Beiträge von Tiberia Corvina

    Das war heute nicht ihr Tag. Sie hatte Mühe all die Ereignisse zu verarbeiten. Das sie bis jetzt durchhielt schrieb sie ihrer Selbstbeherrschung zu. Onkel Titus hatte bei ihrer Erziehung sehr darauf geachtet. Sie sollte nicht so ein zimperliches Matronchen werden und ihre Nachkommen keine verwöhnten Taugenichtse. Corvina versuchte durchzuhalten. Der Aurelier tat genau das richtige, anders hätte sie es nicht erwartet. Er unternahm etwas zum Schutz des Aurelischen Hauses und der wehrlosen Römer in der Umgebung. Angesichts seines Tuns, fühlte sie sich sicherer hinter den Mauern der aurelischen Villa. Das Angebot hier zu bleiben war wie eine glückliche Fügung.
    Sein Griff nach ihrer Hand irritierte sie im ersten Moment. Sie wusste nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollte. Unangenehm war es nicht, eher Vertrauen einflößend und beruhigend.
    Oh, nein die anderen Verwandten! Tiberius Ahala? Sein Bruder? Sie hatte seit langem nichts von ihnen gehört. „ Ahala ? Nein und sein Bruder ich weiß nicht. Tante Maximilla wollte nach Rom kommen, Tiberius Tiro ist irgendwo in Italia unterwegs. Tiberius Verus und Tiberia Lucia in Germania superior. Ach Tiberius Marula, bei dem weiß ich nicht wo er unterwegs ist.“ Wen gab es noch? Corvina dachte angestrengt nach. Das waren alle die sie kannte. „ Ich muss Verus und Lucia unbedingt schreiben und dann muss ich…."Sie drückte die aurelische Hand. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie presste die Lippen aufeinander. Plötzlich änderte sich ihre Mimik, aus ihren Augen sprüte der pure Hass. Mit hasserfüllter Stimme sagte sie. „ Dafür sollen sie leiden, diese Mörder, dieses Pack.“

    Dankend nahm sie die einladende Geste an und setzte sich. Die Hände in den Schoß gelegt versuchte Corvina sich zu sammeln. Noch mal von vorn. Wo begann sie am besten ? Bei den Spielen und dann eins nach dem anderen.
    „ Wie du weißt fanden heute Spiele statt. Ich hatte mir ein wenig Unterhaltung versprochen. Es fing alles normal an. Bis die Unruhe auf dem Rang ausbrach. Man fand drei ermordete Römer und eine Schmiererei mit irgendwas von Heer der Sklaven wache auf. Panik brach aus, alles drängte aus der Arena, draußen flogen Pfeile von den Dächern. Es gab Tote und Verletzte. Ich wollte mich schnell in die heimische Villa zurückbegeben. Unterwegs kamen Gerüchte von Brandstiftung und weiteren Morden auf. Als wir bei der Villa Tiberia ankamen, war diese geplündert, gebrandschatzt, alle Sklaven ermordet und Onkel Titus...“ Corvina schluckte schwer. „ Man hat ihn an der Wand gekreuzigt.“ Was hatten die Tiberii getan, dass sie von den Göttern so gestraft wurden. „ Das heißt, ich habe keine angemessene Bleibe, so lange die Villa in Schutt und Asche liegt.“ Corvina sank ein wenig in sich zusammen. Gab es nicht irgendwo in der Umgebung ein Haus der Tiberii, nein. Sie musste fragen. „ In Anbetracht unserer alten Freundschaft, bitte ich dich um Asyl.“ Der Satz fiel ihr sehr schwer. Noch nie hatte sie fremde Hilfe gebraucht. Sie war auch noch nie in der Situation, um Hilfe bitten zu müssen. Hier geschah es das erste Mal.

    Ah, er ließ sie hinein. Corvina warf einen missbilligenden Blick zu Roxana. Na, wurde das heute noch was? Gordius folgte Corvina, Inaros stieß Roxana an und der alte Thessalius bildet wie immer den Schluss. Roxana fand endlich aus ihrer Erstarrung in die Wirklichkeit zurück und beeilte sich der Tibererin zu folgen. Erst einmal in Sicherheit. Wie lange? Das gewünschte Gespräch sollte eine Anwort darauf geben.
    Etwas nervös war Corvina. Hier ohne Voranmeldung zu dieser Stunde herein zu platzen. Nur gut dass er da war. Scheinbar gab es wichtigeres als Spiele, oder ihm war nicht danach, oder, oder, oder. Es gab so viele Gründe und Möglichkeiten. Unerschöpflich sich darüber Gedanken zu machen. Es lenkte ab. Es lenkte wunderbar ab und wurde bald langweilig. Hm, sie sah auf ihre Hände. Ach du Schande, so ganz frisch sahen sie und ihre Tunika nicht mehr aus. In diesem Moment tauchte der Hausherr auf. Corvina musste ihre derzeitiges Aussehen so wie es war akzeptieren und versucht dem entsprechend Haltung zu bewahren.
    „ Salvete Aurelius.“ Sie hoffte richtig zu liegen. An seiner Aufmachung hätte sie es jetzt nicht festgemacht. Die zweite Frage von ihm stellte sicher, dass er es war. Wer allerdings genau, dass hatte er unterschlagen. Hätte sich Corvina näher mit den Beziehungen zu den Aurelii befasst, wüsste sie jetzt wer vor ihr stand.
    „ Ja, es ist sehr dringend und etwas kompliziert. Wie mir scheint sind die Unruhestifter nicht bis hierher vorgedrungen. Ein Glück für die Aurelii. Die Tiberii hatten weniger Glück.“ Corvina hoffte das er die Andeutung zum Anlass nahm das Gespräch fortzuführen. Außerdem war ihr kalt, sie war durstig und das wichtigste, eine Sitzgelegenheit. Sie könnte jetzt dafür töten. Ihre Füße taten weh, nicht, dass sie lauffaul gewesen wäre. Der heutige Fußmarsch fiel aus dem sonst üblichen Rahmen. Trotzdem, bei all diesen Unpässlichkeiten, hieß es Haltung zu bewahren und ein gewisses Quäntchen Selbstbewusstsein auszustrahlen. Wie schwer ihr das fiel? Oh sehr schwer. Am liebsten hätte Corvina sich in eine Ecke verdrückt und losgeheult.

    Roxana blieb keine Zeit großartig darüber nachzudenken wie sie ihre Domina denn anmelden sollte. Blitzartig öffnete sich die Tür vor ihr. Erschrocken zuckte sie zusammen. Der Anblick des riesigen Pikten mit den roten Haaren brachte sie einer Ohnmacht nahe. Roxana starre ihn an, zu keinem Wort fähig. Corvina, keine drei Schritte hinter ihrer Sklavin, erschrak nicht minder. Waren diese abscheulichen Menschen etwa gerade hier? Gordius und Inaros stellten sich vor ihre Domina gewillt sie bis zum Tode zu verteidigen. Thessalius hielt sich im Hintergrund, gefasst darauf in wenigen Augenblicken zu sterben. Das ruhige „Ja Bitte?“ war wie ein geheimes Zeichen. Hörbar erleichtert seufzte Corvina. Die custos entspannten sich. Roxana dagegen starrte den Pikten immer noch an. Thessalius blieb misstrauisch. „Geht beiseite.“ sagte Corvina nun wieder selbstbewusster und schaffte sich Platz. Roxana reagierte immer noch nicht. Corvina schob sie zur Seite und übernahm heute in Anbetracht der Situation ausnahmsweise selbst ihre Anmeldung. „ Bitte sage deinem Dominus, das Tiberia Corvina höchstselbst vor der Tür steht und um ein Gespräch bittet.“ Ob er Riese das verstanden hatte? Sie ging davon aus, sonst stände er nicht hier. Interessant war der erste Eindruck von ihm. Erschreckend und barbarisch, genau das, was Bettler und Bittsteller vom Hause fern hielt. Er würde gut an ihrer Porta. Allein der Gedanke wurde sofort mit der bitteren Erkenntnis bestraft, keine eigene Villa mehr zu besitzen.

    Bis hierher blieb alles ruhig. In den Nebenstraßen gab es vereinzelte Handgemenge. Die hatten sie bewusst gemieden. Die Villa der Aurelii sah unbeschadet aus, welch ein Glück. "Roxana, geh bitte klopfen." Die Sklavin kam der Anweisung sofort nach.


    " Klopf, Klopf. "

    Die Villa ein riesiger Schutthaufen. Der Gestank von verbranntem Fleisch und verkohltem Holz hing in der Luft. Corvina schlich den Hang hinauf, als ob sie eine schwere Last zu tragen hatte. Roxana sah nach unten aufs Pflaster hielt sich an Thessalius fest. Gordius ging voraus und Inaros blieb neben seiner Domina. Sie war kreidebleich, atmete schwer und drohte jeden Augenblick zusammen zu brechen. Bevor sie den Eingang erreicht hatten, kam Gordius zurück. „ Domina ich würde an deiner Stelle nicht bis zur Villa gehen.“ Corvina blieb stehen, zögerte. Sie musste sich selbst ein Bild machen. Was sie dort oben erwartete ahnte sie nicht.„ Roxana du bleibst mit Thessalius hier. Wir gehen zur Villa.“ Sie hatte entschieden. Gordius gab Inaros einen Wink. Beide flankierten die Tiberia. Es war schlimm , schlimmer als sie sich ausgemalt hatte. Ein wenig Feuer und zwei oder drei Tode. Was sie zu sehen bekam war für sie nicht fassbar. Es überstieg alles was sie bisher gesehen hatte und sich sich vorgestellten konnte. Ruckartig blieb sie stehen, ihr Blick hing starr an dem Toden, den diese Mörder an der Wand gekreuzigt hatten. Tränen schossen ihr in die Augen, sie presste die Hand zur Faust geballt vor den Mund. Innerlich schrie sie laut auf. Sonst so selbstbewusst und stark, war sie kurz davor zusammen zu brechen. „ Onkel Titus (NSC)“ Gordius und Inaros griffen ihr unter die Arme. Corvina war dankbar. Sie wendete ihren Blick ab. Was für abscheuliche Menschen waren das? Der Sitz der Tiberer in Rom war verwüstet, ausgelöscht. Corvina fasste sich, löste sich aus dem Griff ihrer custos. Man merkte ihr an, dass sie erschöpft war, sich dennoch keine Blöße geben wollte. „ Nehmt ihn ab.“ Ein Blick über die Ruine, hier war nichts mehr zu retten, geplündert bis auf die Grundmauern. Corvina wollte nicht länger auf das Elend sehen, dreht sich abrupt weg und lenkte ihre nicht mehr so sicheren Schritte zurück zu Roxana und Thessalius. Wo sollte sie hin? Bei einem Klienten unterkommen? Nein, gab es nicht eine andere Möglichkeit? „ Was machen wir jetzt? Thessalius weißt du einen Rat? Nach Germanien zu Verus und Lucia? Tiberius Merula ist auf Studienreise.“ Thessalius runzelte die Stirn. „Du könntest bei den Aurelii vorsprechen. Zu ihnen besteht eine lange und enge freundschaftliche Beziehung.“ Das war ein kleiner Hoffnungsschimmer am dunklen Horizont. Corvina wollte nicht länger hier auf der Straße stehen bleiben. Das Gesindel war sicher immer noch unterwegs. „ Wir gehen zur Villa der Aurelii.“ Der kleine Trupp setzte sich in Bewegung und erreichte unbehelligt den vorgegebenen Zielort.

    Der Tag war verkorkst bevor er richtig begonnen hatte. Corvina brach sich beim öffnen des Salbentöpfchen‘s einen Fingenagel ab. Keine all zu große Katastrophe aber ärgerlich. Die blaue Tunika gefiel heute gar nicht. Die blassrote ließ sie krank aussehen. Die dunkelgrüne Seide mit den eingewebten goldenen Streifen kam in die engere Wahl. GRÜN, entschied sie, war die Farbe des Tages. Die Ornatrix mühte sich die Haare der Tiberia in Form zu bringen. Die Leibsklavin legte ihr den Gürtel an, schupfte die Tunika darüber. Nur nicht zu viel, das trug zu sehr auf. „ Seid ihr bald fertig. Ich will Venus keine Konkurrenz machen.“ Die Göttin forderte man lieber nicht heraus. Schick wollte Corvina aussehen keine Frage. Nur eben nicht übertrieben schick. Angemessen schick sollte es sein. Dem Anlass entsprechend.
    „ Gib mir die Palla.“ Feine Wolle, der Farbton passend zur grünen Seide, mit runden goldenen Ornamenten bestickt. Perlenohrringe, zwei schmale goldenen Armreife, ein Ring mit gefasster Perle vervollständigten ihre Ausstattung. „ Arena ich komme.“ Corvina straffte sich, Schultern nach hinten, Brust raus, Bauch rein,Haltung war alles.


    Bis dahin war die Welt in Ordnung. Corvina liebte Spiele und fand die Störung sehr unpassend. Was sie als kurze Unterbrechung meinte erlebt zu haben, weitete sich zur Panik aus. „ Wir müssen gehen Domina, schnell.“ Corvina stimmte ihrer Leibsklavin Roxana innerlich zu, nach außen zögerte sie. Gordius und Inaros ihres Zeichens custos corporis standen bereit. Der alte Thessalius hielt sich im Hintergrund. „ Domina!!“ drang es eindringlicher von hinten an ihr Ohr. Sie seufzte, was für eine Schande die Spiel so zu sabotieren. „ Wir gehen. Gordius, Inaros räumen alles aus dem Weg was stört. Roxana an meine linke Seite. Thessalius bleib hinter uns.“ Ab ging der kleine Tross. Die beiden custos drängten und stießen alles was nicht bei drei Platz machte beiseite. Corvina war froh der panischen Menschenmenge entronnen zu sein. Träger und Sänfte auf dem Vorplatz waren weg. Geflohen, verschleppt oder ,nein sie zerbrach sich jetzt nicht den Kopf wieso,weshalb, warum. Tote, Verletzte, Schreie, laute Kommandos, Urbaner und Prätorianer trafen ein. Sollte sie oder sollte sie nicht. Sie war eine Tiberia und kam allein zurecht. „ Zurück zur Villa. Dort sind wir sicher.“ von Thessalius kam ein mürrisches Knurren. „ Was!?!?“ kam es schnippisch von Corvina. Ihre Nerven hielten das nicht mehr lange durch. Das hier war ein völlig neues, unbekanntes und schwer durchschaubares Szenario. „ Wir gehen, wie gehabt. “ Diese Menschenmassen auf der Straße. Konnten die nicht so laufen, dass man nicht ständig geschubst wurde. Corvina fuhr aus der Haut.“ Weg da!“ Und stieß einem Mann ihren Ellbogen in die Seite. Ein Strähne fiel ihr dabei ins Gesicht. „ Pffff.“pustete sie die Strähne nach oben und half mit der Hand nach. Triumphierend sah sie den Getroffenen an. „Ich kann das auch.“ Anscheinend war ihr der Ernst der Lage nicht bewusst. Ein Ruck brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Roxana zerrte an ihrem Arm. Ähm, was ? Corvina ließ sich mitziehen. Nachher konnte Roxana was erleben. Sie hier durch die Gegend zu zerren.
    Der größte Teil des Weges war geschafft, man hatte sie nicht behelligt. Nur noch ein kleines Stück den Hang hinauf. Was lagen denn hier für merkwürdige Bälle? Roxana schrie und presste ihre Hände auf den Mund. Corvina schluckte als sie erkannte was es war. Sie meinte auch das Gesicht zu kennen. NEIN! Das habe sie nicht gewagt! Der Blick den Hang hinauf sagte etwas anderes. Die Villa …..



    Sim-Off:

    Entschuldigung für die Verspätung