brachte kein Wort heraus. Die Gefangenen beobachteten sie und waren wohl froh, dass sie sich Caerellia herausgepickt hatten. Dann wandte sich der Offizier, der sie aus der Menge gezogen hatte, wieder ihr zu. Wie abwertend er mit ihr sprach. Voller Hass! Der vorbeischreitende Prätorianer meinte, dass sie eine gute Sklavin abgeben würde. Sie traute ihren Ohren nicht. Doch der trecenarius wies den Prätorianer sofort zurrecht und die Bestrafung folgte ebenso schnell. Caerellia zuckte zusammen, als wäre sie von dem Stock getroffen worden.
Verus kam zurückmarschiert und Caerellia kauerte sich zusammen. Er wollte ihren Namen wissen, aber seine Worte waren für sie kein bisschen freundlicher. "Iunia Caerellia.", wisperte sie. "Ich bin keine..." Sie holte noch einmal tief Luft."„... Christin." Aber Caerellia erinnerte sich an Catullus Worte. Sie würden uns nicht glauben. "Ich kennen diesen Gott nicht. Er ist nicht mein Gott.", flehte sie weiter. Das sagten sie wohl alle! Wer war dieser Gott, der dem Imperium so sehr zusetzte, dass man Angst vor ihm haben musste? Dieser falsche Gott war schuld, dass sie nun hier war und um ihr Leben zittern musste. Nein, nicht der Gott war schuld, denn es gab ihn nicht. Seine Anhänger waren es mit ihrem blinden Wahn!