Beiträge von Titus Licinius Iosephus

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    Original von Centurio Legionis II
    An einem anderen Morgen auf dem Campus konnten die tirones schon aus der Ferne aufgestellte Strohsäcke erkennen, die auf einer Linie am Ende des Campus standen. Begrüßt wurden sie auch heute wieder von dem bekannten optio.


    "Guten morgen ihr Schlafmützen." das warr nicht mal hämisch gemeint, der optio war tatsächlich ein Frühaufsteher und nach Sonnenaufgang hielt ihn nichts mehr im Bett.
    "Wir machen heute praktische Übungen mit dem pilum. Der centurio hat euch dazu gestern was erklärt. Wer möchte sich an einer Wiederholung versuchen?"


    Jeder Morgen der Grundausbildung war gleich: Wecken, hastiges Frühstück (meistens ein Kanten Brot vom Vorabend), Anziehen und ab auf den Exerzierplatz - egal, ob die Sonne schien, es regnete oder schneite. Zum Glück war das Wetter aber heute einigermaßen stabil. Nur die Müdigkeit steckte dem Licinier noch in den Knochen - die körperliche Anstrengung erhöhte das Schlafbedürfnis, das aber nicht so gut mit dem Schlafangebot der Armee korrespondierte. Also gehörte auch Iosephus zu den "Schlafmützen", die der Optio ansprach.


    Die Frage war allerdings ein guter Anlass, seinen Kopf ein bisschen zu aktivieren und die Müdigkeit abzuschütteln. Also trat Iosephus vor und versuchte, sich an die Erklärungen des Centurios zu erinnern: [COLOR=#affe]"Spitzes Ende nach vorn, Pilum in der rechten Hand. Dann Ausfallschritt nach vorn, Schwung holen und Pilum im schrägen Winkel beschleunigen und loslassen."[/COLOR]
    Gestern hatte der Centurio ihnen noch eher theoretisch gezeigt, wie es ging. Die Übung danach war eher... naja, bescheiden ausgefallen. Iosephus hatte sein Holz keine zehn Schritt weit bekommen und es war auch nicht so schön stecken geblieben wie bei den Strebern, sondern in ganzer Länge scheppernd auf dem Boden aufgeschlagen. Mal sehen, ob es heute besser lief...

    Zitat

    Original von Centurio Legionis II
    Den gesamten restlichen Tag hatte der optio sie über den Platz gescheucht, bis die Reihen halbwegs nach eben solchen aussahen. Dann rief er sie ein letztes Mal zusammen:
    "Gut, das war's. Ihr seit für heute entlassen."
    Mit einem mal änderten sich Haltung und Gesichtsausdruck. Jetzt war er -- beinahe typisch für die Mittelstellung des optios -- weniger Vorgesetzter als älterer Kamerad.
    "Wenn ich noch nen Tipp von nem Veteranen wollt. Geht in die Terme. Eure Glieder brauchen die Wärme, sonst könnt ihr morgen vor Schmerzen keinen Schritt vor den anderen tun. Und trinkt was. Die posca schmeckt am Anfang zwar widerlich, aber ihr gewöhnt euch dran." Wie die tirones sich wohl an so manches würden gewöhnen müssen.


    Iosephus war tatsächlich fertig, als der Optio sie endlich entließ. Nach und nach hatten sie heute jede Muskelpartie an ihre Grenzen geführt, die er sich vorstellen konnte - insofern war der Tipp mit der Therme vielleicht wirklich eine gute Idee. Iosephus' Familie lebte auf dem Land und besaß keine eigene Therme, aber immer, wenn sie in Aquae Mattiacorum gewesen waren, war er mit seinem Vater in die öffentlichen Badehäuser gegangen und wusste, wie angenehmn das sein konnte. Ob die Legionsthermen genauso waren?

    Auch Iosephus bekam einen Schlag mit dem Stab ab, obwohl er eigentlich richtig gedacht hatte - zumindest fand er das hinterher raus, als der Optio erklärte wie es funktionierte. Irgendwie war es unfair bei der Armee - bei seinem Vater hatte er wenigstens immer zurecht eine verpasst bekommen!


    Aber dort hatte er auch gelernt, dass man sich nicht zusammenkauern und heulen konnte, nur weil man sich eine eingefangen hatte. Also marschierte er weiter uns gab sein Bestes. Und nach einer Weile klappte es tatsächlich immer besser. Anfangs hatte die Linie noch Beulen, aber nach gefühlten Stunden des Marschierens wurde sie langsam grade.

    Der Licinier sah eine ganze Weile in das Licht seiner Fackel - in der Kolonne und auf der Straße musste er sowieso nicht auf den Weg achten. Als er seinen Blick dann aber doch einmal von der Flamme abwandte, wirkte alles um ihn herum pechschwarz. Er erinnerte sich daran, dass seine älteren Kameraden auf Stube ihn gewarnt hatten, bei der Wache zu sehr ins Feuer zu starren. Zum Glück war es diesmal nicht so schlimm, denn im Takt des Trauermarsches und mit Kameraden vor und neben sich konnte man eigentlich nichts falsch machen.


    So bog die Legion von der Landstraße ab und hielt auf das gigantische Scheingrab zu. Iosephus fühlte sich plötzlich an das Chanukka-Fest erinnert, das seine Familie immer feierte. Statt Fackeln und Feuern zündeten die Juden zwar nur den kleinen Leuchter an, aber das hatte genügt, um ihn als Jungen zu faszinieren. Dort ging es zwar um die Einweihung des Tempels, der inzwischen wieder zerstört war. Aber man dachte auch an Judas Makkabäus, den wohl größten Feldherrn des jüdischen Volkes. Auch er war im Krieg gefallen, wie dieser Drusus - allerdings im Befreiungskampf seines Volkes, nicht als Eroberer! Die Juden waren seit Jahrhunderten keine Eroberer mehr gewesen, wahrscheinlich seit König David das Gelobte Land wieder unter jüdische Kontrolle gebracht hatte. Doch vielleicht war es auch besser, sein eigenes Volk zu verteidigen, als er fremdes zu unterwerfen. Jetzt würde Iosephus eben sein anderes Volk schützen, dem auch schon sein Vater angehört hatte - sie waren ja nicht nur Juden, sondern auch römische Bürger. Vielleicht war es insofern ganz gut, dass Drusus damals vom Pferd gefallen war, wie man sich erzählte. Zumindest hatten die Eroberungszüge der Römer damit hier ein Ende genommen!


    Judas Maccabaeus und seine Gefährten wurden auch heute noch in Ehren gehalten und die Juden in Iudaea pilgerten manchmal noch zu ihren Gräbern. Insofern verstand Iosephus, dass die Römer dasselbe taten und hier sogar ein "Ersatz-Grab" errichtet hatten. Aber er traute sich doch nicht, Opfergaben für diesen längst Verstorbenen ins Feuer zu werfen - Männer wie Judas waren immerhin gestorben, weil sie keinen fremden Götzen opfern wollten. Und auch wenn Iosephus an heidnischen Zeremonien teilnahm, hatte er doch ein schlechtes Gewissen, wenn er es tat.
    [COLOR=#affe]"Iudas und alle Märtyrer, bittet für mich um Vergebung bei Elohim."[/COLOR]
    betete er also lieber, selbst wenn seine Stimme im Lärm des Marsches und der Posaunen unterging. Er würde diese Zeremonie für seine ganz eigenen Zwecke nutzen - als Erinnerung an die jüdischen Kriegshelden und um Sühne zu erwirken für sein frevlerisches Verhalten, zu dem er durch die Umstände gezwungen war... vielleicht würden sie ja Mitleid mit ihm haben!

    Laufen schien die zentrale Fähigkeit eines Soldaten zu sein - sie marschierten eine halbe Ewigkeit stumpf über den Exerzierplatz. Die Wendung war nicht ganz so einfach, aber das stumpfe Geradeauslaufen funktionierte nach einer Weile relativ gut. Schein fast ein bisschen zu gut - nach einer Weile wurden manche leichtsinnig und die Linie geriet ein kleines bisschen aus der Form... aber auf die Korrektur hin waren sie bald wieder auf Linie gebracht.


    Der Befehl zum Schwenk war da schon etwas anderes! Iosephus, der ganz außen lief, stellte plötzlich fest, dass seine Nebenmänner sich einfach zur Seite drehten, während er selbst angenommen hatte, dass sie die ganze Linie einklappten - wobei er nicht der einzige war: Manche liefen vor, um den Schwenk zu vollziehen, manche drehten sich auf der Stelle, manche blieben einfach ratlos stehen - das pure Chaos!

    Der Licinier stand ein bisschen gelangweilt irgendwo in der Formation. Er hätte den Morgen lieber genutzt, um gemütlich seinen Puls zu mampfen - während der Grundausbildung war er für jedes Essen dankbar, das er sich nicht hastig zwischen die Kiemen schieben musste! Aber statt die Sache zügig über die Bühne zu bringen, tauschten alle warme Worte aus.


    Als der Centurio dann auch noch verkündete, dass sie auch noch bis zum Hafen marschieren musste, spuckte er unwillkürlich vor sich auf den Boden. Zum Glück stand er in der zweiten Reihe - da waren die Chancen gut, dass es nicht bemerkt wurde. Der Weg durch die Stadt und zurück würde eine Ewigkeit dauern - gut möglich, dass das Frühstück dann komplett ausfiel! Zumindest hatte der Optio gestern angekündigt, dass sie heute ein dichtes Programm hatten! "Trauerarbeit" hatte er gesagt, weil sie ja ihren geliebten Centurio verabschieden mussten... Iosephus schnaubte nur verächtlich. Den Ausbildern war jeder Vorwand recht, sie so richtig zu knechten!

    Iosephus war noch dabei sich zu fragen, wie lang ein Schritt sein musste, dass er in zwei Schritten da war, wo sein Vordermann gewesen war, als er angefangen hatte zu laufen - er bewegte sich ja auch ständig - da ging es schon wieder los. Manchen schien der Tipp aber zu helfen, denn nach einiger Verwirrung wurde die Linie schon ein bisschen gerader. Nachdem sie den halben Campus überquert hatten, hatte Iosephus sogar das Gefühl, langsam in einen Takt zu kommen... Links-rechts-links-rechts-links-rechts...

    Noch gehörte Iosephus zur Centuria des Tiberiers. Also war auch er gezwungen worden, mit seinen Kameraden zusammen das letzte Geleit zu geben - obwohl er nicht behaupten konnte, dass er Verus besonders ins Herz geschlossen hatte. In seinen Augen war der Typ ein kaputter Spinner, der sich nicht unter Kontrolle hatte und das an den Schwächsten im Glied - also Iosephus zum Beispiel - ausließ. Er hatte immer noch einen blauen Fleck von dort, wo der Centurio ihm sein Holzschwert in den Hals gerammt hatte, und wurde bei jedem Schlucken daran erinnert.


    Immerhin war es aber ein halbwegs interessantes Spektakel zu sehen, wie der Tribun verabschiedet wurde. Dazu war noch ein zusätzlicher Gast gekommen - scheinbar noch so ein Aristokrat aus Rom!


    Wie sich aber herausstellte, war er nicht irgendwer, sondern der Bruder des Centurio. Hätte Iosephus seinen Kinnriemen nicht um gehabt, wäre ihm wahrscheinlich der Mund aufgeklappt - er hatte gehört, dass Verus sich hochgedient hatte, aber sein Bruder sah nicht unbedingt so aus, als hätte er es nötig, sich irgendwo hochzudienen - so verschwurbelt wie der sprach, gab es kaum noch etwas in dieser Provinz, was ihm nicht sowieso schon offen stand!

    Es dauerte ein Weilchen, bis sie sich ausgerichtet hatten. Der zweite Teil der Übung war aber fast noch komplizierter, denn am Anfang versuchten alle noch, schön in einer Reihe zu bleiben - ging auch ganz gut mit der Ansage, wann der linke Fuß dran war. Dann ging es aber eigenständig weiter und weil jeder eine andere Schrittlänge hatte, kamen einige recht schnell aus dem Takt, blieben dann stehen oder mussten aufholen - kurz: ein kleines Chaos entstand.


    Absurderweise ließ der Optio aber weiterlaufen und folgte ihnen. Wahrscheinlich wollte er sie ein bisschen zappeln lassen, bevor der große Anschiss kam. Scheinbar war wieder einmal Iosephus dazu ausersehen, den Startschuss dafür zu geben.
    [COLOR=#affe]"Geht so... für's erste Mal?"[/COLOR] antwortete er deshalb mit fragendem Unterton.

    Heute stand scheinbar Formationstraining auf dem Plan. Iosephus und seine Kameraden beeilten sich, den Befehlen so schnell wie möglich Folge zu leisten. Sie hatten das Antreten in Linie schon ein paar Mal geübt, aber so richtig flüssig lief es noch nicht. Sie mussten sich nacheinander aufstellen und alle sahen fieberhaft auf die Füße ihrer Nachbarn, um nicht zu weit vorn, zu weit hinten, zu weit links oder zu weit rechts zu stehen - man konnte verdammt viel falsch machen!


    Als dann erklärt wurde, dass es um den Todestag von Drusus ging, grinste Iosephus' Nachbar ein bisschen und murmelte:
    "Na den wird nicht mehr interessieren, ob wir grade stehen oder nicht..."
    Iosephus blieb emotionslos. Er glaubte an eine Unterwelt. Seine Mutter hatte ihm gesagt, dass es dort verschiedene Kammern gab für die Sünder und die Gerechten, die im Schoß Abrahams saßen. Iosephus hatte aber keine Ahnung, wie man sich das vorstellen konnte und ob der Schoß Abrahams weit weg war von der Welt, in der sie lebten, und ob die Seelen dort sich überhaupt noch für die Menschen interessierten. Aber im Grunde war es auch egal - wenn der Centurio mit ihnen unzufrieden sein würde, würde der Fluch des Drusus ihre geringste Sorge sein!

    Irgendwo in der ersten Kohorte marschierte auch Iosephus durch die Dunkelheit, in der einen Hand eine Fackel, in der anderen sein Scutum. Sie trainierten fast jeden Tag mit den schweren Weidenschilden, da kam einem das richtige Exemplar fast leicht vor! Dafür fehlte ihm aber die Routine beim Polieren noch ein bisschen: Die Kameraden von seinem Contubernium hatten ihm helfen müssen, die hartnäckigen Kratzer aus seinem Helm zu polieren, damit er durch die Inspektion des Centurio hatte kommen können.


    Jetzt fühlte er sich aber doch irgendwie erhaben. Er kannte den Kult um Drusus Germanicus von seinem Vater, hatte auch als Kind einmal zugesehen. Aber wenn man selbst Teil des Rituals war, fühlte sich das ganze doch anders an! Jetzt war er selbst Soldat und konnte besser nachvollziehen, wie wichtig ein guter Vorgesetzter war! Tiberius Verus zum Beispiel mochte der Licinier nicht: Erst war er irgendwie kumpelhaft freundlich gewesen, dann wieder total distanziert, dann hatte er ihm bei der ersten Trainings-Einheit beinahe den Hals aufgeschlitzt und dabei fast das Sabbern bekommen! Iosephus hatte keine Ahnung, wie er den Typen einordnen sollte - also hatte er beschlossen, ihm einfach aus dem Weg zu gehen und sich möglichst unauffällig zu verhalten.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    Da hat sich in den letzten zwei Wochen wohl nix geändert, zumindest nix nachhaltiges.


    Ordnung schaffen, aber zackig.


    *etwas über die fehlende Ordnungsliebe von zivilpersonen brummel*


    Wie sagte doch der Rabbi Ieschua?
    "Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?"


    Dein Postkasten ist ebenfalls voll :P

    Iosephus war nicht fähig, das Nachsetzen des Centurios auch nur im Entferntesten abzuwehren. Der Weidenschild traf seinen, aber der Licinier ließ ihn einfach fallen. Der Tritt warf ihn dann vollends zu Boden, wo er sich weiter röchelnd auf den Bauch drehte. Er wollte gern reagieren und den wahnsinnigen Schreien des Tiberiers gehorchen, aber noch hatte der Schmerz ihn in der Hand.


    Er spürte sogar ein paar Tränen in seinen Augen aufsteigen - die er natürlich niemals zulassen wollte! Also schniefte er und schluckte vorsichtig, um die Funktionsfähigkeit seines Halses zu testen. Es tat weh, aber grundsätzlich schien alles zu funktionieren.


    Als er sich endlich aufrappelte, erklärte der Optio irgendetwas, was er nicht mitbekommen hatte. Der Centurio stand über ihm, hielt sein Holzschwert auf ihn gerichtet - schon fürchtete Iosephus, dass er wieder zuschlagen würde und er zog den Kopf ein. Diesmal hatte er aber Glück. Das Verprügeln war für heute scheinbar vorbei.


    Die kleine Ansprache irritierte ihn noch mehr. Wie es sich anfühlte zu töten? Der Tiro hatte noch nie darüber nachgedacht, wie sich das anfühlte - aber er ging davon aus, dass es einfach funktionierte, wenn man so weit war...
    So sah er fragend hinter dem Centurio her, bis der Optio das Kommando übernahm. Marschieren - also wohl die einzigen Muskeln, die er heute noch nicht völlig verausgabt hatte!

    Titus nutzte die Pause, um kurz zu verschnaufen. Er hatte gedacht, dass es hart werden würde - aber jetzt, wo er dabei war, half ihm das auch nichts! Er wünschte sich nur, dass der Tag bald endete und er sich erholen konnte!


    Vorerst war das scheinbar nicht vorgesehen. Der Centurio hob wieder sein Scutum und forderte ihn auf, anzugreifen. Also machte der Licinier, was ihm befohlen wurde: Er schob seinen Schild vor und führte das Schwert gerade vorbei. Auch wenn es anstrengend war, zog er dann rasch zurück - was aber egal war, denn in diesem Augenblick stieß der Tiberier mit seinem Gladius über die Schildkante vor und traf ihn voll am Hals, genau zwischen Helm und Rüstung.
    Iosephus hatte das weder kommen sehen, noch konnte er irgendetwas dagegen tun - die abgestumpfte Spitze stieß hart gegen sein Focale, wurde davon aber kaum abgeschwächt und sorgte dafür, dass dem Tiro für einen Moment die Luft wegblieb, ehe sich ein heftiger Schmerz ausbreitete.
    Er machte nur ein würgendes Geräusch und ließ sein Schwert fallen, um sich die getroffene Stelle zu halten - es fühlte sich an, als hätte er sich die Luftröhre gebrochen, so weh tat das!

    Iosephus hatte wenig Motivation, sich vom Centurio vermöbeln zu lassen. Aber da musste er jetzt durch. Also nahm er seinen Schild mit dem schmerzenden Arm auf und begab sich wieder in Position.
    Den Angriff sah er viel zu spät kommen und das Scutum des Tiberiers brachte ihn fast aus dem Stand, so heftig traf es ihn. Natürlich kostete es dann auch keine große Anstrengung, ihn zu treffen.
    Und der Treffer kam hart! Iosephus trug zwar seine Rüstung, aber die getroffene Metall-Schiene drückte sich durch den Stich durch Tunica und Muskulatur bis auf den Knochen, sodass der Tiro vor Schmerz aufkeuchte. Gab bestimmt einen blauen Fleck!


    Am liebsten hat er alles stehen und liegen gelassen und sich die Seite gehalten. Aber auch wenn Verus ihn nicht weiter mit Schlägen eindeckte, war er doch nicht entlassen. Also nahm er schnaufend wieder seine Position ein und versuchte, den Angriff nachzumachen. Er war aber viel zu erschöpft, um genau zu zielen, sodass er mit letzter Kraft irgendwohin stieß, wo kein Weidengeflecht war und hoffte, dass das zählen würde.

    Iosephus drosch den ganzen Vormittag auf den Holzpfahl ein, der sich von seinen Stichen aber wenig beeindruckt zeigte - die Kerben zeigten, dass er schon tausende Hiebe abbekommen hatte und wohl auch noch ein paar tausend mehr aushalten würde. Der Centurio ging hin und her, schien aber ganz zufrieden mit ihm.


    Nach Stunden des Trainings waren die Beine des Liciniers wieder einigermaßen in Ordnung - dafür wurden die Arme schwerer und schwerer. Dieses Weidenscutum hatte ein verdammtes Gewicht und auch der Gladius, der ständig schnell vorschnellte, zehrte an den Kräften.


    Als sie schließlich eine neue Übung machten, hoffte der Tiro schon, endlich die schweren Waffen aus der Hand legen zu können. Stattdessen war nun eine Partnerübung gefragt - Iosephus stöhnte. Es war zwar tatsächlich ein bisschen langweilig geworden, ständig ein Stück Holz zu bearbeiten, das weder auswich, noch zurückschlug - aber er hätte das ganze lieber morgen gemacht! Jetzt stand er sogar wieder dem Centurio gegenüber. Also hieß es wohl wieder, keine Schwäche zu zeigen...

    So gut er konnte setzte Iosephus die Korrekturen des Centurio um. Er verstand zwar nicht immer, warum es besser war, den Arm etwas stärker angewinkelt zu halten oder nicht, aber sein Vater hatte ihm schon beigebracht, dass man keine Fragen stellte. Also machte er einfach.


    Als nächstes musste er gegen den Pfahl rempeln - was generell lustig klang, aber beim dritten mal auch an der Schulter weh tat. Der Weidenschild federte weniger, als der Licinier sich das gewünscht hätte. Trotzdem gab er auch hier nicht klein bei und machte tapfer weiter. Dass er sich dabei auf die ungewohnte Bewegung seines Schwertes konzentrieren musste, machte es nicht einfacher...

    Sie mussten sich in einer Schlange anstellen - Iosephus musste unwillkürlich an die Schulstunden in Aquae Mattiacorum denken, wo er mit seinen Mitschülern auch gerne hatte anstehen müssen, zur Hausaufgabenkontrolle beispielsweise...


    Aber hier war die Sache natürlich etwas ernster und der Tiro achtete genau darauf, was seine Kameraden richtig und falsch machten. Als letzter in der Reihe hatte er ein bisschen mehr Zeit, in der er immer wieder das Gewicht von einem Bein aufs andere verlagerte - das war angenehm nach den anstrengenden Kniebeugen. Als er beim Centurio angekommen war, hatte er sich zumindest so weit erholt, dass er nicht mehr zitterte.
    Trotzdem brach er sofort wieder in Schweiß aus, als er das Scutum auf Augenhöhe hob und das Holzgladius stoßbereit hielt. Irgendwie kam es ihm gar nicht so leicht vor, den Schild an seinem mittigen Griff ausbalanciert zu halten. Trotzdem versuchte er, es bei jedem Stoß etwas vorzudrücken und dann wieder zurückzuziehen - das war anstrengender, als es ausgesehen hatte!

    Das Aufrappeln war nicht so einfach, wie Iosephus gedacht hatte - seine Beine zitterten nach dieser brutalen Anstrengung noch immer und er hätte sich am liebsten nochmal auf den Boden gehockt. Aber der Centurio hatte ihn offensichtlich auf dem Kicker - anstatt mit den anderen mitzugehen, wartete er noch extra bei ihm, sodass er sich keine Ruhe gönnen durfte.


    Mehr humpelnd als gehend bewegte er sich also zu den Holzstangen und nahm den Schild vom Optio entgegen. Das Ding war verdammt schwer - eine zusätzliche Belastung für seine sowieso schon überlasteten Beine! Also stellte er das Ding erstmal vorsichtig ab - sicherlich würde der Centurio erst ein paar Anweisungen geben! Er war ja nicht der einzige Neuling...

    Iosephus begann sofort, wie ihm befohlen wurde. Kniebeugen fand er, waren eigentlich eine recht einfache Übung und er schätzte, dass es eine ganze Weile dauern würde, bis ihm die Puste ausging. Tatsächlich waren die ersten 30 auch kein Problem, da kam er kaum ins Schwitzen - dann wurde es aber langsam anstrengend. Langsam begannen die Muskeln zu ziehen und heiß zu werden, dann brannten sie, die Knie schmerzten...


    Trotzdem biss der Licinier die Zähne zusammen. Immerhin sahen ihm eine ganze Menge Kameraden zu und er wollte nicht schwächlich aussehen. Also ging es weiter... zwar immer langsamer, aber noch war der Ofen nicht aus. Erst als bei Nummer 91 seine Waden unkontrolliert zitterten und der Schmerz in Muskeln und Gelenken kaum mehr auszuhalten war, kam er einfach nicht mehr hoch.
    [COLOR=#affe]"Ich... glaub'... das war's!"[/COLOR]
    , stieß er zwischen seinen Versuchen aufzustehen hervor, ehe er nach hinten umfiel und sich schnell aufrappelte.